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Völkermord in Tschetschenien

Eine Dokumentation der Gesellschaft für bedrohte Völker

INHALTÜBERSICHT
TEIL 1 - Menschenrechtler und internationale Persönlichkeiten bilanzieren zum Krieg in Tschetschenien | Chronik des Krieges in Tschetschenien

TEIL 2 - Flucht und Vertreibung: Situation der internen und externen Flüchtlinge
a) Zahlen | b) Humanitäre Situation der Flüchtlinge, Vertriebenen und Zivilisten in Tschetschenien | c) Hinweise auf vertreibungsbedingte Todesfälle

TEIL 3 - Systematische Zerstörungen | Die Zerstörung der tschetschenischen Hauptstadt Grosny | Bombardierungen zivilier Ziele | a) Städte und Dörfer | b) Industrieanlagen

TEIL 4 - Angriffe auf Flüchtlingstrecks und medizinische Konvois | Massaker und Erschießungen | a. Erschießungen von Zivilsten | b) Massaker | 1. Das Massaker von Alkhan-Jurt | 2. Staropromyslowski | 3. Aldi | 4. Katyr-Jurt | Inhaftierungen und Filtrationslager | a) Inhaftierungen | b) Filtrationslager: Demütigung, Folter und Tod | c) Kriegsgefangene | Folterungen und Misshandlungen | a) Vergewaltigungen | Massengräber | Schicksale und Verluste russischer Soldaten

TEIL 5 - Beschneidung der Pressefreiheit, Informationsblockade | a ) Reise des BND Chefs Hanning nach Tschetschenien | Kommentare und Bilanzen | a) Benennen, Summieren und Definieren von Völkermord | b) Kommentare zur westlichen Politik | c) Russische Politiker und Militärs rechtfertigen den Völkermord | d) Kritische Stimmen aus Russland und Tschetschenien | e) Erklärungen internationaler Persönlichkeiten und Organisationen


Angriffe auf Flüchtlingstrecks und medizinische KonvoisOben

September

6. 9.1999 Russische Artillerie beschießt einen Bus mit Flüchtlingen in der Region Shelkovskoy. Fünfzehn Menschen sterben auf der Stelle. Viele werden verletzt. Die meisten der Insassen waren Frauen und Kinder.
Ministry of Foreign Affairs of the Chechen Republic Ichkeria. Current Events. 7.9.1999

Oktober

Anfang Oktober 1999 Russische Kräfte bombardieren eine Brücke über den Sunzha Fluß und töten dabei eine Frau und zwei kleine Kinder, die sie zu Fuß überquerten. Die Gruppe war bereits seit fünf Tagen unterwegs.
Amnesty International Report EUR 46/38/99. The Russian Federation: Chechen Republic. Humanity is indivisible. Open Letter to the United Nations from the Secretary General of Amnesty International. November 1999.
http://www.amnesty.org/ailib/aipub/1999/EUR/44603899.htm

5.10.1999 Verschiedene Quellen berichten, dass ein russischer Panzer an diesem Tag einen Flüchtlingskonvoi angegriffen hat, der sich auf dem Weg von Chevlyonnaya nach Shelkovskaya befand. Ein Bus mit Flüchtlingen wurde zerstört. Dabei kamen 40 Menschen, überwiegend Frauen und Kinder, ums Leben.
Reuters, The Guardian, BBC News und The New York Times in Refugees Daily,
8.10.1999

11.10.1999 Repräsentanten von Memorial haben verschiedene Flüchtlinge interviewt, die an der nord-ossetischen Grenze zur Umkehr aufgefordert wurden. Man habe sie gezwungen, entlang der Terek Fluß-Linie nach Tschetschenien zurück zu reisen, wo sie von zwei Seiten Artillerie-Beschuss ausgesetzt gewesen seien.
Amnesty International Report EUR 46/38/99. The Russian Federation: Chechen Republic. Humanity is indivisible. Open Letter to the United Nations from the Secretary General of Amnesty International. November 1999.
http://www.amnesty.org/ailib/aipub/1999/EUR/44603899.htm

14.10.1999 Tschetschenische Flüchtlinge in Georgien berichten, sie hätten in der Nacht fliehen müssen, da russische Kampfflieger tagsüber die Straßen und jeden der sich darauf befindet bombardieren.
Financial Times in Refugees Daily, 14.10.1999

16.10.1999 Die russische Luftwaffe und Artillerie haben zwei Tage lang dasFlüchtlingslagerinSernovodsk bombardiert und die 5000 Bewohner des Camps nach Inguschetien vertrieben.
AFP, 16.10.1999

17.10.1999 Bei einem Angriff der russischen Luftwaffe auf einen Flüchtlingskonvoi zwischen Pervomaiskaja am nord-westlichen Stadtrand von Gosny und Ken-Jurt, 15 km weiter nördlich sind am 15. Oktober 39 Menschen gestorben.
AFP in Refugees Daily, 18.10.999

22.10.1999 Sernovodsk, das von den Russen zur Flüchtlingszone erklärt wurde, gerät unter starken Granaten- und Panzerbeschuss.
The Times in Refugees Daily, 27.10.1999

29.10.1999 Laut Zeugenberichten fand am 29.10.1999 ein russischer Luftangriff auf einen Konvoi mit fünf Fahrzeugen nahe des Dorfes Shami-Jurt, Achkhoy-Martan-Distrikt, zwölf Meilen westlich von Grosny, statt. Unter den Fahrzeugen befanden sich welche des tschetschenischen Zweigs des Roten Kreuzes, die deutlich mit dem Emblem des Roten Kreuzes gekennzeichnet waren, sowie welche mit Zivilisten, die vor dem Konflikt flohen. Mindestens 25 Personen, zwei Mitglieder des örtlichen Roten Kreuzes inbegriffen, wurden getötet und bis zu 70, darunter ein Mitglied des örtlichen Roten Kreuzes, verletzt.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999.
(dailystar News, 30.10.1999)
http://www.hrw.org/hrs/press/2000/02/chech0218b.htm, AFP, 29.10.1999
1999 Country Reports on Human Rights Practices. Bureau of Democracy, Human Rights, and Labor.
U.S. Department of State, February 25, 2000. (http://www.state.gov/www/global/human_rights/1999_hrp_report/russia.html)

29.10.1999 In der Nähe des Dorfes Otschchoj Martan wurden Flüchtlinge beschossen. Die 51-jährige Tschetschenin, Libchan Bassajewa, die für die Menschenrechtsorganisation Memorial arbeitet, berichtet, dass sie wegen der verstärkten Bombardierungen Grosnys mit ihrem Mann, ihrem Sohn, der Schwiegertochter und deren Kindern in Richtung Inguschetien gefahren sind. Sie wurden wie auch die anderen Flüchtlinge in Richtung Oschchoj Martan dirigiert, es sammelten sich etwa 1000 Wagen, vollbesetzt meist mit Frauen und Kindern an. In dieser Falle wurden sie ununterbrochen sieben Stunden beschossen. Bassajewa sprang aus dem Wagen und rannte quer über das Feld, über abgetrennte Menschenkörper, die Erde war voller Blut, die Luft erfüllt von Schreien. Wieviele Menschen getötet wurden weiß sie nicht. Bassajewa berichtet, dass Flüchtlinge oft beschossen werden, ein Ziel der russischen Regierung sei es, systematisch so viele Tschetschenen und Tschetscheninnen zu töten oder zu Invaliden zu machen wie möglich.
Fax von Irena Brezna, freie Journalisten Basel, nach Telefonat mit Frau Bassajewa, 1.11.1999

Ende Oktober 1999 Tousari Esmurzajewa:" Wir überquerten die Grenze am 22. Oktober; am nächsten Tag war die Grenze geschlossen. Meine Tochter befand sich schon im Galashki-Krankenhaus, als ich zurück nach Tschetschenien ging, das war um den 25./ 26. Oktober. Ich versuchte, zurück nach Inguschetien zu kommen, aber die Grenze war zu. Busse brannten auf der Straße, die zur Grenze führt. Flugzeuge beschossen die Straße, Menschen wurden verletzt, ich sah brennende Körper besonders in der Nähe des Dorfes Shami-Jurt im Bezirk Achkhoy-Martan-Distrikt.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999.

November

Anfang November An der tschetschenisch-inguschetischen Grenze berichten Flüchtlinge von Bombardements ihrer Flüchtlingstrecks durch russische Flugzeuge.
Florian Hassel in der Frankfurter Rundschau, 4.11.1999

15.11.1999 Kharon Askhabow, 35, flüchtet in einem Konvoi, der aus drei Fahrzeugen besteht. Auf der Straße zwischen Rostow und Baku, außerhalb von Achkoi Martan, wird eines der Fahrzeuge von einer Granate getroffen. Die sieben Insassen, ein alter Mann, zwei Frauen und vier Kinder, werden getötet.
Human Rights Watch, 18.11.1999 (http://www.hrw.org/press/1999/nov/chech1118.htm)

16.11.1999 Ramazan, Name geändert, verlässt Shatoi in einem Bus, gemeinsam mit 15 anderen Personen. Gegen 7:00 Uhr früh wird ihr Fahrzeug auf dem Rostov-Baku-Highway, nahe Kulary beschossen. Dabei wird die vier-jährige Eliza Khabajewa schwer verletzt.
Human Rights Watch, 18.11.1999 (http://www.hrw.org/press/1999/nov/chech1118.htm)

Dezember

Dezember 1999 Amnesty International liegen Berichte vor, denen zufolge Flüchtlingskonvois Bombardierungen aus der Luft oder Artillerie-Beschuss ausgesetzt waren, vor allem diejenigen Flüchtlinge, die auf der Hauptstraße zwischen Rostow und Baku, von Tschetschenien Richtung Inguschetien flüchteten. Diese Vorfälle veranlassen zu der Annahme, dass Zivilisten direktes Ziel von Angriffen sind, um sie daran zu hindern, Tschetschenien zu verlassen.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999.

Anfang Dezember 1999 Viele Zivilisten werden aus Alkhan-Jurt ausgewiesen. Auf ihrem Weg nach Kulary werden sie von Panzern beschossen. Ein Zeuge: "Mehr als 150 Personen nahmen die Seitenstraßen nach Kulary. Als wir gingen, wurden wir beschossen. Die Geschosse explodierten um uns herum an beiden Seiten der Straße. Wir mussten uns auf den Boden fallen lassen und kriechen, bis wir wieder aufstehen und weiter rennen konnten, dann mussten wir uns erneut fallen lassen. Die Russen 'neckten' uns auf diese Art und Weise."
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

Gli oleodotti nel CaucasoAnfang/ Mitte Dezember 1999 Auf dem Weg von Grosny nach Perwomajskoje wird ein aus fünf Bussen bestehender Flüchtlingskonvoi beschossen. Fünfzehn Personen werden getötet und mehr als 20 verletzt.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999
3.12.1999 Südlich von Grosny beschießen russische Streitkräfte einen Flüchtlingskonvoi. Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass sind dabei bis zu 50 Zivilisten getötet worden. Die Flüchtlingskolonne von sieben bis acht Fahrzeugen sei angegriffen worden, als sie versuchte, aus der unter schwerem Beschuss liegenden Stadt Grosny zu entkommen. Die Todesopfer und etwa zehn Verletzte habe es in einem durch den Beschuss in Brand geratenen Bus gegeben. Laut Interfax hat die russische Luftwaffe die Straßen südlich von Grosny seit dem Morgen intensiv bombardiert und Luft-Boden-Raketen auf alle beweglichen Ziele abgeschossen. Beobachtern zufolge seien dort mindestens elf Fahrzeuge in Brand geraten.
Reuters-Bericht in Neue Zürcher Zeitung, 4./5.12.99 und: Andrej Babizki unter Berufung auf Augenzeugen/BBC News/New York Times/Washington Post/Independent in Refugees Daily, 6.12.1999

3.12.1999 Laut Bericht des Korrespondenten Andrej Babizki von Radio Liberty werden 40 Zivilisten, die als Teil eines Konvois aus Grosny flüchten, von russischen Spezialtruppen("spetsnaz") getötet. / Überlebende sagen aus, der Konvoi sei gegen 9:00 Uhr in Richtung der Grenze nach Inguschetien aufgebrochen und habe aus sieben Autos und einem Bus bestanden. Die Fahrzeuge seien mit weißen Fahnen gekennzeichnet gewesen. Der Konvoi sei an einem Kontrollpunkt nahe des Dorfes Goity, einige Kilometer südlich von Grosny von russischen Truppen gestoppt worden, die Masken und Tarnuniformen getragen hätten. Sie hätten die Fahrzeuge kontrolliert und aus kürzester Entfernung auf die Insassen geschossen. Der Bus habe Feuer gefangen und die Passagiere seien verbrannt. Es habe mehr als 40 Tote gegeben.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999
Frankfurter Rundschau, 11.2.2000, und Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.12.99
World Socialist Web Site, 11.12.1999 (http://www.wsws.org/articles/1999/dec1999/chec-d11.shtml)
1999 Country Reports on Human Rights Practices. Bureau of Democracy, Human Rights, and Labor.
U.S. Department of State, February 25, 2000. (http://www.state.gov/www/global/human_rights/1999_hrp_report/russia.html)

12.12.1999 Tschetschenische Zivilisten beschuldigen russische Soldaten, in der Nacht auf einen Flüchtlingskonvoi am Stadtrand Grosnys geschossen zu haben. Dabei sollen elf Menschen, darunter drei Kinder, getötet worden sein.
AP/Reuters/dpa-Meldung in Süddeutsche Zeitung, 14.12.1999 und Refugees Daily, 14.12.1999

17.12.1999 Russische Kampfflugzeuge dringen wiederholt in den georgischen Luftraum ein und feuern Raketen auf tschetschenische Flüchtlinge und Stellungen der georgischen Grenzwachen, berichtete Richard Jenkins, britischer Botschafter in Georgien, als Augenzeuge. Vom Niemandsland zwischen dem letzten tschetschenischen und dem ersten georgischen Posten nahmen russische Scharfschützen zivile Busse und Pkw mit Flüchtlingen unter Feuer.
Florian Hassel in Frankfurter Rundschau, 18.12.1999

Mitte Dezember 1999 Ein Bus mit rund 50 tschetschenischen Flüchtlingen wurde in der Nähe des Ortes Sewjivon russischen Soldaten mit Maschinenpistolen beschossen, obwohl weiße Fahnen am Fahrerhaus angebracht waren, berichten Passagiere. Zwei Flüchtlinge seien verwundet worden, vier während der Fahrt verschwunden. Zwei Autos, die im Konvoi mitfuhren, seien von Soldaten in Brand gesetzt worden.
Elfie Siegel in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.12.1999

Mitte Dezember 1999 Von einem russischen Suchoi-Kampfhubschrauber aus wird die flüchtende Familie Bagakaschwili aus Grosny kurz vor der Grenze zu Georgien mit Raketen beschossen. Der 21 Jahre alte Wissurij stirbt durch Raketensplitter. Fast alle tschetschenischen Flüchtlinge im georgischen Dorf Duissi haben nahe Verwandte verloren. Die meisten starben als unbeteiligte Zivilisten im Bombenhagel der russischen Luftwaffe und Artillerie.
Florian Hassel in Frankfurter Rundschau, 20.12.1999

19.12.1999 In den südlichen Bergregionen Tschetscheniens fliegen russische Kampfhubschrauber Angriffe auf angebliche Stellungen der tschetschenischen Kämpfer. Auf den Bildern, die im russischen Fernsehen gezeigt wurden, waren auch Frauen und Kinder zu sehen. Die russische Seite hatte behauptet, in den Bergen gebe es so gut wie keine Zivilisten mehr.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.12.1999

19.12.1999 Kleine Gruppen von Flüchtlingen verlassen mit weißen Fahnen unter dem Beschuss von Artillerie und Luftwaffe die Stadt. Ein Bus mit 88 Insassen eines Altersheimes in Grosny konnte nach 18 Stunden Fahrt die sichere Zone außerhalb des Kampfgebietes erreichen. Während der Fahrt kamen zwei Personen ums Leben.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.12.1999

21.12.1999 Die Argun/ Shatili Talstraße ist der einzige Weg nach Georgien. Für all diejenigen, die wir trafen, und besonders für die Menschen aus dem Süden Tschetscheniens stellt dieser Durchgang den einzigen und letzten Fluchtweg dar. Die Flüchtlinge berichten, es sei wegen der Bombardierungen und wegen der Hubschrauber, die herunter kommen und auf die fliehenden Menschen feuern, unmöglich bei Tag zu reisen. Die Militärangriffe auf dieser Strecke werden immer häufiger und verringern die Möglichkeit der Flucht nach Georgien erheblich.
Ärzte ohne Grenzen, 21.12.1999 (http://www.msf.org)

29.12.1999 Der russische General Manilow sagt, man sei zu einer Feuerpause in der tschetschenischen Hauptstadt bereit, damit die Zivilisten die Stadt verlassen können. Bedingung sei, dass auch die tschetschenische Seite eine Waffenruhe einhalten werde. Bisher trauen sich viele Zivilisten in Grosny - es sind vor allem tschetschenische und russische Frauen mit Kindern - nicht, die so genannten Sicherheitskorridore zu benutzen, da hier mehrfach Zivilisten beschossen wurden. Auch in den Außenbezirken der Stadt, die bisher vor allem von der russischen Armee beschossen wurden, versuchen viele Zivilisten in Kellern zu überleben.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.12.1999

Dezember 1999 Der 38 Jahre alte Automechaniker Aslanbek Ganduchalow berichtete, auf der Flucht aus Grosny zu Fuß mit seinen drei Kindern seien sie im sogenannten Sicherheitskorridor von der russischen Armee beschossen worden. Er habe nur durch Gerüchte erfahren, dass den Zivilisten ein Ultimatum gestellt worden sei, die Stadt zu verlassen.
Elfie Siegl in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.12.1999

Februar

5.2.2000 Busse mit Flüchtlingen sind bei Katyr-Jurt mit Boden-Luft-Raketen beschossen worden. Insgesamt wurden mehr als 360 Zivilisten getötet.
The Observer, 5.3.2000 und Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.2.2000

20.2.2000 In der Nähe des Dorfes Duba-Jurt im Distrikt Schatoisky kamen Autos (darunter zwei deutlich gekennzeichnete Krankenwagen) mit insgesamt 40 Zivilisten als Insassen unter direkten Artillerie-Beschuss. Drei Frauen und zwei Männer wurden getötet, darunter eine 75-jährige Frau, und 16 verletzt.
Amnesty International, News Release, EUR 46/23/00, 29.3.2000

20.2.2000 Eine Flüchtlingsfrau, Mathematiklehrerin, etwa 50 Jahre alt, erzählt: "Ich kann nicht mehr unterrichten. Meine letzte Klasse, Jungs, Romantiker, mit klaren Seelen voller Licht: alle getötet in ihrem Kampf gegen die russische Armee. Eure und unsere Kommandanten scheinen zusammenzuhalten, sonst wäre der Krieg doch schon längst vorbei. Neun Männer haben meine Tochter vergewaltigt. Sie war 17. Im Dunkeln kann man nicht sehen, wer sie sind - Tschetschenen oder Russen. Sie sind alle Bestien. Dann haben sie sie getötet.
Wir habe Grosny in einem Bus verlassen. Ein russisches Flugzeug kam und warf eine Bombe. Das Fenster des Busses zerbrach und die ganze linke Gesichtsseite meines Mannes war blutig. Viele Glassplitter blieben im Gesicht - wie wird es möglich sein, sie zu entfernen? Er hat starke Schmerzen. Bei meinem Sohn, er ist sieben, war der ganze Arm verwundet."
Eine andere Mutter berichtet: Wir waren in die Außenbezirke von Grosny geflüchtet und hatten eine eigene kleine Hütte, alles schien friedlich. Plötzlich kam ein Hubschrauber, schoss eine Rakete ab, die Hütte verbrannte. Meine kleine Tochter Madina und mein Vater verbrannten bei lebendigem Leib. Die Nachbarn sahen es. Madina war so eine Schönheit! 10. Klasse, bescheiden, klug, sie hat immer gesungen. Sie war der Friedensstifter der Familie. Wenn wir stritten, beruhigte sie alle."
War and Human Rights www.hro.org/war/153.htm, 20.2.2000

24.2.2000 Laut Berichten von Flüchtlingen wurden 25 Zivilisten nahe Zony ermordet, als sie versuchten, durch einen 'Sicherheits-Korridor' des Militärs zu entkommen.
Reuters in Refugees Daily, 1.3.2000 (http://www.unhcr.ch/refworld/cgi-bin/newssearch.pl)

März

März 2000 Augenzeugen und Opfer berichteten, dass russische Truppen Zivilisten, Krankenhäuser, medizinisches Personal und mit dem Rot-Kreuz-Emblem deutlich gekennzeichnete Fahrzeuge direkt angegriffen haben, was zu hohen Verlusten unter der Zivilbevölkerung führte. Es wurde von einigen Vorfällen berichtet, in denen Flüchtlingskonvois, hauptsächlich solche auf dem direkten Weg entlang der Hauptstraße nach Inguschetien, aus der Luft oder durch Artillerie beschossen wurden.
Amnesty International Report, March 2000. Concerns in Europe. July-December 1999. http://www.amnesty.org/ailib/aipub/2000/EUR/40100100.ht

Massaker und Erschießungen
a. Erschießungen von ZivilstenOben

Oktober

5.10.1999 Ahmed Sirichanow, 68 Jahre alt, berichtet über den von ihm überlebten Angriff eines russischen Panzers auf einen voll besetzten Bus nahe des Dorfes Cherwljonnaja im nördlichen Tschetschenien: "Wir hatten gerade die Brücke über den Terek Fluß überquert, nahe Cherwljonnaja. Dann gab es eine Explosion, gefolgt von Schreien und Fleischfetzen, die durch den ganzen Bus spritzten. Ich bekam ein Stück Sprenggeschoss in den Kopf." Die tschetschenischen Behörden behaupten, dass 28 Zivilisten, hauptsächlich Frauen und Kinder, bei dem Vorfall getötet wurden, dass neun der 12 Überlebenden ernsthaft verletzt wurden. Die russische Regierung wies jegliche Verantwortung für den Überfall von sich.
Amnesty International Report EUR 46/38/99. The Russian Federation: Chechen Republic. Humanity is indivisible. Open Letter to the United Nations from the Secretary General of Amnesty International. November 1999.
http://www.amnesty.org/ailib/aipub/1999/EUR/44603899.htm

12.10.1999 Einer der von AFP interviewten russischen Soldaten sagt: "Niemand hat das Recht, die Grenze zu überqueren. Wir feuern oft auf Leute, die versuchen herüber zu kommen."
Amnesty International Report EUR 46/38/99. The Russian Federation: Chechen Republic. Humanity is indivisible. Open Letter to the United Nations from the Secretary General of Amnesty International. November 1999.
http://www.amnesty.org/ailib/aipub/1999/EUR/44603899.htm

22.10.1999 Berichten zufolge hat die russische Armee in der Nacht des 22. Oktober die Stadt Sernowodsk nahe der inguschetischen Grenze angegriffen. Augenzeugen berichten, dass die Stadt voll von internen Flüchtlingen war. Weiterhin wurde behauptet, dass russische Soldaten zwei interne Flüchtlinge erschossen haben, die versuchten, die Grenze nach Inguschetien zu überqueren.
Amnesty International Report EUR 46/38/99. The Russian Federation: Chechen Republic. Humanity is indivisible. Open Letter to the United Nations from the Secretary General of Amnesty International. November 1999.
http://www.amnesty.org/ailib/aipub/1999/EUR/44603899.htm

29.10.1999 Russische Streitkräfte eröffnen das Feuer auf fünf ältere Menschen, die auf dem Weg zum russischen Stützpunkt außerhalb von Sernowodsk sind. Sie folgten einer Einladung der russischen Kräfte und wurden von ihnen auf die andere Seite des Dorfes (nahe der Eisenbahnstation) geschickt, um mit tschetschenischen Kämpfern zu verhandeln, die sich angeblich dort aufhielten. Von den angeblichen Kämpfern gibt es jedoch keine Spur. Auf dem Rückweg wird die Delegation beschossen. Ihr Anführer, Eli Umkhanow, wird in den Kopf getroffen. Die anderen halten weiße Tücher hoch, doch das Feuer erstirbt nicht sofort. Die Gruppe wartet zwei Stunden, bis sie sich wieder zum Dorf zurück bewegen kann. Eli Umkhanow erliegt später im Krankenhaus von Sleptsowskaja in Inguschetien seinen Kopfverletzungen.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999.

November

1.11.1999 Russische Truppen greifen in Zakhan-Jurt,15 Meilen südwestlich von Grosny, ein psychiatrisches Krankenhaus an, töten den Chefarzt und verletzen drei weitere Personen. Als das medizinische Personal morgens zur Arbeit kam, wurden sie von den Soldaten beschossen. Das Fahrzeug der Mediziner war deutlich sichtbar mit dem Emblem des Roten Kreuzes gekennzeichnet gewesen. Das Schicksal der Patienten ist ungewiss, einige von ihnen werden nicht in der Lage sein zu fliehen.
Human Rights Watch, 23.11.1999 (http://www.hrw.org/press/1999/nov/chech1123.htm)
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999.

18.11.1999 In Grosny und Urus-Martan wurden nach tschetschenischen Angaben 170 Menschen von russischen Boden-Boden-Raketen getötet.
afp/ap/rtr-Meldung in der Frankfurter Rundschau, 19.11.1999

25.11.1999 In Slepzowskaja haben fünf betrunkene Soldaten eine 22-jährige Verkäuferin erschossen, weil diese sich unter Verweis auf ein behördliches Verbot geweigert hatte, ihnen Alkohol zu verkaufen. Die Soldaten einer in St. Petersburg stationierten Einheit waren mit einem Panzerfahrzeug in das Dorf gefahren, um Wodka zu kaufen. Die Verkäuferin erlag im Krankenhaus ihren Verletzungen, ein Passant wurde verletzt.
Reuters/dpa/AP-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 27./28.11.1999 und Frankfurter Rundschau, 27.11.1999 1999 Country Reports on Human Rights Practices. Bureau of Democracy, Human Rights, and Labor.
U.S. Department of State, February 25, 2000. (http://www.state.gov/www/global/human_rights/1999_hrp_report/russia.html)

Dezember

6.12.1999 Eine hitzesuchende Rakete trifft den Wolga-PKW von Ibragim Chamsatow, der aus dem Berdorf Machketij in ein anderes Dorf fuhr. Chamsatows drei Nachbarn starben, er selbst kam erst in einem Krankenhaus in Tiflis wieder zu Bewusstsein.
Florian Hassel in Frankfurter Rundschau, 25./26.12.1999

22.12.1999 Der 79 Jahre alte Solongeri Jewlojew aus dem Stadtbezirk Staropromyslowski in Grosny berichtete Human Rights Watch, sein Nachbar Said Akhmet habe ihm vom Tod dreier Verwandter und eines Nachbarn erzählt. Said Akhmed habe erzählt, er habe am 22. Dezember Schüsse im Haus seines 67 Jahre alten Nachbarn Aukar Jewlojew gehört. Aus Angst blieb er zu Hause. Doch ein anderer Nachbar ging später hin und fand Jewlojew und seinen 36 Jahre alten Neffen Sparbek Jewlojew erschossen im Hof. Nachdem er anderen davon berichtet hatten, wurden auch die Leichen von Abukars Frau Minusa Auschewa (67) und der etwa 60 Jahre alten Nachbarin Zeinap Gairbekowa in einem Unterschlupf im Hinterhof gefunden. Beide wurden erschossen.
Human Rights Watch, Russia/Chechnya, Civilian Killings in Staropromyslovski District of Grosny, February 2000, Vol.12 No.2 (D) http://www.hrw.org/reports/2000/russia_chechnya

Januar

21.1.2000, Grosny Kheida, eine 41 Jahre alte Frau, berichtet im Krankenhaus von Sleptsovsk (Inguschetien), dass sie am 21.1. mit zwei weiteren Frauen nach Grosny in das Tachkala-Viertel zurückgekehrt seien, um nach dem Zustand ihrer Häuser zu sehen. Die russischen Truppen hatten diesen Teil des Stadtgebietes kurz zuvor als "befreite Zone" deklariert. In einem der Häuser hätten sie russische Soldaten angetroffen, die dort gerade plünderten. Sie seien verhaftet und mit verbundenen Augen in einen Innenhof geführt worden, wo die Soldaten dann das Feuer auf sie eröffnet hätten. Die beiden anderen Frauen seien sofort tot gewesen. Kheida, schwer verletzt, habe sich tot gestellt. Die Soldaten hätten den Frauen sodann ihren Schmuck abgenommen. Weil einer von ihnen Kheidas Ehering nicht abziehen konnte, verlangte er nach einem Messer, um den Finger abzuschneiden. Da keiner von ihnen eines bei sich hatte, versuchten sie weiterhin, den Ring durch Drehen und Ziehen abzubekommen, was ihnen schließlich auch gelungen sei, ohne dass Kheida sich verraten hätte. Die Soldaten hätten dann feuchte Matratzen auf die Körper der Frauen geworfen und versucht, sie anzuzünden. Kheida gelang es schließlich, unter den Matratzen hervor zu kriechen und auf die Straße zu kommen, wo sie von anderen Tschetschenen gerettet wurde.
Le Monde, 17. Februar 2000 und Andreas Rüech in Neue Zürcher Zeitung, 26./27.2.2000

Ende Januar 2000 Eine etwa 50 Jahre alte Frau aus dem Oktober-Distrikt von Grosny, die drei Monate lang mit 14 Nachbarn im Keller ihres Hauses ausgeharrt hatte, berichtet, nach der Eroberung der tschetschenischen Hauptstadt seien maskierte Soldaten gekommen und hätten eine junge Frau, eine Russin, aus dem Keller gezerrt, offenbar um sie zu vergewaltigen. Später habe sie sie tot aufgefunden.
Andreas Rüesch in Neue Zürcher Zeitung, 26./27.2.2000

Februar

Wie im ersten Tschetschenienkrieg seien wieder die Einheiten des Innenministeriums für die bekannt gewordenen Massaker an Zivilisten verantwortlich. Anfang Dezember starben mindestens 17 Zivilisten im Dorf Alchan-Kala, am 4. Dezember schossen Soldaten der Omon-Einheiten auf einen mit weißen Flaggen markierten Flüchtlingskonvoi und töteten 40 Menschen. Auch für die Erschießung von mindestens 38 Zivilisten in Grosny seien die Einheiten des Innenministeriums verantwortlich.
11.2.2000 Frankfurter Rundschau

Februar 2000 Dutzende Zivilisten wurden von russischen Soldaten in Grosny exekutiert. Einer der letzten Berichte stammt von Deschi Inderbijewa, einer 30-jährigen Tschetschenin, die die Körper ihrer zwei älteren Schwestern in einem Kartoffelkeller in Grosny fand. Sie konnte die Schwestern nur identifizieren, weil sie die zerbrochene Brille der einen und ein Halstuch der anderen fand.
Februar 2000 Chechnya, Crimes against humanity in www.ichkeria.org

Anfang Februar 2000 In Moskau teilt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch mit, sie habe 22 Fälle dokumentiert, in denen russische Soldaten in Grosny Zivilisten erschossen hätten; als Motive gelten Rache oder Plünderungsabsichten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7.2.2000

2.2.2000 In Grosny werden ein 74-jähriger Mann und seine Tochter erschossen, sie wurde erschossen, als sie sich gegen eine versuchte Vergewaltigung durch die Soldaten wehrte. Ein Zeuge sagte auch aus, eine große armenische Familie und eine russische Frau seien erschossen worden. Überlebende aus dem Haus N17 in der Rosa Luxemburgstraße zeigten einem Zeugen ein Haus, wo fünf weitere Zivilisten ermordet wurden: vier Tschetschenen und ein Tatare wurden hier erschossen, die Zeugen fotografierten die Toten. Außer in Aldi sollen insgesamt auch in den Dörfern Kalinin und Michurin insgesamt 120 Zivilisten erschossen worden sein.
18.2.2000 War and Human Rights, www.hro.org/war/151.htm

Anfang Februar 2000 Human Rights Watch liegen die Namen von 14 weiteren Todesopfern vor. Korrespondenten der BBC und der Washington Post berichteten am 6.2.2000 aus Inguschetien über gleich lautende Zeugenaussagen. Die 38jährige Lena Gontscharuk berichtete der BBC im Krankenhaus von Slepzowskaja, sie habe als einzige von vier Frauen und zwei Männern überlebt, als russische Soldaten ihnen befohlen hätten, die Keller zu verlassen, und dann die Frauen und Männer erschossen: "Wir standen in der Garage über dem Keller, und sie begannen zu schießen.(...) Ein alter Mann war bei uns. Sein Kopf war blutüberströmt. Während er noch stand, sah ich sein Gehirn auf dem Boden." Lena Gontscharuk überlebte, weil sie sich totstellte. Die 40-jährige Hedi Machauri wurde am 21.1.2000 zusammen mit zwei anderen Frauen von russischen Soldaten in einen kleinen Raum geführt. Eine der Frauen sagte "Nehmt, was Ihr wollt, aber tötet uns nicht. Wir haben Kinder." Sie wurde in den Kopf geschossen. Auch Hedi Machauri überlebte, indem sie sich totstellte, nachdem ihr in den Nacken geschossen worden war.
Ähnliches geschah der 40jährigen Cheida Machajuri, die die Ausplünderung durch russische Soldaten überlebt hat. Ihr und zwei anderen Frauen seien von russischen Soldaten die Augen verbunden worden, dann schossen sie von hinten auf die Frauen, übergossen sie mit Benzin und zündeten sie an. Ein Flüchtling aus Grosny erzählt, wie Soldaten einen alten Mann erschossen hätten, als der ihnen lediglich habe mitteilen wollen, dass in einem Keller auf seinem Grundstück Zivilisten wohnten.
Die russischen Streitkräfte weisen Berichte über Massaker an der Zivilbevölkerung zurück. Ein Mitarbeiter von Human Rights Watch sagte, Offiziere sähen über Übergriffe ihrer Soldaten hinweg.
Florian Hassel in der Frankfurter Rundschau, 7.2.2000 und AP/dpa-Meldung in Süddeutsche Zeitung, 8.2.2000

Anfang Februar In Inguschetien veröffentlicht ein Mitarbeiter der russischen Menschenrechtsorganisation "Memorial" einen Augenzeugenbericht der 37jährigen Elena G., die bis zu ihrer Flucht im letzten Monat in Grosny lebte. Sie schildert, wie russische Truppen die Zivilbevölkerung (hier: in Grosny) quälen und töten.
"Wir schrien, um uns bemerkbar zu machen und weil wir hofften, dass man dann nicht auf unseren Keller schießen würde. Die Antwort war eine Maschinengewehrsalve direkt in Richtung unseres Kellers. Wir haben sie angefleht, nicht auf uns zu schießen. (...)Einer der Soldaten hatte eine Handgranate in den Händen. Er lachte und warf die Handgranate in das Fenster des Nachbarhauses.(...) Nun jagten sie uns wieder in unseren Keller zurück. Kaum unten angekommen, fingen sie an, uns mit Granaten zu bewerfen. (...) Da durch die Granaten starker Rauch entstanden war, wussten wir, dass wir nicht mehr lange in diesem Keller bleiben konnten. (...) Als wir kaum noch atmen konnten, sagten sie uns, dass wir nun wieder herauskommen könnten. (...) Kaum vor der Türe angelangt, schossen sie auf Natascha, Ljuda und den Jungen. (...) Der andere (Soldat) sagte nur: `Wir brauchen keine Zeugen´. Dann schossen sie erneut auf Chava und auch auf Natascha, Ljuda und den Jungen, die doch schon tot waren. (...) Ich verlor das Bewußtsein. Als ich wieder aufwachte, sah ich Konsum. Aus seinem offenen Kopf war Gehirnmasse heraus gespritzt. Ich merkte, dass ich an den Rippen verletzt war. Aus meinem Mund tropfte Blut. (...)...meine Nachbarn hatten Angst, mich in ihren Keller zu lassen. (...) In der Scheune erzählten sie mir, dass sie kürzlich zwei Kinder verloren hätten. Einer ihrer Söhne war erschossen worden, als er einen anderen Verletzten habe retten wollen.(...) Als die Mutter vom Tod ihrer Jungen erfahren habe, sei sie durchgedreht. Die Soldaten an einem Kontrollpunkt machten sich über die Frau lustig - und erschossen sie, zusammen mit der Nachbarin. (...) Und als sie sicher waren, dass ich eine Zivilistin bin, ließen sie mich mit dem nächsten Wagen nach Inguschetien. Im Wagen war noch eine Familie. Sie hatten die Leiche einer Frau bei sich. (...) Die Soldaten, vor allem die länger dienenden Soldaten, sind sehr grausam zur Zivilbevölkerung. Dabei spielt Alter, Geschlecht, Nationalität für sie überhaupt keine Rolle. Für sie sind alle Einwohner Tschetscheniens Banditen. In den Straßen von Grosny liegen sehr viele Leichen. Vor fast jedem Haus oder Hof liegt eine Leiche mit aufgeschlitzter Kehle oder Menschen, die durch Maschinengewehrfeuer, Minen etc. umgekommen sind. Häufig werden von der Luftwaffe über der Stadt Vakuumbomben eingesetzt."
die tageszeitung taz, 9.2.2000

5.2.2000 In Tschernoritsche, einem Vorort von Grosny, seien bei einer "Säuberungsaktion" mindestens 100 Zivilisten getötet worden, ebenso im benachbarten Katayama. Die Leichen seien dann in einem Massengrab bei Salionaja Banka verscharrt worden.
Le Monde, 24.2.2000

5.2.2000 Im Stadtteil Oktjabrski wurden eine Familie mit fünf Angehörigen, darunter eine schwangere Frau und ein einjähriges Kind, von russischen Soldaten getötet: Hass-Magomet Estimirow (67), Hozh Akhmed Estimirow (33), Toita Estimirowa (28), Hassan Estimirow (1) und ein namentlich nicht bekannter Onkel der Estimirow-Familie im Alter von etwa 65 Jahren.
Human Rights Watch, http://www.hrw.org/press/2000/02/chech0223.htm, 23.2.2000

5./6.2.2000 Das Moskauer Büro von Human Rights Watch besitzt Informationen über die Ermordung von 82 Personen durch russische Soldaten in Grosny. Etwa 100 Soldaten hätten geraubt, gemordet und sexuelle Gewalt angewandt. Auch hätten sie Granaten in Keller geworfen, in denen sich Zivilisten versteckten.
War and Human Rights. February 23, 2000. (http://www.hro.org/war/156.htm)

10.2.2000 In dem Bezirk Staropromyslovski der Stadt Grosny hätten russische Soldaten 38 Zivilisten kollektiv hingerichtet, berichtet Human Rights Watch. Danach wurden weitere zwölf Zivilisten aus diesem Distrikt hingerichtet, deren Namen der Menschenrechtsorganisation vorliegen: Magomet Goigow (31), Riswan Taimaskhanow (22), Khamid Khaschijew (45), Shema Inderbijewa (32), Sheiman Inderbijewa (33), Aslan Tungojew (etwa 60), Zina Tungojewa (etwa 60), Mussa Gutsigow (45), Ali Yansurkajew (70), Rumisa Yansurkajewa (etwa 30), Adem Schamilow (über 60), Lioma Schamilow (etwa 30), ein nicht identifizierter Toter
Frankfurter Allgemeine Zeitung und Frankfurter Rundschau, 12.2.2000 und Human Rights Watch, http://hrw.org/press/2000/02/chech0223.htm, 23.2.2000

11.2.2000 Mitarbeiter von Human Rights Watch sahen heute in einem Krankenhaus in Inguschetien die verstümmelte Leiche von Magomet Goigow, einem 31-jährigen Tschetschenen, der offensichtlich von russischen Soldaten in Grosnys Distrikt Staropromyslowski getötet worden war. Die Organisation erfuhr auch von zwei weiteren verstümmelten Leichen, die gemeinsam mit Magomet Goigow in einer Garage in Grosny gefunden wurden. Zuvor lagen diese drei Männer der Organisation als "in Gefangenschaft verschollen" vor.
Human Righs Watch, 11.2.2000

12.2.2000 Beobachter haben Human Rights Watch zufolge gesehen, wie Soldaten einen Mann und zwei weitere Personen im Argun-Tal weggeschleppt hätten. Die Leiche des einen sei später von Kugeln durchsiebt aufgefunden worden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.2.2000 und die tageszeitung taz, 12./13.2.2000

16.2.2000 Flüchtlinge berichten von russischen Massenerschießungen vermeintlicher Rebellen und von einsetzenden Hausdurchsuchungen in Inguschetien.
Washington Post in Refugees Daily, 16.2.2000 (http://www.unhcr.ch/refworld/cgi-bin/newssearch.pl)

16.2.2000 Eine junge Frau aus Grosny zeigte Medienvertretern in einem inguschetischen Flüchtlingslager zwei Säcke mit den verkohlten sterblichen Überresten ihrer beiden Schwestern. Ihre Mutter sei Zeugin geworden, wie die beiden von Soldaten mit Flammenwerfen getötet wurden.
Neue Zürcher Zeitung, 16.2.2000

Mitte Februar 2000 Russische Soldaten vergewaltigten eine junge Frau, ermordeten sie und verbrannten die Tote, bezeugt eine tschetschenische Zigarettenverkäuferin. Als der Vater der Ermordeten außer sich geriet, erschossen die Soldaten ihn und verbrannten auch seine Leiche.
International Herald Tribune 18.2.2000

Mitte Februar 2000 Der Neffe der tschetschenischen Rentnerin Frau Nefjodowa musste seinen Cousin beerdigen. Russische Militärs hatten ihn zum Ausheben von Schützengräben rekrutiert. Einen Tag später floh der 54 Jahre alte Valeri. Seine Mutter versteckte ihn. Doch die Militärs kamen zurück und erschossen ihn.
International Herald Tribune 18.2.2000

17.2.2000 Weil der 23. Februar naht, der Jahrestag der Deportation der Tschetschenen nach Zentralasien, führen russische Truppen wiederholt Säuberungs-Aktionen in von Tschetschenen bewohnten Gebieten durch. Dabei wird in der Gegend von Staroschedrinskaya (Schelkovskoy-Distrikt) ein Schuljunge getötet sowie 12 weitere Menschen verletzt. Die Soldaten hatten vier minderjährige Teenager festgenommen, deren Mütter sie alsbald belagerten. Um jene zu erschrecken, spielten sie zuerst an ihren Waffen herum und feuerten dann einmal. Dabei wurde der Junge getötet. Andere Soldaten stürmten die Schule und verhörten die Schüler in erniedrigender Art und Weise über die Verstecke der tschetschenischen Widerstandskämpfer. Einige der Kinder standen unter Schock.
War and Human Rights. February 22, 2000. (http://www.hro.org/war/155.htm)

26./27.2.2000 "Während der letzten drei Monate habe ich diese Gräueltaten für Human Rights Watch dokumentiert. Ich habe Beweismaterial für über 100 Massen-Exekutionen, die von den russischen Truppen bei der Einnahme von Grosny verübt wurden, für von russischen Soldaten verübte Morde, und ich untersuche weitere Dutzende. Die meisten der Opfer waren ältere Männer und Frauen, die nach Monaten der Bombardierung und des Beschusses aus ihren Kellern kamen - nur um von russischen Soldaten erschossen zu werden, die Grosny "befreiten"."
Peter Bouckaert in International Herald Tribune, 26./27.2.2000

27.2.2000 Nach der Befragung und Untersuchung von 326 tschetschenischen Vertriebenen in Flüchtlingslagern in Inguschetien berichtet die amerikanischen Vereinigung Ärzte für Menschenrechte, die Hälfte der Befragten hätten von Erschießungen von Zivilisten berichtet.
AP/AFP/Reuters-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 28.2.2000

März

März 2000 Nachdem die russischen Truppen Anfang Februar in Grosny eingedrungen sind und die Stadt von der Außenwelt abgeschnitten haben, konnten nur noch wenige Menschen die Stadt verlassen, um nach Inguschetien zu fliehen. Trotzdem gibt es Berichte über Übergriffe von russischen Soldaten, insbesondere über außergerichtliche Massenexekutionen in verschiedenen Teilen Grosnys, auch von Frauen und älteren Menschen. Es gibt ebenfalls Berichte über Vergewaltigungen und andere Foltermethoden und Misshandlungen. Verschiedenen Schätzungen im Februar zufolge waren immer noch zwischen 10.000 und 20.000 Zivilisten in der Stadt eingeschlossen.
Amnesty International: Russian Federation. Violations of human rights and international humanitarian law in the Chechen Republic. Amnesty International's recommendations to the 56th session of the UN Commission on Human Rights. March 2000.

