Beschneidung der Pressefreiheit,
Informationsblockade:
Aussperrungen von Journalisten, Menschenrechtlern,
Hilfswerken, Repräsentanten internationaler
Organisationen
November
1.11.1999 Obwohl die Grenze zwischen Inguschetien und
Tschetschenien offiziell wieder geöffnet ist, bleibt die
Zugangserlaubnis nach Inguschetien eine Frage von Willkür.
Die russischen Behörden erlauben weder der internationalen
Presse noch unabhängigen Beobachtern, nach Tschetschenien
einzureisen, da es zu unsicher sei.
Amnesty International, News Release, EUR 46/39/99,
17.11.1999
Anfang
November 1999 Abgesehen vom üblichen
Akkreditierungsprozedere beim Außenministerium müssen
Journalisten nun auch noch eine zusätzliche Akkreditierung
erlangen, um die Kriegsgebiete zu besuchen. Seit der Fortsetzung
des Krieges haben Journalisten nur limitierten Zugang zu den
Kriegsgebieten sowie zu konfiszierten Berichten und zu
Ausrüstung. Die Berichterstattung in den russischen Medien
über die Geschehnisse in Tschetschenien war begrenzt und
unregelmäßig. Es scheint, als hätten Journalisten
und Herausgeber Selbstzensur geübt und Themen vermieden, die
unangenehm für die Regierung sind.
1999 Country Reports on Human Rights Practices. Bureau of
Democracy, Human Rights, and Labor.
U.S. Department of State, February 25, 2000. (
http://www.state.gov/www/global/human_rights/1999_hrp_report/russia.html)
Mitte November 1999 An der inguschetischen Grenze besucht ein
OSZE-Inspektionstrupp Flüchtlingslager. Weiter - ins
eigentliche Kampfgebiet - ließen die russischen
Befehlshaber die Kommission nicht vor.
Jörg R. Mettke in Der Spiegel, 15.11.1999
4.11.1999 Der entscheidende Schritt von der
Informationsverhinderung zum Versuch der Informationssteuerung
war die Gründung des Moskauer Pressezentrums durch Regierung
und Generalstab im September. Chef dieses Rosinformzentrums wurde
Michail Margelow, ehedem zweiter Mann in der größten
russischen Werbefernsehagentur "Video-International", die vor
einem Jahr unter mysteriösen Umständen knapp der Pleite
entkam. Jetzt organisiert Margelow im Auftrag des Kremls
tägliche Pressebriefings mit Generälen und
Kaukasus-Experten.
Berlin Online, 4.11.1999
5. 11.1999 Russland verweigert internationalen Hilfswerken den
Zugang zu den Nachbarprovinzen Tschetscheniens.
Washington Post in Refugees Daily, 5.11.1999
11.11.1999 Journalisten sind an der Grenze zu Tschetschenien
von einem russischen Offizier mit Maschinengewehr davon
abgehalten worden, mit Flüchtlingen zu sprechen.
AP in Refugees Daily, 11.11.1999
11.11.1999 In Moskau erklärt der Sprecher der
OSZE-Delegation, entgegen der ursprünglichen Abmachungen
verweigere Russland der OSZE-Gruppe einen Besuch in den von
russischen Truppen eroberten Teilen Tschetscheniens: "Die
russische Seite hat beschlossen, unseren Besuch in Tschetschenien
nicht zu ermöglichen."
dpa/AP-Bericht in Süddeutsche Zeitung,
12.11.1999
18.11.1999 Am 17. November veröffentlichte das russische
Außenministerium eine Stellungnahme, in der es der
UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge, Mary Robinson,
vorwarf, die Situation in Tschetschenien misszuverstehen. Ihr
wurde keine Erlaubnis erteilt, das tschetschenische Kriegsgebiet
zu besuchen.
Newsline, 18.11.1999
25.11.1999 Der BBC-Korrespondent für Tschetschenien, Ben
Brown, stellt sich den Fragen seiner Leser. Auf die Frage, ob er
Zensur oder die Behinderung seiner Arbeit erfahren hätte,
antwortet Brown:
"Dieses Mal (im Vergleich zum ersten Tschetschenienkrieg) werden
wir rausgehalten, damit die Regierung die eigene Propaganda
verbreiten kann. Die Russen glauben, sie können mehr
gewinnen als verlieren, wenn sie die Presse raushalten. Sie
wollen nicht, dass die Reporter sehen, wie ihre Flugzeuge und
Artillerie Zivilisten beschießen."
BBC, 25.11.1999
26.11.1999 Sergej Kowaljow, Duma-Abgeordneter und
früherer Menschenrechtsbeauftragter der russischen
Regierung: "Wie heißt es so schön: Der moderne Krieg
ist zuerst ein Informationskrieg. Den gilt es zu gewinnen. Wie?
Ganz einfach: Es wird nur eine Informationsquelle zugelassen,
alles ist gut abgeschirmt gegen unabhängige Beobachter. Und
die, die sich zu Wort melden, dürfen das nur unter der
Aufsicht derer tun, die diese Informationen dann
verbreiten.
taz, die tageszeitung, 26.11.1999
29.11.1999 Das wichtigste Element der neuen Strategie im
Tschetschenienkrieg ist, keine Zeugen zuzulassen. Während
des letzten Krieges spielten die Medien eine Schlüsselrolle
dabei, Menschen gegen den Krieg aufzubringen. In Moskau ist man
entschlossen, dies nicht noch einmal geschehen zu lassen.
Befehlshaber des Militärs haben westliche Journalisten
öffentlich beschuldigt, Tschetschenen geholfen zu haben, und
haben ihren Zugang in die Region praktisch auf null herunter
geschraubt. Die russische Presse ist beinahe vollständig
mundtot gemacht worden.
TIME Europe, 29.11.1999 -
http://www.time.com/time/europe/magazine/1999/1129/chechnya1129.html
29.11.1999 Sergej Kowaljow schreibt in der Zeitschrift Central
European Economic Review, während der zweite
Tschetschenienkrieg andauere, wird die in Russland übrig
gebliebene Freiheit verschwinden. Schon jetzt seien solche
Tendenzen zu beobachten. Zeitungen, Zeitschriften, Radio und
Fernsehen verbiegen sich, um ihre Loyalität mit der
Regierung unter Beweis zu stellen, sie wiederholten die
offiziellen Lügen zum Krieg in Tschetschenien. Einige
Behörden haben davor gewarnt, Unterschriftenlisten mit der
Aufforderung zum Ende des Krieges zirkulieren zu lassen.
Menschenrechtsaktivisten werden als CIA-Spione beschimpft.
Sergej Kowaljow: Why West Should Worry Chechnya paves way for
authoritarianism, in Central European Economic Review, in www.hro.org/war/50.htm,
29.11.1999
Dezember
Dezember 1999 Weder Journalisten noch unabhängigen
Beobachtern wird von den russischen Grenzposten offiziell
erlaubt, den einzigen offenen Grenzübergang zwischen
Tschetschenien und Inguschetien zu passieren. Die russischen
Behörden geben an, dies sei zu ihrem eigenen Schutz.
Tschetschenen, die an der Grenze von Amnesty International
interviewt wurden, behaupten, dass die russischen Kräfte
Videokameras oder Fotoapparate konfiszieren, die sie bei den
Durchsuchungen der nach Tschetschenien einreisenden Personen
finden. Ausländische Journalisten in Inguschetien
berichteten Amnesty International, alle ihre Aktivitäten
würden von den russischen Behörden überwacht.
Manchen von ihnen wäre sogar mit dem Entzug ihrer
Presse-Akkreditierung gedroht worden, falls sie versuchen
sollten, die Grenze nach Tschetschenien auf eigene Faust zu
überqueren. Einigen ausländischen Journalisten, die von
Angehörigen des russischen Militärs begleitet wurden,
wurde erlaubt, russische Truppen zu interviewen, die auf russisch
kontrolliertem Territorium stationiert waren. Sie berichteten
jedoch, dass sie auf diesen Reisen nicht nach Grosny oder in die
Nähe einer Konfliktzone gebracht wurden. Andere
Repräsentanten der ausländischen Presse sind
unabhängig nach Tschetschenien eingereist, indem sie
entweder kleine Straßen durch die gemeinsame Grenze mit
Inguschetien nahmen (von denen viele von russischen Kräften
vermint wurden) oder von Georgien nach Tschetschenien
einreisten.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the
Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian
law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December
1999.
2.12.1999 Der russische Außenminister Iwanow reagiert
scharf auf eine Vorschlag des OSZE-Vorsitzenden Vollebaek zu
einem Besuch in Tschetschenien: "Die russische Führung
bestimmt selbst, wann der OSZE-Vorsitzende den Nordkaukasus
besuchen kann."
dpa/afp-Meldung in Neue Zürcher Zeitung,
3.12.1999
12.12.1999 Wie BBC berichtete, wurde die Website der
staatlichen russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass von
Unbekannten geknackt, die damit gegen den Angriff der russischen
Armee auf Tschetschenien protestieren wollen. Die russische
Nachrichtenagentur bezeichnete die Hacker als
'Computerterroristen', deren Identität nicht bekannt sei.
Auch der Krieg in Tschetschenien wird angeblich gegen
'Terroristen' geführt.
BBC, 12.12.1999
27.12.1999 Russischen Fernsehsendern wurde schlicht untersagt,
die Kampfhandlungen an der Front zu filmen, der Privatsender NTW
brachte tagelang Aufnahmen westlicher Kamerateams, da die eigenen
nicht in das Kampfgebiet gelassen wurden.
Markus Wehner in Frankfurter Allgemeine Zeitung,
28.12.1999
29.12.1999 Sechs spanische, britische und amerikanische
Journalisten sowie ein Georgier wurden in der tschetschenischen
Hauptstadt festgenommen, aus der Republik geschafft und dem
Inlandsgeheimdienst in Moskau übergeben. Nach stundenlangen
Verhören kamen sie einen Tag später wieder frei. Sie
hätten keine Sonderakkreditierung für das Krisengebiet
gehabt, teilte das Militär mit.
Ihre Namen sind: Marcus Warren/ Daily Telegraph; Rodrigo
Fernandez/ El Pais; David Filipov/ Boston Globe; Daniel Williams/
The Washington Post; Ricardo Ortega und Teimuraz Gabashvili/
Antenna 3, Spanish Television Network
International Herald Tribune, 30.12.1999, Neue Zürcher
Zeitung und dpa/AFP-Bericht in Süddeutsche Zeitung,
31.12.1999
31.12.1999 Die russische Bevölkerung kann sich heute ein
besseres Bild von der Kriegsrealität machen als noch vor
drei Wochen. Dies gilt jedoch nur für das Sendegebiet von
regierungsunabhängigen Fernseh- und Radiostationen oder die
Verteilungsregion kritischer Zeitungen. Doch auch dort werden
gesteuerte Informationen verbreitet: Sie stammen aus der
Küche des Machtclans um Moskaus Bürgermeister Luschkow
und Ex-Ministerpräsident Primakow. Vorher wagten sie es aus
Angst vor Stimmenverlusten nicht, offen gegen die Kriegspolitik
der Regierung zu protestieren. Häppchenweise sendet die
Fernsehstation TW-Zentr (von Luschkow jetzt unterstützt) von
der ihm nahestehenden privaten Mediengruppe Media-Most
Gegeninformationen aus. So liest man heute sachliche Berichte
über die russische Mord- und Plünder-Orgie im Dorf
Alkhan-Jurt, der bis zu 40 Personen zum Opfer fielen, sieht
verzweifelte russische Mütter, die die Särge ihrer
gefallenen Söhne in Empfang nehmen, und Bilder ausgebombter
Wohnungen. Die Zeitung "Segodnja" ließ den
Bürgerrechtler Sergej Grigorjanz mit einer bitterbösen
Abrechnung mit dem Kreml zu Wort kommen.
Neue Zürcher Zeitung, 31.12.1999
Januar
6.1.2000 Moskau hat
entlang der ganzen Front in Tschetschenien eine
Informationsblockade errichtet, die das eigene Land und die Welt
von dem Krieg im Nordkaukasus abschneidet. Selbst Itar-Tass, seit
Wochen Sprachrohr der staatlichen Propaganda, könne nicht
mehr mitteilen als das, was die Militärs verkündet
hätten. Die meisten russischen Journalisten in
Tschetschenien werden gar nicht an die Front gelassen und wenn,
dann nur in einem Militärfahrzeug unter Begleitung mehrerer
Soldaten. Der Hauptnachrichtensprecher des russischen
Privat-Fernsehsenders NTW, Jewgenij Kisseljow, würde es
niemals wagen, seine wahre Meinung über den Krieg in
Tschetschenien vor der Kamera zu sagen. Sein Unternehmen hat
finanzielle Schwierigkeiten und der Kreml hat die Macht, es zu
zerschlagen.
Für westliche Journalisten organisiert das russische
Informationszentrum kontrollierte Stippvisiten in die sogenannten
befreiten Gebiete Tschetscheniens. Wer sich unabhängig
macht, hat zahlreiche Schikanen zu erwarten. Videobänder
werden beschlagnahmt, jedes bedruckte Stück Papier wird von
Militärs genau untersucht.
Diejenigen russischen Journalisten, die heute auf
tschetschenischer Seite und direkt aus Grosny berichten, arbeiten
fast ausnahmslos für westliche Fernseh- und Radiostationen
und müssen mit erheblichem Druck aus Moskau rechnen. So
wurde Andrej Babizkij, Reporter des amerikanischen "Radio
Liberty" als Erfüllungsgehilfe der "Banditen und
Terroristen" dargestellt. Die russische Reporterin der Agentur
Reuters, Maria Ejsmont, die aus Grosny berichtete, wurde auf dem
Moskauer Flughafen Wnukowo stundenlang vom Geheimdienst
verhört. Unter anderem wurde ihr vorgeworfen,
drogenabhängig zu sein. Im Gepäck ihrer
tschetschenischen Begleiterin wurden drei Patronen entdeckt, die
offensichtlich erst bei der Ankunft in Moskau dort hinein
geschoben worden waren.
Kritik am Tschetschenien-Krieg aus dem Ausland fällt der
Zensur zum Opfer. Im Fernsehen wird häufig nur der für
Propaganda zuständige General Manilow gezeigt.
Westliche Medien können es kaum noch riskieren, ihre
Reporter dem hohen Risiko für Leben und Freiheit
auszusetzen, die russischen Medien sind weitgehend auf Kurs
gebracht.
Markus Wehner in Frankfurter Allgemeine Zeitung,
7.1.2000
10.1.2000 Wladimir Putin hat erklärt, Moskau werde
akzeptieren, dass internationale Hilfsorganisationen in
Tschetschenien arbeiten könnten. Bisher konnten nur
Flüchtlinge in Nachbarrepubliken versorgt werden.
ap-Bericht in Frankfurter Rundschau und Frankfurter
Allgemeine Zeitung, 10.1.2000
12.1.2000 Tschetschenien ist ein Ort, an dem Journalisten
umgebracht - bisher 18 Personen - oder festgenommen werden -
allein neun Personen innerhalb der letzten Woche.
ABCNEWS, 12.1.2000
13.1.2000 Der Vorsitzende des 'Glasnost Schutz Fund', Alexej
Simonov, sagte, es existiere eine komplette Informationsblockade,
was den Tschetschenienkrieg anbelangt.
Radio Liberty, 13.1.2000
14.1.2000 Auf einer Pressekonferenz im russischen
Informationszentrum teilte Sergej Iwanow, Staatssekretär im
russischen Sicherheitsministerium mit, die höchste
Regierungsebene werde sich in Kürze mit der
'Informationssicherheit' befassen. Pressefreiheit sei ein neues
Phänomen in Russland und alleine der Ausdruck
'Informationssicherheit' zeige, wohin sich die Regierung
entwickle, so der Kommentator Geory Harrisov,
Express Chronicle, 15.1.2000
17.1.2000 Jeff York vom Toronto Globe wurde in Wladikawkas,
Nordossetien von russischen Einheiten festgenommen. York hatte
versucht, die ständige Überwachung durch russische
Behörden, insbesondere den FSB abzuschütteln.
Während des Verhörs wurde klar, dass York niemanden
über Tschetschenien befragen dürfte.
www.hro.org/war/117.htm,
18.1.2000
19.1.2000 Der Nordkaukasus-Korrespondent des Senders "Radio
Liberty" Oleg Kusow berichtet über die massive Behinderung
der journalistischen Arbeit seitens der russischen
Militärbehörden: "Die Zensur seitens der russischen
Streitkräfte hat sich massiv verhärtet. Ich hatte den
Versuch unternommen, meine Arbeit in diesem Krieg, aus Richtung
Mozdok kommend, aufzunehmen und stieß auf unwahrscheinliche
Hindernisse. Journalisten westlicher Nachrichtenagenturen oder
der Massenmedien haben praktisch überhaupt keine
Möglichkeit, akkreditiert zu werden. Für russische
Journalisten ist es, natürlich einfacher, auf der Seite der
föderalen Streitkräfte zu arbeiten. Und sie gehen den
Weg des geringsten Widerstandes und sind auf die Dienste von
allerhand Pressezentren angewiesen, deren Information in
Wirklichkeit weit von der Wahrheit entfernt ist. Was jedoch
einzelne Versuche betrifft, von der Seite der föderalen
Streitkräfte auf das tschetschenische Territorium zu
gelangen, so enden diese für Journalisten, in der Regel,
sehr bitter."
War and Human Rights, Nr. 118, 19.1.2000
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm
21.1.2000 Die Zeitung Nesawissimaja Gaseta forderte das
Verteidigungs- und das Innenministerium auf, täglich die
Verlustzahlen und die Namen der getöteten russischen
Soldaten zu veröffentlichen. Die offiziell angegebenen
Zahlen werfen nach Darstellung der Zeitung Zweifel auf. Zudem
tauchten in der Statistik nicht die Verlustzahlen der
pro-russischen Tschetschenen-Miliz auf, die in der Hauptstadt
Grosny kämpfte. Der stellvertretende Stabschef der
Kaukasus-Streitkräfte, Wadim Timtschenko, wies in einem
Interview mit der Armeezeitung Krasnaja Swesda Berichte
zurück, die Truppen verheimlichten die tatsächlichen
Opferzahlen. Alle Toten und Verletzten gingen in die Verlustliste
ein.
Yahoo Schlagzeilen, 21.1.2000 (www.yahoo.de)
26.1.2000 Der Radio Liberty Journalist Andrej Babizki wird in
dem tschetschenischen Kriegsgebiet vermisst, das letzte
Lebenszeichen stammt vom 15.1.2000. Möglicherweise wurde er
von russischen Truppen festgenommen. Seit Beginn des Krieges hat
Babizki immer wieder sehr kritisch aus und über
Tschetschenien berichtet, den russischen Behörden und
Generälen war er schon lange ein Dorn im Auge. Die russische
Journalistengewerkschaft hat heute ihre Sorge über den
Verbleib ihres Kollegen ausgedrückt.
BBC in www.hro.org/war/125.htm,
26.1.2000
28.1.2000 Die Verhaftung Andrej Babizkis löst eine Welle
der Empörung unter den russischen Journalisten aus. Pawel
Gusew, Verleger des Moskauer Komsomolets, sagte, der FSB
hätte versucht, einen seiner Reporter in die Psychiatrie
einzuweisen. Dieser Journalist hatte die Verbindungen zwischen
Boris Beresowskj und militanten Tschetschenen recherchiert.
Journalisten werden regelmäßig an ihrer Arbeit in
Inguschetien und Tschetschenien gehindert. Am 29.12.1999 wurden
sechs westliche Journalisten festgenommen. Ein Journalist klagte,
das Problem, objektive Informationen zu bekommen, werde nicht nur
schwieriger, sondern auch gefährlicher. Im Dezember seien 14
Journalisten Ziel von Angriffen geworden. Unabhängige
Journalisten, welche die Behörden nicht "zähmen"
können, werden einfach verprügelt, sagte er.
Institute for Peace and War Reporting, 28.1.2000
(wysiwyg://mainframe.69/http://...e/cau/cau_200001_16_01_eng.txt)
29.1.2000 Der Guardian meldet, die russischen Behörden
hätten Andrej Babizki verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, einer
kriminellen Gruppierung anzugehören. Nach dieser
Bekanntmachung protestierten etwa 100 Journalisten und
Menschenrechtler gegen die Verhaftung des Journalisten, ein
Vertreter sagte: 'Die Generäle werden weit gehen, damit
Journalisten nicht sehen, was wirklich in Tschetschenien
passiert. Diese Verhaftung ist absolut illegal. Babizki
könnten fünf Jahre Haft drohen, würde er
tatsächlich als Unterstützer der Tschetschenen
verhaftet.
The Guradian, 29.1.2000
31.1.2000 In einer Pressemitteilung teilt Jelena Hoffmann,
Bundestagsabgeordnete, mit, die russische Bevölkerung werde
einseitig und nicht ausreichend über das Geschehen in
Tschetschenien informiert. Journalisten, die in die Kriegsgebiete
reisen wollten befinden sich in großer Gefahr, getötet
und entführt zu werden.
Pressemitteilung, Jelena Hoffmann, 31.1.2000
Februar
Februar 2000 Der Fall Babizki stellt für viele
Journalisten einen Wendepunkt im Kampf für die
Pressefreiheit dar, erklärte die Journalisten-Gewerkschaft.
Russlands Menschenrechtsbeauftragter Oleg Mironow pflichtete bei:
Dies sei ein "Signal, dass jedem Reporter dasselbe passieren
kann." Mit einer spektakulären Aktion setzten sich 30
russische Medien Mittwoch voriger Woche zur Wehr. Sie verteilten
auf Moskaus Straßen und U-Bahnhöfen 300.000 gemeinsam
finanzierte Gratis-Exemplare der "Obschtschaja gaseta". Die
Regierung unterdrücke die freie Meinungsäußerung,
hieß es in dem Sonderblatt, in dem zahlreiche Prominente zu
Wort kamen - für die wachsende Unsicherheit im Lande sei
allein der Geheimdienst verantwortlich. "Der Bolschewismus ist zu
uns zurückgekehrt", glaubt Verfassungsexperte Sergej
Alexejew, "auf einer Welle der totalen Propaganda und der
Kriegshysterie."