13.3.2000 Kenneth Roth, leitender Direktor von Human Rights Watch, sagte, der stellvertretende Stabschef der bewaffneten Truppen habe in drei Vorfällen die Beschuldigung russischer Truppen, Zivilisten ermordet zu haben, nicht abgestritten. Roth erklärte: "Die große Überraschung war, dass er keine Anstalten machte, auch nur ein Wort unserer Ergebnisse abzustreiten. Unsere Unterhaltung setzte Anschuldigungen verschiedener Gräueltaten voraus. Aber er gab sie auch nicht zu." Zu den Vorfällen zählen die Ermordungen in Alkhan-Jurt Mitte Dezember sowie in zwei Distrikten von Grosny, Staropromyslovsky um den 20. Januar und Aldi um den 5. Februar. Human Rights Watch geht von 130 getöteten Zivilisten bei den drei Vorfällen aus.
Russia Today, 13.3.2000
http://www.russiatoday.com/chechnyainfocus/news.php3?id=141951

20.3.2000 Eine Gruppe von 60 Zivilisten, meist Frauen und Kinder, denen man für einen Tag einen Sicherheits-Korridor versprochen hatte, um im benachbarten Wald wilden Knoblauch zu pflücken, kam in der Nähe des Dorfes Samaschki unter schweren Artillerie-Beschuss. Mindestens drei Frauen wurden dabei getötet und mindestens fünf verletzt.
Amnesty International, News Release, EUR 46/23/00, 29.3.2000

Juni

Ende Juni Einwohner des Dorfes Jalchoj-Mochk arbeiteten auf einem Feld in der Nähe des Dorfes. Sie beobacheteten, wie ein russischer Hubschrauber über sie hinweg flog. Eine halbe Stunde später kehrte er zurück und feuerte Boden-Boden Raketen ab. Es handelte sich um etwa 200 Projektile. Ungefähr 100 Menschen waren auf dem Feld. Der 17-jährige Letschi Selimbajew kam um. Viele Frauen und Kinder wurden teils schwer verletzt. Ein weiterer Mann starb an seinen schweren Verletzungen. 40 Stück Vieh wurde bei dem Angriff getötet.
E-Mail von der Menschenrechtlerin Lipkan Bassajewa, 25.10.2000

September

15.9.2000 Drei tschetschenische Zivilisten starben und zwei weitere wurden verwundet als eine russische Patroullie vier tschetschenische Frauen und einen Mann stoppte. Nachdem sie die Zivilisten wieder gehen gelassen hatten, eröffneten die Soldaten das Feuer auf das Fahrzeug der Zivilisten, zwei der Frauen und der Mann starben, die zwei Frauen waren 24 und 18 Jahre alt. Die bergige Region um Noschai-Jurt war in den letzen Wochen das Zentrum russischer "Säuberungen".
15.9.2000 AFP

18.9.2000 Ein Reporter der LA times interviewte mehr als zwei Dutzend Soldaten, die gerade aus dem Krieg in Tschetschenien zurück gekehrt waren. Erschießungen von Zivilisten, besonders von tschetschenischen Männern seien an der Tagesordnung gewesen. Ein Soldat, Bors sagt: "Ich habe sehr viele Menschen getötet. Ich habe an Frauen und Kinder keine Hand angelegt, wenn sie nicht auf mich schossen. Aber ich habe alle Männer getötet, die ich bei "Säuberungen" traf. Sie haben mir kein bisschen leid getan, sie haben es verdient. Ich habe den Bitten der Frauen nicht zugehört, wenn sie ihre Männer retten wollten, ich habe die Männer einfach auf die Seite gebracht und erschossen. Er erinnert sich an eine Heckenschützin. "Sie hatte keine Chance als Gefangene zu den Behörden gebracht zu werden. Wir haben sie einfach auseinandergerissen mit zwei Fahrzeugen, ihre Beine waren mit Stahlfesseln an die Militärfahrzeuge gefesselt worden. Es gab viel Blut aber die Jungs haben das gebraucht. Danach sind sie ruhiger geworden. Es war der Gerechtigkeit Genüge getan worden und das war am wichtigsten." Ein andere Leutnant, der für Moral und Disziplin seiner Soldaten zuständig ist, erklärt, in diesem Krieg werde viel härter mit den Tschetschenen umgegangen als im letzten. Das russische Militär hat begriffen, dass man Tschetschenen nicht umerziehen kann. Wir hätten ihnen keine Zeit lassen sollen, um sich auf den Krieg vorzubereiten. Wir hätten alle Tschetschenen über 5 Jahren umbringen sollen und die kleinen Kinder hätten wir in Umerziehungslager mit Stacheldrahtzäunen schicken sollen. Es ist viel leichter, sie alle zu töten. Das geht schneller als sie alle wachsen zu lassen.
18.9.2000 LA Times

Oktober

24.10.2000 die russischen Truppen schlossen die Stadt Sernowodsk ein, um eine "Säuberung" durchzuführen. Neben den Einwohnern der Stadt leben in Sernowodsk auch interne tschetschenische Flüchtlinge in den Eisenbahnwaggons und dem Institut für Agrartechnik. Gegen 10 Uhr morgens versuchte Andi Wagapow (geb. 1978) seine Kuh einzufangen, die auf russische Positionen zugelaufen war. Er wurde sofort angeschossen. Seine Überlebenschancen stehen nach Aussagen eines Arztes schlecht. Von November 1999 bis September 2000 lebte die Familie Wagapow in einem Flüchtlingslagern in Inguschetien, der Sohn Andi konnte also gar nicht an den tschetschenischen Kampfhandlungen beteiligte gewesen sein. Währenddessen beginnt nun in Sernowodsk die "Säuberung". In den letzen Wochen und Monaten kam es bei "Säuberungen" immer wieder zu willkürlichen Festnahmen.
E-Mail von Memorial, 25.10.2000, Rueters, AP-Bericht in Yahoo News (www.dailynews.com)

b) Massaker

1. Das Massaker von Alkhan-JurtOben

Anfang bis Mitte Dezember 1999 Bereits im November 1999 begann das russische Militär, Alkhan-Jurt zu bombardieren und zu beschießen. Die Offensive dauert bis zum 1. Dezember. Russische Truppen nehmen das Dorf ein und ziehen von Haus zu Haus, um sicherzugehen, dass keine Kämpfer mehr anwesend sind. Dabei werfen sie Granaten in Keller, plündern Häuser und schicken Hunderte von Bewohnern in ein benachbartes Dorf. Zwei Wochen lang ist Alkhan-Jurt abgeriegelt. Die Soldaten plündern und verbrennen Häuser, töten mindestens 14 Zivilisten und vergewaltigen mehrere Frauen.
Human Rights Watch, 16. April 2000
http://www.hrw.org/press/2000/04/chech0416.htm

Anfang Dezember 1999 Laut Aussagen von Rustam R. (Name geändert) begannen die Soldaten mit der Plünderung von Alkhan-Jurt, sobald sie das Dorf eingenommen hatten. Viele Bewohner hatten ihre Habseligkeiten bereits sicherheitshalber zusammengepackt, falls das Dorf evakuiert werden sollte. Als die Soldaten einzogen, begannen sie die gepackten Besitztümer der Zivilisten einzusammeln: "Zuerst trugen sie die Taschen fort, alles war in diese Taschen gepackt. Später kamen leere Lastwagen, um alles Stück für Stück davon zu schleppen: Teppiche, sie schossen auf die Fernseher, sie suchten nach Wertgegenständen, krempelten die Häuser um. [...] So, diese drei Lastwagen wurden bei mir im Hof gesehen, und dort nahmen sie alles ohne Ausnahme mit: Kühlschränke, Teppiche und Fernseher. Sie trugen alles fort und steckten das Haus in Brand." Rustam R. zieht den bitteren Schluss: "Dies waren nicht die Truppen, die wir erwarteten. Im Fernsehen sprachen sie über die Befreier, aber stattdessen kam eine Horde Verurteilter und Plünderer an."
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

Anfang bis Mitte Dezember 1999 Beinahe jeder Bewohner/ jede Bewohnerin von Alkhan-Jurt, der/ die von Human Rights Watch befragt wurde, sagt aus, er/ sie habe persönlich mit angesehen, dass russische Soldaten Häuser plünderten. Sie beschrieben, wie sie tatenlos zusehen mussten, als die Soldaten Haushaltsgegenstände wie Mobiliar, Kleidung, Kühlschränke, Fernseher und ähnliche Dinge auf Militärlastwagen und gestohlene Autos luden und ihre Beute davon trugen. Als der stellvertretende Premierminister, Nikolai Koschman, Alkhan-Jurt am 17. Dezember besuchte, sah er persönlich Militärfahrzeuge und Zelte, die mit Beutestücken aus dem Dorf gefüllt waren. "Was ich gesehen habe, übertrifft alles, was ich je zuvor gesehen habe," rief er aus, als er mit den Beweisen des Blutbades konfrontiert wurde.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

Anfang bis Mitte Dezember 1999 Die Plünderung von Alkhan-Jurt erfolgte systematisch und organisiert. Involviert war eine große Anzahl von Soldaten, die während ihres gesamten Aufenthaltes im Dorf straflos handelten. Die geplünderten Gegenstände wurden sowohl in Häusern eingelagert, die von russischen Befehlshabern besetzt worden waren, als auch in den Zelten der Soldaten aufbewahrt. In Militärfahrzeugen wurden sie dann öffentlich aus Alkhan-Jurt abtransportiert. Es ist schlichtweg unmöglich, dass eine so umfangreiche Plünderung bei Tageslicht ohne das Wissen der russischen Befehlshaber durchgeführt werden konnte. Die Plünderungen, die in Alkhan-Jurt stattfanden, waren kein isolierter Vorfall in Tschetschenien. Seit Beginn des Konflikts haben russische Truppen systematisch Dörfer und Städte, die sie unter ihre Kontrolle gebracht hatten, geplündert, und es liegen keine Anzeichen dafür vor, dass die russischen Befehlshaber irgend etwas unternommen hätten, um das zu verhindern.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

8.12.1999 Haji Vakha Muradow, dessen Sohn Isa von russischen Truppen getötet wurde, berichtet von der Plünderung seines Hauses in Alkhan-Jurt. Am 8. Dezember gegen 18:00 Uhr kam er heim und überraschte mehrere Soldaten, die gerade dabei waren, sein Haus zu plündern. "Die Soldaten kamen aus meinem Zimmer mit Taschen in ihren Händen und drängten mich an die Wand."
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

12.12.1999 Shamkhan Hadajew, 56, blieb nach dem Einmarsch der russischen Truppen in Alkhan-Jurt, um sein Haus und die Häuser in der Nachbarschaft zu bewachen. Er beobachtete folgendes: "Die Soldaten kamen in Panzern und APCs. Sie hatten einen Anhänger, den sie vom Hof eines Nachbarn entwendet hatten. Sie beluden ihn mit Sesseln, Fernsehern, Videorecordern und Sofas. Ich habe zwei Töchter, all ihre Kleidung wurde mitgenommen. All das dauerte etwa eine Stunde. Es waren so viele Soldaten, dass sie es sehr schnell erledigen konnten. Es ist schwer zu zählen, wenn man hungrig ist, aber es waren mehr als fünfzehn Soldaten. [...] Das war der Moment, in dem ich merkte, dass mir nichts mehr blieb, und so ging ich nach Urus-Martan."
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

13.12.1999 Shaarani Avtajew wurde gemeinsam mit vielen anderen am 1. Dezember gezwungen, Alkhan-Jurt zu verlassen. Am 13. Dezember konnte er für kurze Zeit zurückkehren, um festzustellen, was aus seinem Haus geworden war: "Ich durfte nur fünf oder zehn Minuten bleiben. Die Soldaten brachten mich zu meinem Haus und dann wieder zurück nach Kulary. Mein Haus war abgebrannt, nur die Mauern standen noch. Die Tore waren nieder gerissen worden. Mein Auto stand nicht länger in der Garage, die Soldaten hatten es mitgenommen. [...] Jetzt habe ich nur noch die Kleidung, die ich als Flüchtling mitnahm. [...] Die Soldaten nahmen meinen Fernseher, die Teppiche, die Möbel, den Kühlschrank. Ich schaute ins Innere des Hauses und dort war nichts. Sie hatten sogar den Ofen mitgenommen."
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

1.12.1999 Es gab mehrere Vorfälle, bei denen Soldaten in Alkhan-Jurt ohne Warnung Granaten in von Zivilisten bewohnte Keller warfen, wobei sie den Tod von mindestens drei Personen verursachten und zum Tod von anderen beitrugen. Drei Frauen, die sich in einem Keller in der Suworow Straße aufhielten, wurden bei solch einem Vorfall am 1. Dezember getötet. Nach Aussagen der 40-jährigen Zara Israelowa versteckten sich die 65-jährige Maret Paschajewa, die 70-jährige Deti TemirSultanowa und deren Tochter, die 35-jährige Sordat TemirSultanowa, in einem benachbarten Keller, als Soldaten kamen und Granaten hinein warfen. Deti und Sordat Temir Sultanowa starben auf der Stelle, Maret Paschajewa wurde in das Krankenhaus von Goyty gebracht, wo sie später starb.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

Anfang Dezember 1999 Human Rights Watch liegen detaillierte Informationen über 11 Hinrichtungen in Alkhan-Jurt vor und weniger umfangreiche, aber glaubhafte Informationen über vier weitere Exekutionen, zusätzlich wurden drei Zivilisten bei einem willkürlichen Angriff getötet. Insgesamt wurden also mindestens 18 Zivilisten von russischen Soldaten getötet, nachdem jene die komplette Kontrolle über Alkhan-Jurt erlangt hatten.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

Anfang Dezember 1999 In Alkhan-Jurt werden Said-Magomet Janalajew und Alimkhan Dalakow von russischen Soldaten getötet. Sultan Magomajew berichtet über seine Untersuchung der Leichen: "Etwa 30 Minuten lang untersuchte ich den Zustand der Körper. Sie waren vollkommen mit Blut und Schlamm bedeckt, und es gab Hinweise auf Misshandlungen. Zuerst schenkte ich den Händen meine Aufmerksamkeit, die Hälfte der Nägel waren abgeschnitten worden, vielleicht mit einem Messer. Die Wunden von den Messern an ihren Fingern waren sehr tief bei beiden Männern. Dann stellte ich fest, dass ihre Hände mit Feuer verbrannt worden waren, die Haut an den Händen war verbrannt. Said-Magomets rechtes Auge fehlte und sein rechter Oberschenkel war gebrochen, so auch sein Nacken. In seinem Magen waren zwei Messerstiche. An seinem rechten Bein waren mehrere Einschüsse von Kugeln. Alimkhan hatte ebenfalls Messerstiche an seinen Fingern. Er hatte Einschüsse am Rücken [...] Er hatte Messereinstiche an der Schulter und in der Nähe seines Herzens. Die letzten Wunden waren die von Kugeln verursachten auf seinem Rücken und an seinem Hinterkopf."
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)
(http://www.state.gov/www/global/human_rights/1999_hrp_report/russia.html)

Anfang Dezember 1999 Berichte über die Ermordungen von Khavazi Nunajew (4. Dezember), Ibrahim Hankurnanow (1. Dezember), Adlan Gibertajew (Anfang Dezember) und Seyed-Emi Saydulajew (Todesdatum unbekannt) durch russische Soldaten in Alkhan-Jurt. Drei der Todesfälle wurden von mehreren Quellen bestätigt, aber es liegen keine detaillierten Informationen über die spezifischen Umstände ihrer Tode vor. Berichten zufolge wurde Khavazi Nunajew, etwa 32, bei einer Plünderung von Soldaten erschossen. Ibrahim Hankurnanow, zwischen 20 und 22 Jahre alt, wurde durch ein Sprenggeschoss verwundet und von einem russischen APC überfahren, als er verwundet auf der Straße lag. Der APC fuhr zuerst über sein Bein, dann zurück und über seinen Körper. Es war kein Unfall, sie überfuhren ihn zweimal. Adlan Gibertajew, 17 Jahre alt, wurde in seinem Haus von russischen Soldaten erschossen. Das gleiche gilt für Seyed-Emi Saydulajew.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

3.12.1999 In Alkhan-Jurt wird Khamid Khazujew, 57 Jahre alt, getötet. Er hatte sich gemeinsam mit anderen Dorfbewohnern in einem Keller aufgehalten. Am Morgen des 3. Dezember kündigte er an, dass er einen kurzen Blick auf den Zustand seines Hauses werfen wollte, und versprach, bald zurückzukehren. Er kam jedoch nicht. Ruslan Muskhaziejew verließ den Keller gegen 7:00 und ging direkt zu Khazujews Haus. Als er dort ankam, sah er, dass der Hof voll von russischen Soldaten war. Er hörte Khamid Khazujews Stimme, die die Soldaten anflehte, sein Haus nicht zu plündern. Dies ging etwa zehn Minuten so. Plötzlich hörte er sieben oder acht Schüsse von einem Maschinengewehr. Er fand Khazujew erschossen auf dem Boden liegend. Nachdem die Soldaten das Haus geplündert hatten, steckten sie es in Brand.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

4.12.1999 In Alkhan-Jurt wird Musa Gilkajew, Ende 30, getötet. Er wurde von plündernden Soldaten erschossen. Movladi Taduschajew zufolge plünderten Soldaten das Haus eines Nachbarn und Musa Gilkajew ging hin, um sie daran zu hindern, indem er darauf hinwies, das Haus gehöre seinem Nachbarn. Die Soldaten schossen ihm direkt ins Gesicht.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

8.12.1999 In Alkhan-Jurt wird Isa Muradow, 42, getötet. Er hielt sich im Keller des Hauses von seinem Vater auf. Am Abend des 8. Dezember sagte er seinem Vater, dass er im Haus zu Abend essen und die Nacht auf der Veranda verbringen wollte. Isa Muradow kehrte in jener Nacht nicht in den Keller zurück. Sein schwerhöriger Vater sorgte sich und berichtet vom nächsten Morgen: "Ich dachte, dass er am Morgen in den Keller zurückkommen würde. Am Morgen war er nicht da und ich ging los, um ihn zu finden. Er war im Hof, blutüberströmt. Man hatte ihm direkt ins Gesicht geschossen, sein linkes Auge war nicht mehr da und die Hälfte seiner Nase war verschwunden. [...] Eine Menge Kugeln waren in seinen Bauch gefeuert wurden, etwa 30 Stück." Gegen 23:00 in der Nacht hatte der Vater Schüsse gehört, hatte aber Angst, den Keller zu verlassen, weil Soldaten während der letzten Tage schon zweimal damit gedroht hatten, ihn zu erschießen. Außerdem ging er aufgrund seiner Schwerhörigkeit nicht davon aus, dass die Schüsse aus seinem eigenen Haus kamen.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

8.12.1999 In Alkhan-Jurt wird Taus Sultanow, 49, getötet. Er hielt sich gemeinsam mit vier Frauen und mehreren Männern in einem Keller auf. Um 23.30 klopfte es an die Tür, es waren drei Soldaten. Sie überprüften die Pässe der Bewohner und verlangten Wodka, Wein, Gold und US-Dollar. Als die Männer und Frauen darauf bestanden, dass sie nichts anzubieten hatten, antworteten die Soldaten, dass sie einen der Männer mitnehmen würden. Sie wählten Taus Sultanow, den größten und stärksten von ihnen, und befahlen ihm, sich anzuziehen und mitzukommen. Sultanow sagte, seine Schuhe wären draußen, und so entstand eine Diskussion mit den Soldaten. Kurz darauf verlor einer der Soldaten die Beherrschung und feuerte auf Sultanows Füße. Er lag blutend auf dem Boden, aber die Soldaten verweigerten erste Hilfe. Früh am nächsten Morgen versuchten die anderen, Hilfe zu holen. Aber es war zu spät. Ein Arzt äußerte sich zu dem Fall und sagte, das Leben von Taus hätte möglicherweise gerettet werden können, wenn die Soldaten rechtzeitig eingewilligt hätten, die Blutungen zu stillen.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

9.12.1999 In Alkhan-Jurt werden Alimpash Asujew, 25, und Ibrahim Usmanow, 34, getötet. Gegen 17:00 am 8. Dezember verließ ihr Mitbewohner Movladi Taduschajew das Haus und kehrte erst am nächsten Morgen zurück. Er berichtet: "Ich kehrte am Morgen des 9. Dezember zurück, konnte Ibrahim aber nicht finden. Dann fand ich Alimpash Asujew erschossen vor. Ibrahim war draußen, ebenfalls erschossen. Er wurde erschossen und dann mit einer Axt geschlagen. Er lag auf dem Rücken, drei Kugeln waren durch seinen Nacken gegangen. Seine Stirn und seine Augen waren von der Axt zerschmettert worden. Seine Augäpfel waren fort, zerschmettert. Er lag in der Nähe der Treppe und überall war sein Gehirn, an der Tür und auf den Stufen. Alimpash war auf dem Sofa. Er hatte zwei Kugeln im Kopf und eine im Herzen." Das Haus war verwüstet und ließ darauf schließen, dass wer auch immer die beiden Männer getötet, anschließend das Haus geplündert hatte.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

16. Dezember 1999 Sechs Menschen starben bei dem Versuch, ihre Häuser in Alkhan-Jurt vor den Plünderungen der russischen Truppen zu verteidigen. Die Information beruht auf Interviews, die mit 15 Flüchtlingen in Lagern und Privatunterkünften in Inguschetien geführt wurden.
Washington Post in Refugees Daily, 16.12.1999

18.12.1999 Nach Aussagen des 66-jährigen Buru Altimirow wurde sein Sohn, Aindi Altimirow, am 18. Dezember von russischen Soldaten in Alkhan-Jurt getötet und enthauptet: "Dort sah ich die geköpfte Leiche meines Sohnes, ich erkannt ihn an seiner Kleidung. Sein Kopf wurde von den Jungen unten am Fluss gefunden, etwa drei Meter entfernt. Nahe seiner Füße waren Spuren im Gras. [...] In seiner Hand war Gras, das er ausgerissen hatte". Buru Altimirow glaubt, dass diese Spuren vom Scharren der Füße seines Sohnes kamen, als sie ihn enthaupteten.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

22.12.1999 Das russische Verteidigungsministerium leitet Ermittlungen über das Massaker in Alkhan-Jurt ein.
AFP/dpa/AP-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 23.12.1999

23.12.1999 Human Rights Watch erfährt aus Interviews mit tschetschenischen Flüchtlingen, dass russische Truppen in Alkhan-Jurt 17 Zivilisten ermordet haben.
New York Times in Refugees Daily, 23.12 1999

24.12.1999 Berichte über das Massaker in Alkhan-Jurt scheinen sich zu bestätigen. Ein Amateurvideo, das BBC-Reportern zugespielt wurde, zeigt einen Wutausbruch des russischen Regierungsbeauftragten für Tschetschenien, Nikolaj Koschman, gegenüber russischen Offizieren am Ort des Geschehens: "Dafür werden Sie persönlich zur Verantwortung gezogen werden", sagt Koschman an einen Leutnant gewandt, und: "Etwas Derartiges habe ich in Tschetschenien noch niemals gesehen." Danach sind Dorfbewohner zu sehen, die Koschman eine Liste von 41 Getöteten übergeben. Daraufhin entgegnet Koschmann: "Es gibt also Augenzeugen", und kündigt an, Premierminister Wladimir Putin über den Vorfall in Alkhan-Jurt zu informieren. Das Video zeigt ebenfalls auf russischen Fahrzeugen verstaute, gestohlene Waren, wie Videorecorder, Teppiche und Geschirr. Laut Aussagen von Bewohnern des Dorfes seien viele Bewohner getötet worden, nachdem sie versucht hätten, die betrunkenen Soldaten an der Plünderung ihrer Häuser zu hindern.
Erstellt wurde das Video im Auftrag von Mali Saidulaew, einem reichen tschetschenischen Geschäftsmann, der bereits Interesse für die Präsidentschaft in Tschetschenien angemeldet hat.
Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat weitere Hinweise auf das Massaker. Nach Aussagen von 15 Dorfbewohnern, die Vertreter der Organisation in Inguschetien befragten, seien 17 Menschen in Alkhan-Jurt getötet worden. Die russische Seite wies die Berichte zurück. Koschman sprach von einer bewussten Verdrehung der Tatsachen. Die Soldaten seien in Alkhan-Jurt beschossen worden und hätten zurückschlagen müssen.
Klaus-Helge Donath in die tageszeitung taz, 24.12.1999

2. StaropromyslowskiOben

Mitte Januar 2000 Human Rights Watch dokumentierte mit Zeugenaussagen 41 Fälle, in denen Zivilisten zwischen Ende Dezember und Mitte Januar im Stadtteil Staropromyslowski von Grosny von russischen Soldaten ermordet - in der Regel aus nächster Nähe erschossen worden seien.
Neue Zürcher Zeitung, 16.2.2000

19.1.2000 Zeugen berichten Human Rights Watch, dass an diesem Tag russische Soldaten in ihre Nachbarschaft eindrangen und damit begannen, die Häuser zu durchsuchen. Nachdem die Soldaten die Papiere der Menschen im Keller, in dem sich auch die beiden Zeugen aufhielten, überprüft hatten, gab der 68 Jahre alte Said Zubajew, Patriarch der Familie Zubajew, bekannt, dass er nun zu seinem Haus zurückkehren werde. Ein oder zwei Stunden später, gegen 15:00 Uhr, folgten seine Frau und seine Tochter ihm. Auf dem Nachhauseweg fanden sie ihn erschossen auf der Straße liegend, in einem Gebiet, das sich unter russischer Kontrolle befand. Am 21. Januar wollten die beiden Zeugen die Familie Zubajew besuchen und fanden acht Leichen im Hof. Das Haus war geplündert und die ganze Familie erschossen worden.
Human Rights Watch in Relief Web, 10.2.2000 (http://www.reliefweb.int)

Mitte Januar Human Rights Watch dokumentierte mindestens 21 Fälle, in denen Zivilisten im Stadtteil Staroplomyslowski erschossen wurden. Hier die Namen und das Alter der Opfer:
Anzor Taimaschkanow, 16
Lida Taimoschkanowa, 55
Adlan Akajew, 45
Larisa Jabrailowa, 43
Heda, eine Kumykerin
Said-Selim Tungojew, 50
Kosjm Reschjew, 40
Natascha Tschernowa, 50
Khawa, 50
Lyusja, 45
Ein Nachbar, der noch nicht identifiziert werden konnte
Mariam Goigowa, 59
Valentina Fotiewa, 67
Hijan Gababorchewa, 67
Durgurchan Archankowa, 56
Ismail Gadaborchewa, 74
Abdulvagap Aslangeriew, 75
Aisat Archakowa, 63
Abukar Jewlojow, 67
Saperbek Jewlojow, 36
Minusa Auschewa, 67
Zenap Gairbekowa 60
7.2.2000 Human Rights Watch, Russian Forces Execute Grosny Residents

3. AldiOben

5.2.2000 In Aldi, einem Vorort von Grosny begannen ein zwanzig bis 30 Mann starker Trupp der Omon Sondereinheiten des Innenministeriums mit der sogenannten Tschistka, der Säuberung. Die aus Dagestan und Ossetien stammenden Söldner seien betrunken gewesen, berichteten Flüchtlinge aus Nasran. Sie hätten zunächst Geld gefordert, dann hätten sie begonnen, Zivilisten zu erschießen. Ein alter Mann, der ihnen 300 Rubel gebracht hätte, sei dennoch erschossen worden. Mindestens 92 Bewohner seien ermordet worden, berichteten unabhängig voneinander Flüchtlinge. Die Leichen hätten in den Höfen gelegen. Die Flüchtlinge konnten Namen und Adressen von 36 der Opfer präsentieren, die Identität von weiteren 56 Ermordeten sei noch nicht bekannt. Einige Flüchtlinge versichern, die plündernden und um sich schießenden Omon-Soldaten seien erst durch eine andere russische Truppeneinheit gestoppt worden. Der Ort sei danach abgeriegelt worden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.2.2000

5.2.2000 In Aldi wurden Augenzeugenberichten zufolge mehr als 100 Zivilisten ermordet, die sich der Plünderung ihrer Häuser widersetzten. Überlebende Bewohner haben eine Liste mit 92 Namen zusammengestellt. Die tatsächliche Zahl der Opfer liege aber deutlich höher: viele Körper seien enthauptet, verstümmelt und teilweise verbrannt worden, so dass eine Identifizierung unmöglich sei. Zur "Säuberung" sei der Ort in verschiedene Bereiche aufgeteilt. Die Gräueltaten seien vor allem durch OMON-Spezialeinheiten und russische Söldnertruppen begangen worden. Junge russische Soldaten, die durch den Ort zogen, hätten die Bewohner noch gewarnt: "Lauf' weg, versteck' dich, die Söldner (kontraktniki) kommen und bringen alle um! Ihr habt Glück, dass ihr auf uns getroffen seid, die da hinten, das sind Tiere." Salman Bichajew (48) und sein Sohn Ahmed (28) müssen niederknien, werden an den Händen gefesselt und durch Kopfschuss getötet. Die Körper werden unter Abfall versteckt. Sultan Timir (45) wird die Kehle durchschnitten, danach trennen die Schlächter ihm den Kopf ab. Den Toten werden die Goldzähne herausgerissen. Das Massaker wird bis spät in die Nacht fortgesetzt. Anschließend werden die Körper aufgeschichtet, mit alten Reifen umgeben, mit Benzin übergossen und verbrannt. Andere Leichen werden in die Keller der Häuser geworfen und mit Handgranaten zerfetzt. Die überlebenden Bewohner bringen alle nicht identifizierten Leichen in den Hof der Dorfschule und überschütten sie mit Erde. Sie können erst dann identifiziert und begraben werden, wenn die geflohenen Bewohner zurückgekehrt sind.
Le Monde durch eigenen Korrespondenten in Inguschetien, 26.02.2000

5.2.2000 Human Rights Watch bestätigt den Mord an mindestens 62 Zivilisten. Die Menschenrechtsorganisation befragte sechs Augenzeugen, die das Massaker miterlebt hatten oder nach Aldi gefahren waren, um etwas über das Schicksal ihrer Angehörigen zu erfahren. Die Aussagen der Zeugen ergaben ein zusammenhängendes Bild des brutalen Vorgehens. "Eine große Gruppe von russischen Soldaten, wahrscheinlich mehr als 100, kamen in die Gemeinde Aldi und ermordeten systematisch Zivilisten in ihren Häusern und auf den Straßen. Soldaten plünderten viele Häuser und brannten sie nieder. Sie forderten Geld von den Zivilisten, manchmal mit dem Versprechen, ihr Leben zu schonen, wenn sie zahlten. Außerdem berichteten einige Zeugen, dass russischen Soldaten mindestens zwei Frauen vergewaltigten."
Eine 41 Jahre alte Zeugin, die das Massaker miterlebte, berichtet: "Wir hörten, dass alle mit ihren Papieren aus den Häusern auf den Hof oder die Straße kommen sollten. Darum gingen wir alle nach draußen und erwarteten die Soldaten. Dann hörten wir Schüsse vom anderen Ende der Stadt. Als die Soldaten durch die Voroneschskaja Straße kamen, töteten sie alle, die ihnen über den Weg liefen. Das Gleiche passierte in der Mazjew, der Zemljankaja und der Bryanskaja Straße ..." Sie berichtete von der Ermordung von Alvi Ganajew (61) und seiner beiden Söhne Aslambek (34) und Salambek (31). Sie wurden offensichtlich in der Voroneschkaja Straße getötet. Alvis Frau fand ihre Körper unter einem Haufen von Leichen auf der Straße: "Sie erkannte die Kleidung ihres jüngeren Sohnes und versuchte, seinen Körper herauszuziehen. Da sahen sie die Soldaten und begannen in ihre Richtung zu feuern. Ein junger Mann, der hin gelaufen war, um ihr zu helfen, wurde getroffen. Er starb drei Tage später an seinen Verwundungen." Die Zeugin sah die Leichen von Mitgliedern der Familie Ganajew, als sie der Mutter kondolierte.
Eine 63-Jährige ging am 10. Februar nach Aldi, um nach ihren Angehörigen zu suchen. Sie erfuhr von dort ansässigen Familien, dass ihr 74 Jahre alter Verwandter Akhmed Abalkhanow von Soldaten aufgefordert worden war, Geld zu bezahlen. Er gab ihnen 300 Rubel. Die Soldaten warfen ihm das Geld ins Gesicht und sagten: "Du hast Dollar und du gibst uns nur Rubel." Akhmed ging zurück ins Haus und brachte 100 US Dollar. Dann wurde er von den Soldaten erschossen. Sie waren wütend, dass der 74-Jährige versucht hatte, die Dollar zu verstecken. Als seine Schwiegertochter Louisa versuchte einzuschreiten, wurde sie brutal geschlagen. Dann setzten die Soldaten das Haus und den Stall in Brand. Sechs Rinder verbrannten. Der 32-jährige Shamkhan Baigirijew, verwundet beim Granatenbeschuss, wurde von den Soldaten mitgenommen. Sein verbrannter Körper wurde sechs Tage später in einem Keller gefunden.
Nachdem die Soldaten abgezogen waren, zählten die Überlebenden 82 Tote. Einige von ihnen konnten nicht identifiziert werden, denn sie wurden verbrannt. Human Rights Watch liegen die Namen von 62 Ermordeten vor. Zeugen, die am 9. Februar nach Aldi zurückgekehrt waren, berichteten, dass sie von russischen Soldaten gewarnt wurden, die Gräueltaten nicht an die internationale Öffentlichkeit zu bringen: "Wir haben Dich nicht gesehen, Du hast uns nicht gesehen. Das ist das Beste für Dich und für uns. Du weißt was passiert, wenn Du Dich nicht daran hältst." Einige Zeugen wagten es nicht, mit Repräsentanten von Human Rights Watch zu sprechen.