Der Spiegel 8/2000
Anfang/Mitte Februar 2000 Wie viele Hunderte tschetschenische
Zivilisten bei der Bombardierung von Katyr-Jurt, Alchan Kala,
Schaami-Jurt, Sachen-Jurt und Gechi-Tschu getötet wurden,
kann kaum ermittelt werden, weil die Russen weder Journalisten
noch unabhängige Beobachter in diese Orte lassen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.2.2000
7.2.2000 Anne Nivat, die Korrespondentin der
französischen Zeitungen "Libération" und
"Ouest-France" wurde im Haus ihres tschetschenischen Gastgebers
Rezwan Warsanow in Novye Atagui (südlich von Grosny) vom FSB
(Ex-KGB) Grosny kontrolliert. Ihre Aufzeichnungen, Filme, Kameras
und ihr Telefon wurden konfisziert. Warsanow, ein Abgeordneter
des tschetschenischen Parlamentes, wurde verhaftet.
Le Monde, 12.2.2000
11.2.2000 Jelena Bonner zeichnet den russischen Journalisten
Andrej Babizki mit dem Andrej Sacharow Preis aus. Zur
Begründung schreibt sie an den Präsidenten des
Europäischen Parlaments: Ich zeichne ihn nicht aus, weil ich
mit vielen Menschen in Russland und auf der Welt in großer
Sorge um ihn bin, ich zeichne ihn aus, wegen Babizkis
journalistischer Arbeit, die über viele Jahre heldenhaft
war. Sie war ein Kampf für die Wahrheit, ein Kampf für
das Recht, unabhängig von der Regierung Informationen zu
bekommen. (...) Im ersten Tschetschenienkrieg bewegte sich
Babizki im Herzen des militärischen Theaters. Er hat stark
dazu beigetragen, dass in Russland ein Bewußtsein
darüber entstand, dass es sich bei dem Krieg nicht um die
Durchsetzung der Verfassung handelte, sondern um einen brutalen
Krieg gegen ein gesamtes Volk. Seit Beginn des zweiten Krieges
berichtet er wieder unter Bomben und Raketen und seine rauhe
Stimme bringt uns die Wahrheit über den Tod der russischen
Soldaten und den Tod Tausender unschuldiger Zivilisten. (...) er
führt einen Kampf gegen die trügerische Propaganda
für unser Recht auf Information, auf Glasnost, kurz auf
Demokratie und Menschenrechte. Deshalb verleihe ich Andrej
Babizki den Andrej Sacharow Preis.
Jelena Bonner homepage: www.wdn.com/asf/cgi/AFSdbs,
11.2.2000
17.2.2000 Lidjia Grafowa (Literaturnaja Gazeta) ist der
Ansicht, alle Journalisten sollten ihre Proteste gegen die
Aktionen der Regierung verstärken und Freiheit für
Andrei Babizkij fordern. Grafowa beschuldigt die russische
Presse, sie sei bereit, ihre Freiheit zu opfern": In unserem Land
wird die Presse beschuldigt, dass der erste tschetschenische
Krieg wegen der Journalisten verloren wurde. Nun fühle ich
mich verbittert zugeben zu müssen, dass wir, die Presse,
obwohl ich scharfe Artikel schreibe, die gegen diesen Krieg
protestieren, eine inhzumane (...) Politik unterstützen.
Schauten wir ein bisschen voraus, dann würden wir
feststellen, dass der Krieg gegen Tschetschenien ein Krieg gegen
ganz Russland ist."
War and Human Rights. February 18, 2000
(http://www.hro.org/war/151.htm)
17.2.2000 Die russischen Behörden haben sich den Aufrufen
widersetzt, internationale Menschenrechtsorganisationen als
Beobachter nach Tschetschenien zu lassen, und haben statt dessen
einen speziellen Menschenrechtsbeauftragten, Wladimir Kalamanow,
den Leiter des russischen Immigrationsdienstes zum
Menschenrechtsbeauftragten, berufen.
Amnesty International, News Release, EUR 46/09/00, 17.2.2000
19.2.2000 In Tschetschenien müssen Menschen Hunderte von
Kilometern zu Fuß gehen, um Lager zu erreichen. Nur sie
können davon berichten, was wirklich in ihren Dörfern
geschieht.
War and Human Rights. February 19, 2000.
(http://www.hro.org/war/152.htm)
19.2.2000 Der 'Washington Post'-Korrespondent in Nazran/
Inguschetien berichtet über massive Behinderungen der
journalistischen Arbeit in und um Tschetschenien:
"Es ist praktisch unmöglich, eine unabhängige
Untersuchung dessen durchzuführen, was in Tschernokosowo
geschieht; der Zugang nach Tschetschenien wurde von der
russischen Seite streng beschränkt. Die offiziell
genehmigten Fahrten von Journalisten finden in Begleitung von
Miliz- und FSB-Eskorten (FSB = `Föderaler
Sicherheitsdienst´) statt. Der Kreml verwarf die Bitten,
Beobachter der USA, den Hohen Kommissar der UNO für
Menschenrechte und Vertreter der OSZE nach Tschetschenien
zuzulassen. Auch dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes
wurde das Recht, gefangene Tschetschenen zu besuchen,
verweigert.
'Filtrationslager', War and Human Rights, Nr. 152,
19.2.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm
20.2.2000 Die Flughafenbehörde in Moskau gibt bekannt,
der FSB werde in Zukunft jegliches Foto-Material über den
Krieg zu Untersuchungszwecken konfiszieren.
War and Human Rights. February 20, 2000.
(http://www.hro.org/war/153.htm)
20.2.2000 Ausländische Journalisten, die im Hotel Assa in
Nazran (Inguschetien) wohnen, stellen plötzlich fest, dass
ein Kabel ihres PC durchtrennt wurde. Ihre Telefongespräche
werden permanent abgehört.
War and Human Rights. February 20, 2000.
(http://www.hro.org/war/153.htm)
20.2.2000 Das russische Außenministerium kritisiert die
Stellungnahme der UN-Flüchtlingskommissarin Mary Robinson
zur Lage in Tschetschenien vom 16.2.2000 auf das Schärfste.
Am Ende der Erklärung des Ministeriums heißt es:
"...unter diesen Umständen ruft ein Besuch der Hohen
Flüchtlingskommissarin oder einer Repräsentantin im
Nord-Kaukasus Zweifel bezüglich seiner
Zweckmäßigkeit hervor. Das Außenministerium ist
der Meinung, dass ihr Besuch die Verbesserung der
Menschenrechtslage in Tschetschenien nicht fördern
wird."
War and Human Rights. February 20, 2000.
(http://www.hro.org/war/153.htm)
22.2.2000 Die russische Regierung verweigert der
Bundestagsabgeordneten Claudia Roth (Grüne), Vorsitzende des
parlamentarischen Komitees für Menschenrechte, die Einreise
nach Tschetschenien.
War and Human Rights. February 23, 2000.
(http://www.hro.org/war/156.htm)
22.2.2000 Den westlichen Journalisten ist es ausdrücklich
verboten worden, sich frei in Tschetschenien zu bewegen, auch
russische Soldaten dürfen nicht interviewt werden. Vor allem
männliche Journalisten, die versuchen, sich über die
Grenze zu schleichen, werden schnell festgenommen. Deshalb haben
der englische Guardian und die Pariser Libération Frauen
an die Front geschickt. Oft war die
Libération-Journalistin die einzige westliche Journalistin
im Kriegsgebiet. Sie verkleidete sich als Tschetschenin und
mischte sich unter die Frauen. Erst am7. Februar wurde sie vom
russischen Geheimdienst entdeckt und nach langen Verhören
nach Moskau gebracht.
Neue Luzerner Zeitung, 22.2.2000
25./ 26.2.2000 Informationen zufolge, die von Amnesty
International gesammelt wurden, schaffen die russischen
Behörden - wenige Tage vor dem offiziellen Besuch des
Europarat-Komitees für die Verhinderung von Folter - ca. 300
männliche und weibliche Gefangene aus Tschernokosowo an
einen anderen Ort im Dorf Stanitsa Chervlyonnaya in
Tschetschenien.
Amnesty International, News Release, EUR 46/20/00, 24.3.2000
28.02.2000 Dem Generalbevollmächtigten für
Menschenrechte in der Russischen Föderation, Oleg Mironow,
wird verweigert, gemeinsam mit seinem Kollegen Alvaro Gil-Robles,
dem Europarats-Kommissar für Menschenrechte, eine Reise nach
Tschetschenien zu unternehmen.
War and Human Rights. February 28, 2000.
(http://www.hro.org/war/162.htm)
März
1.3.2000 In Moskau hat das russische Außenministerium
nach wochenlanger Verweigerung eines entsprechenden Besuches die
UNO-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson offiziell zu einem
Besuch nach Tschetschenien eingeladen. Der erst für April
angesetzte Besuch wurde von Beobachtern als Zeichen der
Geringschätzung Moskaus für Robinson gewertet.
Neue Zürcher Zeitung, 3.3.2000
3.3.2000 Wladimir Kalamanow, der spezielle
Präsidentschafts-Abgesandte für Menschenrechte in
Tschetschenien, gibt bekannt, dass Grosny für weitere ein
bis zwei Monate geschlossen bleibt. Die Schließung sei eine
Maßnahme für die Gewährleistung der Sicherheit
von Zivilisten.
War and Human Rights. March 3, 2000.
(http://www.hro.org/war/166.htm)
6.3.2000 ORT berichtet, dass Diensthabende, die die Uniform
der Truppen des Innenministeriums trugen, eine Videokassette
zerstört haben, die von Reportern des Senders in
Tschetschenien aufgenommen wurde. Roman Perewezentsew von ORT
zufolge versuchten die Reporter, die Anzahl der Ermordeten bei
dem Vorfall in Pervomajskoje aufzudecken. Die Gruppe der Reporter
war im Besitz einer offiziellen Akkreditierung gewesen.
War and Human Rights, 6.3.2000
http://www.hro.org/war/168.htm
14.3.2000 Der Radio Free Europe-Präsident Dine
erklärte heute, dass die russischen Behörden angedroht
hätten, jedes Interview mit den ‚tschetschenischen
Terroristen‘ sei ein Bruch des russischen Gesetzes
über den ‚Kampf gegen den Terrorismus‘. In ihrem
Bemühen, alle Seiten des Krieges zu Wort kommen zu lassen,
hatte Radio Free Europe Aslan Maschadow und Schamil Bassajew
interviewt. Dina betonte, die Pressefreiheit sei das Fundament
für andere Rechte und Moskaus Vorgehen gegen die Presse
beeinträchtige demnach auch die übrigen Menschen- und
Bürgerrechte.
Radio Free Europe, Presseerklärung, 14.3.2000
14.3.2000 In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung beschreiben
die Reporter Markus Wehner und Tim Wegner, wie schwer es für
Journalisten ist, aus dem Kriegsgebiet zu berichten. Zuerst
müssen sie eine Akkreditierung aus dem Büro des
Chefpropagandisten für Tschetschenien Jastrschembskij
erhalten. Doch der Ausweis allein reicht noch nicht aus. Um in
eine Pressegruppe nach Tschetschenien aufgenommen zu werden,
müsse man oft Wochen oder Monate warten. Dann geht es zum
Hauptquartier der russischen Streitkräfte nach Mosdok, auch
dort müsse man wieder lange warten. Immer wieder wird das
Wetter als Grund für längere Wartezeiten bzw. das
Ausfallen von schon zugesagten Reisen angegeben. Den Journalisten
wird Theater vorgespielt und sie werden nur zu absolut Moskau
treuen Soldaten gebracht.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.3.2000
16.3.2000 Der russische Journalist des Senders Radio Free
Europe, Babizki hat den russischen Vize-Innenminster Iwan Golubew
verklagt. Babizki hatte über Gräueltaten russischer
Soldaten im Tschetschenienkrieg berichtet und sich dadurch den
Zorn Wladimir Putins zugezogen.
Der Standard, 16.3.2000
16.3.2000 EU-Parlamentarier fordern von Russland die volle
Aufklärung der Menschenrechtsverletzungen in
Tschetschenien.
Stratfor News, www.stratfor.com, 16.3.2000
16.3.2000 Die russische Regierung gibt bekannt, dass die
Delegation des Europarates von Besuchen in Tschetschenien
ausgeschlossen werden wird, wenn Russland nicht Mitglied in der
Menschenrechts- und Demokratiekörperschaft des Rates bleiben
darf.
Stratfor News, dpa, AP, 16.3.2000
21.3.2000 Journalisten wurde Zugang zu dem berüchtigten
Filtrationslager Tschernokosowo gewährt. Alle Knastkorridore
seien in frischem Himmelblau gestrichen worden, die eisernen
Zellentüren seien grün, die Insassen antworten im Chor
auf die Fragen, es würde niemals jemand geprügelt oder
anders misshandelt.
Der Spiegel 10/2000
30.3.2000 Rot Kreuz Präsident Jakob Kellenberger traf in
Moskau ein, um mit Präsident Putin über die
Wiederaufnahme der Tätigkeit des Roten Kreuzes in
Tschetschenenien zu verhandlen. Bis dato wurde dem Roten Kreuz
der Zugang zu den sogenannten ‚Filtrationslagern‘
verwehrt.
AFP, 30.3.2000
April
1.4.2000 Russland will humanitären Organisationen den
Zugang zum vom Krieg zerstörten Tschetschenien
gewähren. Dem Präsidenten des Internationalen Komitees
vom Roten Kreuz, Jakob Kellenberger, versicherte Putin in Moskau,
auch Filtrationslager dürften nun besucht werden.
Plötzlich will die russische Regierung auch beweisen, dass
ihre Justiz in der Lage ist, Menschenrechtsverletzungen
nachzugehen. Oberst Budanow, der eine 18-jährige Frau
vergewaltigt und ermordet hatte, wurde festgenommen und dem
Untersuchungsrichter übergeben.
Tagesanzeiger, 1.4.2000
April 2000 Russland lässt Hilfsorganisationen in
Inguschetien nicht eigenständig arbeiten und blockiert den
direkten Zugang zu bedürftigen Menschen innerhalb
Tschetscheniens.
Human Rights Watch, April 2000
http://www.hrw.org/campaigns/geneva/chechnya.htm
3.4.2000 Trotz der Berichte von russischen Behörden, die
Besuche von internationalen Delegationen in Filtrationslagern
hätten keinerlei Beweise für Menschenrechtsverletzungen
erbracht, liegen Amnesty International Zeugenaussagen vor, denen
zufolge Schritte unternommen wurden, um die internationalen
Delegationen an der Wahrheitsfindung zu hindern. Im Lager
"Internat" seien Gefangene in einen Bus in einer entfernten Ecke
des Lagers gesteckt worden, als der Besuch der Delegation
erwartet wurde. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Aussagen
ehemaliger Gefangener, sie hätten keine internationale
Untersuchung miterlebt.
Amnesty International, News Release, EUR 46/24/00, 3.4.2000
5.4.2000 Ohne plausible Erklärung lässt Putin das
fest vereinbarte Gespräch mit UN-Hochkommissarin Robinson
platzen. Schon während Robinsons Reise zeigten sich die
Gastgeber wenig kooperativ. Entgegen aller Abmachungen wurde
Robinson der Besuch von Orten verweigert, wo Massaker
stattgefunden haben sollen. Auch Filtrationslager durfte Robinson
nicht sehen.
Afp, ap-Berichte in Die Presse, Berliner Morgenpost, Frankfurter
Rundschau, Frankfurter AllgemeineZeitung, Neue Züricher
Zeitung, 5.4.2000
6.4.2000 Während ihres Besuchs in Tschetschenien bat die
Hohe Flüchtlingskommissarin der UN, Mary Robinson, um den
Besuch einiger geheimer Filtrationslager, die von Amnesty
International als solche entlarvt wurden, z.B. "PAP-1" und
"PAP-5" in Grosny sowie fünf weitere Stellen, darunter auch
das sogenannte "Internat" in Urus-Martan. Die russischen
Behörden erlaubten ihr jedoch nicht, diese Orte zu besuchen
und rechtfertigten ihre Verweigerung mit
Sicherheitsüberlegungen und schlechtem Wetter.
Amnesty International, News Release, EUR 46/27/00,
6.4.2000
(http://www.amnesty.org/news/2000/44602700.htm)
11.4.2000 Amnesty International und Human Rights Watch haben
in einem gemeinsamen Statement an den UNHCR die
Informationspolitik der russischen Regierung kritisiert. Obwohl
beide Organisationen umfangreiches Beweismaterial zu schweren
Menschenrechtsverletzungen von russischer Seite an
tschetschenischen Zivilisten vorgelegt haben, zeigen die
russischen Behörden keinerlei Interesse daran, diesen
Anschuldigungen nachzugehen. Öffentlich sagt die russische
Regierung, es gebe keine Filtrationslager und Häftlinge
würden nicht geschlagen. Die beiden Organisationen
kritisieren die leere Rhetorik der Regierung und den fehlenden
politischen Willen, die Menschenrechtsverletzungen
aufzuklären. Diese Tendenz hätte sich auch schon im
ersten Tschetschenienkrieg 1994-96 beobachten lassen. Die beiden
Menschenrechtsorganisationen drängen darauf, dass eine
unabhängige Untersuchungskommission sich der schweren
Vorwürfe annimmt.
Joint Statement by Amnesty International and Human Rights Watch
on Chechnya, 11.4.2000
12.4.2000 Der UN-Menschenrechtskommission in Genf liegt ein
Entwurf der EU für eine Resolution zu Tschetschenien vor. In
diesem Entwurf geht es nur um die Einrichtung einer nationalen,
also russischen Untersuchungskommission zur Aufklärung von
Menschenrechtsverletzungen russischer Truppen in Tschetschenien,
die EU fordert also keine internationale Kommission. Gegen diese
Forderung hatten sich zu Anfang der EU-internen Beratungen
besonders Deutschland und England gewandt. Schweden,
Dänemark, Irland, Niederlande, Belgien und Luxemburg hatten
vorab eine internationale Kommission gefordert.
Die Tageszeitung TAZ, 13.4.2000
13.4.2000 Gerd Poppe, der Menschenrechtsbeauftragte der
Bundesregierung, verteidigt die Haltung Deutschlands in der EU zu
einer nationalen Untersuchungskommission der Kriegsverbrechen in
Tschetschenien. In einem Interview mit dem WDR Morgenecho sagt er
auf die von der TAZ (s.o.) erhobenen Vorwürfe wörtlich:
‚Ja, das ist ziemlicher Unsinn, was dort berichtet wurde.
Es geht auch nur zurück auf einen Pressebericht eines
Journalisten. Eigentlich ist das Gegenteil richtig. Wir haben
gerade mit den NGOs sehr intensiv über die
Menschenrechtskommission in Genf geredet. (...)‘
WDR Morgenecho, 13.4.2000
28.4.2000 Russlands Ministerium für Presse, Fernsehen und
Massenkommunikationsmittel hat am Donnerstag (27.4.2000) die
Redaktion der Nowaja Gaseta offiziell wegen der
Veröffentlichung eines Interviews mit Aslan Maschadow
verwarnt. Dies ist bereits die zweite Verwarnung, die das
Ministerium innerhalb von sechs Tagen gegen eine Zeitung
ausspricht.
Interfax, 28.4.2000
Mai
5.5.2000 Nur wenige Gruppierungen in Russland wenden sich
offen gegen den Tschetschenienkrieg und diesen wird die Arbeit
zunehmend schwer gemacht. Der Vorsitzende der Stiftung zum Schutz
der Transparenz, Alexej Simonow, befürchtet "schlimme
Zeiten" für die russischen Menschenrechtler. Kreml und
Regierung seien bestrebt, unabhängige Gruppen, die zunehmend
wieder als staatsgefährdend gelten, durch gelenkte und
verbürokratisierte staatliche Strukturen auszuhebeln. Die
Tendenz wurde deutlich, als das Justizministerium alle
nichtstaatlichen Bewegungen verpflichtete, sich umregistrieren zu
lassen. Mehreren unabhängigen Menschenrechtsbewegungen wurde
dabei die Verlängerung der Zulassung wegen angeblicher
Formfehler verweigert. Ein Drittel aller Menschenrechtsgruppen
ist dadurch bereits aus dem Rennen. Den übrigen wollen nun
die Finanzämter den Todesstoß versetzen:
Gemeinnützige Organisationen sollen künftig bei der
Besteuerung mit profitorientierten Unternehmen über einen
Leisten geschlagen werden und 30% aller Spenden und
Zuschüsse, darunter auch Beihilfen von internationalen
Dachorganisationen wie amnesty international und Greenpeace
müssen an den Fiskus als Gewinnsteuer abgeführt
werden.
Der Tagesspiegel, 5.5.2000
12.5.2000 Mehrere Büros des Medienkonzerns Media-Most
wurden gestern Vormittag von maskierten und bewaffneten
Mitarbeitern des Innenministeriums, der Steuerpolizei und der
Staatsanwaltschaft in Moskau heimgesucht. Im Gegensatz zum
propagandistischen Einheitsbrei der staatlichen Medien erlaubte
sich Media-Most im Zusammenhang mit dem Tschetschenienkrieg und
der Person Putin, auch unangenehme Fragen zu stellen. Im
Media-Most eigenen Fernsehsender NTW hieß es, "die
Invasion" zeige vier Tage nach der Amtseinführung von
Präsident Wladimir Putin, wie gefährdet die von ihm
postulierte Demokratie in Russland sei.
Hamburger Abendblatt, Financial Times Deutschland, taz,
12.5.2000
17.5.2000 Bei den "Mainzer Tagen der Fernseh-Kritik"
berichtete der langjährige ZDF-Korrespondent für
Russland, Dirk Sager, über die Schwierigkeiten der
Berichterstattung im Tschetschenienkrieg. "Wir wissen nicht mehr,
was passiert", so Sager. Die russischen Behörden hätten
den Aufenthalt von Journalisten im Kriegsgebiet unmöglich
gemacht. Anzutreffen seien dort nur noch Berichterstatter, "die
an der kurzen Leine des Militärs geführt werden".