Die Namensliste der Ermordeten:
Akhmed Abalkhanow (75), Rakhaash Akmadowa (71), Musa Akhmadow ( Alter unbekannt), Ziyardi Akhmerzojew (44), Aindi Azujew (80), Shamkhan Baigirijew (32), Sultan Dzabrailow (50+), Vakha Dzhambekow BeterSultanowich (52), Akhmed Eldabijew (75), Ramzan Ekmurzajew (35), Alvi Ganajew (61), Aslambek Ganajew (32), Salambek Ganajew (39), Magomt Gaitajew (76), Koka Gerikhanowa (45), Ali Hadjimuradow Germanowitsch (58), Sultan Idigow (52), Vakha Khakimow (50), Umar Kudozow (47), Mus Kudozow (42), Zina Labazanewa (50+), Saalam Makhamadow (59), Abdul Makhamadow (55), Umar Musajew (77), Jakub Musajew (51), Suleiman Musajew (27), Abdurakhman Musajew (49), Yusup Musajew (49), Avalu Sugaipow Saudijewitsch (49), Abdurakhman Tasujew (20), Sultan Temirow Said-Achmedowitsch (48), Hanpasha JakhJajew Sultanowitsch (45), Mussa Jakajajew (43), Aimani (Nachname und Alter unbekannt).
Human Rights Watch, www.hrw.org/press/2000/02/chech0223.htm, 23.2.2000

18.2.2000 Oleg Kusov von Radio Liberty berichtet: Die Ausgänge von Grosny sind noch immer blockiert. Aber die Bewohner glauben den Soldaten nicht, dass dies nur dazu diene, die Stadt von Minen und möglichen tschetschenischen Kämpfern zu säubern. Aldi-Bewohner Akhmadov behauptet, mit der Ankunft russischer Soldaten seien die Plünderungen und Erniedrigungen nicht weniger geworden, im Gegenteil, die seien sogar häufiger. Die Körper ermordeter Zivilisten lägen noch immer in den Höfen und Häusern des Dorfes Aldi. Insgesamt seien 98 Personen in Aldi erschossen worden.
War and Human Rights. February 18, 2000. (http://www.hro.org/war/151.htm)

22.2.2000 Flüchtlinge in Inguschetien berichten von betrunkenen russischenSoldaten, die 82 Zivilisten in Aldi, nahe Grosny, massakriert hätten. Human Rights Watch verfügt über eine glaubwürdige Liste von 30 Opfern.
New York Times in Refugees Daily, 22.2.2000 (http://www.unhcr.ch/refworld/cgi-bin/newssearch.pl)

4. Katyr-JurtOben

4. 2. 2000: Rumissa Medhidowa, eine 27jährige Frau, berichtet dem "Observer"-Korrespondenten John Sweeney, dass im Dorf Katyr-Jurt (ca. 40 km von Grosny entfernt) 363 Zivilisten von russischen Truppen getötet worden seien. Zunächst wurde das Dorf ab 10.00 Uhr bombardiert. Um 16.30 Uhr wurden die Bewohner aufgefordert, das Dorf binnen zwei Stunden zu räumen. Es standen Busse mit weißen Fahnen bereit, in denen sie abtransportiert werden sollten. Als die Busse voller Menschen das Dorf in westlicher Richtung verlassen und die Landstraße erreicht hatten, wurde die Fahrzeuge mit Boden-Luft-Raketen beschossen. Eine andere Zeugin, die 59-jährige Zara Atkmirowa, berichtete, dass die zerschossenen Fahrzeuge einen Konvoi von ca. drei Kilometern Länge ausmachten: "Sie sahen aus wie durch den Wolf gedreht, wie Hackfleisch." Ein anderer, namentlich unbekannter Mann aus dem Dorf hat versucht, die Toten zu waschen, bevor sie von den Russen abtransportiert wurden. Er hat dabei 363 Körper gezählt. Einige der Körper hätten noch die Spuren der Ketten getragen, mit denen sie - an Autos gehängt - weg geschleift worden waren. Die russische Regierung widersprach Darstellungen, nach denen in Katyr-Jurt Massengräber gefunden worden sein sollen.
Observer, 5.3.2000.

10.2.2000 In Katyr-Jurt sollen am 4.2.2000 mindestens 24 tschetschenische Flüchtlinge während der Bombardierungen durch die russische Luftwaffe umgekommen sein.
AP in Refugees Daily, 10.2.2000

Anderen Berichten zufolge sei das Dorf am 5. und 6.2.2000 zu mindestens 80 % zerstört worden. Auch hier wird davon berichtet, dass Autos mit Flüchtlingen beschossen worden seien. Neben mehreren hundert zivilen Opfern wären auch ca. 100 verletzte tschetschenische Kämpfer exekutiert worden, die von den Rebellen auf dem Rückzug im Dorf einige Tage zuvor (in der Nacht vom 30.01. zum 31.01.) zurückgelassen worden waren. Eine Woche nach dem Massaker seien 184 ermordete Zivilisten beerdigt worden. Le Monde, 26.02.2000.

Die Straßen seien mit Toten und Verletzten übersät gewesen, nachdem Katyr-Jurt von russischen Flugzeugen und Artillerie angegriffen worden war. Das Kommando zum Angriff habe der russische General Schamanow gegeben. Ein Flüchtling berichtet, 127 Tote seien beerdigt worden, doch seien dies nicht alle Opfer gewesen. Die acht Jahre alte Taisija Abakarowa hat überlebt. Gesicht und Hände sind mit tiefen Brandwunden bedeckt, beide Beine sind gebrochen. Ihre Eltern und Geschwister starben in der Nähe von Katyr-Jurt am 5.Februar beim Bombardement einer Flüchtlingskolonne aus zwei Flugzeugen heraus.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.2.2000

Der Korrespondent der Frankfurter Rundschau, Florian Hassel, hat am 5.4.2000 einen umfassenden Bericht über das Massaker in Katyr-Jurt veröffentlicht. Monatelang seien Besetzte und Besatzer ohne große Schwierigkeiten miteinander ausgekommen. Im Oktober 1999 schon hatten die Ältesten von Katyr Jurt mit den Russen eine kampflose Übergabe aus. Dann folgte wie in vielen Dörfern und Städten die 'Säuberung', auch dabei blieb es jedoch noch ruhig. Rund 15.000 Flüchtlinge kamen seit Kriegsbeginn in das als sicher geltende Dorf. Am 1. Februar beschlossen die tschetschenischen Kämpfer, sich aus Grosny zurückzuziehen. Der Rückzug ging durch verschiedene tschetschenische Dörfer, dort wollten die Tschetschenen ihre Verwundeten versorgen lassen und die Toten begraben. Eigentlich hatte einer der tschetschenischen Führer den Ältesten von Katyr Jurt zugesagt, dass sie einen Bogen um Katyr Jurt machen würden, sie kamen aber doch um vier Uhr des 4. Februar. Verwundete und 15 Tote wurden in Katyr Jurt zurückgelassen. Kaum waren die Kämpfer aus dem Dorf, fingen die Bombardierungen der Russen an, 48 Stunden lang gingen Granaten, Grad-Boden-Boden-Raketen über dem Dorf nieder, Flugzeuge und Kampfhubschrauber wurden eingesetzt. Soldaten warfen wahllos Handgranaten in Keller, junge Männer wurden aus den Kellern geholt und erschossen. Einige Bewohner nutzten die Feuerpause zur Flucht, aber auch ihr deutlich mit weißen Fahnen gekennzeichneter LKW wurde bombardiert. Neun von 10 Häusern seien nach vier Tagen Dauerbombardement zerstört gewesen, was noch an Wertsachen vorhanden war, wurde von den russischen Soldaten geplündert. Die endgültige Zahl der Toten steht noch nicht fest
Frankfurter Rundschau, 5.4.2000

Inhaftierungen und Filtrationslager
a) InhaftierungenOben

November

8.11.1999 Auf der OSZE-Vorbereitungskonferenz in Istanbul berichtet der Abteilungsleiter des State Department, Koh, dass infolge der Bombenanschläge in Russland 2.000 Personen kaukasischer Herkunft verhaftet worden seien.
Reuters-Bericht in Neue Zürcher Zeitung, 9.11.99

Dezember

Dezember 1999 Im Dorf Znamenskoje im russisch kontrollierten Teil Tschetscheniens herrscht ab neun Uhr abends Ausgangssperre. Wer von einem Dorf ins nächste will, muss dafür einen Passierschein vorweisen, sonst wird er von den Soldaten der Blockposten an der Straße festgenommen.
Elfie Siegl in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.12.1999

Anfang Dezember 1999 Amnesty International hat in den vergangenen zwei Monaten Berichte erhalten, denen zufolge Tschetschenen und andere Bewohner des Kaukasus willkürlich inhaftiert und ausgewiesen werden. Verantwortlich für diese Übergriffe waren Angehörige der russischen Sicherheitskräfte und Kommunalbehörden in Moskau und anderen größeren Städten.
Amnesty International, Urgent Action "Sorge um Sicherheit", 7.12.1999

Januar

Januar 2000 Ein tschetschenischer Ingenieur, Vater eines zwei Tage alten Jungen, verließ Grosny, um einen russischen Kontrollpunkt aufzusuchen. Dort wurde er festgenommen und anschließend in Tschernokosowo gefoltert. Er war lediglich zum Kontrollpunkt gekommen, um Babynahrung zu besorgen, da seine Frau dem Kind keine Milch geben konnte.
Physicians for Human Rights. Random Survey Conducted by US Medical Group of Displaced Chechens Finds Widespread Killings and Abuses by Russian Forces. February 26, 2000.
http://www.phrusa.org/research/chechen_displaced.htm

10.1.2000 Der russische Kommandeur Kasanzew kündigt eine nächtliche Ausgangssperre für ganz Tschetschenien an. Nur Frauen, Kinder und alte Menschen würden von den Soldaten als Flüchtlinge betrachtet. Alle anderen Personen müssten wegen des Verdachts der Zusammenarbeit mit den Widerstandskämpfern mit Festnahmen rechnen.
Reuters/AFP-Meldung in Süddeutsche Zeitung, 11.1.2000

18.1.2000 Drei Personen wurden am Check Point in der Nähe von Tschiri Jurt festgenommen: Basaew Chamidonivitsch (geb 1962), Basnukaew Usamanowitsch (geb. 1959), Kaicharov Alievitsch (etwa 27 Jahre alt). Die drei Männer transportierten Verwundete aus dem Dorf Aslanbeck-Scheripowo. Etwa 40 Personen waren dort getötet und 120 Personen verletzt worden. An dem Check Point wurden die drei Männer gestoppt und festgenommen. Die Verwandten fingen sofort an, nach den Männern zu suchen. Erst Mitte März hatten sie genauere Anhaltspunkte, dass die Kennzeichen eines der Autos gefunden worden waren. Das Auto selbst war vergraben worden, die Freunde und Bekannten der Verschwundenen gruben das Auto aus, es lieferte ihnen aber auch keine Hinweise auf die Vermissten. Sie bleiben bis heute verschwunden.
Memorial: Got missed in 'Filtration' procedure, in www. Memo.ru/eng/hr/missed.htm

21.1.2000 Laut BBC, mit Berufung auf die UNO-Agentur für Flüchtlingsprobleme, findet an den Grenzkontrollpunkten seitens der russischen Soldaten eine verschärfte Personenüberprüfung von Flüchtlingen aus Tschetschenien statt. Die Agentur verweist auf Angaben tschetschenischer Flüchtlinge, wonach Personen im Wehrdienstalter an der Grenze zu Inguschetien festgenommen und ins Filtrationslager in Mozdok verbracht werden.
War and Human Rights, Nr. 120, 21.1.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

29.1.2000 Mehr als 500 Zivilisten sind nach offiziellen Angaben von den russischen Behörden wegen des Verdachts, mit den tschetschenischen Kämpfern zusammenzuarbeiten, verhaftet worden.
Lenta Ru mit Bezug auf Itar-Tass, 29.1.2000

30.1.2000 Ein Sprecher des tschetschenischen Präsidenten Maschadow erklärte, zahlreiche Tschetschenen seien festgenommen worden, da sie keinene Ausweis vorweisen konnten, obwohl Pässe aus Mangel an Formularen in Tschetschenien drei Jahre lang nicht ausgegeben wurden.
Nach Angaben des russischen Innenministeriums wurden in den vergangenen 24 Stunden 191 Personen wegen verschiedener Verbrechen und Gesetzesverletzungen in Tschetschenien festgenommen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.1.2000

Februar

2. oder 3.2.2000 Der tschetschenische Gesundheitsminister, Omar Chambijew, ein Chirurg und sein Team, bestehend aus bis zu 24 Ärzten, Ärztinnen und Krankenschwestern, werden von russischen Truppen inhaftiert. Amnesty International liegen Informationen vor, denen zufolge sie im Filtrationslager von Mozdok festgehalten werden. Omar Chambijew wurde vermutlich deswegen inhaftiert, weil sein Bruder, Magomed Chambijew, ein bekannter tschetschenischer Militär-Kommandeur ist.
Amnesty International, News Release, EUR 46/09/00, 17.2.2000

3.2.2000 Human Rights Watch liegen Berichte über Masseninhaftierungen aus Dörfern und Städten vor. Am 3. Februar nahmen russische Soldaten etwa 300 Verwundete - tschetschenische Kämpfer, aber auch viele Zivilisten - aus dem Dorf Alkhan-Kala fest.
Human Rights Watch, http://www.hrw.org/hrw/press/2000/02/chech0218.htm

5.2.2000 Bei entsprechenden Kontrollen der Bevölkerung durch das russische Militär werden allein an diesem Tag in Tschetschenien 177 Personen festgenommen, die der Mitgliedschaft in tschetschenischen Einheiten verdächtigt werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7.2.2000

Anfang Februar 2000 "Die Zahl der in Tschetschenien Festgenommenen ist steil angestiegen und betrug nach eigenen Angaben bereits Ende vergangener Woche rund 1.000 Mann", wird Jurij Gladkewitsch von der Moskauer Agentur für Militärnachrichten am 10. Februar zitiert.
Frankfurter Rundschau, 11.2.2000

Anfang Februar 2000 Die russische Armee geht schonungslos mit tschetschenischen Zivilisten um: Wer keinen Ausweis bei sich trägt, dem werden von russischen Spezialeinheiten die Augen verbunden und die Hände zusammengebunden; ohne konkreten Verdacht werden die Männer in Haft genommen.
Süddeutsche Zeitung, 9.2.2000

Anfang Februar 2000 Eine Einwohnerin von Schami-Jurt berichtete Memorial Anfang Februar, in ihrem Dorf seien Dutzende junger Männer auf Lastwagen verladen worden. Seitdem fehle von ihnen jede Spur.
Florian Hassel aus Nazran in Frankfurter Rundschau, 26.2.2000

7.2.2000 Laut Médecins du Monde würde die medizinische Infrastruktur Tschetscheniens seit Beginn des Krieges systematisch zerstört. So seien 15 Ärzte und drei Krankenschwestern aus Alkhan-Kala in das Filtrationslager Goriatchevodsk verschleppt worden. Am 08.02.2000 wären dann 15 Ärzte und Schwestern aus Kourtchaloï in das Lager Tschernokosowo gebracht worden.
Le Monde, 24.02.2000

8.2.2000 Es finden weiterhin sogenannte 'Säuberungen' in Tschetschenien statt. Das Innenministerium hat 35 solcher 'Säuberungen' in den Orten Gudermes, Argun und Alkhan-Kale durchgeführt. Dabei seien 182 Personen verhaftet worden.
War and Human Rights in www.hro.org/war/140htm, 8.2.2000.

Februar 2000 Ruslan Babijew, Wacha Israpilow und Eli Saslanbekow konnten ihre Männer und Söhne aus dem Lager Tschernokosowo freikaufen. Sie bestachen den Untersuchungsrichter mit Summen zwischen 1.200 und 4.000 Rubel (85 bis 285 Mark).
Florian Hassel aus Nazran in Frankfurter Rundschau, 26.2.2000

14.2.2000 An nur einem Tag wurden in Grosny 100 Menschen verhaftet.
Gazeta.ru in War and Human Rights, 15.2.2000, www.hro.org/war/148.htm

17.2.2000 Neun Menschen, die vorher in einem der örtlichen Krankenhäuser gearbeitet haben, werden aus dem Filtrationslager Tschernokosowo befreit. Die Ärzte wurden in der Region Alkhan-Kaly festgenommen.
War and Human Rights. February 18, 2000. (http://www.hro.org/war/151.htm)

17.2.2000 Sergei Jastrschembskij, Berater des amtierenden Präsidenten, sagt in einem Fernsehinterview, dass sich noch 235 von insgesamt 744 ehemals inhaftierten Menschen im Filtrationslager Tschernokosowo befinden. Es ist nicht klar, ob die anderen 509 Personen ebenfalls befreit oder an andere Orte geschickt wurden.
War and Human Rights. February 18, 2000. (http://www.hro.org/war/151.htm)

18.2.2000 Drei Personen wurden an einem russischen Kontrollposten in der Nähe der Dörfer Dubai-Jurt und Tschiri-Jurt in der Argun Schlucht festgenommen. Bis heute haben die Verwandten der Festgenommen (Chassi Bachajew, geb. 1959, Ruslan Kaicharow, geb 1972, Hussein Basnukajew, geb, 1959) nichts über deren Verbleib gehört.
FIDH: Tchétchénie: un an de crimes impunis, S. 32

19.2.2000 Flüchtlinge aus Grosny, Samaschki und Alkan-Kala liefern konkrete Beweise für die Inhaftierungen von Bewohnern ihrer Dörfer durch russische Soldaten. Flüchtlinge berichten, das Militär lasse Gefangene aus Filtrationslagern gegen 300 bis 1.000 US-Dollar Bestechungsgeld frei.
War and Human Rights. February 19, 2000. (http://www.hro.org/war/152.htm)

19.2.2000 Der Nordkaukasus-Korrespondent von 'Radio Liberty', Raduew, interviewte einen tschetschenischen Flüchtling, Ruslan Kasajew, dem es gelang, nach Inguschetien zu flüchten: "Die Behandlung der Menschen ist grausam. Das gesetzte Ziel ist, den Menschen zu erniedrigen und zu verletzen. Ich bin Zeuge: Vor meinen Augen wurden zwei Frauen verhaftet, die, meiner Meinung nach, weder mit den Kampfhandlungen noch mit den Kämpfern irgendwas zu tun hatten, und auch noch vier Männer wurden aus den Autos geholt, verhaftet und in unbekannte Richtung weggebracht. Es wurden drei Pkw, zwei Busse und zwei Laster konfisziert. Die Laster waren mit Behältern beladen, in denen Wasser für die Dorfbewohner transportiert wird. Die föderalen Streitkräfte in Tschetschenien sollten mehr mit der örtlichen Bevölkerung und dem Personal zusammenarbeiten, weil es ansonsten dazu führt, dass zivile Personen, die nie im Leben eine Waffe in den Händen hielten, erniedrigt und in Filtrationslager gebracht werden, und von da kommt man nur noch als Invalide wieder heraus; die Menschen werden wider Willen dazu gezwungen, zur Waffe zu greifen."
`Filtrationslager´, War and Human Rights, nr. 152, 19.2.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

22.2.2000 Sechs befreite Geiseln wurden ins Filtrationslager gebracht. Die alte Sowjet-Tradition, Kriegsgefangene der Kooperation mit dem Feind zu verdächtigen, wird somit fortgesetzt.
War and Human Rights. 22.2.2000. (http://www.hro.org/war/155.htm)

24.2.2000 Mehr als 100 Personen, die in Tschetschenien von russischen Streitkräften festgenommen wurden, sind nach Stawropol gebracht worden. Unter ihnen befinden sich nicht nur Tschetschenen, sondern auch Russen, Inguschetier, Georgier und Tataren. Auch Frauen sind dabei, denen vorgeworfen wird, in den Militäreinheiten als Heckenschützinnen gedient zu haben. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Überführung der Gefangenen nach Stawropol durch den Besuch des Menschenrechtskommissars des Europarats in Moskau ausgelöst wurde.
War and Human Rights. 24.2.2000. (http://www.hro.org/war/157.htm)

26.2.2000 Der Organisation 'Physicians for Human Rights' wurde von Zeugen berichtet, dass mehrere Ärzte verhaftet worden sind. In Tsotsin-Jurt verhafteten russische Truppen einen Chirurgen und einen 63-jährigen Patienten. Etwa 40 Frauen wurden Zeuginnen der Verhaftung des älteren Mannes. Sie umzingelten das Fahrzeug, einige von ihnen legten sich sogar davor. Die Soldaten gaben den Patienten schließlich heraus. Den Arzt jedoch nahmen sie gewaltsam mit. Dr. Hasan Bajew, Arzt für plastische Chirurgie, wurde für eineinhalb Tage festgenommen. Er und eine Krankenschwester berichten, dass 120 Patienten aus dem Krankenhaus von russischen Truppen festgenommen wurden. Als Dr. Bajew von seiner Inhaftierung zurückkehrte, entdeckte er die Leichen von sieben Patienten, sechs davon tschetschenische Kämpfer und eine 70-jährige Frau; alle waren in ihren Krankenbetten erschossen worden.
Physicians for Human Rights. Random Survey Conducted by US Medical Group of Displaced Chechens Finds Widespread Killings and Abuses by Russian Forces. February 26, 2000.
http://www.phrusa.org/research/chechen_displaced.htm

27.2.2000 Während sogenannter Säuberungen im Distrikt Oktjabrskij werden zehn Menschen festgenommen.
War and Human Rights. February 28, 2000. (http://www.hro.org/war/162.htm)

März

5.3.2000 Um sechs Uhr morgens begannen die Einwohner Komsomolskoje zu verlassen, nachdem sie fürchten mussten, dass die Kämpfe zwischen den russischen Soldaten und Tschetschenen sich in das Dorf verlagern würden. Nur etwa 100 Personen, die Alten und Kranken blieben zurück. Etwa 600 Meter außerhalb des Dorfes wurden die Flüchtenden (mehrere 1000 Menschen) von Russen gestoppt. Die Soldaten erklärten, alle außer den Männern zwischen 10 und 60 Jahren könnten gehen. Wenige Frauen mit Säuglingen kamen der Aufforderung nach, die meisten blieben zusammen und wurden mehrere Tage auf dem Feld festgehalten. Die Menschen wurden mehrere Male von den Soldaten kontrolliert, bis sie 25 Männer festnahmen, Musa, der Erzähler, wurde festgenommen, weil er keine neues Foto in seinen Pass geklebt hatte. Er wurde wie die anderen Gefangenen gezwungen, auf einem Betonplatz zu knien, die Hände wurden auf den Rücken gebunden, Musa musste drei Stunden in dieser Position verharren, ein älterer Mann neben ihm kniete schon sieben Stunden. Musa hatte Glück und wurde am 8. März wieder auf freien Fuss gesetzt.
Memorial: Urus Martan - arbitrariness, beating, tortures, in www,memo.ru/eng/hr/urus1.htm

6.3.2000 Zwölf Personen wurden an dem Check-Point in der Nähe des Dorfes Tschiri-Jurt festgenommen. Zehn von ihnen stammen aus dem Dorf Urus-Kert, zwei waren Flüchtlinge aus Perwomajskaja. Die Männer waren von drei Frauen begleitet worden. Sie waren aus ihrem Dorf geflüchtet, nachdem sie vor russischen Angriffen gewarnt worden waren. Als sie in die Nähe des Check-Points kamen, beschloss einer der Männer, mit den Russen zu verhandeln. Der Mann wurde sofort von den Russen geschlagen, sie rissen ihm die Kleider vom Leib und schleppten ihn fort. Dann kamen die Soldaten des Check Point zu den Flüchtlingen, trennten Frauen und Männer, die Männer wurden fortgebracht. Man hatte den Frauen jedoch versichert, die Männer würden sofort wieder zurückkehren. Die Frauen warteten vergeblich. Seit dem 6. März sind die zwölf Männer verschwunden.
Memorial in www.memorial.org, FIDH: Tchétchénie: un an de crimes impunis, 24.10.2000

16.3.2000 Die sogenannten Aufräumarbeiten des russischen Militärs reißen nicht ab. In Komsomolskoje wurden zusätzliche OMON-Einheiten stationiert. Das Militär wird ohne Ausnahme alle Leute festnehmen, die sich nun noch im Dorf aufhalten. Das russische Militär geht davon aus, dass noch 100 bis 150 militante Tschetschenen im Dorf sind.
War and Human Rights, 16.3.2000
http://www.hro.org/war/169.htm

18.-19.3.2000 Ein 20-jähriger Mann aus dem Dorf Tangi Chu ging in seinen Garten, um Holz zu holen, dabei wurde er von russischen Soldaten verschleppt. Am nächsten Tag wurde den Verwandten mitgeteilt, der Mann werde beschuldigt, Waffen zu verkaufen. Eine halbe Stunde später wurde er bewusstlos auf einer Straße aufgefunden. Er berichtete, er sei in Haft mit Elektroschocks gefoltert worden.
Human Rights Watch: Russian Forces blockade and Brutalize Chechen Village, 5.4.2000

24.-28.3.2000 Zwölf Männer wurden in diesem Zeitraum inhaftiert und misshandelt. Einer der zwölf wurde schon zum dritten Mal inhaftiert und geschlagen. Ein weiterer ist taubstumm, wurde schon zweimal inhaftiert und geschlagen, beim zweiten Mal wurden seine Rippen gebrochen. Ein dritter wurde in das Filtrationslager bei Urus-Martan gebracht, dort zwei Tage erst in einem Kleintransporter, dann im Lager selbst festgehalten. Seine Verwandten bezahlten drei Maschinengewehre und ein Auto für seine Freilassung. Drei seiner Rippen waren gebrochen und sein Körper mit Wunden übersät. Am 26. März wurde der Bürgermeister von Tangi Chu, ein Tschetschene, festgenommen, weil er die russischen Soldaten gefragt hat, ob die jungen Leute des Dorfes an der Präsidentschaftswahl teilnehmen dürften. Später hatte der Zeuge einem Begräbnis beigewohnt, während dessen russische Soldaten kamen und junge Männer zwangen, sich vor der Trauergemeinde auszuziehen. Sie wurden dann von den Russen geschlagen. Diese Männer wurden danach abgeführt und in Erdlöchern gehalten, bis die Verwandten die russischen Soldaten mit Gewehren für ihre Freilassung bezahlten. Die Zeugen sagen aus, dass diese jungen Männer nicht laufen konnten und ihnen Blut aus dem Mund lief, als sie frei kamen.
Human Rights Watch, Russian Forces Blockade and Brutalize Chechen Village, 5.4.2000

29.3. 2000 Am 23.4.2000 interviewten Vertreter von Memorial Alichan Schachjew, der am 29.3. von OMON-Einheiten aus Perm in Komsomolskoje festgenommen wurde. Schachjew hielt sich als Flüchtling aus Grosny in dem Dorf auf, dies war auch in seinem Pass vermerkt. Wegen eines angeblich fehlenden Stempels wurde er dennoch festgenommen. Aus Komsomolskoje wurde er nach Urus-Martan gebracht. Auf der Polizeistation mussten er und die anderen Gefangenen durch einen menschlichen Korridor laufen, die Soldaten schlugen die Verhafteten mit Händen, Füßen und Knüppeln. Etwa 70 Personen waren festgenommen worden, 28 Männer saßen in einer Zelle, die 3 mal 3 Meter groß war. Als Schachjew verhört werden sollte, wurden ihm auf Stirn, Nase und Augen Jod geschmiert, um ihn auf die Schläge vorzubereiten. Ein großer blonder OMON-Angehöriger schlug und trat ihn, ein Schlag traf ihn in den Magen, auch das Rückgrat war Schlägen ausgesetzt. Über die Bedingungen in der Zelle sagt Schachjew, dass es einmal am Tag einen ungenießbaren Brei gab und ein Eimer in der Zelle stand, in den die Verhafteten ihre Notdurft verrichten mussten. Der Zeuge sah viele Männer, die bis zur Unkenntlichkeit geschlagen worden waren. Er selbst kam überraschend frei, nachdem seine Angehörigen den Russen ein Maschinengewehr und 600 US-Dollar überlassen hatten.
Memorial auf der homepage: www.memo.ru/eng/hr/urus1.htm

April

5.4.2000 Vier Zeugen berichten, dass in Tangi Chu junge Männer zwischen 16 und 30 wiederholt von russischen Soldaten festgenommen, geschlagen und vor anderen Dorfbewohnern gedemütigt werden. Die Gefangenen würden dann in die Berge gebracht und in Erdlöchern gehalten. Dann informieren die Soldaten die Angehörigen und verlangen Waffen innerhalb von zwei Stunden. Ansonsten würden sie die Gefangenen entweder töten oder in Filtrationslager bringen. Die Zeugen sagen aus, dass sich keine Waffen im Dorf befinden, das bedeutet, dass sie die Waffen von den russischen Soldaten kaufen müssen, um sie dann gegen die Gefangenen einzutauschen.
Human Rights Watch, 5.4. 2000
http://www.hrw.org/press/2000/04/chech0404.htm

27.4.2000 Unter dem Titel "Geld oder Leben" veröffentlichte die Frankfurter Rundschau einen Bericht über die Praxis russischer Soldaten, gezielt Jagd auf tschetschenische Männer zu machen. Diese werden dann verhaftet und meist in sogenannte Filtrationslager gebracht. Den Angehörigen teilen die Wärter mit, sie könnten ihre Männer gegen Geld, die Summen bewegen sich bei circa 1000 US-Dollar, freikaufen.
Florian Hassel in Frankfurter Rundschau, 27.4.2000

Mai

6.5.2000 Anfang Mai strahlte das russische Fernsehen eine Sendung über die Befreiung eines russischen Entführten aus. Ein Tschetschene habe den Russen zu seinem Sklaven gemacht. Der Tschetschene aus Urus-Martan erzählt Mitarbeitern der Organisation Memorial, wie es wirklich war: "Am 6. Mai wurden mein Nachbar und ich aus meinem Haus geholt, russische Soldaten befahlen uns, auf einen Lastwagen zu steigen, in einer Schule, die in einen "Filtrationspunkt" umgewandelt worden war, schlugen die russischen Soldaten die Tschetschenen brutal mit Fäusten und Füßen. Sie beleidigten mich und banden eine Schnur um meinen Hals und begannen, mich zu würgen. Dann steckten sie mir eine Maschinenpistole in den Mund und sagten, dass sie mich jetzt erschießen würden. Sie waren von der Spezialeinheit OMON aus Penza. Früh am nächsten Morgen kam einer der Kameraden und sagte "Es ist genug für heute, laßt uns eine Pause machen." Wir wurden in eine Zelle gebracht, wo schon zwei andere Männer waren, die auch geschlagen worden waren. Einer hatte Verletzungen der Nieren. In der Zelle gab es keinerlei Möbel. Wir saßen auf dem Betonboden. Bald wurde ich wieder geholt, ich wurde in einen Raum gebracht, wo der Chef der Einheit und die Soldaten waren, die mich geschlagen hatten. Sie fingen an, mich zu verhören: ob ich Kämpfer kenne, ob ich wüßte, wer sie angreifen würde, wie lange und wo ich meinen angeblichen Gefangenen versteckt gehalten habe. Das Verhör wurde von einer Videokamera aufgezeichnet. Ich hatte das Gefühl, als seien sie mit meinen Antworten nicht zufrieden. Ich wurde kontinuierlich geschlagen, sie wechselten sich alle zwei Stunden ab. Ich wurde zehn Tage festgehalten und nur zweimal verhört, die restliche Zeit wurde ich geschlagen. Ein Arzt kam und untersuchte mich, er sagte, ich solle mir keine Sorgen machen, ich würde wieder gesund. Als ich über große Schmerzen klagte, sagte er: "Man müsste euch alle umbringen."
Memorial: "Urus-Martan -arbitrariness, beating, tortures", August 2000, auf der homepage www.memo.ru/eng/hr/urus1.htm

6.5.2000 Herr El'mursajew Nauldi Adjewitsch (geb. 1960) aus Urus-Martan wurde am 6. Mai im Haus seines Nachbarn festgenommen. Er war zu seinem Nachbarn Matajew Jamal gegangen, um fernzusehen, als die russischen Soldaten in das Haus eindrangen. Alle Tschetschenen wurden in Handschellen in eine ehemalige Schule abgeführt, die in eine Art Filtrationslager umgewandelt worden war. Dort wurden die Männer geschlagen. Der Vorwurf lautete, dass Jamal einen Russen namens Michail entführt hätte, dies -so alle Nachbarn- sei eine Fehlinformation, Michail lebe freiwillig im Haus des Jamal. Trotzdem wurden die Männer brutal geschlagen. Zwei der Männer wurden von 15 bis 20 Russen gleichzeitig geschlagen. Adjewitsch selbst wurde so geschlagen, dass er in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste, mehrere Rippen waren gebrochen worden.
Memorial: "Urus-Martan -arbitrariness, beatings, tortures", August 2000 auf der homepage www.memo.ru/eng/hr/urus1.htm

6.5.2000 Herr El'mursajew Zelimchan Aliewitsch (geb. 1979) wurde am 6. Mai von Kräften der OMON-Einheiten aus Penza festgenommen. Am Tag zuvor hatten Angehörige der Einheiten seine Papiere überprüft. Am 6.5. wurde er gewaltsam in ein Auto gezwungen, das Richtung Komsomolskoje fuhr. "In der Nähe dieses Dorfes befinden sich Erdlöcher, in die sie die Leichen der Erschossenen legen. Ich wurde an den Rand eines solchen Lochs gebracht, musste mich nackt ausziehen, es war sehr kalt, dann traten mich die Soldaten so, dass ich auf meine Knie fiel. Sie behaupteten, ich hätte an Kämpfen in Komsomolskoje teilgenommen, sie warnten mich, dass ich gefoltert und getötet würde, wenn ich nicht zugebe, dass ich ein Kämpfer sei. Ich weigerte mich, dann sagte der Anführer zu den anderen Soldaten "Schießt!". Die Soldaten brachten ihre Gewehre in Stellung, aber ich sagte, sie sollen schießen, ich würde nichts unterschreiben. Danach fingen sie an, mich zu schlagen. Sie schlugen mich mit den Gewehrkolben und traten mich etwa zwei bis drei Stunden lang. Dann brachten sie mich in ein Auto und fuhren mich nach Urus-Martan. Dort wurde ich registriert, meine Fingerabdrücke wurden genommen und ich wurde wieder geschlagen. Danach warfen sie mich in die Zelle N2. Die Nacht verging, am nächsten Tag wurde ich wieder geschlagen, mehrere Male verlor ich das Bewusstsein, am dritten Tag setzten sie die Verprügelung fort. Ich wurde auf die Nieren, die Wirbelsäule und die Beine geschlagen. Am sechsten Tag sollte ich wieder etwas unterschreiben, ich hörte, wie in einer anderen Zelle mein Onkel geschlagen wurde, ich hoffte auf meine Mutter. Ich wusste, sie würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um mich zu befreien. Am 13. Mai wurde ich frei gelassen, ich konnte nicht mehr laufen. Im Krankenhaus war kein freies Bett. Ich schaffte es, nach Nazran zu fliehen, wo ich in ein Krankenhaus kam. Meine Nieren, mein Magen und Herz schmerzen, ich bräuchte eine spezielle Behandlung, aber wir haben dafür kein Geld."
August 2000 "Urus-Martan -arbitrariness, beating, tortures" Memorial auf der homepage www.memo.ru/eng/hr/urus1.htm

9.5.2000 Amnesty International drückt in einer "Urgent Action" seine große Besorgnis über eine Meldung aus, dass der 16-jährige Tschetschene Adam Abubakow in einem Gefängniskrankenhaus der russischen Stadt Pjatigorsk ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten wird. Berichten zufolge war der Jugendliche zuvor in mehreren Filtrationslagern gefangen gehalten worden. Adam Abubakarow sei am 22. oder 23.2 an einem Kontrollpunkt der Armee in Urus-Martan festgenommen worden. Die Soldaten verdächtigten ihn, ein tschetschenischer Kämpfer zu sein, weil er Blasen an den Händen hatte. Er wurde in ein Filtrationslager gebracht. Als seine Eltern davon erfuhren, suchte seine Mutter die Einrichtung auf. Dort wurde ihr eine Liste mit Gefangenen ausgehändigt, auf der auch der Name ihres Sohnes stand. Die Gefängnisbehörden verlangten 1000 US-Dollar für die Freilassung und stellten der Mutter eine Frist bis zum 27. März. Die Mutter brachte die Summe auf, aber als sie zu der Haftanstalt zurückkam, teilten ihr die tschetschenischen Wärter mit, ihr Sohn sei bereits nach Znamenskoje verlegt worden. Der Mutter gelang es wegen der geschlossenen Grenze zwischen Inguschetien und Tschetschenien nicht, die Frist bis zum 27.3. einzuhalten. Jetzt liegen der Familie Informationen vor, denen zufolge Adam Abukakarow in ein Filtrationslager in Mosdok gebracht und von dort in ein Gefängniskrankenhaus in Pjatigorsk verlegt worden ist.
Amnesty International, Urgent Action, 9.5.2000

17.5.2000 Das internationale Komitee vom Roten Kreuz hat mit den ersten Besuchen tschetschenischer Gefangener begonnen. Ende März hatte Präsident Putin solchen Besuchen zugestimmt. In den verschiedenen russischen Gefängnissen befinden sich mehrere hundert Tschetschenen.
Das Tagblatt für Zürich, 18.5.2000

Juni

3.6.2000 In der Mosdok Straße in Grosny werden am Morgen drei Frauen von Maskierten festgenommen. Ein Mann, der die Hilferufe der Frauen gehört hatte und zu ihnen eilte, wurde auch festgenommen. Augenzeugen sagten, die Maskierten hätten den Festgenommen die Augen verbunden und Säcke über ihre Köpfe gestülpt. Seitdem fehlt jede Nachricht von den vier Personen.
Memorial, 6.8.2000 auf der Homepage: www.memo.ru, FIDH: Tchétchénie: un an de crimes impunis, 24.10.2000

5.6.2000 In einer Urgent Action appelliert amnesty international für die Freilassung der tschetschenischen Journalistin Taisa Isajewa. Sie war am 2.6. von russischen Streitkräften festgenommen worden, als sie die Grenze von Nord-Ossetien nach Georgien überqueren wollte. Amnesty international fürchtet, dass sie in einen Filtrationslager festgehalten werden könnte und somit in akuter Gefahr wäre misshandelt und gefoltert zu werden.
Amnesty International, Urgent Action, 5.6.2000

11.6.2000 Am Morgen wurde der 47-jährige Zuzijew Raschid Abdullkamidowitsch in Grosny festgenommen. Seine Verwandten hatten bis Ende Juli keinerlei Nachrichten von ihm.
Memorial, 6.8.2000 auf der homepage: www.memo.ru
28.6.2000 Drei junge Männer (Murad Auitowitsch Lianow, geb. 1983, Islam Kazirowitsch Dombajew, geb. 1984 und Timur Sergejewitsch Tabschanjew, geb. 1982) wurden in Grosny festgenommen. Obwohl die Verwandten alle Möglichkeiten ausschöpften, zu erfahren, was mit den Männern passiert ist und wo sie sind, bleibt ihr Schicksal ungewiss.
Memorial, 8.6.2000 auf der homepage: www.memo.ru

Juli

4.7.2000 Nach einer Serie von schweren Anschlägen auf Gebäude der föderalen Streitkräfte hat sich die Situation in Tschetschenien verschärft. In der Stadt Argun trieben föderale Soldaten einzelne Tschetschenen mit auf dem Rücken gefesselten Händen durch die Gegend. Weitere "Säuberungen" fanden gleichzeitig in vielen Orten statt.
Die tageszeitung, TAZ, 5.7.2000

6.7.2000 Das russische Militär hat mit Massenfestnahmen und groß angelegten Polizeiaktionen auf die schweren Selbstmord-Anschläge in Tschetschenien reagiert. Es seien mehr als 50 Verdächtige festgenommen worden. Die Zahl der Flüchtlinge aus Tschetschenien habe nach den Anschlägen wieder zugenommen.
Süddeutsche Zeitung, dpa, Reuters, 6.7.2000

5.7.2000 In Dagestan wurden 167 Tschetschenen festgenommen, die unter Verdacht stehen, sich am Widerstand beteiligt zu haben. In Tschetschenien wurden 57 Personen verhaftet.
BBC News, 5.7.2000

11.7.2000 Vor den Augen seiner Mutter wurde der 47-jährige Rachid Zuzijew aus Grosny festgenommen. Die Angehörigen fragten bei der Militärverwaltung im Stadtteil Oktjabr nach, dort wurde ihnen gesagt, sie sollten nicht mehr nachfragen, man würde eine Recherche starten. Bis heute hat die Familie nichts von Rachid Zuzuijew gehört.
FIDH: Tchétchénie: un an de crimes impunis, 24.10.2000

13.7.2000 Dreißig bis hundert tschetschenische Männer werden täglich festgenommen, von denen jedoch einige später freigelassen werden.
The Moscow Times, 13.7.2000

26.7.2000 Im Zentum von Urus-Martan kommt es immer wieder zu Schußwechseln und Explosionen. In der Nacht vom 26.7.2000 setzte eine Explosion einige Wohngebäude in Brand. Nachbarn rannten auf die Straße, um das Feuer zu löschen. Zwei von ihnen wurden festgenommen, weil sie die Sperrstundenfrist verletzten.