Südwest Presse, 18.5.2000
Juni
1.6.2000 Russische Zollbeamte beschlagnahmten am Mittwoch auf
dem Moskauer Flughafen einen Bericht von Amnesty International
über Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien. Die
beiden Kartons mit Kopien des Berichts sind der ai-Mitarbeiterin
mit der Begründung abgenommen worden, es handele sich um
"antirussisches Material".
AP, 1.6.2000
1.6.2000 Taissia Issajewa, eine Journalistin, die besonders
für internationale
Nachrichtenagenturen in Tschetschenien arbeitete, wurde in der
Stadt Zaramaga
während einer Polizeikontrolle in Nordossetien
festgenommen. Die Journalistin wurde
einige Tage später freigelassen, nachdem sich mehrere
Menschenrechtsorganisationen
für sie eingesetzt hatten.
FIDH: Tchétchénie: un an de crimes impunis,
Oktober 2000, S. 9
13.6.2000 Der Medien-Mogul Wladimir Gussinskj wurde heute
festgenommen. Begründet wurde die Festnahme mit
Betrugsvorwürfen. Präsident Putin hält sich im
Moment zu seinem ersten Staatsbesuch in Deutschland auf und sagte
den empörten Journalisten, es gehe nicht um die Beschneidung
der Pressefreiheit, sondern um Gussinskjs falsches Verhalten als
Geschäftsmann.
BBC, 13.6.2000
17.6.2000 Der Medien-Zar Gussinskij wurde heute abend nach
nationalen und internationalen Protesten überraschend
freigelassen.
BBC, 17.6.2000
20.6.2000 Ein Moskauer Gericht hat die Klage Wladimir
Gussinskijs abgewiesen: Zu Unrecht gingen die Anwälte des
Medienunternehmens gegen eine "ungesetzliche Verhaftung" vor,
denn er befände sich doch schon wieder auf freiem Fuss.
Gegen die Abweisung der Klage wollen die Anwälte Gussinskijs
nun Berufung einlegen.
dpa, 21.6.2000
28.6.2000 Ein weiterer Repräsentant des Medienkonzerns
Media-Most, der schon im Mai Drangsalierungen russischer
Behörden ausgesetzt war, ist an der Ausreise aus Russland
gehindert worden. Er wurde am Flughafen abgepasst. Ihm wurde
gesagt, dass er zeitweise nicht ins Ausland reisen dürfe.
Gründe hierfür gaben die russischen Behörden nicht
an.
Radio Free Europe, 28.6.2000
Juli
8./9. 7. 2000 Die Parlamentarierversammlung der OSZE hat in
Bukarest den von den russischen Behörden verfolgten Reporter
Andrej Babizki für seine kritische Berichterstattung
über den Tschetschenienkrieg ausgezeichnet. Der Preis ist
mit 20.000 US-Dollar dotiert.
Die tageszeitung TAZ, 8./9. 7.2000
24.7.2000 In Tschetschenien gibt es heute drei bis vier
Zeitungen, die legal erscheinen. Die einzige, die als
unabhängig gelten kann, ist der "Grosnenski Rabotschi"
(Arbeiter von Grosny). Unter der Aufsicht der pro-russischen
Machthaber in Tschetschenien erscheint in Gudermes die Zeitung
"Gums" mit einer Auflage von 1000 Exemplaren. Das Blatt "Marscho"
(Freiheit) wurde eingestellt, nachdem ein Redakteur es gewagt
hatte, über Kriegsverbrechen im Dorf Gechi zu berichten. Im
Pressezentrum der föderalen Streitkräfte entsteht die
Zeitung "Swobodnaja Tschetschnja" (Freies Tschetschenien) mit
einer für regionale Verhältnisse gewaltigen Auflage von
8000. Sie wird umsonst verteilt, ihr Inhalt besteht fast
ausschließlich aus Propaganda.
Berliner Morgenpost, 24.7.2000
27.7.2000 Der Medien-Zar Gussinskji konnte das Land verlassen,
nachdem ihm mitgeteilt wurde, dass die Staatsanwaltschaft das
Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt hat. Im Zuge der
Ermittlungen kam es zu mehreren spektakulären
Hausdurchsuchungen von maskierten Sondereinsatzkommandos und zu
einer vorübergehenden Festnahme des Journalisten. Im
Gegenzug zur Ermittlungseinstellung soll Gussinskji versprochen
haben, in Zukunft die Kritik am Kreml in seinen Medien
abzuschwächen.
E-Mail von Gisbert Mrozek Journalist aus Moskau, 27.7.2000
September
5.9.2000 Der russische Medien- und Finanzmogul Beresowski hat
Präsident Putin vorgeworfen, er wolle die Pressefreiheit in
Russland abschaffen. Wörtlich sagte er: "Dadurch, dass sie
mir das Ultimatum gestellt haben, haben sie der Gesellschaft eine
wichtige Frage gestellt: Haben Massenmedien, die nicht vom Staat
kontrolliert werden, in Russland ein Recht zu existieren. Wenn
ich auf das Ultimatum eingehe, wird es keine Fernsehinformation,
sondern nur noch Fernsehpropaganda geben." Mit diesem
Vorstoß reagierte Beresowski auf ein Ultimatum, das ihm
angeblich ein "ranghoher Mitarbeiter" des Präsidentenamtes
gestellt habe: Entweder er übergebe binnen zwei Wochen das
ORT-Aktienpaket dem Staat, oder man werde ihn "Gussinski
hinterherschicken."
Radio Free Europe, Radio Liberty, Hamburger Abendblatt,
5.9.2000
6.9.2000 Politiker in Russland haben scharf kritisiert, dass
es im russischen Haushalt einen Posten gibt, der für die
Medien-Aktivitäten der Regierung reserviert ist. Deutlich
wird von der Zurückhaltung von Informationen gesprochen,
hierfür werden etwa sieben Millionen US-Dollar veranschlagt.
Dieses Informationskonzept, welches von einem früheren
KGB-Offizier zusammengestellt wurde, identifiziert sowohl interne
als auch externe "Medienfeinde". Putin hatte dieses Konzept im
Juni angenommen.
Kommersant, 6.9.2000
8.9.2000 Reporter ohne Grenzen appellierte an das Russische
Verteidigungsministerium, russische Soldaten, die Anfang der
Woche einen tschetschenischen Kameramann zusammengeschlagen
hatten, zur Verantwortung zu ziehen. Ruslan Musajew, der für
AP arbeitet, wurde am 5.9. festgenommen, er wurde am
nächsten Tag freigelassen, nachdem er von Soldaten brutal
zusammengeschlagen worden war.
AFP, 8.9.2000
11.9.2000 Heute unterzeichnete Putin die neue "Doktrin zur
Informationssicherheit", die maßgeblich vom Sicherheitsrat
Russlands konzipiert wurde. Das 46 Seiten starke Dokument ist nur
eine Maßnahme, die der Kreml sich in den letzten Wochen hat
einfallen lassen, um die Pressefreiheit einzuschränken.
Wörtlich sagte der Sprecher des Sicherheitsrates, das Ziel
der neuen Doktrin sei es, dass die Russen und das Ausland "wahre
Informationen über die Regierungspolitik und die offizielle
russische Position zu gesellschaftlich wichtigen Ereignissen in
Russland und international bekommen". "Der Kreml versucht, die
Medien fester in Griff zu bekommen", sagte der Chef von Echo
Moskvy einer unabhängigen Radiostation in Moskau.
Financial Times, 12.9.2000
16.9.2000 Der Kreml will das Fernsehen, die für die
meisten Russen einzige Informationsquelle, uneingeschränkt
kontrollieren. Seit Putins Amtsantritt als Premierminister habe
sich die Propaganda- und Zensurmaßnahmen bereits
vervielfacht. Die am 26.6. verabschiedete neue "Doktrin der
Informationssicherheit" bekommen die Moskauer Journalisten schon
zu spüren: "Es begann mit der Entführung unseres
Journalisten Babizki in Tschetschenien. Wir werden nicht zu
Pressekonferenzen eingeladen, nicht mehr in Kreml-Pools
aufgenommen und wie Verräter, wie amerikanische Agenten
behandelt", so Sawik Schuster vom Büro des Senders Radio
Liberty." Es ist ein Irrglaube, dass die Macht gewinnt, wenn es
keine Opposition und keine Pressefreiheit mehr gibt", sagt der
bekannte Leitartikler Otto Lazis. "Dies ist die dumme Vorstellung
von Beamten mit sehr beschränkten Gehirnen."
Frankfurter Rundschau, 16.9.2000
17.9.2000 Die russische Staatsführung hat Berichte
über eine angebliche bevorstehende Zensur für
Fernsehbilder aus Tschetschenien dementiert: "Es kann keine Rede
davon sein, dass eine Zensur in Tschetschenien eingeführt
wird", so der Kreml-Sprecher Jastrschembski in Moskau.
dpa, 18.9.2000
28.9.2000 Präsident Putin hat heute ein Dekret
unterzeichnet, welches bewirkt, dass Moskau und nicht die lokalen
Behörden, die Vorsitzenden der regionalen Fernsehstationen
einsetzt. Damit will er eine größere Kontrolle
über die regionalen und lokalen Fernsehsendungen erhalten.
Das Dekret stellt einen weiteren Schritt der Beschneidung der
Pressefreiheit dar.
RIA Nowosti, 28.9.2000
Oktober
2.10.2000 Der wegen seienr kritischen Reportatgen angefeindete
Journalist Babizki muss sich seit heute vor Gericht verantworten.
Der Reporter sei der Nutzung eines gefälschten Passes
angeklagt, so der Fernesehsender NTW aus Machatschkala, wo der
Prozess statt findet.
dpa, AP, 2.10.2000
a ) Reise des BND Chefs Hanning nach Tschetschenien
April 2000 Vom 22.- 23. März hielt sich eine dreiköpfige Delegation des Bundesnachrichtendienstes BND in Russland und Tschetschenien auf. Dies wurde erst Anfang April bekannt.
7.4.2000 die Bundesregierung will den Vorwurf, der BND habe
Russland im Tschetschenienkrieg mit Informationen versorgt, nicht
kommentieren. August Hanning hat mit Einwilligung der russischen
Regierung den Ort Gudermes besucht. Es sei dabei um eine Anfrage
der russischen Regierung an den BND über die Zusammenarbeit
bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus gegangen,
so der Geheimdienstkooridinator Ernst Uhrlau.
Financial Times Deutschland, 7.4.2000
7.4.2000 "Wäre an dem Verdacht, der deutsche
Auslands-Geheimdienst habe den Russen kriegswichtige
Informationen für den Feldzug in Tschetschenien geliefert,
auch nur ein Promille wahr, es wäre ein Verbrechen",
kommentiert die Süddeutsche Zeitung. Der ungehinderte Zugang
des BND ins tschetschenische Kriegsgebiet ist auch deshalb
prekär, weil zeitgleich den Menschenrechtsbeauftragten
internationaler Organisationen die Einreise nach Tschetschenien
verwehrt wird.
Süddeutsche Zeitung, 8.4.2000
7.4.2000 Gerade in den letzen Tagen und Wochen hatte der
grüne Außenminister eine dezidiertere
Menschenrechtspolitik gefordert. Der BND ist direkt dem
Kanzleramt unterstellt und bis jetzt gibt es nur
widersprüchliche Informationen darüber, ob das
Außenministerium über die Reise Hannings informiert
war oder nicht. Der Bundestag jedoch war nicht informiert
worden.
Süddeutsche Zeitung, 7.4.2000
8.4.2000 Das Notärzte-Komitee Cap Anamur nannte die Reise
des Geheimdienstchefs heute eine "faustdicke Sauerei" ‚Cap
Anamur hat für das Verhalten der Bundesregierung keine
Worte, so der Verein.
Yahoo News, 8.4.2000 (www.yahoo.dailynews.com)
10.4.2000 In einem offenen Brief an Bundeskanzler
Schröder und Außenminister Fischer erklärte die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)heute, die
Entsendung des BND-Teams erinnere an den Hitler-Stalin-Pakt.
Empört schreibt die GfbV, das Ziel der Geheimdienstler sei
es gewesen, mit den Mördern der tschetschenischen Frauen,
Kindern und Männer, die vor ein internationales
Kriegsverbrechertribunal gehörten, Informationen über
Terrorismus auszutauschen. Dadurch habe sich der BND der offenen
Parteinahme für Genozid schuldig gemacht.
Offener Brief der Gesellschaft für bedrohte Völker,
10.4.2000
10.4.2000 Das Hamburger Abendblatt kommentiert, wenn der BND
Moskau mit kriegswichtigen Informationen versorgt haben sollte,
sei dies ein Verbrechen. Auch der BND müsse inzwischen
wissen, was Russland unter einer
‚Anti-Terror-Operation‘ versteht. Schließlich
werde im Kaukasus eine ganze Republik ausradiert. Unter keinen
Umständen hätte der BND-Chef da nach Tschetschenien
reisen dürfen - noch dazu vor der
UN-Menschenrechtskommissarin.
Hamburger Abendblatt, 10.4.2000
10.4.2000 Hermann Gröhe, Bundestagsabgeordneter der CDU,
hat die rückhaltlose Aufklärung der Kooperation
zwischen dem deutschen und dem russischen Geheimdienst im
Tschetschenien-Krieg gefordert. Es müsse überprüft
werden, ob die Grenze des Informationsaustauschs zur
Terrorismusbekämpfung überschritten wurde und ob der
BND in Bezug auf Tschetschenien tatsächlich mit Moskau
zusammengearbeitet habe.
Frankfurter Rundschau, 11.4.2000
12.4.2000 August Hanning ist auf eigenen Wunsch nach
Tschetschenien gefahren, nicht aufgrund einer Einladung
Russlands.
dpa, 12.4.2000
11.4.2000 Auch Abgeordnete der Grünen treten vehement
für die Aufklärung der BND Reise nach Tschetschenien
ein. Fraktionschef Rezzo Schlauch sagte wörtlich: "Für
uns ist die Sache nicht aufgeklärt. Die Grünen sehen
sich in ihrer Auffassung bestätigt, dass der BND einer
strengen parlamentarischen Kontrolle bedarf." Antje Radcke
meinte, es sei "unerträglich, sich vorzustellen, dass der
BND beteiligt ist, die russische Regierung beim Krieg gegen die
Zivilbevölkerung zu unterstützen."
Gerade jetzt, nach der Reise des BND verbreite der russische
Geheimdienst FSB neue Informationen über tschetschenische
"Terroristen".
Berliner Zeitung, 12.4.2000
13.4.2000 Eine Sendung des WDR-Nachrichtenmagazins Monitor
brachte das Thema der Tschetschenienreise des BND nochmals in die
Medien und sorgte für großen Aufruhr. Besonders
empörend ist dabei ein von Monitor aufgezeichnetes Interview
mit Nikolaj Kowaljow, dem ehemaligen russischen Geheimdienstchef.
Er sagt über den BND: ‚Ich habe mit ihnen stets eine
gemeinsame Sprache gefunden. Profis sind überall Profis, und
so fiel es uns leicht, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Deutsche
Geheimdienstler sind hochprofessionell. ‚ Bereits im ersten
Tschetschenienkrieg habe es eine Zusammenarbeit mit dem BND
gegeben: ‚ Es ging um den Austausch von Informationen. Wir
erhielten Informationen über die Stützpunkte zur
Ausbildung der Terroristen, wer zu dieser oder jener Terrorgruppe
gehörte," so Kowaljow. Der BND betreibt in der Nähe der
chinesischen Stadt Sinkiang im Grenzgebiet zu Russland eine
geheime Abhörstation. Von hier aus hört der BND den
Funkverkehr der Tschetschenien-Kämpfer ab, die in
Afghanistan ausgebildet werden. Monitor meldet, dass die
Geheimagenten des BND in Inguschetien auch tschetschenische
Flüchtlinge über die Militäroperationen in ihrem
Land ausgefragt hätten.
Monitor, BND im Tschetschenien-Krieg, 13.4.2000
13.4.2000 Heute tagte das Parlamentarische Kontrollgremium des
Bundestages (PKG) zur BND-Reise nach Tschetschenien. Das PKG habe
keine Einwände gegen diese Reise, Hannings Besuch habe
deutschen Interessen gedient. Nur der Abgeordnete der
Grünen, Hans-Christian Ströbele, stimmte gegen diese
Verlautbarung.
Reuters, 13.4.2000
13.4.2000 Richard Meng von der Frankfurter Rundschau
kritisiert die deutsche Außenpolitik und Minister Fischer;
durch die ‚Spezial-Außenpolitik des BND mit der
zwielichtigen Geheimreise nach Tschetschenien‘, sei die
politische Glaubwürdigkeit beschädigt worden.
Frankfurter Rundschau, 13.4.2000
13.4.2000 Die Angst vor einem Flächenbrand von
Afghanistan bis zum Schwarzen Meer, das neue Feindbild des
radikalen Islamismus und vor allem harte Interessen an
Ressourcen, Öl und die strategische Lage des Kaukasus,
trieben nicht nur den deutschen Geheimdienst zu Kontakten mit dem
russischen Partner. Auch die National Security Agency, die
britischen Dienste MI-5 und MI-6, der französische
Geheimdienst und der israelische Mossad sind im Kaukasus die
Speerspitze ihrer Regierungen. Aber nur der BND war unklug genug,
tatsächlich nach Tschetschenien zu reisen.
Die Zeit, 13.4.2000
13.4.2000 Das Auswärtige Amt wusste von den
Bemühungen des BND, eine Delegation ins Kriegsgebiet nach
Tschetschenien zu entsenden. Das Bundeskanzleramt legte dem
Auswärtigen Amt rechtzeitig vor der Reise die entsprechenden
Pläne vor.
Spiegel Online, 13.4.2000
16.4.2000 Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat
Strafanzeige gegen den Chef des Bundesnachrichtendienstes August
Hanning erhoben. Es bestehe der dringende Verdacht, dass Hanning
Beihilfe zum Völkermord geleistet habe.
AFP, Kölner Stadtanzeiger, 16.4.2000
14.4.2000 ‚Es muss nicht alles zutreffen, was in einem
Bericht steht‘, hieß es nach der Monitor-Sendung aus
Pullach.
Berliner Morgenpost, 14.4.2000
20.4.2000 Die unabhängige russische Tageszeitung
Nesawissimaja Gaseta schreibt zum BND Besuch in Tschetschenien:
‚Durch diese Reise könnte die Regierung der BRD die
von ihr gewünschten Informationen bekommen, sozusagen aus
erster Hand. Man kann sich leicht vorstellten, dass Berlin seinen
Verbündeten diese wichtigen Informationen nicht vorenthalten
wollte. Und allgemein gesehen könnte diese ja auch zu mehr
Verständnis für die wirkliche Situation in
Tschetschenien und zu einer ausgewogeneren Haltung des Westens
führen.
Nesawissimaja Gaseta, 20.4.2000
Kommentare und Bilanzen
a) Benennen, Summieren und Definieren von Völkermord
Oktober
2.10.1999 Tschetschenischen Angaben zufolge kamen bei den
bisherigen Luftangriffen auf die Kaukasusrepublik 590 Menschen
ums Leben, 3.000 weitere wurden verletzt. Bei der Mehrzahl der
Opfer soll es sich um Zivilisten handeln.
Junge Welt, 2.10.1999
24.10.1999 Die Zahl der seit Beginn der Bombardierungen
gestorbenen Zivilisten beträgt 2.500.
Amnesty International Report EUR 46/38/99. The Russian
Federation: Chechen Republic. Humanity is indivisible. Open
Letter to the United Nations from the Secretary General of
Amnesty International. November 1999.
http://www.amnesty.org/ailib/aipub/1999/EUR/44603899.htm
28.10.1999 Insgesamt sollen nach Angaben der tschetschenischen
Behörden vom 5.9.1999 bis zum 28.10.1999 über 3.265
Zivilisten durch die russischen Angriffe ums Leben gekommen und
5.000 verletzt worden sein.
BBC News: Chechen cities under fire, 7.11.2000
November
4.11.1999 Die Witwe von Andrej Sacharow, Frau Jelena Bonner,
sagte vor dem Auswärtigen Ausschuss des US-Senats über
Tschetschenien aus. In ihrem letzten Absatz fasst sie die Lage
zusammen: Flächenbombardements, Bombardierungen von
Städten, Dörfern und Flüchtlingskonvois stellen
eine schwere Verletzung der Genfer Konventionen über den
Schutz von Zivilisten in Kriegszeiten und den Protokollen zur
Konvention dar. Dies zeigt die extreme Missachtung dieser
wichtigen internationalen Abkommen durch die russische Regierung.
Die Methoden der Kriegsführung zeigen, dass dies kein Krieg
gegen Terroristen ist. Die russischen Generäle versuchen,
einen großen Teil der tschetschenischen Nation
auszulöschen. Das Ziel ist es, Tschetschenien, ohne die
Tschetschenen, als Teil der Russischen Föderation zu
behalten: dies ist Völkermord. Dies ist nicht wieder eine
Verletzung von Menschenrechten, dies ist ein Verbrechen gegen die
Menschlichkeit. Der Völkermord kann nicht länger eine
innerrussische Angelegenheit bleiben, egal, wie lange
Präsident Jelzin und Putin dies betonen mögen.
Jelena Bonner in Reliefweb, 4.11.2000 (www.reliefWeb.int)
6.11.1999 Ein Journalist des Guardian fordert: 1. Der
Internationale Währungsfond solle weitere Zahlungen
einfrieren, bis in Tschetschenien ein Waffenstillstand herrsche.
2. Jelzin solle, am besten von Clinton, mitgeteilt werden, dass
Putin im Augenblick für den Westen kein Mann zum Verhandeln
sei. 3. Die Krise müsse internationalisiert werden,
Hilfsorganisationen und Medien freien Zugang nach Tschetschenien
erhalten.
The Guardian, 6.11.1999
10.11.1999 Ein tschetschenischer Sprecher teilte mit, dass
bisher mehr als 4.000 Zivilisten in den seit zwei Monaten
andauernden willkürlichen Bombenangriffen der Russen
getötet wurden.
http://www.pgs.ca/pages/war/ca2/os991110.htm, 10.11.1999
Mitte November 1999 Das US Flüchtlingskommitte USCR
bilanziert, dass sich die Situation im Oktober und November
für die internen und externen Flüchtlinge sowie
für die in Tschetschenien verbliebenen Bürger
verschärft habe. Etwa 1, 4 Millionen Menschen seien in den
sogenannten Sicherheitszonen gefangen. Russische Flugzeuge und
Artillerie bombardierten Grosny, Gudermes und die umliegenden
Dörfer, sie machten Zehntausende zu Flüchtlingen und
töteten etwa 3.600 Menschen. Die Zahl der Verletzten ist
noch weitaus höher. Anfang November schon sprachen die
russischen Militärs offen darüber, die Kontrolle
über ganz Tschetschenien erhalten zu wollen.
USCR in www.refugees.org, 15.11.1999
Mitte November 1999 Die russische Menschenrechtsorganisation
"Memorial" hat in einer Untersuchung am Beispiel der
Bombardierung des Zentralmarktes in Grosny, des Dorfes
Elistanschi und mehrerer ziviler Ziele nachgewiesen, dass
ranghohe Politiker und der Generalstab versucht haben, die wahren
Gründe der Vorfälle, bei denen Hunderte von Zivilisten
getötet wurden, zu vertuschen. "Memorial" lastet den
Politikern und Militärs direkte Verantwortung für die
Vernichtung der tschetschenischen Zivilbevölkerung an. Die
russischen Truppen bombardierten in Tschetschenien in vielen
Fällen wahllos und hätten damit eine Massenflucht von
Menschen verursacht, was zu einer humanitären Katastrophe
geführt habe. Es gebe keinerlei bestätigende Hinweise
für ein gezieltes und erfolgreiches Bombardement
ausschließlich der Stützpunkte der Tschetschenen und
für das Bestreben, unnötige Opfer unter der
Zivilbevölkerung zu vermeiden.
ap/afp/rtr-Bericht in Frankfurter Allgemeine Zeitung,
15.11.1999
16.11.1999 In ihrem Statement sagte die Hochkommissarin
für Flüchtlinge, Mary Robinson, zu der Situation in
Tschetschenien: "Besonders besorgt bin ich über folgende
Vergehen, welche von unabhängigen Quellen berichtet wurden
und welche großes Leid und den Tod vieler
hervorriefen:
Ungezielte und unausgewogener Waffeneinsatz, welcher zum Tod
vieler Zivilisten führte
Die schwächeren Teile der Bevölkerung, Kinder, Kranke
und Alte, sind nicht in der Lage, vor den Bomben zu fliehen.
Ihnen wird keine Möglichkeit geboten, zu fliehen."
Mary Robinson in www.reliefWeb.int, 16.11.2000
Ende November 1999 Das Kinderzentrum 'Kleiner Stern'
veröffentlichte eine Einschätzung der Lage im
Kriegsgebiet. Die Organisation geht davon aus, dass etwa 60.000
bis 100.000 Menschen umkamen. 40% davon seien Kinder. Die
Infrastruktur und die Gesundsheitsversorgung seien
zusammengebrochen. Die internationale Hilfe laufe langsam an,
werde aber durch die hohen Sicherheitsrisiken stark
behindert.
www.warchild.org
25.11.1999 Interview mit dem Menschenrechtler und
Duma-Abgeordneten Sergej Kowaljow: "Die befehlshabenden
Generäle suchen Revanche für den ersten Krieg. Doch
wichtiger ist etwas anderes: Die Armee will wieder zu einer
realen, geachteten Macht im Land werden. Der Krieg soll sie zur
politischen Kraft machen. Das ist eine gefährliche Tendenz.
In Tschetschenien herrscht heute militärische Willkür.
In den besetzten Gebieten agiert die Armee ohne politische
Kontrolle. Vor Ort entscheiden die Generäle. Ein
Völkermord ist dieser Krieg noch nicht. Mit der Zeit wird er
sich zum Partisanenkrieg wandeln, den die Armee nicht gewinnen
kann. Es sei denn, er wird zum Vernichtungskrieg. Die Konsequenz
daraus kann nur Völkermord sein."
http://www.stern.de, 25.11.1999
29.11.1999 Der Menschenrechtler Sergej Kowaljow schreibt:
Tschetschenien stirbt und braucht internationale Hilfe. Ich bin
tief überzeugt, dass dieses Land stirbt, Tschetschenien
zieht Russland mit in den Abgrund. Das heißt, auch Russland
braucht internationale Hilfe. Heute gibt es nur eine
Möglichkeit, solche Hilfe zu leisten: Der Westen muss vollen
Druck auf beide Seiten des Konflikts ausüben. Ich werde mich
nicht wiederholen: Der wichtigste Punkt ist: Wenn sie Russland
helfen, wird Europa in seine eigene Zukunft investieren.
Sergej Kowaljow, Central European Economic Review, www.hro.org/war/50.htm,
29.11.1999
Dezember
Dezember 1999 die ehemalige ARD-Korrespondentin in Moskau,
Sonia Mikich, schreibt im ai-journal: " Brennender Kaukausus -
ein Land soll zerstört werden. Es ist viel näher an
Europa als Osttimor. Und die Verwüstungen sind schlimmer als
alles, was Sarajewo oder Pristina je erdulden mußten.
Über 200.000 Bewohner der kleinen Kaukasusrepublik sind
geflüchtet, ihre Häuser brennen, ihre Felder werden
vermint, ihr Hab und Gut wird von plündernden russischen
Soldaten gestohlen. Vor ein paar Monaten hätte man so etwas
'humanitäre Katastrophe' genannt. Aber es ist nicht Mode,
nicht profitabel, nicht image-fördernd, sich für dieses
Kaukasusvolk einzusetzen. Zu gerne haben Politiker und
Öffentlichkeit im Westen die russische Propaganda-Lüge
geschluckt, es handele sich nicht um einen Vernichtungsfeldzug,
sondern um eine Aktion gegen Terroristen. Zu flott haben sie
genickt, wenn der Kreml vor der islamischen
Osama-Bin-Laden-Verschwörung warnte."
Dezember 1999 ai-Journal
8.12.1999 In Frankfurt verurteilt Außenminister Fischer
das russische Ultimatum an Grosnys Bevölkerung als nicht
hinnehmbaren "Akt der Barbarei". Er habe dem russischen
Außenminister Iwanow mitgeteilt, er erwarte eine
Rücknahme des Ultimatums und eine baldige Beendigung des
Krieges, gestand aber auch ein, dass die
Einflussmöglichkeiten des Westens auf diesen Konflikt sehr
begrenzt seien.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9.12.1999
9.12.1999 Der Direktor des Harvard Projekts über Studien
zum Kalten Krieg, Mark Kramer, schreibt in der Los Angeles Times,
Augenzeugen der Schlacht von Corregidor im Zweiten Weltkrieg
hätten gesagt, der Tod würde von überall herunter
regnen. Diese Bilder wiederholten sich im Moment in
Tschetschenien, wo russische Truppen alles zerstörten, was
ihnen im Weg sei. Moskaus Ziel scheint es immer mehr zu sein, die
Tschetschenen als Nation auszulöschen.
Los Angeles Times, 9.12.1999
9.12.1999 Aus dem Friedensappell der IPPNW zum Tag der
Menschenrechte: "Die Kriegshandlungen zwischen den russischen
Truppen und den Widerstandskämpfern in Tschetschenien
erreichen das Ausmaß von Völkermord. Das Bombardement
von Städten und Dörfern der russischen Teilrepublik hat
bisher schon Tausende von Opfern unter der Zivilbevölkerung
gefordert. Nach Schätzungen humanitärer Organisationen
haben bislang bis zu 240.000 Flüchtlinge ihre Heimat
verlassen und in Inguschetien Zuflucht gefunden.
http://www.ippnw.de
16.12.1999 André Glucksmann auf einer Konferenz in
Moskau unter dem Titel "Tschetschenien - die nicht gelernte
Lektion": "Herr Putin, Sie glauben, dass wir falsch informiert
sind, aber das sind wir nicht. Wir haben ihren Freund Boris
Beresowski gehört, der gesagt hat, es sei nicht bewiesen,
wer die Häuser in Moskau in die Luft gesprengt hat. Heute
wissen wir zumindest, dass den Reichstag in Berlin weder die
Kommunisten noch die Juden angezündet haben." Im
Konferenzsaal der Nachrichtenagentur Itar-Tass herrscht
Schweigen. Das Ultimatum an die Bevölkerung Grosnys sei
beispiellos in der Geschichte - mit zwei Ausnahmen, fährt
Glucksmann fort: Hitlers Ultimatum an Warschau und Pol Pots
Ultimatum an Phnom Pen. "Während ich spreche, sterben in
Grosny friedliche Menschen."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.12.1999
16.12.1999 Bernard Henri Lévy auf einer Konferenz in
Moskau unter dem Titel "Tschetschenien - die nicht gelernte
Lektion": "Sie kämpfen mit Terroristen, Herr General, aber
Sie sind selbst ein Terrorist."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.12.1999
16.12.1999 Der Schriftsteller Anatoli Pristawkin ruft auf
einer Konferenz in Moskau unter dem Titel "Tschetschenien - die
nicht gelernte Lektion" dazu auf, sich vom Image des
tschetschenischen "Feindvolkes" abzukehren und den Krieg zu
beenden, der sonst in einen Partisanenkrieg münden
würde.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.12.1999
Januar
4.1.2000 Valentina Mel´nikowa von der Union der
Soldatenmütterkomitees fordert in einer Livesendung im Radio
"Echo Moskwy" Aufklärung über das Schicksal der
Tschetschenen, die von russischen Einheiten nach den
"Säuberungen" von eingenommenen Ortschaften festgenommen
wurden. Außerdem bezeichnet sie die Lager, in denen
Menschen verschwinden, als einen "kolossalen Verstoß"
(gegen die Menschenrechte).
War and Human Rights, Nr. 103, 4.1.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm
5.1.2000 Menschenrechtler schätzen, dass in
Tschetschenien bislang etwa 10.000 Zivilisten umgekommen
sind.
Stern auf der homepage http://www.stern.de,
5.1.2000
5.1.2000 Der Präsident der Assoziation der Psychiater und
Psychologen der Tschetschenischen Republik, Prof. Musa
Dal´sajew, verurteilte in einem Interview mit Radio Liberty
die Einrichtung von Filtrationslagern: "Jede ungerechtfertigte,
ungesetzliche Unterbringung sogar in gut ausgestattete
Filtrationslager kann nicht ohne Folgen bleiben." Er warnte vor
psychischen Störungen und erinnerte daran, dass "im letzten
Krieg eine große Zahl von Menschen, die aus den
Filtrationslagern kamen, zu Invaliden wurden, und ein
großer Teil von ihnen ist einfach gestorben."
War and Human Rights, Nr. 104, 5.1.2000, www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm
6.1.2000 Die Journalistin, Irena Brezna, beschreibt in einer
Glosse für das Bieler Tageblatt die Sinnlosigkeit und
Absurdität des Krieges: '(...) Die Moskauer Filialen von
Lacoste und Calvin Klein schenken ihre Winterkollektion den
Flüchtlingen in Inguschetien, (...) der Psychiaterkongress
in Madrid beschließt, dem russischen Premier Putin seinen
besten US-Fachmann für Minderwertigkeitskomplexe zur
Verfügung zu stellen, und die Anonymen Alkoholiker in
Hinterzarten bieten Boris Jelzin eine Ehrenmitgliedschaft an
(...) Der Moskauer McDonald's lädt tausend Chickenburger vor
den Toren des Untersuchungsgefängnisses Matrosskaja Tischina
ab, wo täglich neue Passanten tschetschenischer
Nationalität hineingeprügelt werden, und eine Ladung
Hamburger wird unter den arm- und beinlosen
Tschetschenien-Veteranen im Militärspital in Rostow
verteilt. (...) die Atomlobby druckt ein Handbuch für das
Verhalten bei nuklearer Verseuchung auf Tschetschenisch,
Georgisch, Armenisch und Aserbaidschanisch für den Fall,
dass eine Bombe die radioaktiven Abfälle im zehn Kilomenter
von Grosny entfernten Lager freisetzten sollte (...) da die
Radioaktivität durch den Fluss Terek ins Kaspische Meer
gelangen wird und von dort in die weite Welt, die sich nun
endlich so verantwortungsvoll zeigt.
6.1.2000 Irena Brezna in Bieler Tageblatt
12.-20.1.2000 Repräsentanten von Memorial waren vom
12.-20.1.2000 in Inguschetien und Tschetschenien. Ihr Report
über schwere Menschenrechtsverletzungen wurde Mitte Januar
veröffentlicht. Zusammenfassend schreiben sie, es läge
ihnen massenhaft Material über willentliche Bombardierungen
von bewohnten Gebieten, Straßen, Städten und
Dörfern vor. Besonders viele Opfer forderte der Einsatz von
Boden-Boden Raketen in Grosny am 21. Oktober 1999, bei dem etwa
150 Menschen umkamen. Ähnliche Angriffe fanden auch dieses
Jahr statt.
Memorial auf der homepage www.memo.ru, Mitte Januar
17.1.2000 Der Kommentator der New York Times schreibt, die
russische Kampagne, allen Widerstand in Tschetschenien
auszulöschen, sei nicht länger eine Triumphparade. Die
russischen Verluste hätten zugenommen. Dadurch käme
Putin, so kurz vor den Präsidentschaftswahlen in
Bedrängnis.
The New York Times, 17.1.2000
17.1.2000 Der Migrations- und Flüchtlingspolitische
Sprecher der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen des
Landtags von Nordrhein-Westfalen, Jamal Karsli, fasst seine
Meinung zum Krieg in Tschetschien zusammen und vergleicht
Milosevic mit Putin: "Vom Balkan auf den Kaukasus: Das Kosovo des
Jahres 2000 heißt Tschetschenien. Seit vielen Wochen mordet
und zerstört der zweite russische Feldzug in der
Teilrepublik. Tausende Tote und zerstörte Städte und
Dörfer, allem voran eine bis auf die Grundmauern
verwüstete Hauptstadt Grosny.
Hier ist es Grosny, im Kosovo war es Pristina. (...) Einen
signifikanten Unterschied dieser beiden Tragödien gibt es
jedoch: Milosevic wurde von einer internationalen Koalition
gestoppt. Die russische Regierung wird hingegen immer noch aus
der Perspektive der vergangenen Ost-West-Konfrontation
betrachtet.
Presseerklärung Jamal Karsli, 17.1.2000
24.1.2000 Die Hilfsorganisation ''Ärzte ohne Grenzen' hat
in einem Brief an Präsident Clinton die Kriegsverbrechen
Russlands in Tschetschenien verurteilt. Städte,
Krankenhäuser, Marktplätze und Flüchtlingskonvois
seien bombardiert worden. die USA solle auf ein Kriegsende
hinwirken, das Leiden der Zivilisten entspreche dem der Albaner,
die im vergangenen Jahr vor serbischen Soldaten aus dem Kosovo
geflohen seien.
Tagesschau Archiv, 24.1.2000 www.tagesschau.de
Februar
7.2.2000 Ein Redakteur der Frankfurter Rundschau bilanziert
zum ‚Sieg‘ über Grosny: Verloren hat die
russische Generalität - mag sie auch Putins Wahl gewinnen
helfen - das, was sie als ihre Ehre zu bezeichnen beliebte.
Verloren hat sie Grosny in ihrem scheinbaren Sieg. Verlieren wird
sie den nun folgenden Partisanenkrieg, gerade wenn sie ihn bis
zum Untergang des letzten kämpfenden Tschetschenen sozusagen
gewinnt. So beginnt die Ära des Wladimir Putin: mit dem
Verlust des Vorschusses an Vertrauen in jede Vernunft, die von
Mäßigung geformt ist.
Karl Grobe in Frankfurter Rundschau, 7.2.2000
14.2.2000 Jelena Bonner schließt sich der Erklärung
des Amerikanischen Komitees für Tschetschenien an. In
Auszügen: "Die Verweigerung des Zugangs für
internationale Beobachter verleitet zu der Annahme, dass Russland
nicht nur Menschenrechtsverletzungen und Massentötungen zu
verbergenn versucht, sondern auch anhaltende Verbrechen gegen die
Menschlichkeit sowie Genozid. Während der letzten sechs
Jahre ist die tschetschenische Bevölkerung fast halbiert
worden. Wenn die internationale Gemeinschaft die noch lebenden
Tschetschenen nicht beschützt, dann werden wir alle an der
Schuld für dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit
teilhaben."
World Data Network, 14.2.2000 http://www.wdn.com
17.2.2000 Tschetschenische Quellen sprechen von bis jetzt
15.000 getöteten Zivilisten, die russische Seite meint, es
seien mehrere Hundert Personen gestorben.
Nachrichtendienst Stratfor, www.Stratfor.com,
17.2.2000
24.2.2000 Der grüne Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit
nannte Wladimir Putin wegen seines Vorgehens im Kaukasus einen
‚Mörder‘. Ein Volk werde massakriert, sagte
Cohn-Bendit im französischen Fernsehen. Stalin habe die
Tschetschenen 1944 deportieren lassen, Putin bringe sie heute um.
Moskau sei dabei, eine‘ tschetschenische Taliban‘
hervorzubringen.
Financial Times Deutschland, 24.2.2000
26.2.2000 Human Rights Watch meint, es werde ein Muster
summarischer Exekutionen in ganz Grosny deutlich. Auf die
jüngsten Berichte reagierte die Militärführung wie
üblich mit beleidigten Dementis. Die Anschuldigungen seien
unwahr und beruhten allein auf Gerüchten. Zwar trifft es zu
, dass die Umstände der genannten Vorfälle genauer
ermittelt und weitere Zeugen befragt werden müssen. Aber es
läge an der russischen Führung, selber den Berichten
und Fakten auf den Grund zu gehen. Statt dessen hat Moskau die
Stadt Grosny abgeriegelt . Der Kreml weigert sich gegen die
ständige Präsenz ausländischer Beobachter im
Kriegsgebiet. Dies legt den Verdacht nahe, dass Moskau das wahre
Ausmass der Kriegsverbrechen vertuschen will.
Neue Züricher Zeitung, 26.2.2000
26.2.2000 Der tschechische Präsident Vaclav Havel rief
die internationale Gemeinschaft dazu auf, gegen die russische
Kriegsführung im Kaukausus zu protestieren. Im tschechischen
Fernsehen nannte er das russische Vorgehen im Kaukasus das
‚Abschlachten einer Nation‘.
Neue Züricher Zeitung, 28.2.2000
März
1.3.2000 In einem Interview mit der britischen Zeitung The
Guardian sagte der EU-Kommissar für Außenbeziehungen:
Einiges des Leids, welches der tschetschenischen Bevölkerung
zugefügt wurde, wird Narben hinterlassen, die lange Zeit
nicht heilen werden. Es gibt so etwas wie geistige Verschmutzung,
wenn man die Augen vor solch systematischen und entsetzlichen
Menschenrechtsverletzungen, wie sie in Tschetschenien passieren,
verschließt."
The Guardian, 1.3.2000
15.3.2000 Madina Magomadowa, Vorsitzende der Vereinigung
'Mütter Tschetscheniens', Wiktor Popkow, Direktor der
'Omega' Gesellschaft, Chris Hunter, Direktor des Zentrums
für Friedensstiftung und kommunale Entwicklung in Moskau,
Junsei Teresawa, buddhistischer Mönch des 'Nipponzan
Myuohoji' Tempel, und Tadashi Aoyama, Direktor des
Bürgerfonds für Frieden, unterzeichnen einen dringenden
Appell zur Situation in Tschetschenien. Darin heißt es
unter anderem: "Wir verurteilen die willkürliche Ermordung
von Zivilisten in Tschetschenien und die Bombardierung von
Dörfern und Städten sowie andere Angriffe auf zivile
Objekte, darunter Krankenhäuser und Gebäude, die
religiösen Zwecken dienen. Der Großteil der Republik
ist zerstört worden. Medizinisches Personal und Patienten
sind von russischen Soldaten erschossen worden. Wir verurteilen
die Benutzung verbotener Waffen durch russische Truppen. Sobald
sie die Kontrolle über bewohnte Gebiete erlangt haben,
schüchtern russische Truppen die Lokalbevölkerung ein,
in vielen Fällen nehmen sie Personen fest oder bringen sie
um. Was die russischen Behörden als Antiterror-Kampagne
bezeichnen, ist nichts anderes als eine weit gefächerte
Schikanierung der Zivilbevölkerung, ohne jeglichen Respekt
vor menschlichem Leben und menschlicher Würde. Kein Zivilist
in Tschetschenien kann sich in irgend einem Teil seines
Heimatlandes sicher fühlen. Bewegungsfreiheit wird nicht
gewährt, da jeder Zivilist eine speziellen Genehmigung
erhalten muss, um sich von einem Distrikt der Republik in den
anderen zu bewegen. Die willkürlichen Massenverhaftungen,
die die Bevölkerung in allen Teilen Tschetscheniens
bedrohen, enden oft in der Inhaftierung in russisch
kontrollierten Filtrationslagern, wo Schläge, Folter,
Vergewaltigung und Morde an der Tagesordnung sind. [...] 200.000
Flüchtlinge, die in Inguschetien leben, sind armseligen
Verhältnissen ausgesetzt und bekommen nur unzureichend
Hilfe. [...] Interne Flüchtlinge innerhalb Tschetscheniens
sind noch schlechteren Bedingungen ausgesetzt als die in
Inguschetien, da für sie so gut wie keine Hilfe bereit
gestellt wird. Sogar die grundlegendsten Dinge wie
Elektrizität, Gas zum Heizen und Kochen sowie
Grundnahrungsmittel und Medikamente fehlen."
War and Human Rights, 15. 3.2000 http://www.hro.org/war/168_a.htm
23.3.2000 Internationaler Aufruf gegen den Krieg in
Tschetschenien, verfasst von dem französischen Philosophen
André Glucksmann: "Grosny geschleift, ohne dass ein Finger
sich rührt. Dörfer niedergebrannt, ohne dass ein Finger
sich rührt. Verwundeten den "Gnadenschuss" gegeben, ohne
dass ein Finger sich rührt. Körper gefoltert, Frauen
und Männer vergewaltigt, ohne dass ein Finger sich
rührt. Das Volk zertreten, ohne dass ein Finger sich
rührt. Internationales Schweigen, in bester
Komplizenschaft(...)"