28.7.2000 In der Sadowaja Straße in Grosny wurden drei junge Männer, Murad Lianow (geb. 1983), Islam Dombajew (geb. 1984) und Timur Tabschanow, geb. 1982, festgenommen. Einer der Jungen trug eine Gitarre im Arm, als ein Auto mit verdunkelten Scheiben vorfuhr. Jemand zog die Männer ins Innere und fuhr davon. Nach mehreren Nachfragen erhielten die Mütter der jungen Männer am 18. August die offizielle Anwort: Ihre Söhne seien von der 8. Brigade der OMON-Abteilung aus Pskow verhaftet worden, diese würde im Moment keine Antworten auf Nachfragen geben. Bis heute wissen die Mütter nicht, was aus ihren Söhnen geworden ist und wo sie sich aufhalten.
FIDH: Tchétchénie: un an de crimes impunis, 24.10.2000, S. 33

August

1.8.2000 Immer noch suchen russische Sonderkommandos in sogenannten 'Säuberungen' nach tschetschenischen Kämpfern. Dabei werden zahlreiche tschetschenische Männer festgenommen. Bei einem solchen Sondereinsatz wurde der Finanzberater Maschadows, Umar Paschajew, getötet.
dpa, 1.8.2000

3.8.2000 In Tschetschenien werden 81 Personen verhaftet, die unter Verdacht stehen, mit den Widerstandskämpfern zu sympathisieren.
Relief Web, 3.8.2000

8.8.2000 OMON-Angehörige haben zwei Männer in dem Ort Samaschki festgenommen. Eine Augenzeugin sagte aus, sie habe nach der Verhaftung in der Nähe des Ortes furchtbare Schreie gehört. Die Mütter der Verhafteten haben sich an alle offziellen Stellen in Tschetschenien gewandt, bis heute wissen sie aber nichts über den Verbleib ihrer Söhne.
FIDH: Tchétchénie: Un an de crimes impunis, 24.10.2000, S. 34

13.8.2000 Am 13.8. hielt ein Panzer vor dem Haus von Islam Kadyrow, 35. Er wurde von russischen Soldaten verhaftet. Sie verbanden ihm die Augen und brachten ihn zu einem Militärstützpunkt, wo er geschlagen und mit Elektroschocks gefoltert wurde. Am nächten Tag wurden Islam und sechs weitere Tschetschenen aus dem Dorf Alkhan-Kala in einen Hubschrauber gezwungen, ihnen waren Säcke über die Köpfe gestülpt worden, Hände und Füße waren gefesselt. Sie wurden über einem Erdloch abgeworfen. Neun Tage lang gaben ihnen die Soldaten nur Kekse und Wasser zu Essen. Mehrere Male wurdne sie aus dem Loch geholt und gefoltert bis sie in Ohnmacht fielen. "Mir haben sie nur zwei Rippen gebrochen. Mein Nachbar kam nicht so gut davon, sie schütteten Benzin über ihn und verbrannten ihn." Am 23.8. wurde Islam auf freien Fuß gesetzt. Seine Eltern hatten 500 US-Dollar für seine Freilassung bezahlt.
Tschetschenischer Informationsdienst auf der homepage: www.ichkeria.org/a/2000/gen3009-en103324.html, 30.9.2000

23.8.2000 Während einer "Säuberung" in Katyr-Jurt werden 16 Personen festgenommen. Vier von ihnen wurden in einem alten Silo eingesperrt, dort sind sie brutal geschlagen worden. Am nächsten Morgen wurden sie in einem Auto mit verdunkelten Scheiben weggefahren. Die anderen Verhafteten wurden von ihren Verwandten für jeweils circa 500 Rubel freigekauft.
FIDH: Tchétchénie: Un an de crimes impunis, 24.10.2000, S. 34

25.-30.8.2000 102 Personen werden in diesem Zeitraum in der Region Urus-Martan festgenommen.
FIDH (Fédération Internationale des Ligues des Droits de l'Hommes) Tchétschénie: crimes contre l'humanité. Un an de crimes impunis, S. 8, Oktober 2000

September

1.9.2000 Die russische Armee hat an einem Tag fast 1.000 tschetschenische Männer festgenommen. Dies sagte Verteidigungsminister Sergejew in Moskau. Einheiten der russischen Armee und der Polizei hätten in den vergangenen Tagen mehrere Orte bei Grosny abgeriegelt und durchkämmt.
dpa, 1.9.2000

1.9.2000 Die russischen Streitkräfte in Tschetschenien haben in Grosny nach Angaben des Innenministeriums 22 mutmaßliche Separatisten festgenommen. Wie die Nachrichtenagentur Interfax meldete, seien die Männer innerhalb der letzten 24 Stunden festgenommen worden. Menschenrechtsgruppen haben die russische Praxis von Massenfestnahmen in Tschetschenien scharf kritisiert. Sei werfen den Truppen vor, wahllos tschetschenische Männer festzunehmen und viele von ihnen zu foltern.
AP, Yahoo, 2.9.2000

6.9.2000 Die militärischen Aktivitäten der Russen scheinen in den letzten Wochen etwas zurückgegangen zu sein. Ihre Taktik ist es, Dörfer und Siedlungen abzuriegeln und die Identität der Bewohner zu überprüfen. Ihr Ziel ist es hierbei, Anführer der tschetschenischen Kampfeinheiten festzunehmen. Auch unschuldige Männer werden immer wieder festgenommen.
Radio Free Europe, Radio Liberty, 6.9.2000

8.9.2000 Zwei Tschetschenen berichten über den täglichen Terror der russischen Streitkräfte in Tschetschenien. Ein tschetschenischer AP-Journalist, Musajew, wurde auf dem Markt in Grosny verhaftet, als er Obst einkaufte. Musajew wurde festgenommen, weil sein Pass zeigte, dass er kein Bürger Grosnys ist. Er wurde mit weiteren sieben Tschetschenen in Handschellen abgeführt. Danach passierte folgendes: "Sie warfen uns in Erdlöcher, die etwa 5 Meter tief waren. Es waren mit mir fünf weitere Männer in einem Erdloch. Nachts wurde unser Loch mit Holzplanken verschlossen. Morgens fragten sie: Wer?, Von wo?, Warum? Sie fragten, ob wir Geld oder Wertsachen bei uns hätten. Ich sagte, dass ich Geld hätte, ungefähr 600 US Dollar und 3.000 Rubel. Ich gab ihnen die 600 Dollar. Mein Pass wurde mir zurückgegeben, sie brachten mich auf einem Lastwagen aus Grosny weg." Ein weiterer Tschetschene besuchte seine Verwandten in Tschetschenien. Er erzählt von einer "Säuberung" in dem Dorf Petropawlowsk. Zwei junge Männer, 18 und 26 Jahre alt, wurden von russischen Sondereinheiten weggebracht. Am nächsten Tag boten die Soldaten der Familie an, ihre Leichen zu sehen, im Tausch gegen eine Flasche Wodka und ein Schaf. "Die Leichen lagen einfach im Wald, sie waren in der Nacht gefoltert worden, ein Militärfahrzeug war über sie gefahren." Häufig verschwinden Familienmitglieder einfach und niemand erfährt, wo sie hingekommen sind. Die "Säuberungen" würden auch dazu benutzt, Waffen zu konfiszieren. Diese Konfiszierungen sind ein Schwindel. Personen, die während der "Säuberungen" verhaftet werden, werden später in die Dörfer zurückgebracht und für Waffen verkauft: "Ein Tschetschenen für ein Maschinengewehr."
Radio Free Europe/Radio Liberty, 8.9.2000

13.9.2000 Amnesty International wendet sich besorgt an die Öffentlichkeit. In einer "Urgent Action" wird der Fall des ehemaligen Sprechers der tschetschenischen Separatisten, Ruslan Alichadischijew, dargestellt. Dieser war am 17. Mai von russischen Truppen, die in mehreren Panzerfahrzeugen unter der Eskorte von zwei Hubschraubern unterwegs waren, aus seiner Wohnung in Schali abgeführt worden. Nach tschetschenischen Angaben soll Alichadschijew am 31.8. an einem Herzinfarkt gestorben sein, nachdem er in einem Moskauer Gefängnis gefoltert worden sei. Der Sicherheitsdienst, FSB, bestätigte den Tod nicht, wohl aber die Festnahme.
Amnesty International, "Urgent Action", 13.9.2000

16.9.2000 Zwei Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation Memorial waren am vergangenen Dienstag in Tschetschenien festgenommen worden, heute wurden sie wieder auf freien Fuss gesetzt. Russische Truppen haben in den letzen 24 Stunden 29 Tschetschenen festgenommen, so Interfax.
AFP, 17.9.2000

21.9.2000 Die russischen Soldaten haben seit längerem ein neues Hobby: Sie nehmen willkürlich Tschetschenen gefangen und verlangen für deren Freilassung Geld. Die Willkür und das unbegründete Tyrannisieren von Zivilisten nimmt im Moment überhand. Die Soldaten sind schlecht motiviert, die einzige Motivation ist der Sold, den sie seit Monaten nicht mehr ausbezahlt bekommen, dies ist ein Grund für die steigende Korruption und Schmiergeldgeschäfte in Tschetschenien.
Pawel Felgenhauer in The Moscow Times, 21.9.2000

25.9.2000 Nach zehn Tagen in der Gewalt russischer Soldaten wurde heute Salman Bataschew wieder frei gelassen. Er hatte seine Herde gehütet, als die Soldaten kamen, ihm die Augen verbanden und ihn in ein Erdloch warfen. Vier Männer waren schon in dem Loch. Bataschew hatte Glück, er wurde nicht misshandelt und nach zehn Tagen frei gelasen. Zu Hause erfuhr er, dass seine Verwandten 700 US-Dollar für seine Freilassung gezahlt hatten. Dies ist nur einer von tausenden Fällen, schriebt die Los Angeles Times. Die russischen Soldaten, welche in Tschetschenien dienen, bekommen offiziell 30 US-Dollar am Tag, das übliche Gehalt in Freidenszeiten beträgt 50 US-Dollar. Dies ist vielen aber nicht genug, sie entführen tschetschenische Zivilisten, um sich an dem Lösegeld zu bereichern.
Los Angeles Times, 25.10.2000

23.9.2000 Die russischen Nachrichtenagenturen melden die Verhaftung des wichtigen tschetschenischen Feldkommandanten, Saidajew, am 23.9. in der Stadt Urus-Martan. Die Russen glauben, Saidajew habe den Geldfluß für Maschadow kontrolliert. Saidajew soll auch für militärische Operationen wie die Rückeroberung Grosnys im ersten Krieg und weitere strategische Operationen im laufenden Krieg verantwortlich sein.
Reuters, Yahoo News, 28.9.2000

Oktober

13.10.2000 Russischen Meldungen zufolge wurden drei Männer verhaftet, die für den Anschlag am Donnerstag in Grosny verantwortlich sein sollen, bei dem mindestens 15 Personen, unter ihnen Angehörige der pro-russischen Verwaltung,, umgekommen sind. "Wir sind zu 99% sicher, dass die Festgenommenen mit dem Verbrechen zu tun haben," so ein Militärsprecher gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax.
AFP-Bericht mit Bezug auf Interfax in Yahoo News (www.dailynews.yahoo), 13.10.2000

14.10.2000 Um vier Uhr morgens fuhren russische Soldaten vor dem Haus der Familie Gajrbekow vor. Sie drangen in das Zimmer des Sohnes Musa, geb. 1986, ein, schlugen ihn zusammen, warfen ihn auf ihr Auto und fuhren weg. Genau eine Woche zuvor war sein Bruder Isa auf der Staropromyslowski Straße erschossen worden. Als sie den zweiten Sohn der Familie, Musa, abführten fragten sie den Vater: " Weshalb haben sie Isa ohne Erlaubnis begraben?" In der selben Nacht wurden noch zwei Söhne der Familie Chabiljaew verhaftet und mehrere Personen aus dem Bezirk Karpinskij.
E-Mail von der Menschenrechtlerin Lipkan Bassajewa vom 25.10.2000

21.10.2000 Die russischen Behörden gaben bekannt, dass sie weitere Checkpoints in Tschetschenien einrichten wollen. Sie geben als Grund an, dass die tschetschenischen Kämpfer möglicherweise aus den Bergen in die Ebene absteigen werden, wenn der Winter in Tschetschenien ausbricht. Immer wieder werden an Checkpoints auch Zivilisten festgenommen.
Radio Free Europe/Radio Liberty, 23.10.2000

26.10.2000 Human rights Watch veröffentlicht einen Report über die willkürlichen Verhaftungen tschetschenischer Zivilisten und die Haftbedingungen in den verschiedenen Anstalten. Im Vorfeld gab es immerwieder eine Diskussion um die Frage, wo sich Haftanstalten befinden. Human Rights Watch kommt nach Interviews von über 30 ehemaligen Häftlingen zu folgendem Ergebnis:

Das Justizministerium unterhält folgende Haftanstalten, wo die Gefangenen untergebracht werden, bevor eine Verhandlung stattfand (Sledstvennji izoliator, SIZO):
-Grosny
-Tschernokosowo
-Wladikawkaz (Nordossetien)
-Pjatigorsk
-Stawropol
-Krankenhaus in Georgiewsk

temporäre Anstalten unter der Verwaltung des Innenministeriums:
-Bahnhof von Tscherwljonnaja, wurde im April 2000 geschlossen
-Abteilung des Innenministeriums in Naurskji
-Abteilung des Innenministeriums in Schali
-zeitweilige Abteilungen des Innenministeriums in zwei unterschiedlichen Bezirken von Grosny
-zeitweilige Abteilung des Innenministeriums in Gudermes
-Militärlager in Khankala
-zeitweilige Abteilung des Innenministeriums in Schelkowskaja
-Urus-Martan
-Abteilung des Innenminsteriums im Bezirk Mozdok, laut Human Rights Watch gibt es weitere fünf Punkte in Tolstoj-Jurt, Soljonaja, Znamenskoje, Ersenoi und Achkoi Martan, an denen Zivilisten festgenommen oder festgehalten wurden, über deren Status aber nichts bekannt ist.

Human Rights Watch stellt fest, dass es drei Muster von Verhaftungen gibt: Verhaftet wird bei Personalüberprüfungen an den vielen checkpoints, nach "Säuberungen" eines Dorfes, welches gerade von den russischen Streitkräften eingenommen worden ist oder bei "Säuberungen", die in regelmäßigen Abständen in russisch kontrollierten Gebieten Tschetscheniens statt finden. Die meisten Verhaftungen wurden von Januar bis März 2000 gemeldet. Gründe für die Verhaftung waren häufig ungültige Pässe, bzw. die Tatsache, dass die Person nicht in dem Ort registriert war, wo sie sich gerade aufhielt. Andere wurden verhaftet, weil sie den selben Namen wie einer der tschetschenischen Kommandaten trugen. Während der Verhaftung untersuchten die russischen Beamten die Körper von Männern und Frauen auf Spuren davon, dass die Person an Kampfhandlungen beteiligt wgewesen war. Z. B. Wunden im Schulterbereich, die vom Rückstoss einer Schusswaffen stammen könnten, aufgeraute Ellenbogen, Knie und Hände.

Von den 35 ehemaligen Gefangenen, die Human Rights Watch interviewte, sagten 21 aus, dass ihre Verwandten sie aus der Haft freigekauft hätten. Die Ablösesumme bewegte sich zwischen 2.000 und 5.000 Rubel. Die Verwandten versuchten zumeist über tschetschenische Mittelsmänner über die Freilassung ihrer Angehörigen zu verhandeln. Ein Zeuge berichtet ausführlich: "Eine Liste hing irgendwo an der Strasse. Drei oder vier junge Männer bewegten sich in der Nähe der Liste. Als meine Verwandten mienen Namen auf der Liste gefunden hatten, näherten sie sich einem der jungen Männer und sagten, sie möchten mit freikaufen. Der junge Mann sagte: O.k., gehen wir zur Seite und unterhalten wir uns." Er sagte zu meinem Bruder: "Ich gehe hoch und frage meinen Boss was die Freilassung kostet." Als er zurückkam, sagte er, der Boss wolle 600 US-Dollars und ein Maschinengewehr. Es geht alles sehr offen zu." Trotzdem sind die Zahlungen von Schmiergeld oder Ablösesummen keine Garantie für weitere Forderungen oder eine sofortige Freilassung. Einige der Zeugen sagten aus, die Mittelsmänner hätten auch nach den Freilassungen Geld gefordert, einige der jungen Männer wurden auch wieder verhaftet, nachdem sie aufgrund von Schmiergeld freigelassen worden waren. Es wurden dann neue Summen für die neuerliche Freilassung gefordert.
Human Rights Watch: Welcome to hell: Arbitrary detention in Chechnya, auf der homepage http://xmail.hrw.org/chechnya/ack_glos.htm, 24.10.2000

b) Filtrationslager: Demütigung, Folter und TodOben

November

Anfang November Zahlreiche Flüchtlinge äußern bereits den Verdacht auf "Filtrationslager", die das russische Militär wie im ersten Tschetschenienkrieg erneut eingerichtet habe.
Florian Hassel in der Frankfurter Rundschau, 4.11.1999

November 1999 Am Grenzkontrollpunkt "Kavkaz-1", nahe des Dorfes Assinowskaja nehmen russische Kräfte sowohl Männer als auch Frauen fest, hauptsächlich jedoch Männer. Männer und Frauen werden in unterschiedlichen Gebäuden inhaftiert.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999

12.11.1999 Das russische Militär kidnappt vermutlich tschetschenische Flüchtlinge und hält sie in Filtrationslagern als Gefangene.
The Times in Refugees Daily, 12.11.1999

21.11.1999 Oleg Kusow, ein Korrespondent von Radio Liberty, wird am Grenzübergang "Kavkaz-1" inhaftiert, als er versucht, nach Tschetschenien einzureisen. In Haft wird er Zeuge, wie russischen OMON-Offizieren Tschetschenen schlagen. Einen hätten sie wiederholt in den Magen getreten, den anderen mit einem Pistolengriff auf den Kopf geschlagen. Am nächsten Tag hätte man sie ins Filtrationslager "Mozdok" gebracht.
Radio Liberty, 22.11.1999

Januar

4.1.2000 "Uns ist bekannt, dass sich eines dieser Lager in Mozdok befindet, ein anderes entweder in Assinovskaja, oder in Slepcovskaja", sagte Valentina Mel´nikowa von der Union der Soldatenmütterkomitees und Mitglied der Menschenrechtskommission beim Präsidenten der Russischen Föderation.
War and Human Rights, Nr. 103, 04.01.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

Mitte Januar 2000 Ein Tschetschene, der am 16. Januar unter dem Vorwurf, er habe sich an einer Serie von Bombenanschlägen in Russland im September 1999 beteiligt und gehöre wegen seiner angeblichen Ausbildung im Trainingslager Chattab zur tschetschenischen Aufklärung, war drei Wochen lang im Lager Tschernokosowo gefangen. Er hatte sich geweigert, das vorbereitete Geständnis zu unterschreiben. Er berichtet von schweren Misshandlungen. Schon nachdem er und zehn weitere Gefangene aus dem vergitterten Polizeiwagen geklettert waren, mussten sie durch einen "lebenden Korridor" von 20 Uniformierten laufen. Diese prügelten mit Schlagstöcken auf sie ein. Unter Schlägen wurden sie eingesperrt. Bis zum späten Abend hätten sie mit dem Gesicht zur Wand und den Handflächen nach außen stehen müssen. "Die Wärter holten uns einzeln aus den Zellen und brachten uns zum Verhör oder schlugen uns auf dem Korridor zusammen." Andere Augenzeugen bestätigen seinen Bericht über nächtliche Prügelorgien und Vergewaltigungen von Männern und Frauen. "Die meisten Wärter trugen Masken", berichtete ein anderer Augenzeuge, es seien angeheuerte Schläger gewesen, sogenannte Kontraktniki.
Florian Hassel aus Nazran in Frankfurter Rundschau, 26.2.2000

16.1.2000 Ein 21 Jahre alter Tschetschene wurde bei einer Straßenkontrolle verhaftet und in das Lager Tschernokosowo gebracht. Dort wurde systematisch gefoltert, berichtet er. Er musste nackt in einem Kühlraum stehen, bis er fast erfroren sei. Prügel sei alltäglich gewesen. Dabei hätten die Wachen sogar einen Eisenhammer verwendet. Alle Gefangenen hätten Knochenbrüche erlitten. Auch Vergewaltigungen seien vorgekommen. Seine Angehörigen hätten ihn aus dieser Hölle für 4000 Rubel freigekauft.
Andreas Rüesch in Neue Zürcher Zeitung, 26./27.2.2000

17.1.2000 Drei aus dem Lager Tschernokosowo freigelassene Gefangene berichten Human Rights Watch über die Zustände in dem Filtrationslager. Ein 21-Jähriger, der Mitte Januar festgenommen und ins Lager gebracht worden war, berichtet: "Etwa 15 bis 20 Soldaten standen in zwei Reihen. Sie hatten Gummiknüppel ... Als ich durch den Korridor rannte, schlug mich jeder Soldat mit seinem Knüppel ... Wir mussten uns ausziehen und sie durchsuchten unsere Kleidung. Sie nahmen sich von den Sachen, was ihnen gefiel: Meine Jacke, Armbanduhr, Geld, Hut und der goldene Ring wurden mir weggenommen. Eine ganze Woche lang musste ich fast nackt in der Zelle sitzen." Auch den anderen beiden Augenzeugen wurden Wertsachen und Kleidungsstücke weggenommen. Der 21-Jährige und einige andere Gefangene mussten am zweiten Tag wieder durch einen Soldatenkorridor laufen, doch dieses Mal hatten zwei Soldaten einen Metallhammer, berichtet der Augenzeuge: "Bevor mich ein Hammer traf, dachte ich, nichts könnte schlimmer sein als ein Gummiknüppel. Doch dann merkte ich, ein Gummiknüppel ist nichts im Vergleich zu einem Hammer." Der Freigelassene wurde am Rücken getroffen und leidet noch vier Wochen später unter heftigen Rückenschmerzen.
Alle drei Befragten gaben an, dass sie während der wiederholten Verhöre im Lager gefoltert wurden. Ein 24-Jähriger sagt: "Jedes Mal, wenn wir zum Verhör gingen oder wegen eines anderen Grundes aus der Zelle gerufen wurden, wurden wir geschlagen. Die Wächter trugen Masken und ließen uns nicht in ihre Augen sehen. Vor der Tür des Verhörzimmers musste ich mich auf den Bauch legen und kriechen. Sie befahlen mir, den Hut abzunehmen, als ich die Tür erreichte und mich vorzustellen: "Citizen Officer, ich danke Ihnen, dass Sie mich empfangen. Ich heiße ... Gemäß ihren Anweisungen, bin ich hierher gekrochen." Ich kam in den Raum und ein Wächter schlug mich mit einer Eisenstange."
Der 21-Jährige berichtete, er sei während seiner 21-tägigen Gefangenschaft nur an drei oder vier Tage nicht geschlagen worden. Zwei der Befragten sagten, Wächter hätten einige Male Tränengas in die Zellen gesprüht und die Gefangenen mussten manchmal den ganzen Tag lang mit erhobenen Händen stehen. Der 38-Jährige berichtet, in der Zelle habe es keine Toilette gegeben und die sechzehn Insassen mussten sich auf den Boden erleichtern.
Human Rights Watch, http://www.hrw.org/press/2000/02/chech0218.htm, 18.2.2000

20.1.2000 Der 38-jährige Tschetschene Ansor wird in der Nähe der Ortschaft Ischtscherskaja im Norden Tschetscheniens aufgegriffen. Mit ihm werden an diesem Tag noch weitere 58 Männer festgenommen. Ansor wird noch am selben Tag nach Tschernokosowo gebracht. Beim ersten Verhör schlagen zwei maskierte Mitarbeiter der Truppen des Innenministeriums Ansor mit Gewehrkolben in den Nacken. Dann werden ihm Fotos vorgelegt. Er soll die ihm unbekannten Männer auf den Bildern als "Banditen" identifizieren. Als er vom Stuhl fällt, treten die Wachen ihn. Danach wird Ansor in einen Raum mit zwei Eisenbetten geführt, die unter Strom gesetzt werden können. "Nach einigen Stromstößen habe ich das Bewusstsein verloren", danach sei ihm schlecht geworden und er habe sich übergeben müssen. Vor seiner Zelle fallen zwei scharfe Hunde über einen am Boden liegenden blutüberströmten Häftling her. Nach den ersten Folterungen wird Ansor tagelang in Ruhe gelassen. Am 28. Januar treibt ihn die Wache mit den anderen Gefangenen auf den Hof. Es sollen 280 Männer und 77 Frauen gewesen sein. Ansor musste mehrere Erschiessungen mitansehen und die Erschossenen auch begraben. Ansor hat Glück, er wird am 1. Februar entlassen. Noch am selben Tag ist er mit seiner Familie nach Inguschetien geflohen.
Weltwoche, Ausgabe 9/00, 2.3.2000

23.1.2000 "Rosinformcentr" meldet am 20.1.2000 die Festnahme von zehn Personen in den tschetschenischen Ortschaften Wedeno, Oktjabrskaja, Aleroj und Belgotoj im Zuge einer "Paßregime-Kontrolle". Tschetschenische Informationsquellen berichten, dass bei der "Säuberung" dieser Ortschaften durch die föderalen Streitkräfte eine wesentlich höhere Personenzahl verhaftet und in Filtrationslager verbracht wurde.
War and Human Rights, Nr. 122, 23.1.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

27.1.2000 Nach tschetschenischen Informationsquellen "haben die russischen Machthaber auf dem Territorium Tschetscheniens und der benachbarten Republiken ein ganzes Netz von Filtrationslagern aufgespannt". Es heißt, dass die Zahl dieser "Orte des Freiheitsentzuges", der sogenannten `stationären´ Filtrationseinrichtungen, die von der russischen Gesetzgebung nicht vorgesehen sind, mindestens zwanzig beträgt. Die meisten großen russischen Militäreinheiten auf dem Territorium Tschetscheniens würden von sog. "Zindans" Gebrauch machen, tiefen Erdlöchern, kalten Dunkelkellern, Fahrzeugen für den Gefangenentransport. Am besten seien Filtrationslager "ausgerüstet", die mit Spezialwagen für den Gefangenentransport (die Russen nennen sie: `Waggonsack´, `Stolypin´, `Duschegubka´ [=`Seelenmörder´]) ausgestattet sind. Solche "Konzentrationslager auf Rädern" errichte man in der Nähe von Eisenbahnstationen, unter verstärkter Bewachung von Soldaten der Sondertruppen des Justizministeriums der Russischen Föderation (Sondertruppen, deren Aufgabe es ist, Unruhen in Gefängnissen und Lagern zu ersticken), von nach Tschetschenien abkommandierten Mitarbeitern russischer Untersuchungsgefängnisse und von Milizionären.
War and Human Rights, Nr. 126, 27.01.2000
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

Mitte Januar 2000 Ein Augenzeuge berichtet von den Zuständen im Lager Tschernokosowo. Beim ersten Verhör sei er von maskierten Mitarbeitern der Truppen des Innenministeriums (Omon) mit Gewehrkolben in den Nacken geschlagen worden. Als er vom Stuhl fiel, hätten ihn die Wachen getreten. "Nach einigen Stromstößen habe ich das Bewußtsein verloren", berichtet er. Danach sei ihm schlecht geworden und er habe sich übergeben müssen. Vor der Zelle spielten sich unterdessen grauenhafte Szenen ab; zwei scharfe Hunde seien über einen Häftling hergefallen, der blutüberströmt am Boden gelegen habe. "Merkt euch das!", habe der Offizier den anderen Häftlingen zugeschrien.
Aus Nazran Klaus-Helge Donath in die tageszeitung taz, 2.3.2000

Februar

3.2.2000 Ein russischer Soldat beschreibt in einem anonymen Brief die Gründe für die Inhaftierung und die Praktiken im Lager. "Ich weiß nicht, wer diesen Brief lesen wird, aber ich hoffe, das er auf die eine oder andere Weise den Leuten helfen wird, die hier inhaftiert sind, weil man sie beschuldigt, "boeviki" (Kämpfer) zu sein. Ich bin hier, um mir meinen täglichen Lohn zu sichern. Aber ich habe mich entschlossen, Sie/euch zu informieren, weil ich denke, dass es wirklich kriminell wäre, zu wissen, was hier geschieht, und nichts dagegen zu tun.
Was wir hier den Menschen antun - ich sage "wir", weil ich zu den Henkern gehöre, obwohl ich nur ein einfacher Soldat bin, und alles, was ich tun kann, ist diesen Brief zu schreiben. Bevor ich hierher kam, hat man mir gesagt, dass alle Häftlinge Feinde und Kriminelle seien, aber in Wirklichkeit sind es ganz normale Leute. Sie wurden aus folgenden Gründen inhaftiert: a) nicht registrierter Pass, b) kein Pass (obwohl hier seit 1996 keine Pässe mehr ausgegeben werden, und die Jungs, die 17, 18 oder 19 Jahre alt sind, daher keinen haben können), c) ein in einem anderen Dorf registrierter Pass (wenn ein Typ während eines Besuchs im Nachbardorf verhaftet wird), d) Verstoß gegen das Feuer-Verbot (wenn jemand z. B. nach 18.00 Uhr vor die Tür geht, um eine zu rauchen), e) Entdeckung und Verhaftung im Haus eines Kämpfers.
Hier werden sie buchstäblich massakriert. Man muss ihre Schreie hören, die Schreie starker Männer, denen man alles kaputtmacht, was man nur kaputtmachen kann. Einige werden vergewaltigt, oder man zwingt sie, es untereinander zu tun. Wenn es eine Hölle gibt, dann ist sie hier. Meiner Meinung nach war ihr Fehler, nicht gegen uns zu kämpfen. Ach ja, wir hatten hier auch einige Tage diesen Journalisten, diesen Babizki. Wir haben ihn zwar nicht vergewaltigt, aber der Arme ist wirklich mächtig zusammengeschlagen und gedemütigt worden, bis seine Brille wegflog.
Jeden Tag bringt man eine große Zahl von ihnen hierher. Wir haben hier bis zu 700 Häftlinge, aber nur 7 Männer unter ihnen werden verdächtigt, Kämpfer zu sein. Diese sieben sind schon halbtot. Aber das ist es, was sie verdient haben, ich bedauere sie nicht. Zwei von ihnen hat man schon umgebracht.
Ich habe Mühe, die exotischen Methoden zu beschreiben, wie man einen Menschen brechen, ihn in ein Tier verwandeln kann. Ich beende hier diesen Brief, aber ich bitte darum, wenn es in dieser Welt eine Kraft gibt, die etwas tun kann, helfen sie diesen Menschen.
Ich bin von meiner Regierung enttäuscht. Was sie verbreiten, ist alles Lüge, Betrug und Heuchelei. Gut, ich mache hier jetzt Schluss. Ich kann nicht gut schreiben, leider. Ich nenne auch nicht meinen Namen (aus verständlichen Gründen).
Naur, den 3.2.2000, Tschernokosowo, ITK."
Le Monde, 11.2.2000

Anfang Februar 2000 Moskau teilt mit, dass nun nach der militärischen die Polizeiphase der antiterroristischen Aktion beginne. Ganz Tschetschenien müsse "gesäubert" werden mit Hilfe des Geheimdienstes - die restlichen "Banditen" sollen so vernichtet werden. Der Generalstaatsanwalt und der Justizminister fuhren nach Tschetschenien, um die Arbeit der Strafbataillone und "Filtrationspunkte" zu leiten.
Markus Wehner in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 5.2.2000

8.2.2000 Im Moment werden 267 Personen im Filtrationslager Tschernokosowo gefangen gehalten. 586 seien früher dort gefangen gewesen, davon seien jedoch 286 wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Bis jetzt ist noch sehr wenig über ihre Haftbedingungen bekannt.
War and Human Rights in www.hro.org/war/140.htm, 8.2.2000

10.2.2000 In einem anonymen Brief (datiert vom 3.Februar) berichtet ein russischer Soldat, im Lager Tschernokosowo seien etwa 700 Gefangene interniert. Doch nur sieben von ihnen würden tatsächlich verdächtigt, am Krieg teilgenommen zu haben. Die meisten seien junge Leute unter 20 Jahren und wegen kleinerer Delikte gefangen genommen worden: Einige hätten keinen registrierten Pass vorweisen können oder hätten gar keine Dokumente, andere hätten auf offener Straße eine Zigarette geraucht, seien auf dem Weg zum Nachbardorf aufgegriffen worden oder hätten eine Jacke in Militärtarnfarben getragen oder im Haus gehabt. Die Tschetschenen "werden hier buchstäblich umgebracht", so der Soldat. "Man muss die Schreie robuster, gesunder Burschen hören, denen die Knochen gebrochen werden. Sie zwingen einige von ihnen, sich gegenseitig zu vergewaltigen. Wenn es eine Hölle gibt, dann kann man sie hier sehen."
The Independent,10.2.2000

10.2.2000 Nurdy Ildarow, Kommandant der lokalen Zivilpolizei, wurde dem Bericht der in der Nähe des Lagers lebenden Menschenrechtsaktivistin Fatima zufolgte Anfang Januar festgenommen. Er soll für die tschetschenische wie für die russische Regierung gearbeitet haben. Im Lager sei er so heftig geschlagen worden, dass seine Hände und sein Rückgrat gebrochen worden seien. "Ende des Monats (Januar) starb er und seine Familie musste seinen Leichnam von den Russen kaufen."
The Independent, 10.2.2000

10.2.2000 Fatima, eine lokale Menschenrechtsaktivistin bezeugt, dass Frauen auf dem Markt in der Nähe des Lagers "die Schmerzensschreie, die hinter den Mauern ertönten, nicht ertragen konnten."
The Independent, 10.2.2000

10.2.2000 Das Tschernokosowo-Filtrationslager sei das einzige seiner Art, sagte Sergej Jasterschembskij, der Tschetschenien-Sprecher des Kremls der Frankfurter Rundschau. Dort seien 280 Tschetschenen inhaftiert, 316 Gefangene seien freigelassen worden.
Frankfurter Rundschau, 11.2.2000

10.2.2000 "In Tolstoi-Jurt und Tscherwlennaja hat bereits der Bau zweier großer Filtrationslager begonnen", sagt Oberst Gladkewitsch von der Agentur für Militärnachrichten, dem Bericht der Frankfurter Rundschau zufolge. "Die Struktur dieser Lager wird größer sein als die der Flüchtlingslager: mit Baracken statt Zelten."
Frankfurter Rundschau, 11.2.2000

11.2.2000 Der große "Erfolg" der Filtrationslager beruhe nicht zuletzt auf der Praktik des Geiselrückkaufs (tot oder lebendig) bzw. des Geiselaustauschs. Im Lager Tschernokosowo würden Häftlinge gegen 5.000 bis 13.000 Rubel (ca. DM 330,00 bis 800,00DM) pro Kopf an die Angehörigen ausgeliefert. Reiche Familien müssten allerdings deutlich mehr zahlen. Zwar gäbe es auch bei den Tschetschenen russische Geiseln, deren Zahl würde jedoch bei weitem nicht diejenige der tschetschenischen Männer erreichen, die in russischen Filtrationslagern gequält, misshandelt und ermordet würden.
Le Monde 11.2.2000

13.2.2000 Frau Umarowna berichtet über ihren Sohn, Adlan Bassajew, der seit einem Monat im Filtrationslager Tschernokosowo gefangen gehalten wird. Sein einziges 'Verbrechen' sei sein Nachname - Bassajew - aufgrund dessen man ihn als Verwandten des tschetschenischen Kriegshelden Schamil Bassajew betrachtet.
News Unlimited, 13.2.2000

15.2.2000 In einem Dekret, das einem aus dem Lager Tschernokosowo geflüchteten Gefangenen von einem Lagerleiter vorgelesen worden sei, hieß es: Diejenigen, die das Lager lebend verlassen, sollten "für immer zu Krüppeln" gemacht werden. Tag für Tag würden die Gefangenen gefoltert und vergewaltigt; vielfach ließen die Aufseher die Menschen hungern.
die tageszeitung taz, 15.2.2000

15.2.2000 Berichten Überlebender aus Lagern zufolge soll es ein offizielles russisches Dekret geben, in dem die Inhaftierung von 150.000 Tschetschenen und ihre Misshandlung in Filtrationslagern bis zur Invalidität angeordnet worden sei. In Tschernokosowo "arbeiteten" 48 Kosaken als Wächter, die jeder pro Tag 1000 bis 1.200 Rubel (ca. DM 60,00) Lohn erhielten. Die Folterungen der Häftlinge fänden meist nachts in den Korridoren vor den Zellen des ehemaligen Gefängnisses statt. Die "Wärter" seien dabei meist betrunken oder stünden unter dem Einfluss von Drogen. Die Insassen würden einzeln aus den Zellen gerufen und misshandelt.
Le Monde, 15.2.2000

15.2.2000 Nach Aussagen eines tschetschenischen Flüchtlings aus dem Lager Tschernokosowo seien dort derzeit vor allem Frauen, Kinder und ältere Männer interniert. Einer von den Lagerleitern habe ihm vor seiner Flucht vorgelesen, das die Internierung von 150.000 Tschetschenen in Lagern vorgesehen sei.
die tageszeitung taz, 15.2.2000

17.2.2000 "Die Folterungen fanden immer nachts und auf dem Flur statt, wenn die Folterer unter Alkohol und Drogen standen. Die 48 Männer hatten Masken auf und erhielten für ihre "Arbeit" etwa 1000 Rubel. Jeder hörte die Schreie der Gefolterten." Die französische Zeitung "Le Monde" veröffentlichte jetzt erstmals den Bericht eines Tschetschenen, der in Tschernokosowo war. Die schlimmsten Zellen seien die "versteckten Zellen" gewesen: "Dort waren allen die Rippen gebrochen, Finger und Ohren abgeschnitten oder die Trommelfelle durchstochen."
AFP, dpa, TAZ, Göttinger Tageblatt, 17.2.2000

17.2.2000 Russlands Justizminister Jelunin sagt in einem Interview mit Radio Liberty, es würden keine verbotenen Methoden in Tschernokosowo angewandt. Dort seien drei Spezialeinheiten, die auf Vertragsbasis arbeiteten. Er meint, die Leute hätten eine spezielle Ausbildung und hätten die Lage absolut im Griff, das einzige, was er zugibt ist, dass es im Lager düster und feucht sei.
Radio Liberty in War and Human Rights www.hro.org/war/149/htm, 17.2.2000

18.2.2000 Laut Meldung der Nachrichtenagentur 'Lenta.ru' wurden am 17.2.2000
aus dem Untersuchungsgefängnis (`Isolator´) des Filtrationslagers Tschernokosowo in Tschetschenien neun Personen entlassen, die vorher in einem der Hospitäler gearbeitet hatten und bei Alkhan-Kaly festgenommen worden waren. Ein Vertreter der Militär-Staatsanwaltschaft bestätigte diese Information: "Es war ihre professionelle Pflicht zu helfen... sie haben diese bis zum Schluss erfüllt. Deshalb haben wir jetzt den EntSchluss getroffen, den Freiheitsentzug für diese Personengruppe zu beenden und das Strafverfahren einzustellen." Früher hat es schon Informationen über die Festnahme von fünfzehn Ärzten seitens der Föderalen Streitkräfte gegeben.
'Filtrationslager', War and human Rights, Nr. 151, 18.02.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