Zu den 200 Unterzeichnern gehören:
Timothy Garton Ash, Andrej Babizki, Wolf Biermann, Norbert
Blüm, Jelena Bonner, Daniel Cohn-Bendit, John le
Carré, Noam Chomsky, Umberto Eco, Bora Cosic, Günter
Grass, Elfriede Jelinek etc.
Die Tageszeitung TAZ, 23.3.2000
31.3.2000 Die Welt veröffentlicht einen Artikel von
Mustafa Edilbiew, dem Chefredakteur der in Moskau erscheinenden
Zeitung ‚Kawkas‘. "Die Leichtigkeit des Erfolgs und
der dringende Wunsch, Revanche zu nehmen für die Niederlage
im ersten Krieg, verwirrte den russischen Militärs und
Politikern die Köpfe. Sie begannen, Wohnviertel und zivile
Objekte zu bombardieren und mit schwerer Artillerie und Raketen
zu beschießen. Unter dem Vorwand der
‚Säuberung‘ wurden Siedlungen in
Konzentrationslager verwandelt. Vergewaltigung, Plünderung
und Mord wurden zur üblichen Vorgehensweise der russischen
Truppen.
Die so genannte ‚anti-terroristische Operation‘
Putins wurde schrittweise zum Genozid und zum Krieg gegen das
tschetschenische Volk. So ist es zu erklären, dass die
Kräfte des Widerstands in Tschetschenien aktiv wurden, als
Russlands militärische Befehlshaber das Ende der
militärischen Etappe der ‚anti-terroristischen
Operation‘ verkündeten. Und dieser nationale
Widerstand wird stärker werden, der Krieg in Tschetschenien
hat gerade erst begonnen."
Die Welt, 31.3.2000
April
4.4.2000 Die in den Vereinigten Staaten angesiedelte
Organisation 'Physicians for Human Rights' führte eine
Kongress-Anhörung mit den Ergebnissen ihrer Umfrage bei
tschetschenischen Flüchtlingen durch. 60% der 1.140
Befragten haben gesehen, wie russische Soldaten Missbrauch an
Nicht-Familienmitgliedern verübt haben. Mehr als 16%
berichteten von Missbrauch gegen Mitglieder ihres eigenen
Haushalts. Mehr als 40% einer Zufallsauswahl, die aus der
UNHCR-Registrierungsliste von 180.000 Flüchtlingen getroffen
wurde, wurden Zeuge einer Tötung. 6% mussten mit ansehen,
wie ein Mitglied ihres Haushalts getötet wurde.
Physicians for Human Rights in Refugees Daily, 5.4.2000 www.unhcr.ch/refworld/
Mai
26.5.2000 Der Kommentator der Neuen Züricher Zeitung
erklärt: Acht Monate nach Beginn des zweiten
Tschetschenienkriegs ist die Situation verfahrener denn je. Eine
Friedenslösung müsste gegen die russische
Militärführung durchgedrückt werden. Die ist
jedoch von dem Wahn besessen, die Schmach des ersten Krieges
tilgen zu müssen. Auch Putin ist ein Gefangener seiner
Politik: Er hat die Rückkehr der abtrünnigen Republik
unter Moskaus Obermacht zu einem Musterbeispiel für den
Kampf für einen starken Zentralstaat gemacht. Lenkt er in
Tschetschenien ein, so stirbt auch die Hoffnung vieler
Wähler, Putin könne Russland nach einem Jahrzehnt der
Enttäuschungen wieder in eine stolze Nation verwandeln.
Trotz der hohen Opferzahlen steht die öffentliche Meinung
noch hinter dem Krieg. Militärisch sei Moskau durchaus in
der Lage, sich über Jahre in der Republik festzukrallen. Der
Bau umfangreicher Verteidigungsstellungen und gut
geschützter Garnisonen zeige, dass Moskau genau das im Sinn
habe.
Neue Züricher Zeitung, 26.5.2000
Juni
3.6.2000 Die Berichte des russischen Verteidigungsministeriums
über die "sichere Kontrolle" fast aller Orte Tschetscheniens
seien ein konjunktureller Bluff. Wenn man der Wahrheit ins Auge
sehe, so sei es jetzt, "da die tschetschenischen
Bandenformationen nicht zerschlagen, sondern lediglich zerstreut
sind, noch sehr weit bis zum Abschluss der antiterroristischen
Operation." Jetzt beginne eine schwere und opferreiche Etappe des
Partisanenkrieges.
Komsomolskaja Prawda, 3.6.2000
4.6.2000 Die russische Führung erkläre zwar immer
wieder, sie hätte einen großen Teil des
tschetschenischen Territoriums von "Banditen und Terroristen"
befreit, und die tschetschenische Bevölkerung habe genug von
diesen "Banditen", trotzdem kommt es immer wieder zu Angriffen
auf russische Einheiten, gerade in den angeblich "befreiten"
Gebieten. Daraus zieht der Kommentator des Tagesanzeiger den
Schluss, dass die Bevölkerung die russischen Truppen als
Besatzer betrachtet und die tschetschenischen Kämpfer in
ihrem Partisanenkrieg unterstützt. Die russische
Führung sei im Kaukasus mit Problemen beschäftigt,
welche die Zukunft des ganzen Landes wesentlich beeinflussen
werden. Wie kann Russland demokratischen Prinzipien treu bleiben,
gute Beziehungen mit dem Rest der Welt pflegen und gleichzeitig
den Kaukasus unter seiner Herrschaft behalten? Auf diese Frage
müsse Putin, zu dessen Wahlsieg der blutige Krieg im
Nordkaukasus wesentlich beigetragen habe, eine Antwort
finden.
Tagesanzeiger, 4.6.2000
Juli
August
5./6.8.2000 Die Neue Züricher Zeitung zum Jahrestag des
Kriegsbeginns in Tschetschenien: "Moskau hat sich mit seinem
Kriegseinsatz zwar wieder auf tschetschenischem Boden
festgekrallt, aber mit ungewissen Perspektiven und zum Preis
eines enormen Blutzolls. Allein auf russischer Seite kamen nach
offiziellen Angaben im Verlauf der einjährigen Kämpfe
fast 2600 Mann ums Leben. Die tatsächliche Zahl dürfte
höher liegen. Während auf der Seite der
Zivilbevölkerung und der Guerilla die Zahl der Todesopfer
vermutlich in die Zehntausende geht. Es kann kein Zweifel
bestehen, dass Moskau mit dem blindwütigen Feldzug selbst
die Brutalität der tschetschenischen Verbrecherbanden in den
Schatten gestellt hat. Indem russische Artillerie und Kampfbomber
gnadenlos eine Ortschaft um die andere vernichteten, vergalten
sie Terror mit Terror. Recht gut belegt sind Dutzende Fälle
willkürlicher Erschießungen, wofür die russische
Justiz bisher keinen einzigen Militärangehörigen zur
Rechenschaft gezogen hat. Und die verbreitete Praxis russischer
Militärs, Einwohner zu verhaften und gegen Bestechungsgelder
wieder frei zulassen, erinnert fatal an ein neues
Entführungsgeschäft, diesmal mit umgekehrten
Vorzeichen.
Neue Züricher Zeitung, 5./6.8.2000
8.8.2000 Mit dem Überfall tschetschenischer Kämpfer
auf Dagestan begann vor genau einem Jahr der erneute Krieg in
Tschetschenien. Das Bieler Tagblatt bilanziert, fast 2600
Soldaten seien in den letzten zwölf Monaten gefallen, mehr
als 7500 Soldaten seien verwundet worden. Mehr als 150.000
Menschen seien aus ihren Häusern geflohen und hätten
größtenteils in der Nachbarrepublik Inguschetien
Zuflucht gefunden. Die westliche Kritik am Tschetschenienkrieg
sei trotz erschütternder Berichte abgeflaut. Sanktionen der
EU seien wieder aufgehoben worden und Putin habe gezielt die
Warnung vor der Gefahr der Ausbreitung des islamischen
Extremismus als Argument für den Krieg eingesetzt. Der Krieg
dauere immer noch an.
Bieler Tagblatt, 8.8.2000
14.8.2000 Andrej Sokolow: "Ein Sieg der russischen Truppen
nach einem Jahr Krieg im Kaukasus ist trotz aller Beteuerungen
der Militärs nicht näher gerückt. Tag für Tag
sterben russische Soldaten. Der jüngste Bombenanschlag auf
dem Moskauer Puschkin-Platz brachte das Gespenst des Terrors, als
dessen unerbittlicher Jäger Putin sich profilieren will, in
die russischen Städte zurück."
Salzburger Nachrichten, 14.8.2000
September
6.9.2000 Vor dem Milleniumsgipfel in New York hat Human Rights
Watch Präsident Clinton noch einmal an Tschetschenien
erinnert. Die Organisation fordert den amerikanischen
Präsidenten auf, von Wladimir Putin die Untersuchung der
massiven Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien zu
verlangen. Besonders vier Punkte sollten dabei angesprochen
werden: Ein transparenter und fairer Prozeß sollte all
denjenigen gemacht werden, die für die
Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind. Es sollte den
UN-Menschenrechtsspezialisten erlaubt sein, sich
uneingeschränkt in Tschetschenien zu bewegen. Die OSZE
sollte nach Tschetschenien zurückkehren dürfen und
Putin sollte einen klaren Zeitplan für all diese
Aktivitäten vorlegen. Gleichzeitig belegt Human Rights Watch
in einem Memorandum, dass die Verbrechen in Tschetschenien nicht
ausreichend oder gar nicht geahndet wurden.
Human Rights Watch Presseerklärung, 6.9.2000
Oktober
30.10.2000 Anläßlich des Besuchs des russischen
Präsidenten Putin zum EU-Russland-Gipfel in Paris,
veröffentlichten europäische Intellektuelle einen
Aufruf gegen den Krieg. Ein Ende des Krieges und die Öffnung
Tschetscheniens für humanitäre Hilfe und internationale
Beobachter, Gespräche mit dem Präsidenten
Tschetscheniens, Maschadow, werden gefordert. "Die kalte
Jahreszeit steht jetzt vor der Tür und wird das Elend und
die Hoffnungslosigkeit der Bevölkerung noch verschlimmern;
einer Bevölkerung, die -da sie sich nicht ergeben hat- in
ihrer ausradierten Hauptstadt, ihren verbrannten Dörfern,
auf ihren verminten Wegen und Böden des Allernötigsten
beraubt ist-, einer Bevölkerung, die Bomben,
willkürliche Razzien, Folterungen und
Massenerschießungen ausgesetzt ist. Wie im Kosovo ist die
Hälfte in Lager (in Inguschetien) geflohen, wo nichts
für den Winter voprbereitet ist."
Aufruf z. B. in die tageszeitung TAZ, 26.10.2000
b) Kommentare zur westlichen Politik
Oktober
21.10.1999 In einer Glosse spielt das WDR Magazin,Monitor, den
Fall durch, die NATO würde, so wie in Jugoslawien auch, in
Tschetschenien eingreifen. Die Realität wird zuerst
bilanziert, der Völkermord in Tschetschenien benannt: Mehr
als ein Zehntel der tschetschenischen Bevölkerung musste
fliehen, sie haben alle Grauenvolles hinter sich. Die
Kriegsmaschinerie des Kreml hat ein Drittel Tschetscheniens
erobert, ganze Landstriche sind zerbombt, Dörfer
planmäßig in Schutt und Asche gelegt. Dann kommt das
Spiel: Die deutsche Regierung habe sich dazu entschieden, zum
zweiten Mal in diesem Jahr klar Stellung zu beziehen, Scharping
vergleicht Tschetschenien mit den deutschen Verbrechen
während des Holocaust.
Monitor, 21.10.1999
26.10.1999 Aus einem Brief von Gregor Gysi an Bundeskanzler
Gerhard Schröder: "Es genügt nicht, darüber
Bestürzung zu äußern und Gespräche zu
führen. So verfestigt sich nur der fatale Eindruck, dass auf
der einen Seite zwar Menschenrechtsverletzungen kritisiert
werden, andererseits aber die deutsche Außenpolitik nichts
unternimmt, um eine sofortige Beendigung der Kriegshandlungen zu
erreichen und die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu
bringen. Ich fordere Sie, Herr Bundeskanzler, deshalb im Namen
der PDS-Fraktion des Deutschen Bundestages dringend auf:
Ihre Verantwortung für die Einhaltung des Völkerrechts
wahrzunehmen und den russischen Krieg gegen Tschetschenien sowie
die Menschenrechtsverletzungen gegen dieses Volk entschieden zu
verurteilen; deutsche Kredite und finanzielle Leistungen, mit
denen Russland direkt oder indirekt diesen Krieg weiter
finanzieren kann, einzufrieren. Eine Ausnahme dürften
lediglich die humanitären Hilfsformen bilden, die der
russischen Bevölkerung unmittelbar zugute kommen;
sich auf internationaler Ebene dafür einzusetzen, die
Möglichkeiten wirkungsvoller wirtschaftlicher Sanktionen
gegen Russland zu prüfen; dafür Sorge zu tragen, dass
sich Russland für diesen Krieg und die darin begangenen
Menschenrechtsverletzungen verantworten muss!"
PDS-Online-Pressedienst, 5.11.1999
27.10.1999 Achtzig namhafte Intellektuelle aus Frankreich,
Russland, Deutschland und weiteren Ländern haben sich mit
einer Erklärung unter dem Titel 'Stopp den Massakern' gegen
den Krieg in Tschetschenien gewandt. Darin heißt es unter
anderem: "Der Krieg im Kaukasus ist das Vorspiel zu einem neuen
Afghanistan: Russische Panzer machen tabula rasa und in den
Ruinen ergreifen Fundamentalisten die Macht. Wir schämen uns
für das Schweigen der UNO, der NATO, der OSZE und der
EU."
Tagesspiegel online,
http://www.tagesspiegel.de/archiv/1999/10/27/ak-po-eu-7378.html,
27.10.2000
November
4.11.1999 In Bonn wirft Amnesty International den UN vor,
"unzureichend" auf die Menschenrechtsverletzungen in
Tschetschenien zu reagieren. Der Russland-Experte der deutschen
Sektion, Wittschorek, sagte, das Schweigen müsse ein Ende
haben; der UN-Sicherheitsrat müsse trotz des Sitzes von
Russland auf die Einhaltung der im September getroffenen
Resolution zum Schutz der Zivilisten drängen. Direkte
Angriffe auf Zivilisten und zivile Ziele dürften nicht
toleriert werden.
epd-Meldung in Frankfurter Rundschau, 5.11.1999
4.11.1999 In Berlin hat der Bundestag in einem
fraktionsübergreifenden Antrag an Russland appelliert, die
Menschenrechte in Tschetschenien zu wahren. Der CDU-Abgeordete
Schockenhoff rügte, dass die Bundesregierung dazu bisher
nicht klarer reagiert habe. Solange Russland mit einem "brutalen
Krieg" die Menschenrechte verletze, stelle sich das Land
"außerhalb des Fundaments, auf dem Europa gebaut
wird."
Richard Meng in Frankfurter Rundschau, 5.11.1999
10.11.1999 Die grüne Europaabgeordnete Elisabeth
Schroedter sagte im Interview mit der tageszeitung taz, wenn der
Westen jetzt nicht ernsthaft an der Konfliktbefriedung Anteil
nehme und versuche klarzustellen, dass der Tschetschenien-Krieg
keine innere Angelegenheit Russlands sei, weil internationale
Menschenrechte nicht die inneren Angelegenheiten eines Landes
sein könnten, setze er sich dem Vorwurf der Doppelmoral
aus.
die tageszeitung taz, 11.11.1999
17.11.1999 'Ärzte ohne Grenzen' in einem offenen Brief an
die Staats- und Regierungschefs, die die OSZE-Konferenz in
Istanbul besuchen: "Über zwei Monate lang ist die
tschetschenische Bevölkerung das Ziel systematischer,
willkürlicher Bombardierungen durch russische Truppen
gewesen. Unter dem Vorzeichen der Terrorismus-Bekämpfung ist
sie kollektiven Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt, die
hauptsächlich Zivilisten treffen. Krankenhäuser,
Märkte und Schulen sind wiederholt Ziele von Angriffen der
russischen Armee gewesen. [...] In Anbetracht der systematischen
Verletzung internationalen humanitären Rechts und der Regeln
der OSZE, die die Menschenrechte und die Rechte von Minderheiten
betreffen, fordern wir Sie auf, während des Zusammentreffens
in Istanbul, allen Druck, der in Ihrer Macht steht,
gegenüber den Vertretern Russlands auszuüben,
nämlich die willkürlichen Bombardierungen der
tschetschenischen Bevölkerung sofort einzustellen,
denjenigen, die Tschetschenien verlassen und außerhalb des
Landes Zuflucht finden wollen, die Möglichkeit dazu zu geben
und den Flüchtlingen und Verwundeten Zugang zu
humanitärer Hilfe zu gewährleisten.
Ärzte ohne Grenzen, 17.11.1999 (http://www.msf.org)
30.11.1999 Gregor Gysi und Fraktion: "Die bisherigen
Aktivitäten der Bundesregierung waren wenig geeignet, das
politische und ökonomische Gewicht der Bundesrepublik
Deutschland mit dem Ziel geltend zu machen, zu einer politischen
Lösung des Konflikts beizutragen und wirksame Hilfe für
die Flüchtlinge zu leisten. Sie werden von russischer Seite
offenbar nicht ernst genommen, weil sie halbherzig und
unglaubwürdig sind. ... Deshalb ist es geboten,
entschlossenere Maßnahmen zu ergreifen, die Russland die
Kriegsführung erschweren oder zumindest eine Hinwendung der
russischen Seite zu einer politisch-zivilen Konfliktlösung
befördern könnten."
Deutscher Bundestag, 14. Wahlperiode. Entschließungsantrag
der Fraktion der PDS. Zur Regierungserklärung des
Bundeskanzlers zum bevorstehenden Europäischen Rat in
Helsinki am 10./11. Dezember 1999. Drucksache 14/2289,
2.12.1999
Dezember
10.12.1999 Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, Sprecher von
Bündnis 90/ Die Grünen in Sachsen: "Mit dem
barbarischen Ultimatum zur Räumung Grosnys werden der Bruch
des Völkerrechts und die Verletzungen der Menschenrechte auf
die Spitze getrieben. Notwendig sind die sofortige Rücknahme
des Ultimatums, der Stopp der militärischen Aktionen sowie
der Rückzug der russischen Truppen aus Tschetschenien. Eine
demokratische, menschenrechtsorientierte Außenpolitik darf
sich nicht weiter auf diplomatische Noten und politische Appelle
an die russische Regierung beschränken. Jetzt gilt es zu
handeln statt nur zu reden. Dazu gehört die Einstellung
aller Finanzhilfen, durch die bisher vor allem die Korruption
einer kleinen Elite sanktioniert und die Selbstzerstörung
der russischen Föderation vorangetrieben wurde.
Umumgänglich sind wirtschaftliche Sanktionen der EU, die
nicht zuletzt an der starken Abhängigkeit Russlands vom
Erdölexport anknüpfen sollten. Ziel muss eine
politische Lösung sein, die durch Vermittlung der OSZE und
nur unter Einbeziehung der gewählten tschetschenischen
Regierung mit Präsident Maschadow zustande kommen
kann."
Pressedienst, Bündnis 90/ Die Grünen, 10.12.1999
11.12.1999 Die europäischen Staats- und Regierungschefs
haben zwischen dem Übel einer drohenden
Massenerschießung in Grosny und dem Übel einer offenen
Drohung gegen Jelzin abgewogen. "Wir dürfen jetzt in dieser
heißen Phase des russischen Wahlkampfes nicht den Falschen
die Macht in die Hände spielen", lautete darum die Botschaft
aus Helsinki.
Berliner Morgenpost, 11.12.1999
11.12.1999 Irwin Cotler, Juraprofessor und kanadischer
Abgeordneter, schreibt in der National Post, was die Welt
bräuchte, sei eine 'Mobilisierung der Schande', die den
Menschenrechtsverbrechern entgegengebracht werden sollte, in der
Hoffnung, dass Russland seinem Ruf in der Welt nicht
gleichgültig gegenüber steht. Das Schlimme ist, dass
Grosny- und große Teile Tschetscheniens- schon
zerstört sind; aber es ist immer noch möglich, die
Menschen zu retten. Wenn dies nicht passiert, wird Grosny ein
zweites Guernica.
National Post Canada, 11.12.1999
Januar
5.1.2000 Zbigniew Brzezinski, ehemaliger US-Sicherheitsberater
kritisiert die Rolle der USA im Tschetschenienkrieg: Das
Stillhalten der USA im Angesicht des Schlachtens in
Tschetschenien, hat viele Russen davon überzeugt, dass diese
Politik sie nichts kosten wird. Clintons Bemerkung, er hege
keinerlei Sympathie für die Tschetschenen, war ein
grünes Licht für Putin, den Krieg weiterzuführen,
bis der letzte Tschetschene vernichtet ist. Sogar den russischen
Sprachgebrauch von der 'Befreiung Grosnys' hat Clinton in einem
Artikel im Times Magazine wiederholt. Bis jetzt habe Putin mehr
Ähnlichkeit mit Milosevic als mit Pinochet. Die USA dachte
auch einmal, sie könne vernünftig mit Milosevic
verhandeln. Vieles in Serbien hätte verhindert werden
können, hätte sich die Politik des Westens nicht auf
falsche Voraussetzungen gegründet.
Wall Street Journal, Europe Edition, 5.1.2000
27.1.2000 In der WDR-Sendung Monitor wird die rot-grüne
Tschetschenien-Politik unter die Lupe genommen: Nicht einmal ein
Jahr sei es her, dass sich Außenminister Fischer von
niemandem übertreffen ließ, wenn es um die
Verteidigung der Menschenrechte ging. Damals war in Jugoslawien
Krieg, jetzt sei wieder Krieg, doch die Regierung hülle ihre
Kritik in diplomatische Floskeln.
Monitor, 27.1.2000
Februar
18.2.2000 Der Kommentator der Neuen Züricher Zeitung
kritisiert das Verhalten der Repräsentanten des Westens in
Russland. Robertson, Solana und andere pilgerten nach Moskau, um
dem Zerstörer Grosnys die Hand zu schütteln. Die
angebliche Wut würde über Schüssel und seiner neu
gebildeten Regierung in Österreich ausgeschüttet,
Russland aber lasse man machen. Auch Bundesaußenminister
Fischer sei da keine Ausnahme, er vertrete die Meinung, die
Zukunft Russland sei eine der entscheidenden Zukunftsfragen
Europas. Deutschland werde sich deshalb für eine
größtmögliche Nähe zu Russland und gegen
eine Ausgrenzung und Isolation einsetzen.
Neue Züricher Zeitung, 18.2.2000
26.2.2000 Der tschechische Staatspräsident Vaclav Havel
rief die internationale Gemeinschaft zu einer "festen und lauten
Reaktion" gegen die russische Kriegführung in Tschetschenien
auf. Das russische Vorgehen könne nun ohne zu zögern
als das "Abschlachten einer Nation" bezeichnet werden. Dieser
Krieg habe nichts mit dem Kampf gegen Terrorismus zu tun. Europa
habe immer für eine Beschwichtigungspolitik zu zahlen gehat,
wenn es sie angewandt habe.
Ap-Bericht in Neue Zürcher Zeitung, 28.2.2000
März
9.3.2000 Jelena Bonner appelliert gemeinsam mit weiteren
Moskauer Intellektuellen an den Westen, den neuen Stalinismus
unter Putin nicht zu ignorieren: "Die Politik des Westens
gegenüber Putin erinnert jetzt an die Haltung gegenüber
Jelzin. Als die Parlamentarier der Europäischen Union die
Frage nach der Mitgliedschaft Russlands lediglich
zurückstellten, begünstigte das den Völkermord in
Tschetschenien und wirkte sich als Schützenhilfe für
Putin aus."
Die Weltwoche, 9.3.2000
21.3.2000 Die Welt interviewt den französischen
Philosophen André Glucksmann. Dieser kritisiert die
Haltung des Westens im Tschetschenienkrieg. Wörtlich sagt
er: ‚Es gibt in Russland auch mutige Angehörige der
einheimischen Intelligenzija wie Babizki und viele zweifelnde
Leute im Volk, die sich nicht immer manipulieren lassen. Nennen
wir also die Massaker auch wirklich Massaker! Weisen wir darauf
hin, dass Grosny die erste Stadt ist, die seit der Bombardierung
Warschaus durch die Wehrmacht fast völlig dem Boden gleich
gemacht wurde! Niemand hat Clinton zu dem Euphemismus gezwungen,
Grosny wäre ‚befreit‘ worden, niemand hat
unseren Außenminister Védrine gezwungen, den
Schlächter Putin einen ‚russischen Patrioten‘ zu
nennen, und niemand hat von Joschka Fischer verlangt, seinen
Amtskollegen Iwanow als ‚meinen Freund‘ zu
bezeichnen. Diese diplomatische Komplizenschaft der Kanzleien ist
nicht nur ethisch fatal, sondern auch
selbstmörderisch.
Die Welt, 21.3.2000
31.3.2000 In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bilanziert
der französische Philosoph und Menschenrechtler André
Glucksmann zum Völkermord in Tschetschenien: "Von der Spitze
eines Leichenberges blickt Putin auf uns herab. Sein mit Bomben
und Kanonen geführter Präsidentenwahlkampf lässt
die frommen Erklärungen, mit denen die Nato erst vor einem
Jahr ihre Intervention im Kosovo umgab, vorsintflutlich und
lächerlich erscheinen. (...) Unsere politischen Führer
sollten noch einmal über ihre "Leistung" im Kosovo
nachdenken. Sie haben keinen reinen und interesselosen
"moralischen Krieg" geführt. (..) sonst müssten sie uns
erklären, wieso das in Grosny monatelang bombardierte Kind
weniger "Mensch" ist als der Bub aus dem Kosovo, der auf den
albanischen Wegen des Exodus umkam. Sie müssten uns
verraten, wieso die gevierteilte Frau aus deinem
tschetschenischen Dorf, die mit Händen und Füßen
zwischen zwei Autos gebunden und in Stücke zerrissen wurde,
weniger "Frau" ist als jene, die in einer Scheune auf dem Balkan
vergewaltigt wurde. Sie antworten: Putin hat die Bombe, Milosevic
nicht. Armseliges Alibi! (...) Wenn die demokratische
Gemeinschaft nun angesichts der "Säuberung" Tschetscheniens
abdankt und Putin freie Hand lässt, verleugnet sie sich.
Dem, der es hören will, gibt sie so zu verstehen, dass
Belgrads einziger Fehler darin bestand, nicht über ein
Arsenal chemischer, biologischer oder atomarer
Massenvernichtungswaffen zu verfügen. Viel Spaß beim
Aufräumen!
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.3.2000
April
4.4.2000 In der Berliner Morgenpost fordert der ehemalige
Bundesaußenminister Kinkel, der Völkermord in
Tschetschenien müsse sofort aufhören. Putin müsse
sich jetzt zu einem mutigen Friedensschritt durchringen, den er
sich als Wahlkämpfer vielleicht noch nicht leisten konnte.
Deshalb appelliert Kinkel an die Bundesregierung, sich bei der
Tagung des Europarats in Straßburg für den Ausschluss
Russland aus dem Europarat einzusetzen.
Berliner Morgenpost, 4.4.2000
12.4.2000 Die FDP-Bundestagsfraktion setzt sich für eine
Tschetschenienresolution der UN-Menschenrechtskommission ein,
diese solle der Bundestag beschließen. Wörtlich
heiß es in dem FDP-Antrag:
"Die internationale Staatengemeinschaft darf nicht länger
hinnehmen, dass ihre Appelle keinerlei Wirkung entfalten. Bei
aller Anerkennung des russischen Bedürfnisses nach
Stabilität muss die neue Regierung unter Wladimir Putin zur
Einhaltung ihrer Zusagen, aber auch ihrer völkerrechtlichen
Pflichten aufgefordert werden. Die gegenwärtig in Genf
stattfindende 56. VN-Menschenrechtskommission bietet hierfür
den geeigneten Rahmen."
Deutscher Bundestag, Drucksache 14/3186, 12.4.2000
17.4.2000 Die österreichische Zeitung ‚Die
Presse‘ kommentiert, der Westen habe sich vor längerem
entschieden, auf den Tschetschenien-Feldherren Putin keinen Druck
zu machen (weder politisch noch finanziell), sondern Putin zu
hofieren und per Dialog Sorge zu äußern. Es sei nur
so, dass Moskau selbst diesen Dialog diktiere und am Faktum des
Krieges hätte er noch kein Jota geändert.
Die Presse, 17.4.2000
19.4.2000 Der neugewählte russische Präsident
beginnt mit seinen Antrittsbesuchen im Westen. Als erstes besucht
er Tony Blair, hier offenbart sich das Dilemma der
europäischen Russlandpolitik. Einerseits wird betont, dass
Russland nicht ausgegrenzt werden soll, andererseits
demonstrierte die englische Öffentlichkeit in
Protestaktionen das große Unverständnis darüber,
dass Putin angesichts des Vernichtungsfeldzugs in Tschetschenien
hofiert wird.
Kommentar von Christian S. Krebs in den Nürnberger
Nachrichten, 19.4.2000
21.4.2000 Erhard Eppler bilanziert im Deutschen Allgemeinen
Sonntagsblatt zum Tschetschenienkrieg, in Tschetschenien tobe ein
Krieg, der offiziell kein Krieg sein durfte. Wenn der
Tschetschenienkrieg tatsächlich ein Mittel im Wahlkampf
Putins für das Präsidentenamt war, so wünscht
Eppler dem Präsidenten, dass er "auf die Nase fällt".
Eppler geht jedoch auch davon aus, dass die tschetschenischen
Politiker einen Teil der Verantwortung für den Krieg in
ihrem Land tragen. Der internationale Gewaltverzicht sei im 21.
Jahrhundert kein Allheilmittel für die europäischen
Staaten mehr. Solange Krieg zwischen atomar gerüsteten
Blöcken Tod bedeutete, sei die Frage nach Krieg und Frieden
eine Frage nach Leben und Tod gewesen. Im 21. Jahrhundert jedoch
sei Krieg eine Form der Gewalt. Unsere Aufgabe sei es, der Gewalt
vorzubeugen, sie zu verhindern, zu zähmen und notfalls zu
brechen, ob sie sich Krieg nennt oder nicht.
Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt Nr. 16/2000, 21.4.2000
Mai
2.5.2000 In der Frankfurter Rundschau kommentiert Florian
Hassel die Politik des Westens. Wie während des ersten
Krieges gebe sich der Westen mit kritischen Worten zufrieden,
lasse Moskau aber im Übrigen gewähren. Seit sieben
Monaten exerziere Russland nun das gesamte Instrumentarium der
Kriegsverbrechen: Bombardement und Blockade unbeteiligter
Zivilisten, Auslöschung ganzer Städte und Dörfer,
Kidnapping und Mord an tschetschenischen Männern,
systematische Plünderungen, Vergewaltigungen und
Vertreibungen. Diese Verbrechen erfüllten die Definition des
Völkermords, trotzdem lande Moskau immer wieder
Propagandacoups in der westlichen Welt. All dies überrasche
jedoch nicht. US-Präsident Nixon und der spätere
Außenminister Kissinger hätten für ihre
Verbrechen im Vietnamkrieg sicher auch vor ein
Kriegsverbrechertribunal gehört, leben aber beide nun in
Frieden. Russlands Präsident Putin wird noch vor seiner
Vereidigung von der Queen zum Tee geladen. Nach wie vor gelte,
dass ein Land nur groß genug sein müsse, um sich seine
Verbrechen leisten zu können.
Florian Hassel in Frankfurter Rundschau, 2.5.2000
Mai 2000 In der Zeitschrift ‚Internationale Politik
bilanziert der russische Menschenrechtler, Präsident des
Instituts für Menschenrechte und ehemalige
Menschenrechtsbeauftragter der Duma, Sergej Kowaljow: " Wie kann
man sich damit abfinden, was in Tschetschenien passiert? Dort
wird doch im Prinzip nach dem jugoslawischen Muster gehandelt,
nur unzivilisierter, womit nicht die Motivation der
Kriegstreiber, sondern die Logik des Geschehens gemeint ist. Dies
ist der zweite Krieg innerhalb der letzten fünf Jahre, den
Russland auf kaukasischem Territorium führt. Ich betonte es
damals und wiederhole es jetzt: Nicht nur die Regierung von
Präsident Boris Jelzin trägt die Schuld an den Opfern
im ersten Krieg 1994 bis 1996, sondern ebenso die westlichen
Staatsoberhäupter. Sie hätten, wenn sie gewollt
hätten, dieses Blutbad verhindern können. (...) Warum
wendet man sich nicht an die internationalen juristischen
Instanzen? Warum erhebt man keine Klage beim Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg? (...) Mit
der Aufnahme Russlands in den Europarat übernahm Europa die
Verpflichtung, Russland zur Erfüllung einer Reihe von
Bedingungen zu bewegen. Inzwischen hat die Parlamentarische
Versammlung des Europarats entschieden, das Stimmrecht der
russischen Delegation auszusetzen. (...) Ich hoffe jedenfalls,
dass eine entschiedene, rigorose und zugleich konstruktive
Haltung der europäischen Länder zu Russland nicht nur
den Anstoß zur Beendigung der Barbarei im Nordkaukasus
gibt, sondern auch die Grundlage für eine zukünftige
Zusammenarbeit schafft.
Internationale Politik Mai 2000 Nr. 5, 55. Jahr
13.5.2000 Die Neue Züricher Zeitung kritisiert den
Nicht-Ausschluss Russlands aus dem Europarat wegen Tschetschenien
scharf: Im Namen Europas hätten die Politiker die eigenen
Grundwerte verraten. Die Seele des Europarats sei 51 Jahre und 1
Woche nach ihrer Geburt gestorben
Neue Züricher Zeitung, 13.5.2000
15.5.2000 Die russlandfreundliche Politik des Europarates
kommentiert die Stuttgarter Zeitung damit, die Organisation sei
auf den ältesten Taschenspielertrick hereingefallen: " Setze
ein Gremium ein und tue nichts - denn das Morden im Kaukasus geht
mit unverminderter Brutalität weiter."
Stuttgarter Zeitung, 15.5.2000
Juni
3.6.2000 Am Wochenende wird US-Präsident Clinton den
russischen Präsidenten treffen. Die Kommentatoren der Moscow
Times empfehlen ihm, in Sachen Tschetschenien die Realität
genau anzuschauen. Bis jetzt sei die amerikanische Politik zu
Tschetschenien reine Rhetorik gewesen. Das Versagen des Westens
in Anbetracht der Verbrechen im Kaukasus habe ernsthafte Fragen
hervorgerufen. Wird Russland mit einem solch brutalem Krieg
einfach ungestraft davonkommen? Wie dramatisch müssen die
Dinge liegen, bevor die internationale Gemeinschaft reagiert?
Oder lernen wir aus der Politik des Westens, dass ein Land,
welches so mächtig ist wie Russland, seine eigenen
Bürger morden, foltern, töten, vergewaltigen und
verschleppen kann, ohne dass jemand reagiert? Clinton hat heute
die Chance, Moskau zu zeigen, dass Menschenrechte wirklich
überall gelten und dass Russland keine Ausnahme
darstellt.
The Moscow Times, 3.6.2000
17.6.2000 Zwei Tage lang fand in Berlin ein deutsch-russischer
Gipfel statt. Er sollte einen Neuanfang der deutsch-russischen
Beziehungen sein. Dies jedoch wurde nicht erreicht. Die Berliner
Morgenpost kommentiert, die alten Lasten seien geblieben: die
russischen Schulden, der Krieg in Tschetschenien, die
Nato-Erweiterung. Kritik der Bundesregierung, die im Vorfeld zu
einer Abkühlung der Beziehungen geführt hatte, perlt an
dem Kreml-Chef ab. Putin wolle Respekt für sich und sein
Land, er wolle einen eigenen Weg finden, der Westen müsse
diesen Weg kritisch begleiten.
Berliner Morgenpost, 17.6.2000
17.6.2000 Kommentatoren verschiedener Zeitungen befassen sich
kritisch mit dem Besuch Putins in Berlin. Die Frankfurter
Rundschau schreibt: Irgendwie kommt einem das alles doch bekannt
vor: Die Chemie stimmt, die Herren haben einen Draht zueinander
gefunden, die Familien wollen sich zur Weihnachtszeit in Moskau
treffen. Nichts gegen gute persönliche Beziehungen in der
Politik, aber der notwendige Neuanfang der deutsch-russischen
Beziehungen sollte nicht gleich Assoziationen zu der
Männerfreundschaft der Saunagänger Kohl und Jelzin
wecken.
Frankfurter Rundschau, 17.6.2000
c) Russische Politiker und Militärs rechtfertigen den
Völkermord
September
22.9.1999 TV5 steht unter dem Einfluss des Moskauer OB und
Präsidenten in spe Juri Luschkow. Der bezeichnete am letzten
Donnerstag Tschetschenien als "eine Gemeinschaft von Banditen,
die in Terrorismus, Sklavenhandel und Diebstahl engagiert sind."
Wladimir Putin sagte: "Die Terroristen verstecken sich auf
tschetschenischem Territorium." Deshalb müsse es unter
"Quarantäne" gestellt werden.
Jungle World , 22.9.1999
Oktober
5.10.1999 Ein Kommandeur der russischen Streitkräfte,
Generalleutnant Gennadi Troschew, sagte: "Wir werden die Rebellen
mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln
vernichten."
Hamburger Abendblatt, 5.10.1999
9.10.1999 Presseberichten zufolge hat der russische
Außenminister Igor Iwanow öffentlich zugegeben, dass
die zwei-wöchige Luft- und Landkampagne zu Verlusten unter
der Zivilbevölkerung geführt hat.
Amnesty International Report EUR 46/38/99. The Russian
Federation: Chechen Republic. Humanity is indivisible. Open
Letter to the United Nations from the Secretary General of
Amnesty International. November 1999.
http://www.amnesty.org/ailib/aipub/1999/EUR/44603899.htm
12.10.1999 Der russische Verteidigungsminister Igor Sergejew
erklärte bei einem GUS-Verteidigungsministertreffen, das
Ziel sei die volle Kontrolle Tschetscheniens und die
"endgültige Vernichtung der bewaffneten Banden in
Tschetschenien."
Berlin Online, 13.10.1999, http://www.BerlinOnline.de
13.10.1999 Die Militäroperation in Tschetschenien wird
aus zusätzlichen Einnahmen des föderalen Haushaltes
finanziert, erklärte Premierminister Wladimir Putin. Auf die
Aussage des geschäftsführenden IWF-Direktors Michel
Camdessus diesbezüglich eingehend, unterstrich er, dass
diese Ausgaben überhaupt nichts mit den IWF-Geldern zu tun
haben.
Deutsche Welle Monitor, 14.10.1999
22.10.1999 Die russischen Behörden haben unterschiedliche
und sich widersprechende Kommentare über die Geschehnisse im
Markt von Grosny am Nachmittag des 21. Oktober abgegeben.
Aleksandr Mikhailow, Vorsitzender des russischen
Informationszentrums (gegründet von der Regierung, um
Informationen in Bezug auf den Konflikt in Tschetschenien
herauszugeben), behauptet am 22. Oktober in der Fernsehsendung
"Segodnya", dass am 21. Oktober keine russischen
Militärangriffe auf Grosny stattgefunden haben, weder aus
der Luft noch mit Bodenraketen. Ferner behauptet er, die
Explosionen im Markt wären möglicherweise von den
tschetschenischen Kämpfern selbst ausgelöst
worden.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the
Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian
law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999.
22.10.1999 Auf einer Pressekonferenz während eines
offiziellen Besuchs in Helsinki sagte der russische
Premierminister Wladimir Putin:" Ich kann bestätigen, dass
es im Markt von Grosny eine Explosion gegeben hat. Aber ich
möchte betonen, dass es kein regulärer Markt war - es
war ein Waffen-Markt - so wird dieser Ort in Grosny genannt. Es
ist ein Lagerhaus für Waffen. Und dieser Ort ist einer der
Kommandoposten der tschetschenischen Gangstergruppen. Wir
schließen die Tatsache nicht aus, dass die Explosion, die
dort stattfand, das Ergebnis von Kämpfen zwischen zwei sich
bekriegenden Gangstergruppen war. Es liegen auch Informationen
vor, dass eine besondere Operation der russischen
föderativen Kräfte ebenfalls dort stattfand. Diese Art
von Operationen werden regelmäßig durchgeführt.
Aber diese Operationen haben keine Verbindung zu den
Geschehnissen in Grosny."
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the
Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian
law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999.
23.10.1999 Waleri Manilow, erster stellvertretender
Vorsitzender des Generalstabs der Russischen Streitkräfte
(First Deputy Chief of the General Staff of the Russian Forces),
sagt in der Sendung "Segodnya":"... Die Operation am 21. Oktober
in Grosny war keine Militäroperation, es war eine besondere
[Sicherheits-] Operation. Als Resultat dieser besonderen
Operation begannen zwei kriegerische Gangstergruppen in der
Nähe eines der größten Lagerhäuser, für
Waffen und Sprengstoff zu kämpfen. ... Es ist möglich,
dass das Waffenlager dabei getroffen wurde und es so zu
gewaltigen Explosionen kam."
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the
Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian
law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999.
23.10.1999 Generalmajor Ruslan-Auschew, Präsident von
Inguschetien und Veteran des Afghanistan-Kriegs, weist die
Berichte von einer Explosion im Waffenlager entschieden
zurück.: "Sogar wenn die größten Waffenlager im
Fernen Osten explodierten, gab es lediglich ein oder zwei
Verletzte. Hier haben wir einen so präzisen Treffer, so
viele Leichen und so viele Verletzte. Für mich als Soldat
ist es eindeutig, dass dies ein Angriff mit taktischen Raketen
war. Diese Entscheidungen werden an oberster Stelle getroffen,
besonders die Entscheidung, Bodenraketen zu benutzen oder nicht,
die im Prinzip Träger von Nuklearwaffen sind. Ich denke, der
Präsident weiß darüber Bescheid. Wer würde
sonst die Verantwortung dafür übernehmen,
Raketen-Truppen zu benutzen?"
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the
Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian
law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999.
23.10.1999 Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin
stritt eine Beteiligung russischer Spezialeinheiten an den
Explosionen auf dem Marktplatz von Grosny ab. Das russische
Militär räumte dagegen die Zerstörung eines
angeblichen Waffenbasars an dem Markt durch eine
"Spezialoperation" ein. Das russische Militär räumte
doch eine indirekte Beteiligung an dem Massaker auf einem Markt
der tschetschenischen Hauptstadt Grosny ein, gab zugleich aber
Tschetschenen die Schuld an der Tragödie. Russische
Spezialeinheiten hätten bei einem Einsatz am Donnerstag in
Grosny zwei verschiedene Gruppen der tschetschenischen
Kämpfer gegeneinander aufgewiegelt, sagte der
stellvertretende Generalstabschef Waleri Manilow, ohne
Einzelheiten zu nennen.
ARD-Tagesschau auf der homepage: http://www.tagesschau.de,
23.10.1999
26.10.1999 Generalmajor Wladimir Schamanow, Kommandeur der
Russisch-föderativen Streitkräfte "Zapad", sagt, die
Explosionen in Grosny am 21. Oktober wären das Resultat
eines russischen Angriffs gewesen. Auf die Frage hin, wer denn
bevollmächtigt gewesen sei, den Angriff anzuordnen,
antwortet der General, es läge außerhalb seiner
Befugnis und sei von höchster Stelle angeordnet
worden.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the
Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian
law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999.