18.2.2000 Laut Interview des Vizepräsidenten der Russischen Föderation Sergej Jastrschembskij mit dem Fernsehsender ORT befinden sich zur Zeit von den zuvor 744 Häftlingen nur noch 235 im Filtrationslager (`Isolator´) Tschernokosowo. Es blieb unklar, ob die 509 Häftlinge aus der Lagerhaft entlassen oder an andere Orte verlegt wurden.
`Filtrationslager´, War and Human Rights, Nr. 151, 18.2.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

18.2.2000 Das russische Verteidigungsministerium will Berichte über Folterungen und Vergewaltigungen in einem russischen Internierungslager in Tschetschenien überprüfen lassen. Human Rights Watch hatte zuvor Augenzeugenberichte über Gräueltaten im Internierungslager in Tschernokosowo veröffentlicht.
http://www.news.ch, 18.2.2000

18.2.2000 Der russische Journalist Gisbert Mrozek schreibt, dass es als feststehende Tatsache gelte, dass in den russischen Filtrationslagern geschlagen, gefoltert und gemordet werde. Die Beweise für bestimmte Folterpraktiken wurden bei Exhumierungen in der Nähe der Filtrationslager bei Schali und Arschty nach dem letzten Tschetschenienkrieg auch gefunden. Angehörige der Gefangenen im Filtrationslager Tschernokosowo berichten, dort gebe es eine ganz Abteilung, deren Insassen offiziell schon als tot gelten. Die russische Menschenrechtsorganisation Memorial schätzt, dass etwa 1.000 Tschetschenen das Lagersystem durchlaufen hätten. Memorial meint, dass die russische Filtrationspraxis den Kampftruppen der Tschetschenen neuen Zulauf verschaffe. So seien beispielsweise aus dem Dorf Katyr Jurt Anfang Februar 400 Männer in die Berge gegangen, weil sie Massenverhaftungen befürchteten, die es in den Tagen zuvor in den Nachbardörfern gegeben hatte.
Gisbert Mrozek E-Mail vom 18.2.2000

18.2.2000 Tschetschenen, die versuchen, die Republik zu verlassen, werden in russischen Militärgefängnissen gefoltert. Sie sind Opfer von heftigen Schlägen, Vergewaltigungen und anderen Brutalitäten, berichten Flüchtlinge und Menschenrechtsgruppen. Tschetschenische Flüchtlinge berichten Ähnliches von ihren Inhaftierungen in russischen Filtrationslagern. Diese Aussagen decken sich mit denen von Human Rights Watch und der World Organisation Against Torture.
AP in Refugees Daily, 18.2.2000 (http://www.unhcr.ch/refworld/cgi-bin/newssearch.pl)

18.2.2000 Im Lager Tschernokosowo seien Gefangene systematisch mit Gummiknüppeln, Eisenstangen und Hämmern geschlagen worden, berichteten drei ehemalige Gefangene Human Rights Watch.
AFP-Meldung in Frankfurter Rundschau, 19.2.2000

19.2.2000 Die internationale Menschenrechtsorganisation `Human Rights Watch´ richtete eine offizielle Beschuldigung gegen die Lagerwächter des Filtrationspunktes Tschernokosowo in Tschetschenien. Die Lagerwächter würden die Lagerinsassen systematisch verprügeln, foltern und sogar vergewaltigen. Die HRW-Vertreterin Ritchel Denber erklärte im 'Radio Liberty'-Interview, drei Männer, die dieses Filtrationslager durchlaufen hätten, berichteten unabhängig voneinander übereinstimmend über Gräuel, die man auch schon aus dem ersten Tschetschenien-Krieg kenne: Nach der Ankunft im Filtrationspunkt werden die Männer von der Lagerbewachung zum Spießrutenlaufen (Laufen durch einen "lebenden Korridor") gezwungen, wobei sie von Maskierten mit Holzknüppeln oder Gummischlagstöcken verprügelt und sogar mit Eisenhämmern geschlagen werden. Es gäbe Berichte über Vergewaltigungen sowohl von Frauen als auch von Männern, über Folter und Verprügelungen, über unvorstellbare Haftbedingungen. Die Lagerinsassen werden ihrer Kleidung beraubt und müssen in den Haftzellen oft tage- und nächtelang fast nackt sitzen. Die Bewacher hätten regelmäßig Tränengas in die Zellen gesprüht und die Häftlinge gezwungen, nächtelang mit erhobenen Händen zu stehen. Drei ehemalige Lagerinsassen berichteten übereinstimmend, sie seien Zeugen von Vergewaltigungen gewesen. Außer dem Fall einer 42-jährigen Frau aus dem Dorf Tolstoj-Jurt, Mutter von vier Kindern, die von Soldaten 15 Minuten lang verprügelt und dann vergewaltigt worden sei, hätte es auch Fälle von Vergewaltigungen von Männern gegeben. `Human Rights Watch´ appellierte an die russischen Machthaber, mit dem Malträtieren von Gefangenen sofort aufzuhören und internationalen Beobachtern den Zutritt zu den Filtrationslagern zu gewähren, damit diese die Handlungen von russischen Militärs in den Filtrationspunkten überwachen könnten. Der 'Washington Post'-Korrespondent in Nazran übermittelte zum selben Thema Augenzeugenberichte von ehemaligen Lagerhäftlingen, die gegen Schmiergeld freigekommen seien.
'Filtrationslager', War and Human Rights, Nr. 152, 19.2.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

20.2.2000 Ruslan B. wurde gegen 20.000 Rubel, 1.000 für jedes Lebensjahr aus dem Filtrationslager Tschernokosowo ausgelöst. Er sagt: Das Wort 'Brutalität' beschreibt nicht, was ich dort erlebt habe. Die Bewacher schlugen mich regelmäßig mit Knüppeln, wenn ihnen das zu langweilig wurde, benutzten sie große Vorschlaghammer, die man normalerweise dazu benutzt, Beton aufzuschlagen. Ruslans Wirbelsäule wurde stark verletzt, er kann kaum mehr laufen. Er weiß aber, dass er noch glimpflich davon gekommen ist: "In einer Nacht musste ich stundenlang zuhören, wie die Russen ein junges tschetschenisches Mädchen vergewaltigten in der Zelle neben meiner. Es war unerträglich."
Daily Telegraph, 20.2.2000

21.2.2000 Laut Meldung der BBC appellierte die Präsidentin der UNO-Menschenrechtskommission Mary Robinson für eine internationale Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien seitens der russischen Streitkräfte, da die von russischer Seite durchgeführten Untersuchungen ungenügend seien. Diese Erklärung erfolgte aufgrund neuer Zeugenaussagen über Folter und Verprügeln im Filtrationslager im Norden Tschetscheniens. Zwei Lagerinsassen seien, laut Aussage, mit Fußtritten gefoltert worden. Auch hätten Soldaten in eine Gefängniszelle mit mehr als 90 Insassen so lange Tränengas geleitet, bis bei den Gefangenen aus Mund und Nase Schaum kam und sie zu ersticken drohten. Es wurde auch von unerträglichen Schreien berichtet, die durch die ganze Nacht hallten. Zeugen berichteten dem BBC-Korrespondenten, sie seien
unter Strafandrohung streng gewarnt worden, nichts über das Gesehene und Erlebte zu erzählen. Russland, das bisher solche Informationen bestritten hatte, sei nun bereit, eine Untersuchung einzuleiten, jedoch ohne Teilnahme von ausländischen Beobachtern.
`Filtrationslager´, War and Human Rights, Nr. 154, 21.2.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

21.2.2000 Zwei Freigelassene eines Filtrationslagers in Nord-Tschetschenien berichten, sie wären dort mit Tritten attackiert worden. Weiterhin wird berichtet, Soldaten hätten in einer Zelle, in der sich über 90 Personen befanden, das Gas aufgedreht. Die Gefangenen hätten angefangen zu keuchen und Schaum sei ihnen aus Mund und Nase getreten.
War and Human Rights. February 21, 2000. (http://www.hro.org/war/154.htm)

22.2.2000 Laut Meldung des unabhängigen Moskauer Informationszentrums `Glasnost - Nordkaukasus´ wurden von Grenzsoldaten der nordkaukasischen Regionalverwaltung der FPS-Truppen (Föderaler Grenzschutz) der Russischen Föderation sechs russische Geiseln, die nach Information des Pressedienstes der FPS-Verwaltung von tschetschenischen Kämpfern zum Zwecke der Errichtung von Falk-Positionen und zur Durchführung von Hilfsarbeiten herangezogen wurden, aus ihrer Geiselhaft befreit, anschließend jedoch in ein Filtrationslager gebracht. Die Befreiten sollen einer Überprüfung auf ihre "Teilnahme an Kampfhandlungen gegen die föderalen Streitkräfte" unterzogen werden, was einer alten sowjetischen Tradition entspricht, alle Kriegsgefangenen der Kollaboration mit dem Feind zu verdächtigen.
`Filtrationslager´, War and Human Rights, Nr. 157, 22.2.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

22.2.2000 Human Rights Watch verurteilt überhandnehmende Menschenrechtsverletzungen in russischen Filtrationslagern in Tschetschenien, die für internationale Beobachter nicht zugänglich sind. Ein Sprecher teilte mit, Zeugen unter den Flüchtlingen in Inguschetien hätten von Folter und Vergewaltigungen in diesen Lagern berichtet.
AFP in Refugees Daily, 23.2.2000 (http://www.unhcr.ch/refworld/cgi-bin/newssearch.pl)

23.2.2000 Laut Meldung der Nachrichtenagentur 'Rosbusinessconsulting' wurden beim Treffen zwischen dem russischen Justizminister Juri Tschaika und dem russischen Interimspräsidenten Wladimir Putin Fragen erörtert, die die Inspektionsreise von Vertretern von Menschenrechtsorganisationen des Europarates in den Kaukasus betreffen, u. a deren Besuch des Untersuchungsgefängnisses (`Untersuchungs-Isolator´) in Tschernokosowo.
`Filtrationslager´, War und Human Rights, Nr. 156, 23.2.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

23.2.2000 Radio Liberty berichtet über einen jungen Mann aus Inguschetien: Er verbrachte 20 Tage im Filtrationslager Tschernokosowo. Heute kann sich dieser junge Mann, der vor kurzem noch kerngesund war, nicht mehr ohne fremde Hilfe aus seinem Bett erheben. Jeden Tag wurde er unbarmherzig geschlagen. Bandagierte geschwollene Füße, eine geborstene Wirbelsäule - das sind die Resultate dieser Qualen.
War and Human Rights. February 23, 2000. (http://www.hro.org/war/156.htm)

24.2.2000 Tschetschenische Flüchtlinge bestätigen, dass in einem Lager bei Tschernokosowo gefoltert werde. Gemeinsam mit anderen Gefangenen habe er in dem Lager giftiges Gas einatmen müssen. Mitgefangene seien verkrüppelt worden. Die britische Zeitung 'Observer' hat das Lager als 'Todesfabrik' bezeichnet.
Financial Times Deutschland, 24.2.2000

25.2.2000 Ein ehemaliger Lagerhäftling berichtete in einem Interview einem deutschen Journalisten über Erniedrigung, Folter und Mord im Filtrationslager Tschernokosowo.
`Filtrationslager´, War and Human Rights, Nr. 158, 25.02.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

26.2.2000 Der Reporter der Neuen Züricher Zeitung gibt in seinem Artikel Zeugenberichte wieder: Am 16. Januar sei der 21jährige Musa (Name geändert) bei einer Straßenkontrolle verhaftet und danach in das Filtrationslager Tschernokosowo gebracht worden. Musa verbrachte drei Wochen in dem Lager. Er wurde mit anderen Gefangenen von etwa 20 Polizisten empfangen, die einen Korridor bildeten. Die Gefangene mussten durch diesen Korridor laufen, während die Polizisten auf sie einhieben. Dann habe man Musa gezwungen, nackt im Kühlraum zu stehen, bis er fast erfroren sei.
Neue Züricher Zeitung, 26.2.2000

26.2.2000 Der Organisation 'Physicians for Human Rights' liegen detaillierte Informationen über neun individuelle Fälle von Folter im Filtrationslager Tschernokosowo vor. Zwei der Männer wurden mit Elektroschocks und mit Gas gefoltert. Umar (Name geändert) wurde drei Tage nach seiner Entlassung ärztlich untersucht. Sein Arzt berichtet: "Umar hat eine gebrochene Nase, Hämatome an der dritten und vierten rechten Rippe, eine Empfindlichkeit an der rechten Niere, diverse Muskelschwellungen, Krämpfe im Nacken und Schmerzen an den Fußsohlen." Auch Ruslan (Name geändert) berichtet von Misshandlungen. Seinen ersten Tag im Filtrationslager Tschernokosowo verbrachte er gemeinsam mit anderen kniend mit dem Kopf auf dem Asphalt und den Händen hinter dem Kopf. Ruslan wurde vier mal in sieben Tagen bewusstlos geschlagen.
Physicians for Human Rights. Random Survey Conducted by US Medical Group of Displaced Chechens Finds Widespread Killings and Abuses by Russian Forces. February 26, 2000.
http://www.phrusa.org/research/chechen_displaced.htm

26.2.2000 Tschernokosowo sei Teil eines großen Systems, sagt Alexander Tscherkassow von der Moskauer Menschenrechtsorganisation Memorial. Wie im ersten Tschetschenienkrieg nutze Russland ein umfassendes Netz von Gefängnissen und Lagern zur "Filtration". "Zu diesem Netz gehören alle Kontrollposten und die provisorischen Gefängnisse, die es praktisch in jedem größeren Dorf Tschetscheniens gibt. Wir wissen heute von Gefängnissen in Tolstoj-Jurt, Gudermes, Urus Martan und Naurskaja." Nach Terschkassows Recherchen werden Gefangene außerdem "in die russischen Städte Mosdok, Stawropol und Pjatigorsk" gebracht. Das Justizministerium hat nach Angaben von Wladimir Jelunin, Chef der Hauptabteilung für die Vollziehung von Strafmaßnahmen im russischen Justizministerium, vom 15.2.2000 fünf Millionen Rubel für den Wiederaufbau des Untersuchungsgefängnisses von Grosny bereitgestellt. Die "Filtration" habe in großem Maßstab begonnen: 1.400 Beamte und Sondertruppen des Justizministeriums befänden sich in Tschetschenien.
Florian Hassel aus Nazran in Frankfurter Rundschau, 26.2.2000

26.2.2000 Amnesty International zufolge werden im Filtrationslager Mosdok 25 tschetschenische Ärzte und Krankenschwestern unter unmenschlichen Bedingungen gehalten.
Andrzej Rybak in Financial Times Deutschland, 28.2.2000

26./27.2.2000 Die Russen haben hunderte tschetschenische Männer in Filtrationslagern festgehalten, in denen sie von Folter bedroht sind.
Peter Bouckaert in International Herald Tribune, 26./27.2.2000

26.2.2000 Die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation Physicians for Human Rights hat medizinische Beweise für die Folterung tschetschenischer Zivilisten durch russische Truppen. Ihre Untersuchung hat auch ergeben, dass tschetschenische Zivilisten systematisch Massenhinrichtungen, illegalen Festnahmen oder Folter ausgesetzt waren.
BBC News in Refugees Daily, 28.2.2000 (http://www.unhcr.ch/refworld/cgi-bin/newssearch.pl)

27.2.2000 Die amerikanische Vereinigung Ärzte für Menschenrechte legt einen Bericht vor, nach dem in mindestens neun Fällen eindeutig erwiesen ist, dass tschetschenische Gefangene gefoltert wurden. Die Organisation hatte 326 Vertriebene in den Flüchtlingslagern in Inguschetien befragt und untersucht. Untersuchungen ergaben, dass einige Tschetschenen mit Elektroschocks gefoltert wurden.
AP/AFP/Reuters-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 28.2.2000

29.2.2000 Über seine Inhaftierung im Filtrationslager Tschernokosowo berichtet Andrej Babizki: "Am zweiten Tag meiner Gefangenschaft wurde ich von russischen Wächtern mit Knüppeln zusammengeschlagen. Dies ist eine Routine-Prozedur im Lager. Sie schlagen jeden neu eintreffenden Häftling mit ein paar Dutzend Hieben mit dem Knüppel auf den Körper. Ich wurde in einer Zelle mit fünfzehn weiteren Insassen gefangen gehalten. Einer von ihnen wurde wirklich schrecklich zusammengeschlagen, während ich dort war. Die ganze Zeit über hörte ich die Schreie der Opfer. Ich hörte scheußliche Folterungen, die dort durchgeführt wurden.
Amnesty International, News Release, EUR 46/13/00, 29.2.2000

Ende Februar 2000 Ibragim I. (Name geändert) berichtet, dass er an einer Beerdigung teilnahm, als russische Soldaten kamen und einige junge Männer dazu zwangen, sich vor den Trauernden nackt auszuziehen, und sie dann schlugen. Diese Männer wurden dann in Löchern gefangen gehalten bis ihre Angehörigen sie gegen Waffen eintauschen konnten. Sowohl Ibragim als auch eine weitere Zeugin berichten, dass den Männern bei ihrer Rückkehr Blut aus dem Mund floss und sie nicht in der Lage waren zu stehen.
Human Rights Watch, 5. April 2000
http://www.hrw.org/press/2000/04/chech0404.htm

März

Von Amnesty International gesammelten Berichten zufolge, waren sowohl Männer als auch Frauen der "Filtration" ausgesetzt. Viele Männer wurden nach Identifikations-Checks inhaftiert. Auch wenn es keine offizielle Bestätigung über Filtrationslager gibt, so geht Amnesty International aufgrund verschiedenster Quellen doch davon aus, dass mindestens ein solches Lager in der Stadt Mozdok in Nord-Ossetien, nahe der Grenze zu Tschetschenien existiert.
Amnesty International Report, March 2000. Concerns in Europe. July-December 1999. http://www.amnesty.org/ailib/aipub/2000/EUR/40100100.htm

1.3.2000 In einem Telefon-Interview, geführt von dem `Radio Liberty´-Korrespondenten Peter Weil, berichtet der Journalist Andrej Babizki über seinen Aufenthalt im Filtrationslager Tschernokosowo in der Zeit vom 18.01. bis 02.02.2000, nachdem er am 16.01.2000 beim Versuch, Grosny als Flüchtling zu verlassen, vom militärischen Geheimdienst verhaftet wurde. Das Lager Tschernokosowo, laut offizieller russischer Sprachregelung ein Filtrationspunkt, ist nach den Worten Babizkis ein regelrechtes Konzentrationslager, in dem zu seiner Zeit etwa 130 tschetschenische Häftlinge in 18 Zellen gefangen gehalten, sowie rund um die Uhr verprügelt und gefoltert wurden. Er selbst habe als ein bekannter Moskauer Jounalist "nur eine Registrierung", d.h. eine Knüppel-Prügel, erfahren, wonach man ihn am dritten Tag mit zwei weiteren Häftlingen in eine `Einzelzelle´ warf, die lediglich 1,80m mal 1m maß, von Babizki jedoch im Vergleich zu den Bedingungen in anderen Haftzellen als `recht komfortabel´ angesehen wurde. Tschetschenische Häftlinge seien im Lager Tschernokosowo systematischer Qual und Folter ausgesetzt gewesen, so z.B. ständigen Verhören und Verprügelungen durch das Wachpersonal. Dem Tschetschenen Aslanbek Schaipow aus Katyr-Jurt wurden, laut Babizki, alle inneren Organe verletzt sowie alle Zähne ausgeschlagen. Babizki selbst habe den ständigen Angstzustand erfahren müssen, ebenfalls verprügelt zu werden. Die Lagerhäftlinge würden bei Minustemperaturen gehalten, bekämen nur ein bis zwei Mal am Tag etwas zu essen, wenn sie vom Wachpersonal nicht vergessen würden bzw. die Wächter nicht gerade besoffen seien. Eine "Höllenqual" bereite die Hinderung, seine Notdurft zu verrichten, wozu man im besten Falle nur einmal täglich, im schlimmsten Falle einmal in anderthalb bis zwei Tagen die Möglichkeit bekomme. Babizki berichtete darüber, dass sich die Folterarten im Filtrationslager Tschernokosowo durch einen beispiellosen Charakter ausgezeichnet hätten. Solch grauenhafte Marter am Menschenleib habe er noch nie zuvor erlebt und noch nie solch alptraumhaften Schmerzensschreie gehört. Die meisten Tschetschenen, die im Filtrationslager Tschernokosowo wegen des Verdachts der Mitwirkung in oder der Unterstützung von `gesetzeswidrigen bewaffneten Formationen´ festgehalten würden, seien, seiner Meinung nach, unschuldige Menschen.
`Filtrationslager´, War and Human Rights Nr. 164, 1.3.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

3.3.2000 Das Bulletin "War and Human Rights" zur Frage, wann die Folterungen im Lager Tschernokosowo ein Ende haben, stellt fest, dass die Existenz dieses Filtrationslagers auf dem Territorium Tschetscheniens der ganzen Welt dank der Aussagen der Menschen, die es durchliefen, bekannt ist. Menschenrechtsorganisationen und Journalisten verfügen über zahlreiche Aussagen von Betroffenen über Verprügelungen, Erniedrigungen, Folterungen und Vergewaltigungen. Russische Machtorgane würden, wie auch während des ersten Tschetschenienkrieges, die Fakten von Gewalt in den Filtrationslagern kategorisch bestreiten. Statt der Bezeichnungen `Filtrationslager´ oder `Filtrationspunkt´ verwendet man nun ausschließlich die Bezeichnung `Untersuchungsgefängnis´ (`Untersuchungs-Isolator´). Man habe aus Tschernokosowo alle Opfer von Gewalttaten entfernt, die Wände der Anstalt gestrichen, den Köchen und den "Essen-Servierern" weiße Kittel verpasst, das Wachpersonal ersetzt und anschließend sei den Journalisten der Zugang gewährt worden. Denen bot sich dann das Bild von "Inhaftierten" in guten Lederjacken und Pelzmützen, die davon berichteten, dass sie "drei bis vier Mal täglich warme Mahlzeiten bekommen, die auch Fleisch enthalten". Und keiner würde sie beleidigen. Dieses Spektakel sei jedoch jedem bekannt, der irgendwann ein russisches Untersuchungsgefängnis von innen gesehen hat. Der Presse sei ein "Drei-Sterne-Hotel" präsentiert worden. Tschetschenischen Frauen sei es jedoch, trotz gewalttätiger Behinderung seitens der Soldaten der russischen Sondertruppen (`Specnaz´), gelungen, den Journalisten zu berichten, was in diesem Lager in den vergangenen Monaten tatsächlich passierte und dass die Inhaftierten ein paar Tage vor der Ankunft der Journalisten weggebracht wurden. Der Korrespondent von `Radio Liberty´ Andrei Babizki, der vor kurzem aus dem Lager entlassen wurde, berichtete, dass er während seines Aufenthaltes im Lager Tschernokosowo Zeuge von Massenverprügelungen und Folterungen seitens der Bewachung wurde.
`Filtrationslager´, War and Human Rights Nr. 166, 3.3.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm

7.3.2000 Das UNHCR in Genf gibt an, es gebe besorgniserregende Berichte über Mißhandlungen von Tschetschenen durch russische Soldaten wie auch Mißhandlungen von Zivilisten durch die tschetschenischen Kämpfer.
Reuters-Meldung in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8.3.2000

16.3.2000 Der 25-jährige Sultan stirbt nach mehreren Operationen an den Folgen von Folter und Misshandlung kurz nach seiner Entlassung aus dem Filtrationslager "Internat". Seinen Ärzten zufolge erlitt Sultan ernste Verletzungen in den Bereichen des Brustkastens, des Magens und seines gesamten Kopfes. Er trug ebenfalls diverse offene Wunden davon, die eine Folge von Schnitten mit einem Bajonett im Nacken und Rückenbereich waren. Sein Körper war vollkommen grün und blau geschlagen.
Amnesty International, News Release, EUR 46/23/00, 29.3.2000

18. oder 19.3.2000 Adil und Fatima (Namen geändert) berichten, dass ein 20-jähriger Bewohner von Tangi Chu von russischen Soldaten mitgenommen und des Waffenverkaufs beschuldigt wurde. Der junge Mann wurde später bewusstlos ins Dorf zurück gebracht und auf die Straße geworfen. Später berichtete er, dass er in Gefangenschaft mit Elektroschocks gefoltert worden war.
Human Rights Watch, 5. April 2000
http://www.hrw.org/press/2000/04/chech0404.htm

23.3.2000 Musa (Name geändert), inhaftiert im Filtrationslager Tschernokosowo vom 16.1.2000 bis 5.2.2000 sagt aus, unter seinen Zellengenossen sei ein Mann gewesen, dem Gefängniswärter mit Feuerzeugen starke Verbrennungen an den Händen zugeführt hätten. Einem weiteren Mithäftling, 17 Jahre alt, hätten sie mit einer Metallfeile die Zähne abgesägt, und seine Lippen waren so zerfetzt, dass er weder essen, noch trinken, noch sprechen konnte.
Amnesty International, News Release, EUR 46/19/00, 23.3.2000

29.3.2000 Musa (Name geändert), ein Überlebender des Filtrationslagers Tschernokosowo berichtet: "Die Wachen begannen uns zu schlagen, sobald wir das Lager betraten. Da waren etwa 20 bis 25 maskierte Männer im Lagerhof, die in zwei Reihen standen und eine lebende Kette bildeten, so etwas wie einen "menschlichen Tunnel". Wir wurden durch diesen "Tunnel" geschubst und jede der Wachen begann uns mit Knüppeln zu schlagen. Dann befahlen sie uns, uns komplett auszuziehen, und zwangen uns, einen Gefrierraum zu betreten, der ehemals dazu benutzt wurde, Fleisch einzufrieren. Dort hielten sie uns eine Weile nackt gefangen und befahlen uns dann, uns anzuziehen und heraus zu kommen. Dann begannen sie uns wieder in dem Tunnel außerhalb des Gefrierraums zu schlagen. Sie fuhren auch in der Zelle fort, uns zu schlagen. Während der ersten Nacht im Lager wurde ich vier mal geschlagen. Am nächsten Tag wurden wir gezwungen, durch die lebendige Kette bewaffneter Wächter in Masken vor unseren Zellen zu laufen. Manche der Wachen waren mit schweren Hämmern bewaffnet, der Rest hatte Knüppel. Als ich durch ihren "Tunnel" rannte, schlug mich jemand mit einem Hammer auf den Rücken. Der Schmerz war so stark, dass ich nicht einmal in der Lage war, während der restlichen Schläge noch irgendwelche weiteren Schmerzen zu empfinden."
Mogamed (Name geändert), ein Überlebender des Filtrationslagers Tschernokosowo berichtet: "Während der Befragung wurde ich zweimal bewusstlos. Wenn ich mich erholte, fuhren sie damit fort, elektrische Drähte an verschiedenen Teilen meines Körpers zu befestigen. Die Wachen fanden ein Paket Schmerztabletten in meiner Tasche. Ich sagte ihnen, dass es für mein Herzleiden ist. Sie begannen mich in der Gegend um mein Herz zu schlagen. Sie schlugen mich fünf oder sechs mal in der Gegend um mein Herz."
Amnesty International, News Release, EUR 46/23/00, 29.3.2000.

23.3.2000 Amnesty International berichtet von vier Zivilisten (Wisita Wachidowitsch Arsanukajew, Wacha Aliewitsch Titajew, Maerbek Didajew und Walid Aliewitsch Arsamerzojew), die in so genannten Filtrationslagern festgehalten werden, wo sie der Gefahr ausgesetzt seien, gefoltert oder misshandelt zu werden. Laut Berichten wurden die vier Männer bereits am 13.1.2000 von russischen Einheiten am russischen Kontrollpunkt in dem tschetschenischen Dorf Duba-Jurt verhaftet. Amnesty International zählt folgende Filtrationslager auf: Die Untersuchungs-Haftanstalt (SIZO) in der Stadt Piatigorsk im russichen Stawropol, die SIZO in der Stadt Stawropol, eine provisorische Hafteinrichtung in einer Schule im tschetschenischen Dorf Urus-Martan, weitere provisorische Haftanstalten an verschiedenen Orten, einschließlich eines Früchte-Warenlagers in der tschetschenischen Stadt Tolstoy-Jurt, drei Eisenbahnwagen, die im tschetschenischen Dorf Kadyr-Jurt stehen, eine Geflügel-Verarbeitungsfabrik und der Keller des Tschechkar-Cafés im tschetschenischen Dorf Tschiri-Jurt. Weitere Filtrationslager sollen sich in den Städten Tschernokosowo, Mozdok, Grigoriewsk sowie in Grosny befinden. Ehemalige Gefangene im Lager Tschernokosowo haben ausgesagt, dass sie gefoltert und misshandelt wurden. Amnesty International hat folgende Foltermethoden dokumentiert: Vergewaltigung von Männern und Frauen, Elektroschocks, Schläge mit Hämmern und Stöcken, Tränengas, Absägen der Zähne und heftiges Schlagen bis zum Platzen des Trommelfells.
Amnesty International, Urgent Action, AI-Index: EUR 46/018/2000, 23.3.2000

29.3.2000 Von Überlebenden hat Amnesty International Informationen über die Existenz geheimer Filtrationslager gesammelt: Auf dem Grundstück einer ehemaligen Schule in Urus-Martan, dem so genannten "Internat", sowie ein Notbehelfs-Gefängnis im Dorf Znamenskoje, angeblich im Keller eines Gebäudes gelegen, das sich hinter einem Regierungsgebäude befindet. Berichten zufolge existieren weitere Gefangenenlager am russischen Militär-Kontrollpunkt in Tolstoy-Jurt (scheinbar eine in die Erde gegrabenen Grube), im Dorf Gorogorsk, auf dem Gelände einer ehemaligen Ölfabrik (bekannt als NGDU), und zwei in Grosnys Leninsky-Distrikt, in den Gebäuden PAP-1 und PAP-5 der dortigen Autofabrik.
Amnesty International, News Release, EUR 46/23/00, 29.3.2000

30.3.2000 Nach Ansicht von Amnesty International werden Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien von russischen Behörden verschleiert. So hätten die russischen Streitkräfte im Februar vor einem Besuch westlicher Medien Folteropfer aus einem Lager in Tschernokosowo in vier Zügen fortgeschafft und die etwa 300 Gefangenen in kleinere, geheime Einrichtungen in tschetschenischen Dörfern gebracht. Straflager existierten in fast allen russisch besetzten Dörfern. Flüchtlinge im benachbarten Inguschetien hätten von Folterungen erzählt. Die russischen Behörden hätten die Foltervorwürfe zurückgewiesen und eine Untersuchung abgelehnt. Amnesty International ruft zu einer internationalen Untersuchung der Vorfälle auf, da nach Meinung der Organisation die russischen Behörden nicht den politischen Willen hätten zu ermitteln.
30.3.2000, Neue Züricher Zeitung

April

3.4.2000 Bereits Anfang Februar 2000 wird der 16-jährige Adam Abubakarow festgenommen und in das Filtrationslager "Internat" in Urus-Martan gebracht. Die Festnahme erfolgt unter dem Verdacht, ein tschetschenischer Kämpfer zu sein, da er Blasen an den Händen hat. Sein Vater berichtet Amnesty International, die Blasen seien eine Folge davon, dass Adam seinen Großeltern bei der Gartenarbeit geholfen hat. Zur Zeit befindet er sich noch immer in Gefangenschaft, nach Berichten in einer Haftanstalt im Dorf Znamenskoje.
Amnesty International, News Release, EUR 46/24/00, 3.4.2000

April 2000 Im Verlauf des letzten Monats haben die russischen Behörden mehr als 1.000 Männer, einige Frauen und Minderjährige verhaften lassen, weil sie sie verdächtigten, tschetschenischen Kämpfern zu helfen. Sie wurden in das Gefängnis von Tschernokosowo und in andere nicht bekannt gegebene Haftanstalten gebracht.
Human Rights Watch, April 2000
http://www.hrw.org/campaigns/geneva/chechnya.htm

3.4.2000 Gefangene in Filtrationslagern - Männer, Frauen und Kinder - werden regelmäßig und systematisch gefoltert: sie werden vergewaltigt, mit Hämmern und Knüppeln geschlagen, mit Elektroschocks und Tränengas gefoltert, ihre Zähne werden abgesägt und sie werden gleichzeitig auf beide Ohren geschlagen, um ihre Trommelfelle zum Platzen zu bringen. Ein ehemaliger Inhaftierter beschreibt die Folter und Vergewaltigung eines 14-jährigen Mädchens durch Wachpersonal im Lager von Tschernokosowo. Sie starb im Anschluss daran.
Amnesty International, News Release, EUR 46/24/00, 3.4.2000

6.4.2000 Letzte Woche deckte Amnesty International die Existenz und die Lage geheimer Filtrationslager auf. Wladimir Kalamanow, Präsidentschafts-Beauftragter für Menschenrechte in Tschetschenien, und Juri Kalinin, stellvertretender Justizminister, verurteilten Amnestys Entdeckungen öffentlich und behaupteten, dass keine geheimen Filtrationslager existieren und keinerlei Häftlinge in Tschetschenien gefoltert werden.
Die russischen Behörden behaupten, sie hätten bis zu 129 Ermittlungen gegen Militärpersonal eingeleitet. Die große Mehrheit dieser Ermittlungen bezieht sich jedoch auf Fälle von Schlägereien innerhalb der Armee und ähnliche Dinge und nicht auf den Kernpunkt: Menschenrechtsverletzungen gegenüber Zivilisten. Obwohl die russischen Behörden angeben, sie hätten sieben Untersuchungen bezüglich angeblicher Vergehen gegenüber Zivilisten eingeleitet, ist Amnesty International nur eine öffentlich angekündigte Ermittlung wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen bekannt, nämlich die Ermittlung gegen einen russischen Offizier wegen Vergewaltigung und Mord.
Amnesty International, News Release, EUR 46/27/00, 6.4.2000
(http://www.amnesty.org/news/2000/44602700.htm)

7.4.2000 Die russischen Behörden planen den Bau eines neuen Filtrationslagers in Tschetschenien. Das neue Lager soll in Grosny gebaut werden und die Arbeit von Tschernokosowo ergänzen. Der Sprecher der russischen Generalstaatsanwaltschaft sagte, in Tschernokosowo würden im Moment 89 Gefangene festgehalten.
7.4.2000 Itar Tass

Juni

8.6.2000 Moskauer Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation "Memorial" berichten in Berlin über Lager im Kaukausus und über unaufgeklärte Kriegsverbrechen. Es gebe weiterhin Filtrationslager, in denen auch friedliche Einwohner als "Terroristen" festgehalten würden. Die Menschenrechtler sprechen von bis zu 10.000 Gefangenen, davon seien nur etwa 1100 in offiziellen Lagern der Truppen des Innenministeriums. Die übrigen würden von einzelnen, außer Kontrolle geratenen Militäreinheiten festgehalten. Ziel sei es, von den Angehörigen Geld zu erpressen.
Der Tagesspiegel, 9.6.2000

September

Ende September Nach Angaben des Inforamtionsdienstes Ichkeria hat der russische Justizminister Tschaika gesagt, 1.500 Personen seien durch das Filtrationslager Tschernokosowo geschleust worden. Als schlimmer werden die geheimen "Filtrationspunkte" eingestuft, die von niemandem beobachtet würden.
www.ichkeria.org, 30.9.2000

Oktober

26.10.2000 In dem Report "Welcome to hell" untersucht Human Rights Watch die Geschichte des berüchtigten Tschernokowo -Lagers. Anfang Februar besuchte eine russische Delegation nach empörten Protesten aus Europa Tschernokosowo. Nach diesem Besuch, etwa am 10. Februar, wurden die Wächter, welche für die schlimmsten Misshandlungen verantwortlich waren, ausgetauscht. Generalmajor Michail S. Nazarkin wurde zum Direktor von Tschernokosowo. Nach den Zeugenaussagen ehemaliger Insassen nahmen die Misshandlungen nach dem 10. Februar ab. Als im Laufe von März und April mehrere internationale Delegationen Zugang zu Tschernokosowo hatten, verbesserten sich die Haftbedingungen merklich und ab April wurde das Lager ein Beispiel für die guten und internationalen Normen entsprechenden Bedingungen.
Human Rights Watch: Welcome to Hell auf der homepage: http://xmail.hrw.org/chechnya/detention-center.htm, 26.10.2000

c) KriegsgefangeneOben

10.2.2000 Dem anonymen Brief eines russischen Soldaten zufolge, der im Lager Tschernokosowo Dienst tat, wurden zwei von sieben Tschetschenen, die verdächtigt wurden, gegen die russische Armee gekämpft zu haben, erschossen.
The Independent, 10.2.2000

18.9.2000 Ein Journalist der Los Angeles Times hat in Russland über zwei Dutzend Soldaten interviewt, die gerade aus dem Krieg in Tschetschenien zurückkamen. Hier findet sich auch der Grund dafür, dass es so wenige Berichte über tschetschenische Kriegsgefangene gibt: Die meisten Einheiten haben keine Gefangenen genommen, sondern die tschetschenischen Kämpfer an Ort und Stelle getötet. Andrej, ein Soldat sagt: " Ich weiss, dass wir die Gefangenen offiziell bei den entsprechenden Stellen abliefern müssen. Aber in der Praxis nehmen wir keine Gefangenen. Wenn sie einmal eine Wunde haben, sind sie so gut wir tot. Sie wissen das, man kann es in ihren Augen sehen. Sie sagen uns nichts, aber wir fragen sie auch nichts. Wir tun es aus Hass, wenn sie unsere Soldaten foltern können, können auch wir sie foltern. Das einfachste ist es, ein Bayonett zu erhitzen, wenn es vor Hitze glüht, stichst du es ihnen in den Körper. Du musst es so machen, dass sie den größtmöglichen Schmerz spüren. Das wichtigste ist, dass sie langsam sterben. Ein schneller Tod ist ein leichter Tod. (...) einerseits sieht es wie ein Verbrechen aus, andererseits gewöhnt man sich leicht daran. Ich habe auf diese Art und Weise ungefähr neun Menschen umgebracht." Ein anderer Soldat sagte: "Wir hatten eine klare Strategie, wir nahmen keine Gefangenen. Weshalb sollen wir Gefangene nehmen, du kannst sie an Ort und Stelle bestrafen". Es gab auch Berichte über die Verstümmelung von Leichen, ein russischer Soldat erklärt dies so: "Ohren abzuschneiden scheint manchen Leuten grausam zu sein. Es ist eine alte Tradition - du schneidest dem Feind die Ohren ab, um sie später auf das Grab eines gefallenen Freundes zu legen. Es ist kein Zeichen von Barbarei, es ist unsere Art einem Freund zu sagen: Ruhe in Frieden, wir haben für dich Rache genommen."
LA Times, 18.9.2000

Folterungen und MisshandlungenOben

September

14.9.1999 Zara Isajewa wird bei einem Besuch in Moskau festgenommen. Polizeibeamte drohen ihr beim Verhör damit, sie obdachlosen Vagabunden zur Vergewaltigung auszuliefern und sie anschließend ins Frauengefängnis zu bringen. Danach zwingen sie sie, sich für eine Durchsuchung nackt auszuziehen.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999.