November
1.11.1999 Der russische Ministerpräsident Putin hat in
mehreren Rundfunk- und Fernsehgesprächen "manche Fehler" der
russischen Truppen in Tschetschenien zugegeben, den
Militäreinsatz jedoch verteidigt. Berichte über
russische Bombardements tschetschenischer Zivilisten wies er als
"böse Propaganda der Terroristen" zurück.. Ziel des
Militäreinsatzes sei die "Vernichtung von Terroristen, nicht
aber die Eroberung Tschetscheniens".
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2.11.1999
1.11.1999 Die russische Regierung bestreitet, dass die
Offensive in Tschetschenien Zivilisten das Leben gekostet
hat.
Human Rights Watch, 1.11.1999
(http://www.hrw.org/press/1999/nov/chechb1101.htm)
Anfang November 1999 In Moskau gibt es laut Presseberichten
schwerwiegende Differenzen zwischen Kreml und Militär
über das weitere Vorgehen der russischen Armee in
Tschetschenien. Das Oberkommando der Armee habe mit
Rücktritt gedroht, sollte die russische Führung
Verhandlungen mit den Tschetschenen aufnehmen, berichtet die
Zeitung Moskowski Komsomolets. Vize-Generalstabschef Manilow
sagte, das Ziel sei die "völlige Vernichtung oder die
Kapitulation der Terroristen", - "die Arbeit ist noch lange nicht
getan." General Kasanzew, Oberbefehlshaber für den
Militärbezirk Nordkaukasus, hatte geäußert, falls
Moskau den Krieg nun beende, würde das von der Armee als
"Verrat" angesehen.
Tomas Avenarius in Süddeutsche Zeitung, 8.11.1999, und
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9.11.1999
3.11.1999 In einem Interview mit der Zeitung Junge Welt sagte
Gennadi Raikow, stellvertretender Vorsitzender Komitee für
Sicherheit in der Duma auf die Frage, ob sich der Angriff auf das
Stadtzentrum Grosnys noch als 'antiterroristische' Maßnahme
gelte, es würden nur Positionen der Banditen beschossen.
'Die Genfer Konvention erlaubt ein solches Vorgehen gegen
bewaffnete Banden.'
Junge Welt, 4.11.1999
10.11.1999 Der Kommandeur der russischen Streitkräfte
Kasanzew erklärte, seine Truppen könnten den Krieg
"innerhalb einer Woche beenden", sollte er den Befehl Jelzins
dazu erhalten. "Ich könnte mit Bomben alles einebnen; dann
kommen die Überlebenden gleich mit der weißen Flagge
angelaufen."
rtr/AFP/dpa/taz-Bericht in die tageszeitung taz,
11.11.1999
16.11.1999 Russlands Außenminister Igor Iwanow
behauptete in einem BBC Fernseh-Interview, Moskaus
Militärkampagne in Tschetschenien habe keine humanitäre
Krise ausgelöst.
Reuters in Refugees Daily, 16.11.1999
16.11.1999 Vor dem OSZE-Gipfeltreffen in Istanbul wird der Ton
zwischen Russland und den westlichen Staaten immer schärfer.
Der Westen macht eine spätere Ratifizierung des zur
Unterzeichnung stehenden KSE-Rüstungskontrollvertrags von
einem Kurswechsel Moskaus in Tschetschenien abhängig; Moskau
droht im Gegenzug mit einem Boykott der OSZE-Beschlüsse. Der
russische Außenminister Iwanow schrieb in der Financial
Times, bei der westlichen Kritik handele es sich um eine
"Kampagne" gegen Russland.
Richard Meng in Frankfurter Rundschau, 17.11.1999
18.11.1999 Auf der OSZE-Konferenz in Istanbul verbat sich
Jelzin jede Einmischung in innere Angelegenheiten; mit "Banditen
und Mördern" gebe es keine Verhandlungen. Im Gegenteil
müssten die
Banditen "vollständig eliminiert" und vor Gericht gestellt
werden, damit sich "die Pest des Terrorismus" nicht über die
Grenzen hinaus ausbreite,sagte er. Schließlich
verließ Jelzin das OSZE-Gipfeltreffen vorzeitig.
Wolfgang Koydl in der Süddeutschen Zeitung, 19.11.1999
Mitte November 1999 Der offizielle Tschetschenien-Beauftragte
Moskaus, Nikolaj Koschmann, äußert:"Grosny hat es
nicht verdient, jemals wieder aufgebaut zu werden."
Tomas Avenarius in der Süddeutschen Zeitung, 22.11.1999
15.11.1999 In Moskau sagte Jelzin, er habe vor, auf dem
OSZE-Gipfel in Istanbul den Tschetschenien-Feldzug zu
verteidigen. Er werde den westlichen Ländern beweisen, "dass
sie kein Recht haben, Russland zu beschuldigen, weil es
Kopfabreißer, Banditen und Terroristen auf seinem
Territorium vernichtet."
dpa/afp-Bericht in Frankfurter Rundschau, 16.11.1999
17.11.1999 Die Staatsduma hat mit 238 zu 31 Stimmen die
Haltung von Ministerpräsident Putin im Tschetschenienkrieg
gebilligt. Das Parlament empfahl der russischen Führung
keine Verhandlungen, sondern einen schnellen Abschluss der
"antiterroristischen Operationen" in Tschetschenien.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.11.1999
22.11.1999 In Moskau verteidigt der russische Schriftsteller
und Literaturnobelpreisträger Alexander Solschenizyn in
einem Fernsehinterview die Vorgehensweise der russischen Armee im
Kaukasus. "Wir sind nicht die Aggressoren", sagte er,
schließlich seien die Russen angegriffen worden. Der
"Terror" in Tschetschenien dürfe nicht weiter geduldet
werden.
dpa/afp-Meldung in der Neuen Zürcher Zeitung,
23.11.1999
30.11.1999 Russland hält die Ankündigungen von
IWF-Direktor Camdessus, Moskau wegen des Tschetschenienkrieges
den Kredithahn zuzudrehen, für unangemessen.
Elke Windisch, Moskau, 30.11.1999
Dezember
1.12.1999 Der russische Verteidigungsminister Sergejew sagte,
die 'Militäroperation' in Tschetschenien werde einen bis
drei Monate dauern.
Center for defence information www.cdi.org, 1.12.1999
2.12.1999 Der russische Befehlshaber der östlichen Front,
General Gennadij Troschew, erklärte das Vorgehen seiner
Soldaten folgendermaßen:" Wenn wir aus einem Haus
beschossen werden, wird das Haus zerstört. Wenn wir aus
einem Ort beschossen werden, wird der Ort zerstört."
dpa/ap/afp-Bericht in Frankfurter Rundschau, 3.12.1999
3.12.1999 In Moskau verschärft das Außenministerium
seine Kritik am Westen; die Allianz wird beschuldigt, an einer
"Zuspitzung der Situation um Tschetschenien" interessiert zu
sein. Der Nato wird "Zynismus" vorgeworfen, da ihre Aufrufe zur
Mäßigung in Tschetschenien unglaubwürdig seien,
wenn man sich ihr Vorgehen gegen das ehemalige Jugoslawien
ansehe.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.12.1999 und rtr/dpa-Meldung in
die tageszeitung taz, 4./5.12.1999
3.12.1999 In Bezug auf den Angriff auf den
Flüchtlingstreck nahe Goity erklärt das russische
Verteidigungsministerium, die Berichte der Medien über
diesen Vorfall würden auf Falschinformationen beruhen.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the
Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian
law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999
6.12.1999 Das russische Militär stellt der
Bevölkerung Grosnys ein Ultimatum. Bis zum 11.12.1999 sei
die Stadt zu verlassen - wer bleibt, werde als Terrorist und
Bandit betrachtet und vernichtet. Russische Flieger werfen
entsprechende Flugblätter über der Stadt ab.
Generalstabschef Manilow erklärt, diese Flugblätter
seien ein "Versuch psychologischer Einflußnahme und ein
"Akt der Humanität gegenüber der
Zivilbevölkerung."
die tageszeitung taz, 8.12.1999
8.12.1999 Als Reaktion auf die scharfe Kritik der USA auf das
russische Vorgehen im Kaukasus verweist Jelzin in Peking auf das
umfangreiche Atomwaffenarsenal Russlands: "Clinton hat es sich
erlaubt, Druck auf Russland auszuüben. Er muß wohl
(...) vergessen haben, was Russland ist, und dass Russland
über ein komplettes Arsenal an Atomwaffen
verfügt."
dpa/AP/AFP-Meldung in Süddeutsche Zeitung, 10.12.1999
10.12.1999 In Moskau hat der Minister für
Katastrophenschutz, Schojgu, Gesprächsbereitschaft mit dem
tschetschenischen Präsidenten Maschadow oder anderen
tschetschenischen Führern gezeigt, um die Frage der
Flüchtlingsevakuierung aus Grosny zu regeln. "Ich bin
bereit, mich mit jedem zu treffen- dem Teufel, Maschadow, (...)-,
wenn es zu Ergebnissen führt und sie die Zivilisten - alte
Leute, Frauen und Kinder- aus Grosny herauslassen", sagte er. Er
bestritt die Existenz eines Ultimatums an die Bevölkerung
Grosnys. Der russische Politiker Lebed äußerte in
Moskau seine Befürchtung, der Tschetschenien-Krieg
könne eine internationale Isolierung Russlands
bewirken.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.12.1999
10.12.1999 In Moskau erinnert Bürgermeister Luschkow an
etwa 45 000 Zivilisten, die noch in Grosny eingeschlossen seien.
Er äußert Befürchtungen, ob diese alle vor Ablauf
des Ultimatums die Stadt verlassen können und ob die, die es
nicht schafften, alle vernichtet werden sollten? Er kritisierte,
dies sei kein Kampf gegen Terroristen mehr.
ap/dpa/afp-Meldung in Frankfurter Rundschau, 11.12.1999
10.12.1999 Boris Jelzin verurteilte jede Einmischung des
Westens in den Krieg in Tschetschenien als 'Einmischung in innere
Angelegenheiten anderer Staaten'. Der Trend, dass der Westen
seine kulturellen Werte und Weltanschauungen der internationalen
Gemeinschaft aufzwinge, müsse gestoppt werden.
Hamburger Abendblatt, 11.12.1999
13.12.99 Das russische Abgeordnetenhaus beschließt ein
Amnestieangebot an die tschetschenischen Kämpfer: Wer bis
Anfang Februar die Waffen abgebe, gehe straffrei aus mit Ausnahme
von Tschetschenen, die sich schwerer Verbrechen schuldig gemacht
hätten.
AP/Reuters/dpa-Bericht in Süddeutsche Zeitung,
14.12.1999
13.12.1999 Zu Beginn der Kaukasus-Reise des OSZE-Vorsitzenden
Knut Vollebaek hat sich Moskau jegliche Kritik am
Tschetschenien-Krieg verbeten. Wörtlich sagte
Ministerpräsident Putin: Russland wird es nicht hinnehmen,
dass man mit ihm aus einer Position der Stärke heraus
spricht. Er wird dafür alle diplomatischen und
militärisch-politischen Hebel in Gang setzen. Einer dieser
Hebel sei die neue Interkontinentalrakete für
Atomsprengköpfe, die in Putins Anwesenheit getestet worden
war. Es sei nach dem 'Kalten Krieg' nicht wie erwartet eine
Stabilisierung der internationalen Lage eingetreten, so
Putin.
Interfax, 14.12.1999
15.12.1999 Die russische Regierung lehnte ein Angebot der
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
(OSZE) zur Vermittlung im Tschetschenienkrieg erneut ab.
OSZE-Chef Knut Vollebaek hatte die russische Armee aufgefordert,
den Beschuss Grosnys sofort einzustellen. Die Fluchtkorridore
seien völlig unzureichend, sagte er.
AFP/Reuters/taz-Bericht in die tageszeitung taz, 16.12.1999
15.12.1999 Der russische Vize-Generalstabschef Walerij Manilow
lehnte Gespräche mit dem tschetschenischen Präsidenten
Aslan Maschadow über dessen Kompromissvorschlag zur
Beendigung des Krieges ab. Manilow sagte, solange sich Maschadow
nicht von "Terroristen" lossage und nicht die Notwendigkeit sehe,
"Banditen zu eliminieren", sei er kein geeigneter
Verhandlungspartner.
afp/dpa-Bericht in Frankfurter Rundschau, 16.12.1999
Mitte bis Ende Dezember 1999 Major General Schamanow,
Kommandeur der westlichen Gruppe der Streitkräfte, war der
zuständige Befehlshaber für die Militäreinheiten
in Alkhan-Jurt. Er leugnete schlicht, dass Misshandlungen in
Alkhan-Jurt stattgefunden haben, und drohte Journalisten und
anderen, die nach den Verantwortlichen für die
Misshandlungen in Alkhan-Jurt suchen: "Untersteht euch, die
Soldaten und Offiziere der russischen Armee zu belasten. Sie
führen heute eine heilige Handlung durch - sie verteidigen
Russland. Und untersteht euch, den russischen Soldaten mit euren
dreckigen Händen zu besudeln!" Trotz seiner führenden
Rolle bei den Gräueltaten in Alkhan-Jurt erhielt Major
General Schamanow am 28. Dezember Russlands höchste Ehre,
die Medaille des russischen Helden, während Präsident
Boris Jelzin die Armeeoperation in Tschetschenien als
"fehlerfrei" bezeichnete.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains".
Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya.
Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)
23.12.1999 Nikolai Koschman, Russlands Hauptrepräsentant
in Tschetschenien, gibt bekannt, dass eine Untersuchung
stattfinden wird, die ihre Ergebnisse innerhalb von zehn Tagen
veröffentlichen soll, leugnet jedoch, dass Morde
stattgefunden haben, obwohl er genau mit den Beweisen
konfrontiert wurde, als er Alkhan-Jurt am 17. Dezember
besuchte.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains".
Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya.
Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)
28.12.1999 Als einseitig und tendenziös hat das russische
Außenministerium einen Bericht von amnesty international
über Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien
bezeichnet. Der Bericht gründe sich auf "nicht
wahrheitsgemäße Augenzeugenberichte und Erfindungen.
Vor dem Hintergrund der ungeheuren Bemühungen Russlands, der
Bevölkerung Tschetscheniens Hilfe zu leisten, muss die
Behauptung von Amnesty empören, dass die russische Regierung
eine Kampagne zur Bestrafung einer ganzen ethnischen Gruppe
führt", zitierte Interfax den
Außenministeriumssprecher Rachmanin. Die russischen
Soldaten in Tschetschenien hätten die strikte Anweisung,
Opfer unter der Zivilbevölkerung und Zerstörungen an
öffentlichen Gebäuden zu vermeiden.
dpa-Bericht in Neue Zürcher Zeitung, 29.12.1999
30.12.1999 Der stellvertretende Chef der Kreml-Verwaltung,
Igor Schabdurassulow, sagte der russischen Zeitung "Rossijskije
Westi, Friedensgespräche könne es erst geben, wenn
Tschetschenien anerkenne, dass es ein unlöslicher
Bestandteil der Russischen Föderation sei. Nur innerhalb der
Föderation seien "Elemente einer Autonomie"
möglich.
dpa/AFP-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 31.12.1999
Januar
1.1.2000 In Gudermens, der zweitgrößten Stadt
Tschetscheniens hat Präsident Putin heute Jagdmesser an
seine Soldaten verteilt, eine wohlkalkulierte, kaltblütige
Geste, die in die Zukunft deutet, so der Kommentator des
Guardian.
The Guardian, 2.1.2000
1.1.2000 Während eines Besuchs von Putin bei seinen
Soldaten in Tschetschenien sagte er, bei dieser Kampagne in
Tschetschenien gehe es nicht nur um die Wiederherstellung der
Ehre des Landes, sondern auch darum, wie ein Zerfall der
Russlands verhindert werden könne.
Radio Free Europe, Radio Liberty, 3.1.2000
8./9.1.2000 Viele Ortschaften in Tschetschenien, darunter
Alkhan-Kala und Alchan-Jurt, müssten von Neuem
"gesäubert" werden, sagte Schamanow. Die Truppenpräsenz
sei vielerorts unzureichend, um Gebiete erfolgreich zu
verteidigen.
AFP-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 8./9.1.2000
10.1.2000 Der russische General Kazanzew hat die ihm
unterstellten Eliteeinheiten des Innenministeriums für die
jüngsten Rückschläge im Kaukasus verantwortlich.
Er verlangte härteres Durchgreifen der Soldaten
gegenüber den Tschetschenen und warf den Soldaten
"Weichherzigkeit" vor. Die Truppen seien beim Kampf um Argun und
Schali am 9.1. "schlampig" gewesen und hätten die
Häuser großer Familien nicht ordentlich
"gesäubert". "Es war unser weiches Herz, unser Vertrauen,
das sich meist auf nichts gründet", das zu den Verlusten
geführt habe. Vom 12.1. an gelten nur noch Kinder bis zu
zehn Jahren, Frauen und Alte als Flüchtlinge, sagte er. Alle
Männer würden überprüft.
AFP/taz-Bericht in die tageszeitung, 12.1.2000, und AFP-Bericht
in Süddeutsche Zeitung, 12.1.2000
Mitte Januar 2000 In Moskau wirft der russische
Außenminister Iwanow den USA vor, einen Vertreter der
tschetschenischen Seperatisten, Ilja Achmadow, empfangen zu
haben. Auf diese Weise unterstütze Washington de facto die
Terroristen in Tschetschenien. Solche Kontakte könnten von
den Tschetschenen als Ermunterung aufgefasst werden, sagte
er.
Reuters/AFP/dpa-Bericht in Süddeutsche Zeitung
15./16.1.2000
15.1.2000 In Moskau räumt Interimspräsident Putin
ein, Russland brauche für einen Sieg in Tschetschenien "Zeit
und Geduld". Die Armee sei auf verstärkte Unterstützung
der Zivilbevölkerung angewiesen - mit einem "Bombenteppich"
sei der Erfolg nicht zu erreichen, sagte Putin im staatlichen
Fernsehen ORT.
AFP/dpa-Meldung in die tageszeitung taz, 17.1.2000
Mitte Januar 2000 In Moskau erklärt Verteidigungsminister
Sergejew, zum Abschluss der militärischen Operation in
Tschetschenien müssten nun "die Einheiten der Banditen und
Terrorgruppen, die aus ausländischen Söldnern bestehen,
liquidiert werden". Auch Putin hatte am 13./14.1.
angekündigt, der Feldzug werde nun in einzelnen Schritten zu
Ende gebracht.
dpa/AP-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 18.1.2000
19.1.2000 Russland will den Krieg bis Ende Februar gewinnen.
Diese Datum nannte ein hochrangiger russischer General.
dpa, 19.1.2000
27.1.2000 Russland hat die von der Europäischen Union
verhängten Sanktionen wegen des Tschetschenien-Krieges als
unangemessen kritisiert. "Die Verbindung von politischen
Meinungsverschiedenheiten mit Handels- und Wirtschaftsbeziehungen
ist unangebracht." Die EU-Außenminister hatten zuvor in
Brüssel geringfügige Sanktionen gegen Russland
beschlossen. So sollen Mittel für Hilfsprojekte aus dem
Tacis-Programm umgeschichtet werden. Dies würde de facto ein
Einfrieren von 90 Millionen Euro bedeuten.
Yahoo Schlagzeilen, 27.1.2000 (www.yahoo.com)
27.1.2000 Ministerpräsident Putin sagt, die Armee sei
seit Jahren unterfinanziert gewesen. Er plant, die Ausgaben
für das Militär um 50% in diesem Jahr zu
erhöhen.
The Guardian, 28.1.2000
28.1.2000 In einem Interview mit der Moskauer Nezawisimaja
Gazeta sagte der frühere russische Premierminister
Stepaschin, die Invasion Tschetscheniens sei Monate vor den
Bombenanschlägen in Moskau und anderen russischen
Städten geplant gewesen. Nach Stepaschin hatte die russische
Führung, einschließlich des FSB-Chefs Putin, die
Invasion für August-September 1999 geplant. Als
Premierminister, sagte Stepaschin, hätte er die Invasion nur
des nördlichen Teils von Tschetschenien favorisiert.
Radio Free Europe/Radio Liberty, 28.1.2000
30.1.2000 In Moskau zeichnete der russische Patriarch Alexej
den Chef des russischen Generalstabs, General Kwaschnin, und
seinen Stellvertreter General Manilow mit hohen kirchlichen Orden
aus. Der Patriarch sprach sich für eine Fortsetzung der
"antiterroristischen Operation" in Tschetschenien aus. Westliche
Kritik an den Leiden der tschetschenischen Zivilbevölkerung
wies er zurück.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.1.2000, und Reuters-Meldung
in Neue Zürcher Zeitung, 31.1.2000
Februar
Anfang Februar 2000 In Moskau antwortet General Manilow auf
die Frage, warum der Krieg einer Übermacht von mehr als 100
000 Mann gegen einige Tausend "Terroristen" so lange gedauert
habe: Die Dauer dieses Krieges sei zu erklären mit der
"Menschlichkeit und Güte", welche die russische Armee in
Tschetschenien habe walten lassen.
Markus Wehner in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung,
5.2.2000
Februar 2000 Putin äußert sich über den
Journalisten Andrei Babizki: "Er hat für den Feind
gearbeitet. Er war keine neutrale Informationsquelle. Er hat
für die Kriminellen gearbeitet."
Radio Free Europe/ Radio Liberty, Februar 2000
10.2.2000 Wladimir Putin hat angekündigt, dass die
russische Regierung für den wirtschaftlichen Aufbau
Tschetscheniens bis zu zwei Milliarden Rubel (etwa 142 Millionen
Mark) ausgeben wolle. Die von Putin angegebene Summe erscheint
angesichts der Zerstörungen in Tschetschenien als sehr
gering. Nach Expertenschätzungen bräuchte
Tschetschenien mindestens 20 Milliarden Mark an finanzieller
Hilfe.
dpa-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 11.2.2000
17.2.2000 Der russische Außenminister Igor Iwanow
begründet vor der Parlamentarischen Versammlung des
Europarates den Krieg gegen Tschetschenien. Auszüge aus
seiner Rede: "Als aber die Terroristen und Banditen, die sich in
Tschetschenien eingenistet hatten, in benachbarte Republiken der
Russischen Föderation eingefallen waren, eine Reihe von
blutigen Terrorakten verübt hatten, in deren Ergebnis mehr
als anderhalbtausend friedliche Einwohner ums Leben kamen, wurde
es endgültig klar, dass diese Krebsgeschwulst entfernt
werden musste....