Anfang Dezember 1999 Nach Berichten von Amnesty International sind Tschetschenen und andere Kaukasusbewohner Misshandlungen in der Haft ausgesetzt.
Amnesty International, Urgent Action "Sorge um Sicherheit", 7.12.99

Oktober

8.10.1999 Ein 20-Jähriger aus dem Naursky-Distrikt wird auf einem Feld vor seinem Dorf von 15-20 russischen Soldaten angehalten, die Tarnuniformen tragen. Sie fesseln ihn und schneiden ihm mit einem Messer in den Hals. Bis zum nächsten Morgen liegt er auf dem Boden und verliert eine große Menge Blut. Amnesty International interviewte ihn in einem Krankenhaus in Inguschetien.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999

12.10.1999 In Nourski wird ein Mann ins Krankenhaus eingeliefert, der von Russen gefoltert wurde. Seine Ohren waren abgeschnitten, sein Gesicht verstümmelt und seine Venen aufgeschlitzt.
Pro-tschetschenischer Informationsdienst auf der homepage: http://www.ichkeria.org, 28.10.1999

Mitte November 1999 Human Rights Watch weist in einem Report auf die von der russischen Polizei begangenen Folterungen und Misshandlungen hin. Schläge, Würgen, Elektroschocks und die Erlaubnis, dass Kriminelle die Opfer angreifen dürfen, seien weit verbreitet, so die Organisation.
The Irish Times, 15.11.1999 (http://www.ireland.com/newspaper/opinion/1999/1115/edi2.htm)

Dezember

Anfang Dezember 1999 Mehreren Zeugen zufolge ging ein Söldner auf ein fünfjähriges Mädchen zu, das Ohrringe trug, und sagte: "Schaut mal, sogar kleine Mädchen haben hier Diamanten." Dann zog er so heftig an den Ohrringen, dass die Ohrläppchen des Mädchens zerrissen. - Die Steine waren eine Nachbildung gewesen.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

Januar

Mitte Januar 2000 In Tschetschenien steht die männliche Bevölkerung unter Kollektivverdacht der Zusammenarbeit mit den Kampfeinheiten. Willkür und Schikane beherrschen die Tagesordnung. Männer müssen sich öffentlich ausziehen, was nach tschetschenischem Sittenkodex eine Schande ist. Wenn die Kontrolleure Spuren am Körper entdecken, etwa Prellungen, die von automatischen Waffen stammen könnten, werden sie festgenommen und verschwinden in den Filtrationslagern. "Wer will, findet immer etwas", sagt einer der Flüchtlinge.
Aus Nazran Klaus-Helge Donath in die tageszeitung, 19.1.2000

Februar

18.2.2000 Vertriebe berichten, die schlimmsten Misshandlungen würden in der Regel an den Orten stattfinden, die gerade erst von russischen Truppen eingenommen wurden - noch vor der Errichtung einer funktionierenden Zivilverwaltung.
UNHCR Press Briefing Note, 18.2.2000 (http://www.unhcr.ch/refworld/cgi-bin/newssearch.pl)

August
29.8.2000 In der Wostotschnaja Straße in Grosny wohnte die Familie Kadijew. In der letzen Zeit lebte in dem Haus nur die alte Mutter, welche aus einem Flüchtlingslager in Inguschetien zurückgekehrt war. Im August bekam sie immer wieder nachts Besuch von Angehörigen der russischen Truppen. Diese suchten ihren Sohn Tirgan. Ein besonders schlimmer Vorgang trug sich am 29.8. zu, als die Soldaten um fünf Uhr früh kamen, sie fesselten die alte Mutter, banden sie an einen Stuhl fest und schlugen sie brutal zusammen und drohten ihr, sie zu erschießen. Bald verlor sie das Bewußtsein. Sie konnte den Soldaten gar nicht sagen, was diese wissen wollten, weil sie selbst keinen Kontakt mehr zu ihrem Sohn hat. Die Soldaten ließen von ihr ab und fuhren davon, nachdem sie die Wohnung der alten Frau geplündert hatten, den Fernseher, einen Kassettenrekorder etc. nahmen sie mit. Nachbarn fanden die alte Frau bewußtlos an Händen und Füßen gefesselt. Seit 1995 wird diese Familie vom russischen Geheimdienst verfolgt, im Februar 1995 wurde der alte Vater (70 Jahre alt) bei einer Passkontrolle erschossen. 1999 fuhr der jüngere Sohn Adam nach Moskau, um zu studieren. Er wohnte in einem Studentenwohnheim, nachdem dort eine Razzia gegen "Personen kaukasischer Identität" stattfand, wurde Adam erschossen in seinem Zimmer aufgefunden.
E-Mail von der Menschenrechtlerin Lipkan Bassajewa, 21.9.2000

September

4.9.2000 Tschetscheniens Parlamentspräsident Ruslan Alichadschiejew ist angeblich in einem Moskauer Gefängnis zu Tode gefoltert worden. Er sei am Donnerstag an den Folgen von Misshandlungen gestorben, so ein Sprecher von Maschadow.
AP, AFP, TAZ, FR, 4.9.2000

8.9.2000 "Mein Mann ist am 8.September mit einem Bekannten nach Grosny gegangen. Sie sind nicht lebend zurückgekommen." Beide wurden zuerst von Russen festgenommen. Angeblich wurden sie nach eineinhalb Stunden wirder freigelassen. Ein paar Tage später fanden die Angehörigen die Leichen: "Sei wurden mit Genickschuss getötet. Sie hatten ihnen die Ohren abgeschnitten, das Gesicht verstümmelt, die Zähne ausgeschlagen. Dann hat man sie mit Benzin übergossen und angezündet", so eine der Witwen. Über mehrere solcher Fälle berichten die Korrespondenten der Frankfurter Rundschau und der Süddeutschen Zeitung in einer Serie zur Situation in Tschetschenien.
Frankfurter Rundschau, Süddeutsche Zeitung, 10.10.2000

a) VergewaltigungenOben

Dezember

Anfang Dezember 1999 Zeinap (Name geändert), eine 32-jährige Frau aus Alkhan-Jurt, liefert Human Rights Watch die Namen von zwei Frauen, die ihr von ihren Vergewaltigungen Anfang Dezember berichtet haben. Eine der Frauen war 25 Jahre alt und verheiratet, die andere ledig und 20 Jahre alt. Zeinap erzählt, die Verwandten der 20-jährigen hätten vorgehabt, sie nach der Vergewaltigung zur Behandlung nach Kasachstan zu schicken. Zeinap berichtet ferner, dass die Soldaten häufig betrunken waren und nach Wodka und jungen Frauen verlangten. Sie sagten: "Wir sind lange Zeit nicht mit einer Frau zusammen gewesen, wir brauchen eine Frau." Zeinap hält es für möglich, dass noch mehr Vergewaltigungen stattgefunden haben, aber auch wenn dem so wäre, würden die Leute nicht darüber sprechen. Eine andere Frau aus Alkhan-Jurt, die unabhängig von der ersten von Human Rights Watch interviewt wurde, beschreibt ähnliche Fälle von Vergewaltigung. Sie glaubt, fünf oder sechs Frauen seien vergewaltigt worden, eine von ihnen sei schon älter gewesen. Um zwei oder drei Uhr nachts kamen Soldaten in den Keller. Einige standen Wache und zielten mit ihren Waffen auf uns, die anderen vergewaltigten. Auch sie sagt, dass viele Frauen aus Scham nicht über ihre Vergewaltigung sprechen, weil sie noch heiraten müssen. Ein dritter Zeuge, Sultan (Name geändert), berichtet ebenfalls von der Vergewaltigung einer Frau im Dorf: "Sie zerrten ihren Mann auf die Straße hinaus und vergewaltigten sie dann. Die Frau ist nicht jung, 42 oder 43 Jahre alt. Ich kenne ihren Namen, aber es ist gegen unsere Bräuche, ihn preiszugeben." Berichte über Vergewaltigungen liegen trotz des starken Tabus in der tschetschenischen Kultur gegenüber der Preisgabe von sexuellen Übergriffen vor. Tschetscheniens muslimische Kultur und die nationalen Traditionen regulieren die Beziehungen zwischen Männern und Frauen auf eine sehr strikte Art und Weise. Unangemessenes Verhalten führt zu starken und oft gewalttätigen Sanktionen. Unverheiratete Frauen, die vergewaltigt wurden, sind kaum in der Lage, zu heiraten. Verheiratete Frauen, die vergewaltigt wurden, müssen mit einer Scheidung rechnen. Diese Faktoren erschweren die Dokumentation von Vergewaltigungen und sexuellem Missbrauch in Tschetschenien sehr. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die eigentliche Zahl der Vergewaltigungen weit über den dokumentierten liegt.
Human Rights Watch, 20.1.2000
http://www.hrw.org/press/2000/01/chech0120.htm
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

Dezember 1999 Nichtregierungs-Organisationen zufolge vergewaltigen Regierungstruppen Zivilistinnen in Alkhan-Jurt und in anderen Dörfern Tschetscheniens.
1999 Country Reports on Human Rights Practices. Bureau of Democracy, Human Rights, and Labor.
U.S. Department of State, February 25, 2000. (http://www.state.gov/www/global/human_rights/1999_hrp_report/russia.html)

19.12.1999 Malika aus Schali (Name geändert) berichtet, dass russische Soldaten ihre 23-jährige Nachbarin vergewaltigt und ermordet haben. Malika beschreibt ihre Nachbarin als sehr hübsch und im 5. oder 6. Monat schwanger. Sie sagt ferner aus, dass die Soldaten auch die etwa 60-jährige Schwiegermutter ihrer Nachbarin töteten. Malika nimmt auch an der Waschung der Toten teil und beschreibt den Zustand ihrer vergewaltigten Nachbarin: "Auf ihren Brüsten waren dunkle blaue Blutergüsse. Auf ihrer Schulter war ein merkwürdiger quadratischer Bluterguss. Nahe ihrer Leber waren ebenfalls dunkle Quetschungen. Im Nacken waren Zahnspuren, und ihre Lippen wiesen ebenfalls Zahnspuren auf, so als ob sie jemand gebissen hätte. Sie hatte ein kleines Kugelloch an der rechten Kopfseite und eine große Wunde an der linken Seite ihres Kopfes."
Human Rights Watch, 20. Januar 2000
http://www.hrw.org/press/2000/01/chech0120.htm

Januar

Mitte Januar 2000 Der 24 Jahre alte Eli Salanbekow musste die zweite Januarhälfte im Filtrationslager verbringen. Er erlebte, wie ein Mann aus dem Dorf Goragorskij zum Verhör geholt wurde. Er flehte, nicht geschlagen zu werden, und musste zum Zimmer der beiden Untersuchungsrichter kriechen. Für den Empfang musste er sich bedanken. Nach dem Verhör wurde er zusammengeschlagen und vergewaltigt. Dann musste er seinen Kameraden sagen, wie er heiße. Seine Antwort: "Fatima." Er sei ein gebrochener Mann gewesen. Der 38 Jahre alte Wacha Israpilow bestätigte die Angaben und nannte die Namen und Wohnorte von acht Mitgefangenen. "Mit mir zusammen wurden 14 andere Männer festgenommen und Raissa, eine 42 Jahre alte Mutter von vier Kindern aus dem Dorf Tolstoj-Jurt. Zwei Nächte später hörten wir, wie Raissa auf dem Korridor ungefähr eine Viertelstunde zusammengeschlagen und dann vergewaltigt wurde."
Florian Hassel aus Nazran in Frankfurter Rundschau, 26.2.2000

Im Januar 2000 Musa (Name geändert) wurde Zeuge, wie ein Dutzend Gefängniswächter im Filtrationslager Tschernokosowo ein 14-jähriges Mädchen im Korridor außerhalb der Zellen vergewaltigten. Das Mädchen war gekommen, um ihre inhaftierte Mutter zu besuchen, und für den Preis von 5.000 Rubel erhielt sie die Erlaubnis für ein fünf-minütiges Treffen. Diese fünf Minuten wurden zu einer vier-tägigen Tortur, während der sie in eine Zelle gesperrt, geschlagen und wiederholt von Wachen vergewaltigt wurde. Musa war vom 16.1.2000 bis 5.2.2000 im Lager inhaftiert.
Musa (Name geändert) berichtet Amnesty International von dem 16-jährigen Jungen Albert aus dem Dorf Davydenko, der zu ihm in die Zelle im Lager Tschernokosowo gesteckt wurde, nachdem ihn mehrere Wachmänner nacheinander vergewaltigt und brutal geschlagen hatten. Eins seiner Ohren war abgeschnitten worden. Während seiner 3-wöchigen Inhaftierung (16.1.2000 bis 5.2.2000) wurden laut Musa bis zu 10 Männer im Lager vergewaltigt.
Amnesty International, News Release, EUR 46/19/00, 23.3.2000

Mitte bis Ende Januar 2000 Drei freigelassene ehemalige Häftlinge aus dem Filtrationslager Tschernokosowo berichteten Human Rights Watch von Vergewaltigungen während der Haft. Einer von ihnen hörte am zweiten Tag seiner Gefangenschaft die Schreie einer 42 Jahre alten Frau aus Tolstoy-Jurt, mit der er im Lager angekommen war. "Die Frau wurde unbarmherzig geschlagen. Vom Geräusch her, meine ich, wurde sie mit Gummiknüppeln geschlagen. Ungefähr 15 Minuten lang. Dann hörten wir ungefähr eine halbe Stunde lang nichts mehr. Wir konnten alles hören, was vor sich ging, jedoch nichts sehen. In der halben Stunde, das wussten wir, wurde sie vergewaltigt. Sie flehte darum, sie nicht zu vergewaltigen. Die Soldaten sagten schmutzige Worte. Das dauerte eine Weile an. Dann hörte alles auf."
Dieser Zeuge berichtete, dass auch Männer vergewaltigt wurden: "Sie riefen einen Mann aus der Zelle. Sie holten in raus, ohne etwas zu sagen und begannen, ihn sehr grausam mit Knüppeln zu schlagen und mit Füßen zu treten. Wir konnten alles hören. Dann befahlen die Soldaten ihm, sich auszuziehen. Dann legten sie ihn auf etwas, es könnte sein, das sie ihn irgendwo festbanden. Dann wurde ihm etwas angetan, so wie es Pädophile tun. Wir hörten ihn sagen: "Nein, nein, nur das nicht." Nachdem alles passiert war, sagte das Opfer: "Ihr habt mich getötet." Es gab zwei oder drei solche Fälle, das passierte einer Person zweimal, und einem anderem Mann, glaube ich. Sie benannten ihn in Alla um, sie sagten: "Von nun an bist du Alla, eine Frau."
Human Rights Watch, http://www.hrw.org/hrw/press/2000/02/chech0218.htm, 18.2.2000

Mitte Januar 2000 Nach Berichten von Human Rights Watch häufen sich in Tschetschenien Vergewaltigungen und Morde an einheimischen Frauen durch Russen. Zahlreiche Flüchtlinge hätten bezeugt, Leichen geschändeter Frauen gesehen zu haben. Besonders in Schali und Alkhan Jurt sei es zu Vergewaltigungen gekommen
Richard Meng in Frankfurter Rundschau, 22.1.2000 und AFP in Refugees Daily, 21.1.2000, 20.1.2000 Human Rights Watch

23.1.2000 Human Rights Watch sammelte Zeugenaussagen über Vergewaltigungen von Männern in Tschernokosowo. "Ibrahim Azijew" sagte aus, dass der Mann, der mit ihm die Zell teilte vergwaltigt worden sei. Azijew beschreibt das Opfer als jung, vielleicht 15 Jahre alt. "Als ich ihn sah, sah er aus wie eine Leiche. Er atmete nur, mehr nicht. Sie haben ihn nicht wieder geholt, während ich in der Zelle war. Er sage, er sei vergewaltigt worden, das waren seine Worte."
Human Rights Watch: Welcome to Hell auf der homepage: http:///xmail.hrw.org/chechnya/detention-center.htm, 26.10.2000

Ende Januar 2000 Am Militärkontrollpunkt Kawkaz, nahe der inguschetischen Grenze, werden Alisa und Maya (Namen geändert) von russischen Soldaten festgenommen. Sie werden in verschiedene Verstecke unter der Erde gebracht. Alisa ist vier Soldaten ausgeliefert. Einer schlägt sie mit der Faust oder dem Handgelenk, so dass sie auf den Boden fällt. Zwei andere Soldaten beginnen sie zu treten. Sie sagen zu ihr: "Du wirst niemals wieder Kinder haben können." Dann vergewaltigen die Soldaten sie. Einige Zeit später wird Maya in das gleiche Versteck gebracht, indem Alisa gefangen gehalten wird. Sie ist blutüberströmt und ihr Mund ist zerschnitten. Auch sie ist vergewaltigt worden. Alisa verbringt anschließend drei Wochen im Bett, um sich von dem sexuellen Missbrauch zu erholen.
Human Rights Watch, 30.3.2000
http://www.hrw.org/press/2000/03/chech0330.htm

29.1.2000 Human Rights liegen Zeugenaussagen zu mindestens einem Fall einer vergewaltigten Frau aus dem Lager Chankala vor. Eine Zeugin sagt aus, das 19-jähirge Mädchen habe ihr gesagt, sie sei vergewaltigt worden. "Sie wurde festgenommen, bevor ich nach Chankala kam. Sie wurde in einer Nacht immer wieder in die Zelle hereingebracht und hinausgeholt. In einer Nacht wurde sie dreimal geholt. Sie wurde drei Tage lang in einem Zelt festgehalten, während sie sie vergewaltigten und ihre Kleider zerrissen. Sie wurde dann in eine Militäruniform gekleidet und am 31. Januar nach Tschernokosowo gebracht. Sie sagt selbst, dass sie vergewaltigt worden sei. Ich sah, dass ihr Unterleib blutig war. Sie wurde immer in diesem Zelkt festgehalten und ich habe ihre Schreie gehört. Ich habe sie dann später in Tschernokosowo wiedergesehen. Die russische Organisation Memorial fand dieses Mädchen später im Haus ihrer Eltern wieder. Ihre Schwestern sagten Memorial, dass sie am 24. Januar festgenommen worden war und sich 18 Tage lang in Haft befand. Der Memorial-Mitarbeiter sah das traumatisierte Mädchen, führte aber kein Interview mit ihr. Es leidet an Epilepsie und ist möglicherweise psychisch krank.
Human Rights Watch: Welcome to Hell auf der homepage: http:///xmail.hrw.org/chechnya/abuses.htm, 26.10.2000

Februar

5.-11.2.2000 "Sultan Eldarbijew" wurde vom 5.2. bis zum 11.2. in Tschernokosowo festgehalten, er sagte aus, dass sein Zellennachbar mit einem Knüppel vergewaltigt worden sei. "Sie vergewaltigten einen 32- oder 33-jährigen Mann mit einem Knüppel. Als er zurückgebracht wurde, war er nackt und hielt seine Kleider in den Händen. Getrocknetes Blut klebte an seinem Anus. Er hatte sich geweigert ein Geständnis zu unterschreiben." Ein weiterer Mitinsasse von "Sultan Eldarbijew" wurde in die Genitalien geschlagen und mit Vergewaltigung bedroht. "Als ich auf dem Boden lag und getreten wurde, hörte ich wie die Soldaten sagten, " Komm, wir ficken ihn", dann sagten sie, sie wollten sich nicht an mir schmutzig machen. Als ich zur Befragung gebracht wurde, wurde ich wieder geschlagen und drohten mir wieder, mich zu ficken. Ich war schon halb bewußtlos."
Human Rights Watch: Welcome to Hell auf der homepage: http://xmail.hrw.org/chechnya/detention-center.htm, 26.10.2000

19.2.2000 Human Rights Watch klagt das Wachpersonal im Filtrationslager Tschernokosowo an, die Gefangenen systematisch geschlagen, gequält, erniedrigt und sogar vergewaltigt zu haben. Drei ehemalige Gefangene sagen aus:
Der 21-jährige Isa berichtet, die Gefangenen hätten bei ihrer Ankunft im Lager durch eine Passage aus Wächtern gehen müssen und seien dabei geschlagen worden. Dann hätten sie ihn ausgezogen und ihn für ca. eine Woche halb nackt in der Zelle sitzen lassen. Der 24-jährige Akhmed berichtet, er sei bei den Verhören regelmäßig von maskierten Männern geschlagen worden. Bevor er den Raum betreten habe, in dem die Verhöre stattfanden, habe man ihn gezwungen auf der Erde zu kriechen und dem Offizier dafür zu danken, ihn akzeptiert zu haben. Beide berichten, die Wächter hätten von Zeit zu Zeit Tränengas in ihre Zellen geleitet und Gefangene gezwungen, die ganze Nacht mit erhobenen Händen zu stehen. Alle drei Befragten wurden Zeugen von Vergewaltigungen. Der 38-jährige Vakha berichtet von zwei Fällen von Vergewaltigung im Lager. An seinem zweiten Tag im Lager habe er die Schreie einer 42 Jahre alten Frau aus Tolstoi-Jurt, Mutter von vier Kindern, gehört. Sie seien gemeinsam ins Lager gebracht worden. Die Wächter hätten die Frau 15 Minuten geschlagen, dann habe für ca. 1 Stunde Stille geherrscht. Dann habe die Frau zu flehen begonnen, sie nicht anzufassen. Die Soldaten hätten sie nur gescholten. Dies habe eine ganze Weile gedauert. Alle hätten gemerkt, dass sie sie vergewaltigten. Die anderen Gefangenen berichteten auch von Vergewaltigungen von Männern.
War and Human Rights. February 19, 2000. (http://www.hro.org/war/152.htm)

3.2.2000 Der ZEIT-Korrespondent Thuman berichtet aus Sernowodsk, er interviewte Flüchtlinge und lernte Augenzeugen kennen. Eine Frau, Larissa, die jetzt als Flüchtling in Inguschetien lebt, war im sogenannten 'befreiten' Tschetschenien. Sie erzählt: "Die Nachbarn meiner Schwester haben eine schöne 18-jährige Tochter, der auf der Straße die Soldaten hinterherpfiffen. Vorletzte Woche drangen vier russische Söldner in das Haus ein und wollten die Tochter sprechen. Die hatte sich im Keller versteckt. Die Soldaten durchsuchten das Haus, zerschlugen die Möbel und fanden sie. Die Mutter ging dazwischen, aber die Soldaten schossen ihr in die Beine, dann vergewaltigten sie das Mädchen, der Reihe nach. Diese Szene ist kein Einzelfall, nur schweigen die Familien oft darüber, denn sie wollen ihre Töchter noch verheiraten.
3.2.2000 Die Zeit

10.2.2000 Männliche Tschetschenen werden im Lager systematisch vergewaltigt. In einem anonymen Brief schreibt ein russischer Soldat, in Tschernokosowo würden einige Gefangene vergewaltigt oder "Sie zwingen einige von ihnen, sich gegenseitig zu vergewaltigen." Die meisten, die dazu gezwungen werden, seien unter 20 Jahre alt. Vergewaltigung von Männern durch Männer sei üblich in russischen Gefängnissen, schreibt die Zeitung weiter. Sie sei ein Instrument der Erniedrigung. In dem konservativ-islamischen Tschetschenien solle dies unkontrollierte Empörung provozieren.
The Independent, 10.2.2000

11.2.2000 Magomed, ein tschetschenischer Flüchtling in Inguschetien, berichtet von der systematischen Vergewaltigung tschetschenischer Männer im Filtrationslager. Die Soldaten hätten den Häftlingen Frauennamen gegeben. Wenn sie auf den Zuruf "ihres" Namens nicht reagieren, werden sie auf der Stelle umgebracht. Die Wärter im Lager zwängen die Insassen auch, sich gegenseitig zu vergewaltigen. "Sie wissen, dass wir die Bomben, die Schüsse und den Tod ertragen können, aber nicht das, diese furchtbare Sache, die die Seele zerstört."
Le Monde, 11.2.2000

15.2.2000 Moussa, ein Überlebender des Lagers, berichtet in Inguschetien über die Praktiken im Lager. So musste eine Frau, die gegen eine Zahlung von 5.000 Rubeln gemeinsam mit ihren Enkelinnen ihre Tochter, die Mutter der Mädchen, besuchen konnte, deren Zelle nach fünf Minuten gemeinsam mit dem jüngeren Mädchen wieder verlassen. Die ältere der beiden wurde jedoch zurückgehalten und vier Tage lang geschlagen und vergewaltigt. Erst als eine russische "Untersuchungskommission" das Lager inspizierte, kam das Mädchen wieder frei. Die anderen Insassen wurden gezwungen, den "Inspektoren" zu sagen, das sie gut ernährt und nicht geschlagen würden. Ein alter Mann hob dennoch das Hemd seines jüngeren Zellennachbarn, um dessen ausgemergelten, von Schlägen gezeichneten Körper zu zeigen. Die beiden wurden später heftig verprügelt. Moussa berichtet auch von "Geheimzellen", in denen Häftlinge säßen, die fast alle Verstümmelungen oder schwere Verletzungen aufwiesen. Offiziell existierten diese Menschen nicht mehr. Man ließe diesen Männern einen Bart wachsen, um sie später als "Kämpfer" gegen russische Kriegsgefangene auszutauschen. Einige Männer, die in das Lager Mozdok in Ossetien verbracht worden seien, hätte man niemals wieder gesehen. Nur einer sei bislang zurückgekommen, weil man für ihn 5.000 US-Dollar gezahlt habe. Seither gingen Gerüchte um, dass jeder, der Mozdok überlebt hätte, so schlimme Misshandlungen ertragen müsste, dass er nicht mehr heiraten und keine Kinder mehr haben könnte.
Le Monde, 15.2.2000

Mitte Februar Eine tschetschenische Zigarettenverkäuferin wurde in Grosny Augenzeugin, wie eine junge Frau von russischen Soldaten vergewaltigt und anschließend ermordet wurde.
International Herald Tribune 18.2.2000

März

23.3.2000 Amnesty International liegt eine Zeugenaussage eines Überlebenden aus dem Filtrationslager Tschernokosowo vor, die besagt, dass Gefangene, Frauen und Kinder inbegriffen, vergewaltigt wurden und brutaler Folter ausgesetzt waren.
Amnesty International, News Release, EUR 46/19/00, 23.3.2000

26.3.2000 Augenzeugenberichten zufolge wird in Tangi Chu, südlich von Grosny, die 18-jährige Heda Kungajewa von russischen Soldaten brutal vergewaltigt und ermordet. Die Tat findet zwischen Mitternacht (26./27.3.) und dem Abend des 28.3. statt.
Human Rights Watch, 5. April 2000 (http://www.hrw.org/press/2000/04/chech0404.htm)
Human Rights Watch, 30. März 2000 (http://www.hrw.org/press/2000/03/chech0330.htm)

29.3.2000 Ein 14-jähriges Mädchen aus Urus-Martan starb in Gefangenschaft in Tschernokosowo aufgrund von Folter und Misshandlung, wiederholte Vergewaltigungen durch Wachpersonal inbegriffen. Berichten zufolge war sie auf einer Busreise an einem Kontrollpunkt festgenommen worden.
Amnesty International, News Release, EUR 46/23/00, 29.3.2000

April

Anfang April Human Rights Watch interviewte Ärtze in Inguschetien, die tschetschenische Folteropfer behandelten. Bei einem 18-jährigen ehemaliger Häftling aus dem Lager in Mozdok stellte der Arzt geschwollene Genitalien und innere Verletzungen fest, die wie er aussagte von einer Vergewaltigung stammen. Der Arzt sagte, dass zweischen 30 und 40 ehemalige Häftlinge des Lagers Mozdok von seinem Krankenhaus wegen Verletzungen durch Schläge und Vergewaltigungen behandelt wurden.
Human Rights Watch: Welcome to Hell auf der homepage: http:/xmail.hrw.org/chechnya/abuses.htm, 26.10.2000

Juli

9.7.2000 Ask Zemilkhan Elmurzajew, ein 20-jähriger Tschetschene, berichtet von seiner einwöchigen Gefangenschaft im Mai im russischen Stützpunkt von Urus-Martan. Eine Gruppe von zehn betrunkenen russischen Soldaten hätte ihn bewusstlos geschlagen und dann mit Ladungen von Wasser wieder aufgeweckt. Anschließend hätten sie ihn zwei Stunden lang vergewaltigt.
Washington Post, 9.7.2000

31.7.2000 Vertreter von Memorial interviewen eine 34-jährige Frau, die drei Tage lang an einem checkpoint der Russen festgehalten wurde. Sie stammt aus Grozny, hatte sich aber in das Dorf Tschernoretschie geflüchtet. Sie wurde am Checkpoint in der Nähe von Grosny festgenommen: "Nachdem sie mich festgenommen hatten, brachten sie mich in einen Waggon und sagten, dass ich die nächste Zeit hier bleiben würde. In dem Waggon hatte es zwei oder drei kleine Abteile. Man hat mich zu drei weiteren Frauen eingesperrt, zwei Tschetscheninnen und eine Russin. Diese Frauen hatten viele blaue Flecken und sahen furchtbar elend aus. Ich hatte entsetzliche Angst und konnte nichts sagen. Die Soldaten bewachten uns Tag und Nacht, sie holten uns eine nach der anderen raus und brachten und in die anderen Abteile. Natürlich hörten wir die Schreie derer, die sie gerade geholt hatten. Niemand kam uns zur Hilfe, unser Flehen und Bitten beeindruckte unsere Vergewaltiger nicht. Wenn wir Widerstand leisteten, wurden wir brutal mit Fäusten geschlagen oder getreten. Sie schlugen uns auch mit Knüppeln. Dort waren acht Soldaten, die die ganze Zeit betrunken waren. Wir waren zwei Tage dort. Ich kann ihnen nicht detailliert sagen, was sie mit uns gemacht haben. Innerhalb dieser zwei Tage haben sie jede von uns mehr als fünf Mal geholt. Wir haben häufig das Bewußtsein verloren. Jedes Mal wenn ich wieder zu Bewußtsein kam, bedauerte ich, dass ich nicht gestorben war.
FIDH: Un an de crimes impunis, S. 31

Oktober

26.10.2000 In dem Report "Welcome to Hell" widmet Human Rights Watch ein Kapitel Vergewaltigungen im Lager Tschernokosowo. Mehr als die Hälfte der von Human Rights Watch interviewten ehemaligen Insassen des Lagers berichten über Fälle von Vergewaltigungen und sexueller Nötigung, obwohl Sexualität und die Vergewaltigung insbesondere von Männern ein strenges Tabu-Thema der tschetschenischen Gesellschaft ist.
Human Rights Watch:Welcome to Hell, auf der homepage: http://xmail.hrw.org/chechnya/detention-center.htm

MassengräberOben

Januar

13.1.2000 An einem Kontrollposten in Dubai-Jurt wurden vier Männer festgenommen. Diese stammten aus der Region Schatoi und hielten sich als interne Flüchtlinge in Tschiri-Jurt und Nowye Atagi auf. Am 10. Mai haben die Einwohner des Dorfes Tangui-Tschu die Leichen der Männer in einem Grab gefunden, sie wiesen deutliche Zeichen von Folter auf.
FIDH Tchétchénie: un an de crimes impunis, S. 35

Februar

25.2.2000 Im russischen Privatfernsehen NTW werden erstmals Aufnahmen eines Massengrabes in der Nähe von Grosny ausgestrahlt. Darin lagen 20 bis 30 erschossene tschetschenische Männer. Die Leichen waren meist mit Militäruniformen bekleidet, zum Teil in Stacheldraht eingewickelt und an Armen und Füßen gefesselt. Es war zu sehen, wie Soldaten eine in einen Teppich gewickelte Leiche von einem Panzerwagen in das Grab warfen. Ein anderer Toter mit zusammengebundenen Beinen wurde von einem Panzer über ein Feld gezogen. Russische Soldaten schaufelten dieses oder ein anderes Massengrab zu. Die Aufnahmen sollen vom 22. Februar stammen. Mindestens einem Toten waren die Ohren abgeschnitten. Der Film war NTW vom deutschen Sender N24 zur Verfügung gestellt worden. Der N24-Korrespondent Frank Höfling betonte: "Die Bilder sind echt." Der Tschetschenien-Sprecher des Kremls Jastreschembskij gestand ein, dass es sich bei den Bildern um authentische Aufnahmen aus Tschetschenien handele. Es seien jedoch Leichen von bei Kämpfen getöteten Tschetschenen gewesen. Einige Tage später gibt N24 zu, dass Höfling die Bilder von dem russischen Reporter Oleg Blozkij gekauft habe, jedoch selbst bei den Dreharbeiten dabei gewesen sei. Die russische Regierung dementiert den Vorwurf, russische Einheiten begingen Gräueltaten, und bezeichnet die Bilder als Fälschungen, lässt jedoch eine unabhängige Untersuchung nicht zu.
Ap/Reuters/dpa-Berichte in Frankfurter Rundschau, 26.2.2000, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.2.2000, AFP-dpa-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 26./27.2.2000, Andreas Rüesch in Neue Zürcher Zeitung, 26./27.2.2000 und Andrzej Rybak in Financial Times Deutschland, 28.2.2000

29.2.2000 Die erstmals im deutschen Nachrichtensender N-24 gesendeten Filmaufnahmen von einem Massengrab in Tschetschenien sind laut dem obersten russischen Militärstaatsanwalt Juri Demin kein Beweis für russische Kriegsverbrechen. Generaloberst Demin räumte jedoch ein, dass die Aufnahmen echt und nicht manipuliert seien. Die gezeigten Leichen seien die von tschetschenischen Kämpfern, die bei Kämpfen in der Nähe von Urus-Martan zwischen dem 1. und 3. Februar getötet wurden.
Yahoo Schlagzeilen, 29.2.2000 (www.yahoo.de)

März

Anfang März 2000 In der Reportage des russischen Privatsenders NTW heißt es, die meisten Getöteten seien in Tschernokosowo gewesen, gefoltert und dann erschossen worden. Das russische Fernsehen bezeichnet die Darstellung als frei erfunden. Einen "Bluff" nennt die Fernsehbilder auch Pressechef des russischen Inlandgeheimdienstes FSB, Alexander Sdanowitsch.
Die Presse: Online-Ausgabe vom 9.3.2000 (http://www.diepresse.at)

2.3.2000 Der oberste russische Militärstaatsanwalt erklärte, die vom Sender N 24 ausgestrahlten Bilder eines Massengrabes in Tschetschenien könnten keine Kriegsverbrechen beweisen. Er räumte ein, dass die Aufnahmen echt seien. Die Bilder zeigten die tschetschenischen Kämpfer, die in der Nähe von Urus-Martan Anfang Februar getötet worden seien.
Neue Züricher Zeitung, 2.3.2000

Juli

26.7.2000 In einem Massengrab bei Tangi-Chu wurden die Leichen von 74 Menschen gefunden, von denen die Hälfte Kämpfer der Tschetschenen, die andere Hälfte zu Zivilisten zu zählen sind. Es wurde mitgeteilt, noch etwa 80 Leichen befänden sich in den Gräbern
AP, 27.7.2000

September

13.9.2000 In der Nähe des Dorfes Starje Atagui wurden drei Gräber entdeckt. Die Leichen dreier Männer konnten identifiziert werden: Imran Kuntajew, geb, 1964, Adam Sadajew, geb. 1974 und Adnan Abdurzakow, geb. 1969, waren am 20. 12.1999 an einem Kontrollposten bei dem Dorf festgenommen worden. In dem zweiten Grab lagen zwei Leichen, die nicht identifiziert werden konnten, sie wiesen Spuren von Folter und Verbrennungen auf. Das dritte Grab enthielt die Leiche von Edelbejk Isajew, einem jungen Mann, der während der Säuberung des Dorfen am 7.9.2000 festgenommen worden war. Auch seine Leiche wies Spuren von Folter auf. Nach einer medizinischen Untersuchung war er zum Zeitpunkt der Folter noch lebendig gewesen.
FIDH: Tchétchénie: un an de crimes impunis, 24.10.2000, S. 36

Schicksale und Verluste russischer SoldatenOben

September

6. 9.1999 Mindestens 14 russische Soldaten wurden bei einer Schießerei in Nowolakskoje getötet.
Center for Defense Information. http://www.cdi.org, 7.9.1999

15.9.1999 Am Wochenende wurde ein russischer Kampfhubschrauber von den Tschetschenen abgeschossen. Nach offiziellen Angaben des russischen Innenministeriums vom Wochenende wurden bislang 157 russische Soldaten getötet und 645 verwundet.
Jungle World, 15.9.1999

Oktober

5.10.1999 Moskau gibt eigene Verluste zu: Bei Gefechten im Nordosten Tschetscheniens seien mindestens zwei russische Soldaten getötet und acht weitere verletzt worden. Die tschetschenische Seite sprach dagegen von 100 gefallenen Russen.
Hamburger Abendblatt, 15.10.1999

6.10.1999 Laut Informationen der tschetschenieschen Seite wurden 200 russische Soldaten getötet und 52 entführt.
pro-tschetschenischer Informationsservice auf der homepage: http://www.ichkeria.org, 28.10.1999

9.10.1999 Bei Gefechten im Dorf Chervlennaja kamen 25 russische Soldaten ums Leben.
http://www.ichkeria.org, 28.10.1999

November

Anfang November 1999 Soldaten der russischen Armee bitten tschetschenische Flüchtlinge um Essen - manchmal verlassen sie deswegen nachts heimlich ihre Truppe. Dabei berichten sie, die Verpflegung in ihrer Truppe sei viel zu knapp, Bittbriefe nach Hause seien verboten, und sie bekämen kaum ein Zehntel des ihnen versprochenen Solds ausgezahlt.
Christian Neef in Der Spiegel, 1.11.99

2.11.1999 Die Einsatzfähigkeit der russischen Truppen in Tschetschenien wird nach Angaben der russischen Militärstaatsanwaltschaft durch veraltete Waffen und schlechte Ausbildung geschwächt. Wegen Treibstoffmangels absolvierten die Piloten oft nur fünf bis 20 der vorgeschriebenen 100 bis 110 Flugstunden. Auch der Zustand der Panzer und Panzerfahrzeuge sei beklagenswert. Zudem würden in Tschetschenien Rekruten eingesetzt, die erst im Mai oder Juni ihren Militärdienst begonnen hätten; viele dieser zu kurz ausgebildeten Soldaten seien im Laufe der Kämpfe getötet worden.
ap-Meldung in der Neuen Zürcher Zeitung, 3.11.1999

2.11.1999 Der inguschetische Präsident Auschew gibt hohe Verluste der Armeen auf beiden Seiten zu. Nach offiziellen russischen Angaben sind in Tschetschenien seit Anfang August über 200 Soldaten getötet und mehr als 900 Angehörige der Truppen des Innenministeriums umgekommen oder verwundet worden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.11.1999

Mitte November 1999 Nach Angaben des stellvertretenden russischen Generalstabschefs Manilow sind seit Beginn der Kriegshandlungen in Dagestan Anfang August 257 Soldaten gestorben, davon 142 in Tschetschenien. 683 Soldaten seien verwundet worden. Die tatsächlichen Verluste liegen vermutlich um ein Mehrfaches höher.
Florian Hassel im Göttinger Tageblatt, 16.11.1999

6.11.1999 Die Hoffnung, eigene Verluste gering zu halten, geht nur teilweise auf. Das Verteidigungsministerium meldete bis zum Freitag 257 Tote und rund 700 Verwundete im Nordkaukasus, das Innenministerium 120 Gefallene.
Die Welt, 6.11.1999

25.11.1999 Die Vorsitzende der Vereinigung russischer Soldatenmütter, Veronika Martschenko, erklärte, dass in Tschetschenien bisher über 720 russische Soldaten getötet worden seien. Offiziellen Angaben zufolge liegt die Zahl der Gefallenen weitaus niedriger (460). Die Gruppe der Mütter warf der Militärführung vor, sie verheimliche die tatsächlichen im Krieg erlittenen Verluste, indem sie die Opferzahlen fälsche.
ap-Meldung in der Neuen Zürcher Zeitung, 26.11.99 und NZZ, 29.11.99

Ende November 1999 In der Nähe von Wedeno seien zwölf russische Fallschirmjäger getötet und zwei gefangengenommen worden. Der Vize-Chef des russischen Generalstabs, Waleri Manilow, gab damit erstmals ernstere Verluste eigener Streitkräfte zu. Nach Angaben tschetschenischer Kämpfer sind mehr als 200 russische Soldaten bei den Kämpfen ums Leben gekommen.
AFP/AP/dpa-Meldung in die tageszeitung taz, 30.11.1999

November 1999 Sowohl russische als auch tschetschenische Quellen berichten von schweren Kämpfen um Alkhan-Jurt, und es gibt Anzeichen für schwere Verluste auf russischer Seite. Mehrmals versuchten russische Truppen, das Dorf zu stürmen, wurden aber wiederholt von tschetschenischen Kämpfern abgewehrt, die sich verschanzt hatten. Die russischen Verluste waren hoch, und mehrere Zeugen aus Alkhan-Jurt haben gehört, dass eine russische Division mehr als 70 Gefallene zu beklagen hat. Am 31. November verließen die tschetschenischen Kämpfer ihre Stellung nahe Alkhan-Jurt. Als die russischen Truppen das Dorf am nächsten Tag einnahmen, gab es keinerlei Widerstand von der Lokalbevölkerung.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains". Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya. Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)

Ende November In Moskau beklagt ein russischer Hauptmann die hohen Verluste der russischen Armee. Die Soldaten seien oft unerfahren - wenn die tschetschenischen Scharfschützen sie nicht erwischten, träten sie auf von ihnen selbst gelegte Minen oder erschössen sich mit ihren eigenen Gewehren. Ein verwundeter Soldat erzählt, in seiner Brigade seien von 1 200 Mann bereits 70% der Soldaten und Offiziere getötet oder verletzt worden.
Florian Hassel in der Frankfurter Rundschau, 1.12.1999

Dezember

2.12.1999 Unter Berufung auf russische Offiziere erklärte der inguschetische Vize-Innenminister Ali Dudarow, die "Rebellen" hätten bei Urus-Martan russische Einheiten eingeschlossen und 250 russsische Soldaten getötet.
Frankfurter Rundschau, 11.2.2000

2.12.1999 Im Gefecht um Argun sind nach Angaben der russischen Armeeführung 50 Soldaten gefallen.
dpa/ap/afp-Bericht in Frankfurter Rundschau, 3.12.1999

2.12.1999 Bisher sind den Kämpfen in Tschetschenien 1.000 russische Soldaten zum Opfer gefallen. Die russischen Truppen bestehen in erster Linie aus 18- bis 27-jährigen Rekruten. Das folgende Beispiel ist typisch für den Wortlaut von Briefen, die die Soldaten nach Hause schicken: "Hallo Wolodja. Ich bin in Tschetschenien. Wie üblich wurden wir betrogen.... Ich höre Radio und bin erstaunt. Ich höre eine Sache und sehe das komplette Gegenteil.... Die Soldaten sind halb verhungert und halb nackt. Die Rationen sind miserabel. Das Essen besteht aus Gerste, geschnittenem Stroh und Erbsen. Wir richten uns nun auf einem Feld ein und schlafen auf dem Boden.... Bezüglich der versprochenen zusätzlichen Zahlungen haben sie uns auch getäuscht."
Frankfurter Rundschau, 2.12.1999, World Socialist Web Site, 11.12.1999
(http://www.wsws.org/articles/1999/dec1999/chec-d11.shtml)

3.12.1999 In der Nähe von Urus-Martan sollen 250 russische Soldaten getötet worden sein. Der inguschetische Vize-Innenminister Dudajew sagte, es seien etwa 200 Soldaten gefallen, 50 seien gefangengenommen und dann umgebracht worden, indem ihnen die Kehle durchgeschnitten worden sei.
Reuters-Meldung in Neue Zürcher Zeitung, 4./5.12.99

11.12.1999 Ida Kuklinka vom Komitee der Soldatenmütter sagte, das vom russischen Verteidigungsministerium gezeichnete Bild bezüglich des Zustands der Soldaten sei "reine Erfindung". Sie berichtete von ihrer Reise in den Nord-Kaukasus, wo sie Krankenhäuser besuchte und mit den Soldaten sprach. In Mozdok, dem Hauptstützpunkt der russischen Armee, sah sie, wie täglich Dutzende von Verwundeten und Toten in Flugzeuge geladen wurden. Ferner teilte sie mit, dass ihr im Gespräch mit den Ärzten Folgendes gesagt wurde: "Mit dem nahenden Winter und den erbärmlichen hygienischen Bedingungen werden viele krank. Fälle von Hepatitis und Lungenentzündung sind bereits aufgetreten. Sie haben kein Trinkwasser und keinen Ort zum Waschen. Sie sind schmutzig und unterkühlt, und ansteckende Krankheiten breiten sich in Windeseile aus."
World Socialist Web Site, 11.12.1999 (http://www.wsws.org/articles/1999/dec1999/chec-d11.shtml)

14.12.1999 Der russische Vize-Generalstabschef Walerij Manilow erklärt, bisher seien 402 russische Soldaten gefallen. Unabhängigen Berichten zufolge sollen seit August bereits 2.000 russische Armee- und Innenministeriums-Soldaten gefallen sein.
Tomas Avenarius in Süddeutsche Zeitung, 17.12.1999

15.12.1999 Am Minutkaplatz in Grosny zerstörten Tschetschenen eine Gruppe von 15 russischen Panzern und Schützenpanzern. Maira Eismont von der Agentur Reuters und Ruslan Musajew von Associated Press zählten der Frankfurter Rundschau zufolge die Leichen von 100 russischen Soldaten neben den brennenden Panzern.
Frankfurter Rundschau, 11.2.2000 und Tomas Avenarius in Süddeutsche Zeitung, 17.12.1999
AP/dpa/AFP- Bericht in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.12.1999

19.12.1999 Bei der Eroberung einer strategisch wichtigen Straße an der Grenze zu Georgien wurden zahlreiche russische Soldaten nach Angaben eines tschetschenischen Kämpfers getötet. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AP sah die Leichen von sieben Soldaten. Das russische Militär sprach nach einer Meldung von Itar-Tass von vier Gefallenen binnen 48 Stunden.
AP/dpa-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 20.12.1999 und Reuters-Bericht in Frankfurter Rundschau, 21.12.1999 sowie International Harald Tribune, 20.12.1999

23.12.1999 Indirekt haben die russischen Militärs zugegeben, dass in der letzten Zeit viele Soldaten umgekommen sind: Belief sich die offizielle Opferbilanz vor Wochenfrist noch auf 274 Tote, so ist nun von 357 Mann die Rede. Eine Erklärung für die plötzliche Zunahme wurde nicht gegeben.
Neue Zürcher Zeitung, 24.12.1999

27.12.1999 Das russische Verteidigungsministerium gab die eigenen Verluste seit Beginn der Offensive im August mit 465 an, 1.310 Soldaten seien verwundet worden.
ap-Bericht in Göttinger Tageblatt, 28.12.1999

28.12.1999 Tschetschenen setzen den russischen Soldaten in Grosny unerwartet stark zu, ein Offizier sagt: 'Es ist wie als wir Berlin gestürmt haben, wir haben hohe Verluste.'
Washington Post, 28.12.1999

29.12.1999 Nach Angaben von tschetschenischer Seite sollen in der Nacht 50 russische Soldaten getötet worden sein.
AFP/AP/Reuters-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 30.12.1999

30.12.1999 Nach Angaben des tschetschenischen Präsidenten Aslan Maschadow gegenüber Interfax hätten die russischen Truppen seit Beginn der Offensive gegen Grosny am ersten Weihnachtstag etwa 1.000 Soldaten und 150 Panzer verloren. Dagegen sprechen russische Quellen nur von zwei Gefallenen.
dpa/AFP-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 31.12.1999

30.12.1999 Schwere Kämpfe um Grosny. Nach tschetschenischer Darstellung sind 500 russische Soldaten gefallen.
http://www.amselfeld.com, 30.12.1999

31.12.1999 Nach Angaben von Journalisten und aus Militärkreisen werden Hunderte von Toten von den öffentlichen Zahlen nicht erfasst. Das Moskauer Verteidigungsministerium meldete bisher mindestens 600 tote und 1.600 verwundete Soldaten. Vom Militär verlautete jedoch, die Zahlen seien etwa zwei- bis dreimal so hoch. Ein Mitarbeiter des Innenministeriums, der anonym bleiben wollte, sagte, von den offiziellen Zahlen würden unter anderem weder nicht identifizierte Leichen noch vermisste Soldaten erfasst.
ap-Bericht in Neue Zürcher Zeitung, 1./2.1.2000

Januar

1.1.2000 Der Fernsehsender NTW meldet, das russische Militär fliege täglich "mehrere Dutzend Gefallene aus".
Florian Hassel in Frankfurter Rundschau, 7.1.2000

3.1.2000 Laut Kreml starben im ersten Tschetschenien-Krieg jeden Monat 187 Soldaten, heute 132.
Focus 1, 3.1. 2000

2.1.2000 Alexander Kwaschnjew, ein Offizier des Katastrophenhilfeministeriums, berichtete, die 115 am 11. Dezember 1999 im Stadtteil Tschernoretschije von Grosny stationierten Soldaten wurden bis zum 2.1.2000 auf 17 reduziert.
Frankfurter Rundschau, 11.2.2000

3.1.2000 Vier Granaten schlugen in die russische Botschaft in Beirut ein, zwei Polizisten kamen dabei ums Leben.
Time, 3.1.2000

3.1.2000 Etwa 1.000 russische Soldaten sind einer Sprecherin des Komitees der Soldatenmütter zufolge in den vergangenen Monaten im Nordkaukasus gefallen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.1.2000

4.1.2000 Der private russische Fernsehsender NTW mutmaßt, die Armee verliere täglich zehn Mann und habe zwei Dutzend Verwundete.
Klaus-Helge Donath aus Moskau in die tageszeitung taz, 4.1.2000

5.1.2000 In den vergangenen 24 Stunden wurden zwölf russische Soldaten getötet und 34 verletzt, erklärte die russische Militärführung. Nach offiziellen Angaben sind seit August 1999 insgesamt 544 russische Soldaten im Tschetschenien-Krieg gefallen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.1.2000

6.1.2000 Unter Berufung auf Moskauer Militärs meldete die Agentur Interfax, in den letzten zehn Tagen seien 84 russische Soldaten gefallen und 187 verwundet worden. Insgesamt sollen 544 Soldaten getötet und 1.513 verletzt worden sein. Ida Kuklina vom Koordinationsrat russischer Soldatenmütter widersprach den offiziellen Angaben. Die Verluste seien zwei- bis dreimal so hoch. Verwundete Russen sagten im britischen Rundfunksender BBC, in Grosny sei bei einem einzigen Angriff eine rund 100 Mann starke Panzer-Einheit fast völlig vernichtet worden. Apti Batalow, Verwaltungschef des tschetschenischen Präsidenten Aslan Maschadow, meinte, in den letzten Tagen seien allein in Grosny und Umgebung rund 1.000 Russen gefallen.
Florian Hassel in Frankfurter Rundschau, 7.1.2000

6.1.2000 Der Stab des nordkaukasischen Wehrkreises in Mosdok musste in den letzten Tagen zusätzliche Transportflugzeuge einsetzen, um die unverhältnismäßig vielen Verwundeten aus Grosny abzutransportieren.
Klaus-Helge Donath in die tageszeitung taz, 7.1.2000

6.1.2000 Moskau setzt keineswegs nur Elitetruppen im Tschetschenienkrieg ein, berichtet Tomas Avenarius. Die Masse der Wehrpflichtigen sei unerfahren, schlecht ausgebildet, miserabel motiviert.
Tomas Avenarius in Süddeutsche Zeitung, 7.1.2000

8./9.1.2000 Offiziellen Angaben zufolge wurden beim Kampf um Grosny in den vergangenen 24 Stunden acht russische Soldaten getötet und 41 verwundet.
Michael R. Gordon in International Herald Tribune, 8./9.1.2000

8.1.2000 Im Kampf um Grosny gibt es hohe Verluste, Piotr, ein junger Soldat sagt: Meine Kompanie ist schon zerstört worden, obwohl sie (die russischen Behörden) immer sagen, es gäbe keine Verluste. Die Kompanie sei am 11. Dezember in Grosny stationiert worden und hätte aus 115 Mann bestanden, nur 17 Mann seien am 7.1.2000 übrig gewesen.
CNN, 9.1.2000

10.1.2000 Russische Soldaten sprechen von Lastwagenladungen mit gefallenen Soldaten. Die Generäle Wladimir Schamanow und Gennadij Troschew seien abgesetzt worden, weil sie bei einer Krisensitzung in Mosdok die offenbar nach Hunderten zählenden russischen Verluste in den letzten Tagen nicht erklären konnten.
Florian Hassel in Frankfurter Rundschau, 10.1.2000

10.1.2000 Das Innenministerium teilte am Montag mit, in den letzten 24 Stunden seien 26 russische Soldaten von Tschetschenen getötet und 30 verletzt worden.
CNN, 10.1.2000

11.1.2000 Die Gefechte um Argun und Schali haben die Zahl der russischen Verluste drastisch erhöht. Offiziell wird die Zahl der Toten innerhalb der drei Kampftage mit 37 beziffert.
Radio Free Europe/ Radio Liberty, 11.1.2000

12.1.2000 Am heutigen Tag sind 33 russische Soldaten getötet worden. Dies ist die höchste Verlustzahl seit Oktober 1999, berichtet Interfax.
Interfax, 13.1.2000

Mitte Januar Von den 115 Mann einer am 18. September 1999 im Stadtteil Tschernoretschije in Grosny stationierten russischen Kompanie seien Mitte Januar noch 58 übrig gewesen.
Frankfurter Rundschau, 11.2.2000

10.1.2000 Bei heftigen Kämpfen um von den Russen bereits besetzte Städte seien 26 russische Soldaten getötet und 33 verwundet worden, meldete die Agentur Itar-Tass. Dies gilt als der bisher höchste Verlust russischer Soldaten binnen eines Tages innerhalb der seit drei Monaten andauernden Militäroffensive Russlands.
Reuters/AP-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 11.1.2000, und Michael R. Gordon in International Herald Tribune, 11.1.2000

10.1.2000 Der russische Fernsehsender NTW berichtet, 26 russische Soldaten seien getötet worden, als tschetschenische Kämpfer eine russische Kolonne angegriffen hätten.
dpa, Florian Hassel in Frankfurter Rundschau, 11.1.2000

10.1.2000 In einem Interview mit der Deutschen Welle sagte der Sprecher der tschetschenischen Kämpfer Mowladi Udugow, allein in den letzten zwei Tagen seien mehr als 1000 russische Soldaten gefallen.
Deutsche Welle, 10.1.2000

11.1.2000 In Moskau berichtet die Nachrichtenagentur Interfax, dass bei Kämpfen in den Städten Argun und Schali sowie Grosny innerhalb von zwölf Stunden elf russische Soldaten umgekommen seien. Der Fernsehsender NTW berichtete von 50 verletzten russischen Soldaten bei dem Kampf um Schali.
Reuters/AFP-Meldung in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.1.2000

14.1.2000 Angaben des Komitees der Soldatenmütter Russlands zufolge sind bei den Kämpfen in Tschetschenien bisher etwa 3.000 russische Soldaten gefallen. Ungefähr 6.000 Soldaten seien verletzt worden, sagte eine Vertreterin der Menschenrechtsbewegung, Valentina Melnikowa, in Moskau. Die Opferzahlen würden von den regionalen Komitees der Soldatenmütter zusammengetragen. Die Verluste der russischen Truppen seit Beginn des Feldzuges Anfang September 1999 seien etwa sieben Mal höher, als das russische Verteidigungsministerium und andere Behörden offiziell eingestanden hätten.
Reuters/AFP/dpa-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 15./16.1.2000, und ap-Meldung in Neue Zürcher Zeitung, 15./16.1.2000

14.1.2000 Interfax gibt an, in den letzten 24 Stunden seien 33 russische Soldaten getötet und 26 verletzt worden.
Radio Liberty, 14.1.2000

14.1.2000 Dreizehn Mitglieder der Spezialeinheit OMON aus Penza haben sich heute geweigert, die 'Säuberung' eines Stadtteils von Grosny vorzunehmen. Die Verweigerer wurden daraufhin nach Hause geschickt und durch andere Soldaten ersetzt.
Russische Nachrichtenagentur, www.Lenta.ru, 15.1.2000

20.1.2000 140 verwundete russische Soldaten wurden in den Ural, nach Jekaterinenburg geflogen. Unter den Verwundeten sind viele Schwerverletzte, die sofort operiert werden mussten. www.hro.org/war/119.htm, 20.1.2000

21.1.2000 Seit dem 19.1.2000 sind laut der Nachrichtenagentur Interfax bei den schweren Kämpfen um Grosny 23 Soldaten ums Leben gekommen. Auch Itar-Tass berichtet von schweren Verlusten der russischen Armee durch tschetschenische Scharfschützen. Die Militärführung sprach von acht Toten.
Tomas Avenarius in Süddeutsche Zeitung, 22./23.1.2000
Yahoo News, 21.1.2000, (www.yahoo.de)

21.1.2000 Am 21.1. zeigte der Nachrichtensender NTW eine Reportage über die verletzten Soldaten in Perm. 'In den letzten zwei Tagen haben aus meiner Einheit nur 25 Männer von 70 überlebt,' sagte ein junger Soldat bitter.
www.org.war/120.htm, 21.1.2000

21.1.2000 Tschetschenen halten den russischen Generalmajor Malofejew in den Bergen gefangen und verhören ihn.
Yahoo Schlagzeilen, 21.1.2000, (www.yahoo.de)

24.1.2000 In Moskau berichtet der Fernsehsender NTW, der Tschetschenienkrieg fordere weitaus mehr Opfer als offiziell angegeben; die Zahl der Gefallenen sei mindestens zehnmal höher. Die Angaben, denen zufolge pro Tag zwei bis drei Soldaten umkämen, seien untertrieben und berücksichtigten nicht alle russischen Truppen. Ins Militärkrankenhaus Rostow würden pro Tag häufig 30 gefallene Soldaten gebracht. Dieses Krankenhaus ist Sammelbecken aller im Nordkaukasus getöteten Soldaten, die dem Verteidigungsministerium unterstehen. In dessen Statistik werden NTW zufolge jedoch nicht die gefallenen Truppenangehörigen des russischen Innenministeriums berücksichtigt. Die russische Militärzeitung "Nesawisimoje Wojennoje Obosrenije" berichtete, das Zahlenspiel mit getöteten und verwundeten Soldaten habe jeden Bezug zur Realität verloren. Sowohl die russische als auch die tschetschenische Seite machten weit übertriebene Angaben zu Verlusten der gegnerischen Seite.
Reuters/afp/dpa-Bericht in Neue Zürcher Zeitung, 25.1.2000

24.1.2000 Interfax meldet, seit dem Beginn der russischen Großoffensive gegen Grosny vor vier Wochen seien 529 Soldaten getötet worden.
Yahoo Schlagzeilen, 24.1.2000, (www.yahoo.de)

25.1.2000 Valentina Melnikowa von der Organisation der Soldatenmütter gab dem Radiosender Echo Moskwy ein Interview, in dem sie sagte, es würden etwa 20, 30 oder 50 russische Soldaten täglich umkommen.
Echo Moskwy in www.hro.org/war/124.htm, 25.1.2000

25.1.2000 Erstmals räumte der russische Generalstab im Nordkaukasus ein, dass seit Beginn der Kämpfe in Tschetschenien über tausend Soldaten getötet worden seien. Bisher war von weniger als 600 Toten gesprochen worden.
epd/AFP-Meldung in Süddeutsche Zeitung, 26.1.2000

29.1.2000 Der Krieg in Tschetschenien wird immer blutiger. Offiziell sind schon mehr als 1.200 russische Soldaten umgekommen, über die Zahl der toten Zivilisten gibt es keine Angaben.
Tagesthema in Deutsche Welle, 29.1.2000

29.1.2000 Im Militärkrankenhaus von Rostow am Don liegen verwundete Soldaten. Es wird Holz für Särge angeliefert. In einer Armee-Dienststelle werden die Gefallenen identifiziert. "Ich hatte schon einen Nervenzusammenbruch", sagt eine Sachbearbeiterin. "Dieses Papier, diese Informationen, in einem solchen Umfang! Dann kommen die Verwandten hierher, die Frauen weinen." Jeden Abend verlassen die Züge mit den Särgen Rostow, der Zugbegleiter sagt, 30 Särge am Tag seien normal. Der Reporter geht davon aus, dass 10-60 Soldaten am Tag sterben.
Tagesthema in Deutsche Welle, 29.1.2000

30.1.2000 Die russische Zeitung Obschaja Gazeta interviewt einen verwundeten Offizier, der hohe Verluste im Kampf um Grosny zugibt. Er sagt, die offiziellen Angaben würden die Soldaten, welche vorerst 'nur' verwundet seien und dann an ihren Verletzungen sterben, nicht mitzählen. Er gibt an, dass am 19. Januar, als seine Mannschaft aus Tschetschenien ausgeflogen wurde, weitere fünf Flugzeuge abhoben, das heißt, es wurden 900 Soldaten an einem Tag verwundet.
Obschaja Gazeta, 31.1.2000

Februar

5.2.2000 Bei Katyr-Jurt wird eine russische Spezialeinheit von 1.000 tschetschenischen Kämpfern angegriffen und in die Flucht geschlagen. Drei Soldaten seien getötet, sechs verwundet worden.
Neue Zürcher Zeitung, 7.2.2000

8.2.2000 "Die Russen haben sich abermals eine krachende Niederlage eingefangen", sagt ein westlicher Militär. "Jedem Offizier stehen die Haare zu Berge, wenn er die falsche Strategie der Russen sieht. Entgegen den offiziellen Behauptungen sind bereits 3.500 russische Soldaten gefallen".
Frankfurter Rundschau, 8.2.2000

11.2.2000 Die im Krieg gegen Tschetschenien eingesetzten Einheiten des russischen Innenministeriums umfassen einem Bericht der Frankfurter Rundschau zufolge rund 200.000 Mann. "Drei Viertel von ihnen sind bessere Polizeieinheiten, die bei Fußballspielen (...) für Ordnung sorgen können, aber bei einem militärischen Einsatz überfordert sind. Lediglich die 50.000 Mann der fünf Elitedivisionen zur besonderen Verwendung (ODON) sind militärisch einsetzbar - mit Einschränkung." Allein beim Kampf um Grosny seien dem Moskauer Militäranalyst Pawel Felgenhauer zufolge 500 russische Soldaten getötet und bis zu 1.000 verwundet worden. "Inoffizielle Quellen sprechen von doppelt bis dreifach so hohen Verlusten." Als in Grosny Generalmajor Malofejew umkam, bescheinigte ihm Manilow einen "heldenhaften Tod", in Wirklichkeit aber versuchte Malofejew vergeblich ein widerstrebendes Bataillon Sturmtruppen des Innenministeriums zum Angriff auf ein von tschetschenischen Widerstandskämpfern besetztes Haus zu bewegen. Nachdem ein tschetschenischer Scharfschütze Malofejew in den Kopf schoss, ließen die Soldaten den General auf dem Schlachtfeld zurück. Ein Grund für die Misserfolge der Russen ist der schlechte Zustand des Militärs. Bereits Anfang März 1999 gab General Jurij Bukrejew, Chef des Operationsstabes der russischen Armee bekannt, dass 24 Divisionen und 14 Brigaden der russischen Bodentrupppen mit ihren insgesamt 300.000 Mann gerade drei Divisionen und vier Brigaden ständig gefechtsbereit sind, das heißt vier Fünftel ihres Personals und 100 % ihrer Ausrüstung und Munition haben. Alle übrigen Einheiten verfügen bestenfalls über die Hälfte oder auch nur ein Zehntel des Sollpersonals. Ein westlicher Militär sagte sogar, nach westlichen Maßstäben sei nicht eine einzige russische Division kampffähig.
Frankfurter Rundschau, 11.2.2000

10.2.2000 Die Verluste der russischen Soldaten in Tschetschenien und Dagestan seit August 1999 liegen bei 1.458 Toten und 4.495 Verletzten, teilte General Waleri Manilow mit.
Center for Defence Inforamtion, 11.2.2000, http://www.cdi.org

14.2.2000 Das Komitee der Soldatenmütter Russlands schätzt die Zahl der bisher getöteten Soldaten auf 3.000.
TIME Europe, 14.2.2000
http://www.time.com/time/europe/webonly/chechnya/rusma.htm.

17.2.2000 Das Komitee der Soldatenmütter deckt auf, dass Wehrpflichtige statt nach sechs Monaten, bereits nach vier Monaten Dienst nach Tschetschenien geschickt werden.
War and Human Rights. February 18, 2000 (http://www.hro.org/war/151.htm)

17.2.2000 Der erste stellvertretende Leiter des Generalstabs, Walery Manilow, teilt mit, dass 1.500 Soldaten und Offiziere während der anti-terroristischen Operation in Dagestan und Tschetschenien getötet wurden. Die Bilanz der letzten Woche: 45 tote Soldaten der russischen Armee, 92 Verletzte. Der Generalstab berichtete, dass innerhalb einer Woche 36 Soldaten des Verteidigungsministeriums gestorben sind und 54 verletzt wurden. Die Verluste der Einheiten des Innenministeriums belaufen sich auf neun Gefallene und 38 Verletzte. Am 18.2.2000 werden die Gesamtverluste der russischen Armee im Nord-Kaukasus seit den Kämpfen in Dagestan mit 1.503 toten Soldaten und 4.587 Verletzten angegeben. Während der Militäroperation in Tschetschenien starben 1.223 Soldaten und 3.600 wurden verletzt.
War and Human Rights. February 18, 2000 (http://www.hro.org/war/151.htm)

17.2.2000 Moskau prahlt mit Siegesmeldungen, doch in Wahrheit sind Zerstörung und Tod die einzige Zwischenbilanz. Auch die Angreifer sind Opfer. Bei der Offensive starben Hunderte russischer Soldaten, viele noch keine zwanzig Jahre alt. Selbst Spezialeinheiten verloren über 70% ihrer Männer. Ein verwundeter Hauptmann erzählt: "Die Anweisungen sind die gleichen wie im ersten Krieg: Passt auf die Technik auf, wird befohlen. Neue Leute können wir nachschicken." Dreist behauptet der amtierende Präsident Wladimir Putin, die "Kampagne im Kaukasus" laufe "ausgezeichnet". Damit ihm die Russen bis zu den Wahlen im März weiterhin glauben, haben es die Journalisten immer schwerer. Recherchen in Tschetschenien sind nur unter Aufsicht des Militärs möglich. Wer eigenständig reist, riskiert sein Leben.
Stern, 17.2.2000

17.2.2000 In Grosny hat es bei Kämpfen hohe Verluste gegen. Die russische Seite behauptet, sie hätte 1.500 Tschetschenen umgebracht, die Tschetschenen wiederum behaupten, es seien in Grosny 2.678 Russen gefallen. Insgesamt sollen nach russischen Angaben bis jetzt 1.290 Russen und 11.000 Tschetschenen gefallen sein, die Tschetschenen geben jedoch an, sie hätten 7.000 russische Soldaten getötet und selbst 395 Mann verloren.
Informationsdienst Stratfor, www.Stratfor.com, 17.2.2000

18.2.2000 Prime-TASS berichtet, dass Vertrags-Soldaten 30% der gesamten Truppen des Verteidigungsministeriums ausmachen, die in Tschetschenien kämpfen.
Nach Angaben des Generals Manilow sollen bis jetzt 1.500 Soldaten und Offiziere getötet worden sein. Die Bilanz dieser Woche: 90 Tote, 186 Verletzte
War and Human Rights. February 18, 2000 (http://www.hro.org/war/151.htm)

19.2.2000 Einhundert verletzte Soldaten in den Krankenhäusern von Woronesch brauchen nicht nur Geld, sondern auch Zeit. Von den fünf bis sechs Monaten, die für ihre Erholung veranschlagt sind, können sie leider nur die Hälfte der Zeit bleiben, da sie bald durch neue verletzte Soldaten ersetzt werden.
War and Human Rights. February 19, 2000. (http://www.hro.org/war/152.htm)

20.2.2000 Laut ITAR-TASS gab der Anführer der russischen Fallschirmjäger, Col.-Gen. Georgy Shpak, bekannt, dass während der Militärkampagne in Dagestan und Tschetschenien 85 Fallschirmjäger getötet wurden, unter ihnen 15 Offiziere. Er sagte auch, dass 321 Soldaten verletzt wurden.
War and Human Rights. February 20, 2000. (http://www.hro.org/war/153.htm)

19.2.2000 Tschetschenische Kämpfer schießen einen russischen Hubschrauber ab. Dabei kommen fünfzehn Soldaten ums Leben.
Reuters, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.2.2000

23.2.2000 Die Daten über die getöteten russischen Soldaten im Nord-Kaukasus, die der Mothers' Right Fund sammeln konnte, sind nicht vollständig, berichtet Lilya Palveljewa von Radio Liberty. Jedoch befänden sich 300 Namen mehr auf ihrer Liste als auf der offiziellen. Alexey Matafonow, der mittlerweile tot ist, berichtet in einem Brief an seine Mutter, er habe einen Jungen an seiner Seite gehabt, der seit zwei Monaten in Diensten stünde und gar nicht wisse, wie man eine Waffe bedient. Außerdem habe man dem Jungen mitgeteilt, sie könnten ja ihre Waffen niederlegen, wenn sie mit etwas nicht einverstanden wären. Sie könnten auch gehen, wenn es ihnen gelänge. Aber sie würden ja Uniformen tragen und hätten somit gar keine Chance.
War and Human Rights. February 23, 2000. (http://www.hro.org/war/156.htm), FAZ, 24.2.2000

24.2.2000 In der Nähe von Schatoi im Süden Tschetscheniens wurden 33 russische Soldaten getötet, bestätigten hochrangige russische Militärs in Moskau. Unbestätigten Angaben zufolge wurden die Soldaten wegen eines falschen Befehls von der eigenen Luftwaffe bombardiert. Anderen Angaben zufolge gerieten die Angehörigen einer Eliteeinheit in einen Hinterhalt.
Frankfurter Rundschau, AFP, 25.2.2000

27.2.2000 Offiziellen Angaben zufolge wurden seit Beginn der Militärkampagne in Tschetschenien am 1. Oktober 1999 mehr als 1.100 Soldaten und Angehörige der Truppen des Innenministeriums getötet und mehr als 3.500 verletzt. Manche der Verwundeten sterben, nachdem sie das Krankenhaus erreichen, werden aber nicht gemeinsam mit denen aufgeführt, die im Kampf gefallen sind.
The New York Times Magazine, 27.2.2000, auf der homepage:
http://www..nytimes.com/li...y/magazine/home/20000227mag-Grosny.html

28.2.2000 Schon seit einem halben Jahr gibt es keine Informationen über den Verbleib von 500 Soldaten, die an der Tschetschenien-Kampagne teilnahmen.
War and Human Rights. February 28, 2000. (http://www.hro.org/war/162.htm)

März

2.3.2000 Russlands Justizminister Juri Tschaika will etwa ein Dutzend' Ermittlungsverfahren gegen Russen wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen im Tschetschenienkrieg einleiten. Unter den Verdächtigten seien auch Soldaten.
Berlin Online, 2.3.2000

3.3.2000 Die Agentur Interfax teilte unter Berufung auf Militärangaben mit, in der vergangenen Woche seien 70 russische Soldaten getötet und zweihundert verletzt worden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.3.2000

3.3.2000 Bei Grosny sind bei einem Überfall auf eine Spezialeinheit des russischen Innenministeriums 37 russische Soldaten getötet worden. Dies meldete die Agentur Itar-Tass unter Berufung auf General Kurtscherok.
afp/dpa-Bericht in Frankfurter Rundschau, 4.3.2000

Anfang März 2000 In Moskau gibt der Kreml-Sprecher für Tschetschenien, Jastrschembski, die Zahl der seit dem Einmarsch russischer Truppen am 1. Oktober 1999 gefallenen russischen Soldaten mit 1.420 an. 3.896 seien verletzt worden. Die russischen Verluste werden von unabhängigen Beobachtern jedoch weitaus höher eingeschätzt.
ap-Meldung in Neue Zürcher Zeitung, 4./5.3.2000

5.3.2000 Die russischen Truppen haben in den vergangenen Tagen bei Kämpfen im Süden Tschetscheniens hohe Verlust erlitten. Bei Gefechten im Argun Flusstal seien bis zu 100 russische Fallschirmjäger getötet worden.
dpa, 6.3.2000

7.3.2000 Nach offiziellen russischen Angaben betragen die Verluste der russischen Armee bei den Kämpfen im Süden des Landes etwa 100 Soldaten in jeder Woche.
Reuters-Meldung in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8.3.2000

7.3.2000 Eine Serie von heftigen Gegenschlägen der Tschetschenen in den tschetschenischen Bergen hat mindestens 100 russischen Soldaten das Leben gekostet. Letzte Woche wurden in einem Vorort von Grosny elf Paramilitärs getötet. Tschetschenische Quellen geben an, 160 Russen seien in einer offenen Feldschlacht mit tschetschenischen Kämpfern außerhalb von Komsomolskoje umgekommen. Die Kämpfer hätten die russischen Soldaten überrascht, nachdem sie eine russische Blockade in der Argun Schlucht durchbrochen hatten. Die Behauptung bezüglich der Niederlage außerhalb von Komsomolskoje wurde von russischer Seite bestätigt, die zugleich angab, eine gesamte Einheit von mindestens 60 Fallschirmjägern sei über das Wochenende ausgelöscht worden.
The Times, 7.3.2000 (http://www.sunday-times.com)

10.3.2000 Nach eigenen Angaben hat Russland im Tschetschenienkrieg hohe Verluste erlitten. Der erste stellvertretende Generalstabschef, General Waleri Manilow, sagte am Freitag im Fernsehen, 156 Soldaten seien in der Region gefallen und weitere 157 verletzt worden.
International Herald Tribune, Yahoo Schlagzeilen, 10.3.2000
http://de.news.yahoo.com/000310/4/mpwy.html und Russia Today, 13.3.2000
http://www.russiatoday.com/chechnyainfocus/news.php3?id=142037

13.3.2000 Letzten Informationen zufolge, liegt die offizielle Zahl russischer Todesopfer seit dem 1. Oktober bei 1.556.
Russia Today, 13.3.2000
http://www.russiatoday.com/chechnyainfocus/news.php3?id=141950

13.3.2000 Ein Offizier gab zu, dass 84 Fallschirmjäger jüngst in einer Schlacht mit tschetschenischen Kämpfern ums Leben gekommen seien.
Russia Today, 13.3.2000
http://www.russiatoday.com/chechnyainfocus/news.php3?id=141823

13.3.2000 84 Soldaten wurden heute auf dem Friedhof in Pskow beerdigt.
AP, 14.3.2000

18.3.2000 Nach Angaben von tschetschenischer Seite starben bei den Kämpfen um die Argun Schlucht 250 russische Soldaten, in der Nähe von Saadi-Chutor starben angeblich 400 russische Soldaten. Beide Seiten übertreiben die Zahl der Opfer des jeweiligen Gegners.
Kavkaz Center auf der homepage: www.chechnya.xnet.is/news.html, 18.3.2000

20.3.2000 Erstmals gab es inoffizielle Angaben zu den russischen Verlusten bei den Kämpfen um Komsomolskoje. Demnach seien dort binnen zwei Wochen 50 Soldaten getötet und mehr als 300 verletzt worden, meldete Interfax unter Berufung auf Quellen im Oberkommando. Offiziell wurde lediglich bekannt gegeben, dass bei den Kämpfen mehr als 500 Tschetschenen getötet worden seien.
dpa in Yahoo Schlagzeilen, 20.3.2000
http://de.news.yahoo.com/000320/4/nc6w.html

31.3.2000 Seit einem Angriff auf einen Konvoi des russischen Innenministeriums bei dem vier Soldaten getötet wurden, werden 39 russische Soldaten vermisst, teilte ein Kreml-Sprecher mit. Sechs Soldaten war die Flucht gelungen.
dpa, Reuters, 31.3.2000

April

3.4.2000 In Tschetschenien sind am Samstag 32 Leichen von Angehörigen einer russischen Elitetruppe entdeckt worden. Die Soldaten waren offenbar in einen Hinterhalt der Tschetschenen geraten. Das russische Verteidigungsministerium räumt inzwischen die hohen Verluste ein. Verteidigungsminister Sergejew gibt als Grund das 'fehlerhafte zentralisierte Management und einen Mangel an effizienter Abstimmung zwischen Offizieren und Innen- und Verteidigungsministeriums' an.
dpa, AP, Süddeutsche Zeitung, die tageszeitung TAZ, 3.4.2000

2.4.2000 Der von Tschetschenen entführte General Schtigun sei nicht auf der Flucht umgekommen, sondern in Gefangenschaft ums Leben gekommen. Der während seiner Haft schwer erkrankte Schtigun sei Mitte Februar im Kriegsgebiet an Entkräftung gestorben.
Süddeutsche Zeitung, 3.4.2000

5.4.2000 Tschetschenische Quellen geben an, neun Angehörige der russischen Paramilitärs exekutiert zu haben, nachdem Moskau sich geweigert hatte, sie gegen einen russischen Oberst einzutauschen. Dieser hatte eine 18-jährige Tschetschenin vergewaltigt und umgebracht.
Kawkaz centr, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.4.2000

7.4.2000 Russland hat im Tschetschenienkrieg nach offiziellen Angaben bislang 2095 Soldaten verloren, 6171 seien verwundet worden. In der vergangenen Woche wurden 59 Soldaten getötet., davon allein 38 bei einem Überfall auf einen OMON-Eliteeinheit.
dpa, Reuters, Süddeutsche Zeitung, 7.4.2000

12.4.2000 Im russisch besetzten Teil Tschetscheniens häufen sich die Angriffe der Tschetschenen. In den zurückliegenden 24 Stunden seien sieben Polizeiposten beschossen worden. Ein Polizist wurde dabei verletzt.
dpa, 13.4.2000

23.4.2000 Der tschetschenische Sprecher Mowladi Udugow sagte heute, es seien am Sonntag 80 russische Soldaten getötet worden.
Berlin Online, News Ticker, 23.4.2000

24.4.2000 Am Eingang zur Argun Schlucht gab es heftige Gefechte, bei denen ein Soldat verletzt worden ist. Seit Montag seien Polizeiposten in den Kreisen Noschai-Jurt, Urus-Martan und in Grosny beschossen worden, ein russische Polizist ist dabei gestorben.
dpa, 25.4.2000

25.4.2000 Bei einem Überfall tschetschenischer Kämpfer auf eine russische Militärkolonne sind nach Angaben der Tschetschenen 80 russische Soldaten getötet worden. Bei einem Angriff in der Nähe von Sertschen-Jurt seien zudem 13 Fahrzeuge zerstört worden. Die russische Seite sprach von 15 toten Soldaten.
Reuters, Neue Züricher Zeitung, AP, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.4.2000

26.4.2000 Am Wochenende war ein russischer Konvoi in einen Hinterhalt geraten, dabei wurden bei Sertschen-Jurt 17 russische Soldaten getötet.
dpa, 26.4.2000

27.4.2000 Bei einem tschetschenischen Angriff auf russische Truppen wurden innerhalb von wenigen Tagen zehn Soldaten getötet. Seit Beginn des Krieges seien 2.181 russische Soldaten getötet worden, so Generalstabschef Manilow.
dpa, Reuters, Neue Züricher Zeitung, 27.4.2000

Mai

3.5.2000 Angehörige der russischen Truppen haben die Leichen von neun Mitgliedern der Spezialeinheiten des russischen Innenministeriums entdeckt, die vermisst worden waren. Die Männer waren offenbar exekutiert worden, ihnen seien die Kehlen durchgeschnitten worden.
The Chechen Times, 3.5.2000

7.5.2000 Am 7.5.2000 strahlte das ARD eine Sondersendung aus. Der ARD-Korrespondent in Russland, Udo Lielischkies, hatte das Schicksal eines russischen Soldaten recherchiert. Dieser hatte als einziger einen Angriff auf seinen Schützenpanzer überlebt, war dann aber von Tschetschenen verschleppt worden. Die Familie glaubte ihn schon tot. Der ARD-Korrespondent suchte den Soldaten. Sein Weg führte über die Soldatenmütter in Moskau, das Heimatbataillon des Vermissten in Tambow etc. Am Ende kommt die Nachricht, dass er tatsächlich überlebt hat. Er wurde ausgetauscht und kämpfte statt in Grosny in den Bergen weiter. Ende April wurde er nach Hause entlassen.
ARD Pressestelle, 7.5.2000

7.5.2000 Die russischen Einheiten in Tschetschenien haben am Montag den Verlust eines Kampfflugzeugs über Tschetschenien eingeräumt. Ein tschetschenischer Sprecher hatte gesagt, das russische Flugzeug sei von Flugabwehrraketen getroffen worden.
Afp, 8.5.2000

10.5.2000 Nach seiner umstrittenen Reise in den Kaukasus kritisiert der BND den Zustand der russischen Truppen. Sie seien schlecht ausgebildet und gingen taktisch unprofessionell vor, das Offizierskorps sei gelichtet, es fehle an erfahrenen Führern der Kampftrupps und die Spezialmunition sei inzwischen ausgegangen. In den Einheiten spreche man von "mindestens hundert Toten pro Monat, vermutlich sei die Zahl drei- bis viermal so hoch". Moskau lasse die Zahl der Gefallenen nicht mehr zentral erfassen, weil sie politisch zu brisant sei.
Der Tagesspiegel, 10.5.2000

11.5.2000 Im Süden Tschetscheniens lieferten sich russische Einheiten und Tschetschenen weiterhin Gefechte. Das russische Oberkommando wies Berichte der Tschetschenen zurück, wonach bei einem Kampf nahe der Grenze zu Georgien 25 Soldaten getötet worden seien. Unabhängige Angaben liegen nicht vor.
dpa, 11.5.2000

12.5.2000 In Inguschetien wurden 18 russische Soldaten getötet, als sie in einen Hinterhalt der Tschetschenen gerieten.
Afp, dpa, 12.5.2000

14.5.2000 Bei einem Absturz eines Hubschraubers sind mehrere russische Soldaten getötet worden.
AP, 14.5.2000

15.5.2000 Die russische Führung teilte mit, der Widerstand der Tschetschenen sei nach weiteren schweren Angriffen gebrochen, es gebe aber immer noch Heckenschützen und gefährliche Hinterhalte. Bei Angriffen in der Nacht seien mehrere russische Soldaten verwundet worden. Genaue Zahlen liegen nicht vor. Insgesamt seien 18 Kontrollpunkte überfallen worden. Zudem seien die Überreste eines russischen Kampfflugzeugs gefunden worden. Über den Verbleib des Piloten wurden keine Angaben gemacht.
APA, 15.5.2000

16.5.2000 Der tschetschenische Führer Bassajew kündigte weitere Angriffe gegen die russischen Soldaten auch außerhalb der Kaukasusrepublik an. Vergangene Woche hatten tschetschenische Kämpfer im benachbarten Inguschetien 19 russische Soldaten in den Hinterhalt gelockt und erschossen. Wie die Nachrichtenagentur Interfax am Dienstag meldete, kam im Süden von Tschetschenien ein Soldat bei einer Bombenexplosion ums Leben. Elf weitere Soldaten wurden verletzt.
AFP, 16.5.2000

16.5.2000 Bei einem neuen Überfall der Tschetschenen auf einen Fahrzeugkonvoi russischer Fallschirmjäger sind mindestens drei Soldaten ums Leben gekommen. Der Angriff ereignete sich rund 30km östlich von Grosny.
dpa, 16.5.2000

18.5.2000 Allein in der vergangenen Woche sind bei Gefechten mit Tschetschenen 51 russische Soldaten getötet und weitere 71 verletzt worden. Der Vize-Generalstabschef, Generaloberst Waleri Manilow, teilte zudem gestern mit, dass seit August 1999 auf russischer Seite 2284 Soldaten getötet und 6645 verwundet wurden.
Reuters, Frankfurter Neue Presse, 19.5.2000

21.5.2000 Bei einem Bombenanschlag auf eine Polizeiwache im Süden Tschetscheniens sind nach offiziellen Angaben ein Beamter getötet und vier weitere verletzt worden.
Reuters, 21.5.2000

24.5.2000 Im Süden Tschetscheniens werden die russischen Truppen immer wieder von tschetschenischen Kämpfern angegriffen. Zum Teil erlitten die Russen dabei hohe Verluste, genaue Zahlen liegen nicht vor. Im Moment sollen etwa 80 000 russische Soldaten in Tschetschenien stationiert sein. Bei einer Minenexplosion in Tschetschenien sind ein russischer Fallschirmjäger getötet und zehn verwundet worden.
dpa, 24.5.2000

26.5.2000 Die Jäger drohen zu Gejagten zu werden, so die NZZ über die Situation der russischen Soldaten in Tschetschenien. "Dieser Krieg wird noch lange dauern", sagte ein junger Presseoffizier. Die russische Streitmacht habe wöchentlich immer noch zwischen 50 und 100 Todesopfer und ein mehrfaches an Verletzten zu beklagen. Seit dem Frühlingsanfang haben sich die Tschetschenen erfolgreich auf eine Guerilla-Taktik verlegt. Mindestens sechsmal gerieten russische Soldaten in tödliche Fallen, als ihre Fahrzeugkolonnen in unübersichtlichem Gelände unter Beschuss kamen. Die tschetschenischen Kämpfer legen Minen und sprengen damit Militärfahrzeuge in die Luft, sie beschießen jede Nacht Checkpoints und Administrationsgebäude, und sie ermorden "Kollaborateure", die mit den moskautreuen Behörden zusammenarbeiten.
Neue Züricher Zeitung, 26.5.2000

28.5.2000 Die Tschetschenen haben den russischen Truppen weitere Verluste zugefügt. Nach russischen Berichten wurden drei Russen getötet, ein Sprecher der Tschetschenen hatte zuvor von 16 getöteten Russen gesprochen. Nach russischen Angaben seien seit Beginn des Krieges Ende September 2.300 russische Soldaten gefallen.
Reuters, 28.5.2000

29.5.2000 Die tschetschenischen Kämpfer haben ihre Aktivitäten offensichtlich verstärkt, seit Sonntag habe es 22 Überfälle gegeben, gleichzeitig wies die Armee Berichte der Tschetschenen über den Tod von bis zu 40 russischen Soldaten zurück. Bei einem Überfall am 29.5. seien mindestens zwei Soldaten getötet und vier verwundet worden. Vier russische Fallschirmjäger starben, als ihr Fahrzeug auf eine Mine fuhr. Der für Tschetschenien zuständige Kreml-Sprecher sagte, dass es im Kriegsgebiet "praktisch jeden Tag" zu Gefechten komme.
dpa, 29.5.2000

Juni

1.6.2000 Zwei russische Soldaten wurden getötet und dreizehn verwundet, als eine ferngesteuerte Bombe in der südrussischen Stadt Wolgograd explodierte. Russische Sprecher vermuten, der Anschlag gehe auf das Konto der tschetschenischen Kämpfer.
Reuters, 1.6.2000

1.6.2000 Der stellvertretende russische Generalstabschef Manilow teilte mit, dass Russland im fast zehn Monate langen Tschetschenienkrieg bislang 2331 Soldaten verloren habe. 6803 seien verwundet worden.
dpa, 2.6.2000

1.6.2000 Tschetschenische Kämpfer haben in der Nacht die russische Militärkommandantur in Grosny und weitere Einrichtungen des russischen Militärs angegriffen. Bei dem Überfall wurden nach russischen Angaben zwei Soldaten verletzt, die Tschetschenen sprechen von 15 getöteten Soldaten.
ap,dpa, 2.6.2000, Reuters, 3.6.2000

8.6.2000 Ein ranghoher russischer Offizier wurde nach Militärangaben am Mittwoch in der Region Urus-Martan verletzt, nachdem Tschetschenen das Feuer auf ihn eröffnet hatten. Der Fahrer des stellvertretenden Kommandanten der im Westen eingesetzten Truppen sei erschossen worden. Bei einem Selbstmordanschlag in Alchan-Jurt sind am 7.6. zwei Soldaten ums Leben gekommen und weitere verletzt worden. Am 8.6. wurde ein Soldat getötet und vier weitere wurden verletzt.
Neue Züricher Zeitung, AFP, Berliner Zeitung, 9.6.2000

11.6.2000 Ein Selbstmordattentäter sprengte am Sonntagabend in Grosny sich selbst und zwei russische OMON-Sonderpolizisten in die Luft.
dpa, 12.6.2000

13.6.2000 Die Ende März in Tschetschenien gefundene Leiche des entführten russischen Polizeigenerals Gennadi Schpigun ist heute eindeutig identifiziert worden.
dpa, 14.6.2000

15.6.2000 Vier russische Soldaten starben, als ihr Fahrzeug in Grosny auf eine Mine fuhr, so militärische Quellen aus Gudermes. Seit letzter Woche haben die Tschetschenen in ihrem Kampf auch Selbstmordattentäter eingesetzt. Moskau warnte seine Soldaten, sie hätten es mit Kamikaze Attacken der Hisbollah aus dem Mittleren Osten zu tun.
BBC, AFP, 16.6.2000

15.6.2000 Ein muslimischer Führer in Tschetschenien, der die pro-russische Verwaltung unterstützte, wurde in seinem Haus in Urus-Martan getötet. Iman Umar Idrisow, ein Vertrauter des neu ernannten zivilen Führers Kadyrow, wurde wenige Stunden nachdem er eine Predigt für den Frieden gehalten hatte, erschossen.
BBC, 16.6.2000

8.-15.6.2000 Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden in dieser Woche zwölf Soldaten getötet, 58 wurden verwundet. Seit August 1999 seien 2369 Soldaten getötet und 6946 verwundet worden.
BBC, 3.7.2000

15.-22-6.2000 In der Woche vom 15.-22.6.2000 starben Angaben des russischen Verteidigungsministeriums zufolge 20 russische Soldaten, 59 wurden verwundet.
BBC, 3.7.2000

22.-29.6.2000 In der Woche vom 22.-29.6. 2000 starben offiziellen Angaben zufolge 17 russische Soldaten, 71 wurden verwundet.
BBC, 3.7.2000

20.6.2000 Nach russischen Angaben wurden zwei Angehörige des russischen Innenministeriums, die in Grosny stationiert waren, erschossen.
BBC, 21.6.2000

27.6.2000 Mehr als 450 Anklagen gegen Angehörige russischer Truppen wurden von der russischen Staatsanwaltschaft seit dem Beginn des zweiten Tschetschenienkrieges im August 1999 erhoben, so ein russischer Regierungssprecher. Human Rights Watch und amnesty international haben davor gewarnt, diese Zahlen allzu ernst zu nehmen.
AP, 28.6.2000

27.6.2000 Nach russischen Angaben seien zwölf russische Soldaten bei Kämpfen südöstlich von Grosny umgekommen.
BBC, 28.6.2000

29.6.2000 Schwere Kämpfe werden aus der Umgebung des Dorfes Sertschen-Jurt gemeldet. Die Russen meldeten den Tod von mindestens 120 Tschetschenen, AFP zitierte einen tschetschenischen Sprecher, der behauptete, fast 100 russische Truppenangehörige seien bei den Kämpfen umgekommen. 25 Russen waren am 28. Juni gestorben, als die russische Artillerie aus Versehen russische Positionen bombardierte.
Radio Liberty, 29.6.2000

30.6.2000 Der 25. Juni 2000 war der erste Tag, an dem Russland keine Zahlen über russische Verluste in Tschetschenien veröffentlichte. Die Schießereien haben in der letzten Zeit etwas nachgelassen, die Tschetschenen scheinen sich auf Heckenschützenangriffe, Minen, Selbstmordattentate u.ä. zu konzentrieren. So bringen sie wöchentlich etwa ein Dutzend Soldaten um, nicht genug, um die Empörung der russischen Öffentlichkeit zu erregen.
The Economist, 30.6.2000

30.6.2000 In einer dreitägigen Schlacht mit Tschetschenen bei dem Ort Sertschen-Jurt seien mindestens zwölf russische Soldaten getötet und 16 verwundet worden. Nach russischen Angaben war ein Aufklärungstrupp am Montag auf ein Lager der Tschetschenen gestoßen. Seitdem dauerten die Gefechte an. Die russische Seite ließ verlautbaren, dass die Gefechte nun beendet seien. Die tschetschenischen Verstecke und Lager seien zerstört worden.
dpa, 30.6.2000

Juli

2.7.2000 Nach russischen Angaben wurden am Wochenende neun Soldaten getötet und sieben wurden verletzt, als ein Panzerfahrzeug etwa 30 km südöstlich von Grosny auf eine Mine fuhr.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Reuters, dpa, AFP, 3.7.2000

2./3.7.2000 Offiziellen Militärangaben zufolge wurden bei einer Serie von Selbstmordanschlägen der Tschetschenen mindestens 37 russische Soldaten getötet und 84 verletzt. Die Tschetschenen hingegen sprechen von mindestens 640 Toten. Die Zahl der Toten variiert je nach Quelle zwischen 33 und über 50.
BBC News, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.7.2000

7.7.2000 Im Verlauf der letzten Woche wurden 61 russische Soldaten getötet und 153 weitere verletzt.
Washington Post, 7.7.2000

11.7.2000 Die tschetschenischen Kämpfer berichteten im Internet über neue Gefechte in der Hauptstadt Grosny. Dabei seien in der Nacht zum Dienstag elf russische Soldaten getötet worden, hieß es. Von russischer Seite gab es dazu keine Informationen.
Aachener Zeitung, 11.7.2000

13.7.2000 In der letzten Woche starben bei Attacken mit Autobomben mehr als 100 russische Soldaten. Putin kritisierte dafür seine Generäle scharf, die Verluste hätten durch bessere Disziplin und Professionalität vermieden werden können.
Pawel Felgenhauer in The Moscow Times, 13.7.2000

17.7.2000 Mindestens zwölf russische Soldaten starben am Wochenende bei Zusammenstößen mit den Tschetschenen. Die tschetschenische Seite spricht sogar von 43 Russen, die bei vier unterschiedlichen Angriffen der Tschetschenen getötet worden seien.
Yahoo News, 17.7.2000 (www.yahoo.com)

16.7.2000 Tschetschenen verübten einen Anschlag auf einen gepanzerten Zug, wobei sechs Soldaten und eine Köchin getötet wurden. Am Freitag hatten russische Truppen versehentlich ihr eigenes Hauptquartier bei Grosny beschossen, zwei Soldaten wurden verletzt.
dpa-Bericht in Süddeutsche Zeitung, die tageszeitung TAZ 17.7.2000

16.7.2000 Der Verwaltungschef der russisch kontrollierten Stadt Alchan-Jurt ist bei einem Attentat getötet worden. Unbekannte erschossen Ruslan Chamidow am Morgen vor seinem Haus. Der Politiker sei von elf Kugeln getroffen worden.
AP, Neue Züricher Zeitung, 17.7.2000

20.7.2000 Bei Überfällen auf Konvois und Streifenwagen seien sechs russische Soldaten und Polizisten getötet und elf weitere verwundet worden. In Noschai-Jurt im Südosten Tschetscheniens überfielen Tschetschenen die russische Militärkommendantur, drei Soldaten seien dabei verletzt worden.
Göttingen Tageblatt, dpa, Reuters, 21.7.2000

22.7.2000 Im Zentrum Grosnys wurden beim Beschuss eines Panzerfahrzeugs zwei Soldaten getötet.
dpa, 22.7.2000

23.7.2000 Am Freitag wurden in der Region Schali vier Soldaten des Innenministeriums getötet und drei weitere verletzt, als ihr Lastwagen von einer Mine in die Luft gejagt wurde.
Chicago Tribune, 23.7.2000

25.7.2000 Moskau streitet die schweren Verluste unter den Truppen des Innenministeriums bei der gestrigen Schlacht ab. Die Kämpfe waren die Folge eines tschetschenischen Angriffs auf einen bewaffneten Konvoi in der Nähe von Sertschen-Jurt. Es wurde jedoch bestätigt, dass drei russische Polizisten starben und 17 verwundet wurden, als tschetschenische Kämpfer ihren Konvoi in Grosny/ Staropromyslowski angriffen.
Radio Free Europe/ Radio Liberty, 25.7.2000

27.7.2000 Russland hat seit Beginn des Tschetschenien-Krieges bislang über 2500 Soldaten verloren. Mehr als 8000 Armeeangehörige wurden verwundet. Diese offiziellen Zahlen nannte der russische Vize-Generalstabchef in Moskau. In Tschetschenien kämpfen immer noch etwa 2000 bewaffnete Tschetschenen gegen die russischen Truppen, die Hälfte davon ausländische Söldner. Menschenrechtsorganisationen gehen von weit höheren Zahlen aus.
SAT.1-Nachrichten, 28.7.2000

26.7.2000 Ein russischer Polizist ist bei einem Überfall südwestlich von Grosny ums Leben gekommen.
AFP, 27.7.2000

29.7.2000 Tschetschenische Seperatisten überfielen einen Konvoi russischer Truppen nahe der Stadt Grosny. Die Zahl der Opfer stand zunächst noch nicht fest.
Yahoo! News, 30.7.2000

29.7.2000 Bei erneuten Gefechten ist ein russischer Soldat verwundet worden, teilte das Büro des Tschetschenien-Sprechers der russischen Regierung, Sergej Jastrschembski, mit. Getötet worden sei jedoch niemand. Der Fernsehsender NTW berichtete hingegen von einem Toten und einem Verletzten.
Yahoo Schlagzeilen, 29.7.2000
30.7.2000 Tschetschenische Internetquellen berichteten von einigen Angriffen auf russische Truppen, bei denen Dutzende Soldaten getötet wurden. Allerdings wird meist die Anzahl der gegnerischen Verluste übertrieben. Die russische Seite sprach von weit weniger Toten.
Reuters, 31.7.2000

August

1.8.2000 In Tschetschenien ist ein hoher prorussischer Beamter getötet worden. Der Vize-Verwaltungschef des Bezirks Urus-Martan sei ums Leben gekommen, als sein Auto auf eine Mine fuhr.
Reuters, 2.8.2000

2.8.2000 Bei nächtlichen Kämpfen wurden ein russischer Soldat und ein Polizist getötet. Laut Aussagen der Tschetschenen sind 21.000 Russen bei den Kämpfen gefallen. Beide Seiten tendieren wohl dazu, bei den Verlusten der Feinde zu übertreiben und ihre eigenen herunter zu spielen. Aber auch Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass die russischen Verluste zwei bis dreimal so hoch sind als die offiziellen Angaben.
Yahoo News, 3.8.2000

3.8.2000 In Tschetschenien sollen nach offiziellen Angaben 2.585 Soldaten bei den Kämpfen ums Leben gekommen und 7.505 verwundet worden sein.
Hamburger Abendblatt, 4.8.2000

3.8.2000 Tschetschenen haben einen Sprengstoffanschlag auf die russische Verwaltungschefin des Bezirks Norschai-Jurt verübt. Isita Gaiberkowa sei dem Anschlag jedoch entgangen, hingegen ist Gairbekowas Bruder, die Mutter und die Schwester getötet worden. Bei Angriffen auf russische Armeeposten sind ein Soldat und ein Polizist getötet sowie drei Soldaten verletzt worden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Reuters, Frankfurter Rundschau 4.8.2000

3.8.2000 Zwei seit Tagen in Tschetschenien vermisste russische Offiziere sind enthauptet aufgefunden worden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, dpa, 4.8.2000

7.8.2000 Bei der Explosion eines russischen Panzerwagens auf einer Mine in Tschetschenien sind nach inoffiziellen Militärberichten mehrere Soldaten getötet worden. Der Sprengsatz detonierte auf einer Straße sieben Kilometer südlich von Grosny.
Yahoo News, 7.8.2000

8.8.2000 In Afghanistan starben zwischen 1979 und 1991 mehr als 14.000 sowjetische Soldaten. Macht im Durchschnitt 137 Gefallene pro Monat. In Tschetschenien sind es - selbst dann, wenn man nur die offiziellen Zahlen nimmt - gegenwärtig mindestens die Hälfte.
Die Presse, 8.8.2000

8.8.2000 In der Nähe von Samaschki werden bei einem Bombenabschlag zwei russische Polizisten getötet und vier verletzt.
Radio Free Europe/ Radio Liberty, 9.8.2000

9.8.2000 Ein Sprecher des tschetschenischen Präsidenten Maschadow teilte mit, tschetschenische Guerillas hätten elf russische Soldaten getötet.
Yahoo News, 10.8.2000 (www.yahoo.com)

11.8.2000 Bei nächtlichen Kämpfen in Inguschetien wurden zwei russische Soldaten und fünf tschetschenische Kämpfer getötet.
Yahoo News, 11.8.2000 (www.yahoo.com)

12./13.8.2000 Es werden Gefechte zwischen Russen und Tschetschenen in Inguschetien gemeldet. Ein russischer Sprecher teilte mit, dabei seien mindestens sechs Tschetschenen getötet und viele verletzt worden. Auch auf russischer Seite habe es Verletzte gegeben, genaue Zahlen liegen aber nicht vor.
Reuters, dpa, Göttinger Tageblatt, Frankfurter Rundschau, Neue Züricher Zeitung, 12.8.2000

13.8.2000 Soldaten aus Tschetschenien erhalten nicht die gleichen Zuwendungen wie andere Kriegsveteranen, denn nach der Definition der russischen Regierung gibt es in Tschetschenien keinen Krieg.
Chicago Tribune, 13.8.2000

13.8.2000 Berichten zufolge wurden bei Kämpfen südlich von Grosny mindestens zwei russische Soldaten getötet.
BBC News, 13.8.2000

23.8.2000 Zwei russische Soldaten wurden in Grosny verletzt, als ihr Auto beschossen wurde. In der Region Nozhai-Jurt wurde ein Soldat des Innenministeriums getötet und drei weitere verletzt.
Yahoo News, 23.8.2000 (www.yahoo.com)

24.8.2000 Offiziellen Militärangaben zufolge sind im Verlauf der letzten Woche 17 russische Soldaten gefallen. Die Zahl der russischen Verluste seit Ausbruch des Krieges liegt jetzt bei insgesamt 2.640. Diese Zahlen werden allerdings nicht von anderen Quellen verifiziert.
Radio Free Europe/ Radio Liberty, 24.8.2000

28.8.2000 Die russischen Truppen lieferten sich mit den Tschetschenen schwere Gefechte in den Bergen der an Tschetschenien angrenzenden Teilrepublik Inguschetien. Es seien bei einer Minenexplosion und einer Schießerei zwei Soldaten getötet worden. Am 27.8.2000 starben zwei russische Soldaten auf dem Marktplatz von Grosny durch eine Schießerei.
dpa, AFP-Bericht in die tageszeitung TAZ, 29.8.2000

September

4.9.2000 Russland hat während des Tschetschenienkrieges 23 Helikopter verloren.
AP, Yahoo, 5.9.2000

5.9.2000 Ein russischer Polizist kam in Grosny um, als in der Stadt ein Auto in die Luft gejagt wurde. Trotzdem erklärte Leutnant Babischew, der Militärkommandant in Grosny, dass es in der Stadt ruhig sei und dass nicht gekämpft werde. Ein Sprecher der Tschetschenen teilte mit, sie hätten russische Truppen in und außerhalb von Grosny angegriffen und dabei 50 Soldaten getötet.
Radio Free Europe, Radio Liberty, rtr, Berliner Zeitung, dpa, 6.9.2000

6.9.2000 In der letzten Woche kamen im Krieg in Tschetschenien neunzehn Angehörige der russischen Streitkräfte um.
Reuters, 8.9.2000

6.9.2000 Als ihr Fahrzeug auf eine Landmine fuhr, starb in der Nähe von Gudermes ein Soldat, drei andere wurden verletzt.
AFP, ITAR-TASS, 7.6.2000

7.9.2000 Russische Truppen durchkämmten Waldstücke in Tschetschenien, nachdem am 7.9. zwei Angehörige der Innenministeriumstruppen OMON aus einem Hinterhalt in einem Waldstück ermordet wurden.
Reuters, 8.9.2000

7.9.2000 Drei russische Soldaten sind in Tschetschenien von einer Landmine getötet worden.
AP, dpa in Stuttgarter Zeitung Neue Züricher Zeitung, 8.9.2000

8.9.2000 Zwei Polizisten starben und fünf weitere wurden bei mitternächtlichen Attacken von tschetschenischen Guerrillas verletzt. Einer der Polizisten starb, als der Checkpoint am Minutka-Platz unter Beschuss kam, zwei andere Polizisten wurden bei dem Anschlag verletzt. Der zweite Polizist starb bei einen ähnlichen Anschlag in Staropromyslowski.
AFP, 9.9.2000

Gruppi etnolinguistici del Caucaso10.9.2000 Tschetschenische Quellen geben an, einen tschetschenischen Beamten, der für die pro-russische Verwaltung arbeitet, getötet zu haben. Sie geben auch an, in einer Attacke 27 russische Soldaten getötet und weitere verletzt zu haben. Diese Nachrichten werden von der russischen Seite nicht bestätigt. Die Russen geben aber zu, dass es besonders in Grosny immer noch zu Kampfhandlungen kommt. Es habe allein in den letzten 24 Stunden über 14 Attacken auf russische Positionen gegeben.
BBC, 11.9.2000, dpa-Bericht in Frankfurter Rundschau, dpa/afp-Bericht in Neue Züricher Zeitung 12.9.2000

12.9.2000 Eim russischer General ist nach Regierungsangaben in Tschetschenien bei einem Anschlag verletzt worden, der tschetschenischen Kämpfern zugeschrieben wird. Generalmajor Anatoli Mich sei in der Nähe der Stadt Gudermes auf dem Rückweg zu seinem Militärstützpunkt gewesen, als er aus einem vorbeifahrenden Geländefahrzeug beschossen worden sei. Er sei fünfmal getroffen worden.
Reuters-Bericht in Neue Züricher Zeitung, 13.9.2000

14.9.2000 Sechs russische Soldaten sind bei einem tschetschenischen Angriff umgekommen. Auch in der Nähe von Urus-Martan seien Mittwoch Nacht acht Soldaten getötet worden. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, dass in der letzten Woche neun russische Soldaten getötet und 66 verletzt worden seien. Anderen Angaben zufolge seien in der letzen Woche 15 Soldaten getötet worden.
AFP, Reuters, 14.9.2000

15.9.2000 Vier russische Soldaten starben bei einem Angriff auf ihre Einheit in Zentraltschetschenien. Dieser Angriff war einer von zwölf weiteren auf russische Einheiten in den letzen 24 Stunden. Sechs Soldaten starben dabei am vergangenen Donnerstag.
AP, 16.9.2000

18.9.2000 Ein Korrespondent der Los Angeles Times hat über zwei Dutzend russische Soldaten befragt, die gerade aus dem Krieg in Tschetschenien zurückgekehrt waren. Freimütig gaben sie zu an schweren Menschenrechtsverletzungen, von Plünderungen über Folter bis zu Massenhinrichtungen beteiligt gewesen zu sein. Abgesehen von der Schwere ihrer Verbrechen gibt der Autor zu bedenken, dass es im russischen Militär keine Verfahren der Bestrafung gibt und dass die Tschetschenien-Veteranen wegen ihrer Verbrechen unter schweren Traumata zu leiden hätten. Sie hätten häufig keine Chance, sich wieder in die russische Gesellschaft einzugliedern.
LA Times, 18.9.2000

19.9.2000 Russische Soldaten sind in Streik getreten. Einige von ihnen verweigern seit Anfang September das Essen, weil sie ihre versprochenen Löhne nicht ausbezahlt bekommen. Die Streikenden sind zumeist sogenannte 'kontraktniki', die kurzzeitige Verträge bekommen haben. Nachdem ihnen die Behörden bis zu 75.000 Rubel versprochen hatten, bekamen haben sie bis jetzt, so ein Soldat, 3.700 Rubel. Wegen des Streiks ist Wiktor Kazantsew nach Rostow am Don geflogen, wo sich die Streikenden aufhalten.
AFP, 20.9.2000

19.9.2000 Das russische Militär hat seine Truppen in Tschetschenien verstärkt, nachdem ein russischer Soldat in den Bergen im Süden getötet und acht weitere verwundet wurden. Obwohl Russland immer wieder betont, die Republik unter Kontrolle zu haben, sagte der Kreml Sprecher für Tschetschenien Jastrschembski, die Situation sei noch sehr gespannt. Der Kopf der pro-russischen Verwaltung in Tschetschenien Kadyrow hingegen sagte, die Russen könnten Teile ihrer Truppen zurück in ihre Baracken schicken.
AP, 20.9.2000

21.9.2000 Im Moment sterben nach offiziellen Angaben ungefähr jede Woche zehn Soldaten. Die Soldaten selbst fühlen sich höchst unsicher in der Republik, fast täglich kommt es zu Überfällen auf Militärfahrzeuge oder Stellungen der Russen.
Washington Post, 21.9.2000

25.9.2000 Die russischen Soldaten in Tschetschenien sind immer noch fast jede Nacht Attacken von tschetschenischen Kämpfern ausgesetzt. Ein Soldat fasst die Situation der russischen Streitkräfte in Tschetschenien wie folgt zusammen: "Wir müssen diesen Krieg beenden. Wir können nicht hier bleiben aber wir können auch nicht gehen."
AP in Yahoo News, 25.9.2000

26.9.2000 In der Los Angeles Times erscheint eine Reportage über die Hinterbliebenen der in Tschetschenien umgekommenen Soldaten. Sie leiden unter der Ungleichbehandlung gegenüber den Angehörigen der Opfer des Untergangs der Kursk. Diese bekommen als Schadensersatz 26.000 US-Dollar. Die Mütter der tschetschenischen Soldaten müssen sich mit circa 129,50 US-Dollar zufrieden geben. Für vermisste Soldaten bekommen die Familien 14,40 US-Dollar im Monat. Die Mütter hoffen darauf, dass ihre Söhne noch leben, solange sie nicht die Leichen der Soldaten sehen. Frau Epifanowa aus einer Stadt im Ural hat zum Beispiel über 2 Jahre nach ihrem vermissten Sohn in Tschetschenien gesucht. "Nach dem Kursk Unglück haben wir realisiert, dass unsere Söhne nichts wert sind, sie sind Fleisch". Die Organisation der Soldatenmütter geht davon aus, dass die Zahl der Toten bis zu dreimal so hoch liegt wie offiziell angegeben (2700).
LA times, 26.9.2000

Oktober

Truppe russe entrano in Cecenia2.10.2000 Es kommt wieder verstärkt zu Kampfhandlungen in Tschetschenien. Zwei Angehörige des russischen Sicherheitsdienstes wurden getötet, als ihr Fahrzeug auf eine Mine fuhr. Zwei russische Soldaten starben bei einer Schießerei.
AP, AFP in Yahoo News 3.10.2000 (www.yahoo.com)

5.10.2000 Generalstabschef Manilow gab heute die aktuellen Verlustzahlen mit 2.472 russischen Soldaten an. Davon seien 1.644 Angehörige der Truppen des Verteidigungsministeriums. 7.076 Soldaten seien verwundet worden, 26 werden noch vermisst. Manilow sagte auch, dass nur noch 2.000 tschetschenische Kämpfer übriggeblieben seien. Der tschetschenische Präsident Maschadow sagte dagegen, er befehlige noch 33.000 Bewaffnete.
Radio Free Europe, Radio Liberty 6.10.2000

5.10.2000 Die russische und die tschetschenische Seite machen unterschiedliche Angaben zu den schweren Kämpfen bei Serschen-Jurt. Die russische Seite teilte mit, es seien Dutzende Tschetschenen getötet worden. Tschetschenen-Sprecher Udugow sagte jedoch, 54 russische Soldaten seien bei den Kämpfen gefallen.
Reuters, 5.10.2000

5.10.2000 An 190.000 junge russische Männer ergeht traditionell im Herbst der Einzugsbefehl, Präsident Putin geht davon aus, dass etwa 50.000 versuchen werden, dem Wehrdienst zu entgehen. Die russische Armee kranke und drogenabhängige Rekruten für den Kampf in Tschetschenien verpflichtet, weil immer weniger russische Soldten bereit sind, in dem Land zu kämpfen und weil die Verluste dort hoch sind.
The Times, 6.10.2000

6.10.2000 In der Nachbarrepublik Tschetscheniens, Inguschetien, wurde ein Wagen mit fünf russischen Polizisten bveschossen. Zwei der Russen seien getötet, die drei anderen verwundet worden, meldete die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass. Der Zwischenfall ereignete sich bei dem Dorf Wesnossensownskaja.
dpa-Bericht in Kölnische Rundschau, 8.10.2000

Carro armato russo. Fonte: Human Rights Watch 2000©11.10.2000 Drei russische Soldaten kamen in Grosny ums Leben, als ihr Panzer von Tschetschenen angegriffen wurde. Schon am 10.10. waren vier Soldaten bei ähnlichen Angriffen gestorben. Die russischen Kräfte kamen in den letzten 24 Stunden 18 Mal unter Beschuss, sagte ein Angehöriger der pro-russischen Verwaltung in Tschetschenien. Die russische Luftwaffe fliegtt weiterhin Bombenangriffe in den südlichen Bergregionen der Republik.
Reuters, AP-Bericht in The Moscow Times, Yahoo News (www.yahoo.com)

12.10.2000 eine Autobombe tötete mehr als 15 Menschen in Grosny. Sieben Personen starben sofort, 21 weitere wurden teils schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht, wo acht ihren Verletzungen erlagen. Die meisten der Toten sind pro-russische tschetschenische Polizisten, die Verwundeten sind zumeist Zivilisten. Zwei Frauen befinden sich jedoch auch unter den Toten. Die Explosion wurde dadurch ausgelöst, dass zwei mit Sprengstoff gefüllte Fahrzeuge inenenander rasten. Der Anschlag wird den tschetschenischen Widerstandskämpfern angelastet. Es war der schwerste solche Angriff seit einigen Monaten.
Reuters-Bericht in Yahoo News und Frankfurter Rundschau, 12. / 13.10.2000

14.10.2000 Bei einem Angriff von tschetschenischen Widerstandskämpfern in einem der zerstörten Stadtteile Grosnys wurden vier russische Soldaten verwundet. Die Russen eröffneten das Feuer, nachdem eine ferngezündete Bombe unter ihrem Panzer explodiert war und die Soldaten verletzt hatte.
Reuters, AP-Bericht Kölner Stadtanzeiger, The Moscow Times und in Yahoo News (www.dailynews.yahoo.com) 14.10.2000

17.10.2000 Vier russische Soldaten wurden getötet und weitere sieben verwundet, als tschetschenische Kämpfer auf sie schossen. Die Tschetschenen haben seit Montag (16.10.2000) 17 Mal auf russische Positionen gefeuert, so ein russischer Militärsprecher. Im Gegenzug flogen die Russen in den letzten 24 Stunden 40 Angriffe auf vermutete Stellungen der Tschetschenen.
The Moscow Times, 17.10.2000

21.10.2000 Tschetschenische Kämpfer griffen ein Militärfahrzeug der Russen an und töteten dabei drei russische Polizisten, zwei weitere wurden verletzt.
AP, Reuters-Bericht in Yahoo News, www.dailynews.yahoo.com, 21.10.2000

24.10.2000 In den letzten 24 Stunden haben die tschetschenischen Kämpfer dutzende Attacken auf russische Soldaten gestartet. Dabei kamen 13 Soldaten ums Leben, 24 weitere wurden verletzt. Die Tschetschenen legen Minen, wenn ein russischer Panzer dann auf eine Mine fährt, eröffenen die Tschetschenen das Feuer auf die überlebenden Soldaten. Die Angriffe fanden besonders im Dorf Tsa-Wedeneo, in der Nähe der Argun-Schlucht und im Dorf Alkhan-Chutor statt.
Reuters, Ap-Bericht in The Moscow Times, Yahoo News (http://dailynews.yahoo.com)

25.10.2000 In den letzten 24 Stunden wurden vier russische Soldaten getötet und mindestens fünf weitere verwundet. Tschetschenische Kämpfer greifen häufig nachts die Checkpoints der Russen an oder beschießen Panzer und Armeeunterkünfte.
AP-Bericht in The Moscow Times, 25.10.2000

25.10.2000 Ein Sprecher der tschetschenischen Kämpfer behauptete, die Tschetschenen hätten wieder einen Anghörigen der pro-russichen Verwaltung Tschetscheniens umgebracht. Lechi Jeschurkajew, 52, der Verwaltungschef der Provinz Kurchaloi sei schon zu Beginn der Woche umgebracht worden.
AFP-Bericht in Yahoo News auf der homepage: http://sg.dailynews.yahoo.com, 25.10.2000

27.10.2000 Sechs russische Soldaten fielen tschetschenischen Übergriffen zum Opfer. Die Stellungen der Russen wurden in den letzen 24 Stunden 23 Mal angegriffen, so ein Sprecher der pro-russischen Verwaltung Tschetscheniens. Bei dem Angriff auf Positionen in Noschai-Jurt satrben vier Soldaten, in Schali fuhr ein russischer Soldat auf eine Mine und kam ums Leben, in Grosny wurde ein weiterer Soldat von einem tschetschenischen Scharfschützen tötlich getroffen.
Ap-Bericht in The Moscow Times (www.themoscowtimes.com) 27.10.2000

29.10.2000 Bei einer Bombenexplosion in einem Café im Süden Tschetscheniens sind mindestens sieben russische Soldaten und die Besitzerin des Cafés getötet worden. Vier weitere Soldaten sind verletzt worden.
dpa mit Berufung auf Interfax in Sat.1 Nachrichten (www.sat1nachrichten.de) 29.10.2000

31.10.2000 Ein Sprecher der Tschetschenen sagte, 24 russische Soldaten seien bei einer einstündigen Schlacht in der Region Wedeno ums Leben gekommen, zwölf weitere seien verletzt worden. Die russische Seite meinte: "Es ist unwahrscheinlich, dass diese Angaben der Wahrheit entsprechen."
AFP-Bericht in Russia Today, 31.10.2000

31.10.2000 In den letzten 24 Stunden sind nach offiziellen Angaben 14 russische Soldaten getötet worden. In einem dramatischen Zwischenfall schossen Angehörige der russischen Truppen auf das Auto, in dem der pro-russische Verwaltungschef, Kadyrow, saß. Er wurde nicht getötet. Dieser Vorfall macht deutlich, dass die Russen die Situation in Tschetschenien nicht unter Kontrolle haben.
1.11.2000, Reuters-, AFP-, AP-Berichte in Yahoo News auf der homepage: http://dailynews.yahoo.com


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/031117ade.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/031022de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/031002de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030930de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030918de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030708de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030703de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030630de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030619de.html | www.gfbv.it/3dossier/cecenia/010613cecenia.html

* www: www.iccnow.org | www.unhcr.ch | www.unhchr.ch | www.unhchr.ch/tbs/doc.nsf/(Symbol)/CCPR.C.RUS.2002.5.En?OpenDocument | www.chechnya-mfa.info | www.memo.ru | http://www.gfbv.ch/pdf/02-03-043.pdf

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