Russland verteidigt heute praktisch die gemeinsamen Grenzen
Europas vor der barbarischen Invasion des internationalen
Terrorismus, der konsequent und beharrlich die Achse seines
Einflusses aufbaut: Afghanistan -Zentralasien - Kaukasus -
Balkanhalbinsel. ... Und all das geschieht an den Südgrenzen
Europas und schafft unmittelbare Gefahr für die Sicherheit
unseres Kontinents, das Leben und das Wohlergehen jeden
Europäers. ....
Um dem Extremismus in der Region ein Ende zu setzen, dort wieder
Stabilität und gute Nachbarschaft herzustellen, ist ein
konzeptionelles Vorgehen erforderlich, das sich auf alle
kaukasischen Staaten ausdehnen soll....
Das Hauptziel der Antiterroroperation besteht darin, auf dem
leidgeprüften Boden Tschetscheniens die Verfassungsordnung
und das Recht wiederherzustellen. Ich möchte speziell
betonen, dass es dabei gerade um eine Antiterroroperation geht -
das ist kein Konflikt. Wir stehen mit dem tschetschenischen Volk,
das der mittelalterlichen Sklaverei und Gesetzlosigkeit zum Opfer
gefallen ist, nicht im Konflikt .... Der Kampf wird
ausschließlich gegen Banditen und Terroristen
geführt."
Frankfurter Rundschau, 17.2.2000
17.2.2000 Die russische Regierung hat Wladimir Kalamanow zum
Menschenrechtsbeauftragten für Tschetschenien berufen,
während der Sprecher von Wladimir Putin für
Tschetschenien, Sergej Jastreschembski, Berichten widersprach,
denen zufolge russische Armeeangehörige tschetschenische
Zivilisten in Lagern folterten, vergewaltigten und
exekutierten.
Michael R. Gordon in International Herald Tribune, 18.2.2000
17.2.2000 Der Leiter der Hauptabteilung für die
Vollstreckung von Strafen im russischen Justizministerium,
Wladimir Yelunin, wies in einem Interview alle Behauptungen
bezüglich Folter und Misshandlung in Filtrationslagern
zurück. Das einzige von Wladimir Yelunin festgestellte
Problem war, dass es dort "dunkel und feucht" ist.
Amnesty International, News Release, EUR 46/09/00, 17.2.2000
17.2.2000 Presseerklärung des Außenministeriums der
Russischen Föderation: "Wie bekannt wurde, hält sich I.
Ahmadow, der sich für den 'Außenminister'
Tschetscheniens ausgibt, auf Einladung der
'Deutsch-Kaukasischen-Gesellschaft' in Berlin auf. Für
Ahmadow ist ein Gespräch mit dem Beauftragten des
Auswärtigen Amtes für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe, G. Poppe, sowie eine Pressekonferenz
arrangiert worden. Der Empfang, der Ahmadow in der deutschen
Hauptstadt erwiesen wurde, gibt Anlass, die Aufrichtigkeit der
Erklärungen der Deutschen Seite zu bezweifeln, wonach sie
die territoriale Integrität Russlands respektiert und das
Recht unseres Landes zur Bekämpfung des internationalen
Terrorismus anerkennt. Es muss klar sein, dass wir eine solche
Aufwertung des tschetschenischen Emissärs in Deutschland
nicht anders bewerten können als eine Einmischung in die
inneren Angelegenheiten Russlands und faktische Beihilfe für
Separatisten und Terroristen."
http://www.russische-botschaft.de, 18.2.2000
17.2.2000 Vize-Generalstabschef Manilow gab in Moskau bekannt,
die Berichte über Folterungen und Vergewaltigungen im
Filtrationslager Tschernokosowo würden untersucht
werden.
Schweizer Zeitung NEWS auf der homepage: www.news.ch,
18.2.2000
18.2.2000 Der neue Kreml-Beauftragte für Menschenrechte
in Tschetschenien, Wladimir Kalamanow, hat erstmals zugegeben,
dass im Krieg gegen Tschetschenien die Menschenrechte verletzt
werden. In Tschetschenien würden Grundrechte "aus objektiven
oder subjektiven Gründen" nicht beachtet, sagte er im
Rundfunk. Das Verteidigungsministerium will Berichte über
Folter und Vergewaltigung prüfen.
AFP, Reuters, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Daily Telegraph,
Süddeutsche Zeitung, die tageszeitung TAZ, Frankfurter
Rundschau, 19.2.2000
18.2.2000 Die Militäroperation in Tschetschenien sei "in
ihre Abschlussphase getreten", zitierte die Nachrichtenagentur
Interfax den Vizegeneralstabschef Waleri Manilow. Als
Begründung dafür führte er unter anderem an, dass
das von den Tschetschenen kontrollierte Gebiet "immer kleiner"
werde.
Handelsblatt, 18.2.2000
20.2.2000 Gegen die Kritik der Menschenrechtskommissarin der
UN, Mary Robinson, an der Lage der Bevölkerung in
Tschetschenien hat Moskau scharf protestiert. Die einseitigen,
voreingenommenen und "anti-russischen" Aussagen Robinsons
stellten die Zweckmäßigkeit ihres geplanten Besuchs in
Tschetschenien in Frage, erklärte das russischen
Außenministerium in ungewöhnlich scharfer Form.
dpa/ap/afp-Bericht in Frankfurter Rundschau, 21.2.2000
19.2.2000 Der russische Verteidigungsminister Sergejew sagte,
die bewaffneten Einheiten, würden ihren Auftrag in
Tschetschenin bald beenden. Danach würden die Truppen des
Innenministeriums die Macht in Tschetschenien übernehmen.
Die militärische Phase des Krieges sei also bald
abgeschlossen.
BBC, 20.2.2000
22.2.2000 Ungeachtet der westlichen Kritik am
Tschetschenienkrieg hat Putin seiner Armee zu ihrer Offensive in
der Kaukausus-Republik gratuliert. Den vier für die
Kriegsführung zuständigen Generälen verlieh Putin
per Dekret einen weiteren Stern.
die tageszeitung TAZ, 22.2.2000
23.2.2000 Putin stellt den Tschetschenen die Autonomie in
Aussicht. Als erstes aber werde der Feldzug in Tschetschenien mit
'der Zerschlagung der Terroristen' beendet, so Putin, er
fügte jedoch hinzu, niemand wolle das tschetschenische Volk
versklaven.
AP, 24.2.2000
24.2.2000 Russland habe einen großen Fehler gemacht, als
es Tschetschenien in den vergangenen Jahren "absolut ohne
Kontrolle" seinem Schicksal überlassen hätte,
erklärte Interimspräsident Wladimir Putin. Das
tschetschenische Volk habe man so zur "Geisel von Banditen und
Terroristen" gemacht. Russland wolle Tschetschenien nicht
versklaven. "Wir haben nicht das Recht, das tschetschenische Volk
in die Enge zu treiben und es in die Lage eines Besiegten zu
bringen", sagte Putin dem Petersburger Rundfunksender "Baltika".
Es müsse eine politische Lösung gefunden werden. Es
gebe in Tschetschenien Kräfte, mit denen man verhandeln
könne.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.2.2000
25.2.2000 Tschetschenien sei zu einer "Festung der kriminellen
Welt" geworden, die Armee habe aber mit den "Banditen" Schluss
gemacht, schreibt Interimspräsident Wladimir Putrin in einem
"offenen Brief an die Wähler", in dem er sein Programm
für die Präsidentschaftswahlen vorstellt. Er werde
für eine "Diktatur des Gesetzes" sorgen.
Afp-Bericht in Frankfurter Rundschau, 26.2.2000
26.2.2000 Auf Berichte von Human Rights Watch, im Lager
Tschernokosowo würden Gefangene gefoltert, entgegnete der
russische Justizminister Tschajka, die Bedingungen dort seien
"normal, so wie in anderen Untersuchungsgefängnissen
Russlands".
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.2.2000
27.2.2000 Der russische Menschenrechtsbeauftragte Wladimir
Kalamanow widerspicht erneut internationalen Medienberichten
über Vergewaltigungen und Folter durch russische Soldaten im
Lager von Tschernokosowo.
afp-Bericht in Neue Zürcher Zeitung, 28.2.2000
29.2.2000 Berichten zufolge sagte Präsident Putin, er
bezweifle, dass Babizki gefährlich genug sei, um seine
Gefangenschaft zu rechtfertigen. Er wurde freigelassen,
während die Untersuchungen noch andauern, und es ist ihm
nicht erlaubt, das Stadtgebiet von Moskau zu verlassen.
Amnesty International, News Release, EUR 46/13/00,
29.2.2000
März
1.3.2000 Den Krieg im Kaukausus hat die russische
Militärführung am Dienstag offiziell für beendet
erklärt. Nach eigenen Angaben sei auch die letzte Hochburg
der Tschetschenen gefallen: Schatoi im Süden
Tschetscheniens.
Reuters, Göttinger Tageblatt, Frankfurter Allgemeine
Zeitung, Frankfurter Rundschau, 1.3.2000
Anfang März 2000 Der russische Militäranwalt teilt
Human Rights Watch mit, dass er noch nie etwas von den 60
Massenexekutionen durch russische Soldaten im Distrikt Aldi von
Grosny gehört habe. Er kündigte jedoch die Untersuchung
der Vorwürfe an. Bereits zehn Tage später hatte er
seine angeblichen Untersuchungen abgeschlossen und
herausgefunden, dass russische Soldaten nicht daran beteiligt
waren - eine Schlussfolgerung, der viele Zeugenaussagen
widersprechen. Die russischen Behörden haben Amnesty
Internationals Untersuchungsergebnisse über die Existenz
geheimer Filtrationslager öffentlich verurteilt und
abgestritten, dass Inhaftierte in Tschetschenien gefoltert
werden.
Human Rights Watch, 11.4.2000
http://www.hrw.org/campaigns/geneva/item4-oral.htm.htm
1.3.2000 Der russische Innenminister Ruschailo sagte, er sehe
die militärische Phase des fünfmonatigen Krieges in
Tschetschenien vor dem Ende.
Reuters, 1.3.2000
5.3.2000 Der russische Ministerpräsident Putin hat in
einem BBC-Interview westliche Berichte über russische
Kriegsverbrechen in Tschetschenien als "Fälschungen und
Lügen" bezeichnet. Die russische Regierung habe es nicht
nötig, gegen Zivilisten vorzugehen, da die Bevölkerung
den Truppen dabei helfe, Tschetschenien von "äußerer
Einmischung" zu befreien. "Wir haben nicht das Ziel, die Menschen
in Tschetschenien in einen Käfig zu jagen und unter dem
Syndrom einer besiegten Nation leiden zu lassen." Die
Tschetschenen seien "kein besiegtes, sondern ein befreites Volk."
Putin kündigte an, die militärische Phase der
"Operation" gegen die tschetschenischen "Rebellen" werde in
Kürze abgeschlossen - danach komme die Zeit des
Wiederaufbaus, der Versorgung mit Nahrungsmitteln und der
Einrichtung von Regierungsorganen, denn den Tschetschenen
müsse "die Möglichkeit gegeben werden, die Zukunft
ihrer Republik politisch zu entscheiden." Weiterhin hält
Putin eine Nato-Mitgliedschaft Russlands nicht für
ausgeschlossen.
dpa/AFP-Meldung in Süddeutsche Zeitung, 6.3.2000, und
dpa-Meldung in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.3.2000
6.3.2000 Russlands Justizminister Juri Tschaika nannte den
wochenlang vermissten Kriegsberichtserstatter Andrej Babizki
einen Verbrecher.
Reuters, 6.3.2000
7.3.2000 Boris Nemzow schrieb in der Zeitung Der Standard
einen Artikel über den Tschetschenienkrieg und Russland. Er
zieht ein Fazit: "Wären die grausamen Ereignisse in
Tschetschenien 1991 passiert, wäre unsere demokratische
Arbeit in großer Gefahr gewesen. Unsere
Verfassungstradition ist zwar erst zehn Jahre alt, doch die
Menschen in Russland haben lange genug die milde Luft der
Demokratie geatmet. Wir wollen keine andere. Wir wollen nicht
zurück in die Kälte. Im Tschetschenien-Krieg ging es
also nicht nur darum, den russischen Staat zu schützen,
sondern auch unsere demokratische Verfassung zu bewahren.
Dafür haben Russen und Tschetschenen einen hohen Preis
gezahlt. Es liegt nun an uns , alles zu tun, damit diese Menschen
nicht umsonst gestorben sind."
Der Standard, 7.3.2000
13.3.2000 Russische Sprecher beschreiben die seit fünf
Monaten andauernde Militärkampagne als eine
Antiterror-Operation und bestreiten, dass Truppen
Gräueltaten verübt haben. Sie räumen ein, dass es
einige Ausschreitungen gegeben hat, sagen jedoch gleichzeitig,
diese kämen in allen bewaffneten Konflikten vor.
Russia Today, 13.3.2000
http://www.russiatoday.com/chechnyainfocus/news.php3?id=141951
17.3.2000 Putin lehnt es ab, über ein Ende des Krieges in
Tschetschenien zu verhandeln. Wörtlich sagte er
gegenüber der Radiostation Majak, wer mit ‚solchen
Banditen‘ spreche, könne gleich seine Soldaten
abziehen, ein Fehler, den die Russen schon einmal gemacht
hätten.
Der Standard, 18.3.2000
20.3.2000 Russland wird demnächst überschüssige
Truppen aus Tschetschenien abziehen, so Putin. "Die
Streitkräfte der Rebellen sind zerschlagen und organisierten
Widerstand gibt es nicht mehr", sagte Putin in einem Interview.
Konkrete Zahlen oder ein Datum für den Beginn des
Truppenabzugs nannte er nicht. Einen vollständigen Abzug
schloss Putin kategorisch aus: "Denn wenn wir abziehen, dann
konsolidieren sich die Rebellen erneut. Wir schneiden die
Gebirgsregion ab und führen dort dann Spezial-Operationen
durch. Dort laufen noch genug dieser Tiere herum, und sie
könnten sich zu Rudeln zusammenschließen und
Ausfälle versuchen", sagte Putin über die
Tschetschenen.
dpa, AP, AFP-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 20.3.2000
29.3.2000 Der Chef des Generalstabs der russischen Armee,
General Anatoli Kwaschnin, bestätigte, dass ein russischer
Panzerfahrer wegen der Ermordung einer Frau, die vorher
offensichtlich vergewaltigt wurde, festgenommen wurde.
Human Rights Watch, 30.3.2000
http://www.hrw.org/press/2000/03/chech0330.htm
29.3.2000 Der stellvertretende russische Außenminister
Ordschonikidse hat ausländischen Medien bei der
Berichterstattung über den Tschetschenienkrieg einen
"Informationskrieg gegen Russland" vorgeworfen. Es sei oft
schwer, zwischen ihren Berichten und der "Propaganda
tschetschenischer Terroristen" zu unterscheiden, so
Ordschonikidse.
epd, dpa-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 30.3.2000
30.3.2000 Der russische Repräsentant für
Tschetschenien teilte heute mit, dass Moskau 10.38 Billionen
Rubel (384 Euro) für den Wiederaufbau Tschetscheniens
bereitstelle.
AFP, 31.3.2000
30.3.2000 Erstmals in diesem Tschetschenienkrieg hat der
russische Generalstabschef Kwaschnin öffentlich
erklärt, ein russischer Offizier sei wegen Vergewaltigung
und Mord festgenommen worden. Offensichtlich startet der Kreml
anlässlich des Besuch von UN-Menschenrechtskommissarin Mary
Robinson eine Propagandaoffensive in Sachen Menschenrechte.
Frankfurter Rundschau, 31.3.2000
April
6.4.2000 Nach Vorwürfen massiver
Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien hat Russland drei
Fachleuten des Europarats ständigen Zugang zu der
Kaukasus-Republik zugesagt. Sie sollen in zwei Wochen ihre Arbeit
im Büro des russischen Menschenrechtsbeauftragten,
Kalamanow, aufnehmen und dort zunächst sechs Monate
bleiben.
dpa, AP, Frankfruter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau,
Süddeutsche Zeitung, 6.4.2000
6.4.2000 In einem Appell der russischen Kulturschaffenden
verteidigen diese das Vorgehen ihrer Regierung im Kaukasus: "Ja,
wir wollen frei, wohlhabend und glücklich leben, aber vor
allem müssen wir unsere eigene Sicherheit
gewährleisten. Mit der Wahl Wladimir Putins zum neuen
Präsidenten, eines Menschen, der die Verantwortung für
die Operation in Tschetschenien übernahm, bekundeten die
Bürger Russlands deutlich ihren Willen. Wir rufen alle -
sowohl unsere Partner als auch Opponenten - dazu auf, diesem
Willen Rechnung zu tragen." Unterzeichner sind Schriftsteller,
Regisseure, Musiker.
Pressemitteilung der russischen Botschaft in Berlin, unter
www.russische-botschaft.de, 7.4.2000
7.4.2000 Der russische Premier Putin hat bei einem Treffen mit
dem portugiesischen Außenminister Gama und Javier Solana
angekündigt, einen Plan für eine politische Lösung
für Tschetschenien am Ende dieser Woche vorlegen.
Radio Free Europe, 10.4.2000
7.4.2000 Der Sekretär des russischen Sicherheitsrats,
Iwanow, sagte, Moskau schließe vorbeugende Schläge
gegen ‚Rebellenlager‘ auch in Afghanistan nicht aus.
Es gibt die Vermutung, dass tschetschenische Kämpfer von den
afghanischen Taliban unterstützt würden.
dpa, 8.4.2000
7.4.2000 Russland wird den Krieg gegen Tschetschenien auch
trotz des drohenden Ausschlusses aus dem Europarat
weiterführen. Gleichzeitig drohte der für
Tschetschenien zuständige Sprecher Jastrschembski, Russland
würde sich nun ganz der Kritik aus dem Europarat
verschließen.
Süddeutsche Zeitung, Hamburger Abendblatt, 8.4.2000
11.4.2000 Wladimir Kalamanow, spezieller Repräsentant des
russischen Präsidenten für Menschenrechte in
Tschetschenien, sagt auf einer Presse-Konferenz in Genf, die von
Amnesty International interviewten Opfer und Zeugen von Folter,
Vergewaltigung inbegriffen, durch russische Soldaten in geheimen
Filtrationslagern in Tschetschenien seien "zu gestresst" gewesen
und daher nicht als glaubwürdig zu betrachten.
Amnesty International, News Release, EUR 46/26/00, 11.4.2000
12.4.2000 Der russische Sonderbeauftragte ‚für den
Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten‘ in
Tschetschenien, Kalmanow, hat die westlichen Staaten und
UN-Hochkommissarin Mary Robinson scharf angegriffen. Russland
werde ‚die Politik der Ausrottung des internationalen
Terrorismus entschieden fortführen ’,so Kalamanow. Er
beschuldigte Robinson, eine Hysterie um Tschetschenien zu
provozieren.‘
Frankfurter Rundschau, 12.4.2000
12.4.2000 Der russische Präsident Putin hat nach starker
Kritik des Westens eine Untersuchung der Vorwürfe von
Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien angekündigt.
Sowohl Verbrechen von ‚Rebellen‘ als auch von
Angehörigen der russischen Truppen würden untersucht
und bestraft, so Putin.
Dpa-Bericht in YahooNews auf der homepage: www.yahoo.com,
13.4.2000
12.4.2000 Die russische Regierung steht nach eigenen Angaben
in direkten Verhandlungen mit den Vertretern Tschetscheniens
über ein Ende des Krieges im Kaukasus. Wörtlich sagte
Außenminister Iwanow: ‚Die russische Führung ist
immer für eine politische Lösung in Tschetschenien
eingetreten und war offen für einen Dialog.‘
AP, 13.4.2000
17.4.2000 Der Kommandant der russischen Truppen in
Tschetschenien Troschew hat erneut betont, dass er nicht mit
einem schnellen Ende des Feldzuges in Tschetschenien rechnet:
"Die russische Armee hat noch sehr viel zu tun, um die Region
nach den siebenmonatigen Kämpfen zu befrieden", sagte er
wörtlich.
Reuters, 18.4.2000
18.4.2000 "Aslan Maschadow ist für Russland ein
Verbrecher", so Premier Putin auf die Bemühungen des
tschetschenischen Präsidenten um eine Aufnahme eines Dialogs
mit Moskau. Putin lehnte Maschadows Angebot, die Waffen schweigen
zu lassen ab.
Hamburger Abendblatt, 19.4.2000, Süddeutsche Zeitung, die
tageszeitung TAZ, Frankfurter Rundschau, Frankfurter Allgemeine
Zeitung, 22. - 24.4.2000
20.4.2000 Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche hat
Wladimir Putins Militärengagement in Tschetschenien
gerechtfertigt. Gleichzeitig verurteilte Alexij II in einer in
Moskau veröffentlichten Erklärung die jüngste
Kritik der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Robinson
und des Europarates, der Russland mit dem Ausschluss gedroht
hatte.
Deutsche Sonntagszeitung 21.4.2000
27.4.2000 Putin erklärte bei einer Sitzung des
Regierungspräsidiums: "Welche Probleme es bei der
Normalisierung der Lage in Tschetschenien auch gibt, wie hoch
auch die Verluste sein mögen, es ist eine Tatsache, dass es
dort keine Banditen-Macht mehr gibt."
dpa, 27.4.2000
29./30. 4.2000 Russland hat eine Einheit für den
permanenten Einsatz in Tschetschenien zusammengestellt, so
Verteidigungsminister Sergejew. Die Einheit soll etwa 25.000 Mann
umfassen. Sergejew sagte, die Stationierung dieser permanenten
Einheit sei ein weiterer Schritt, den Krieg in Tschetschenien zu
beenden.
International Herald Tribune, 29./30.4.2000
29.4.2000 Moskau lehnt immer noch jede Verhandlung mit dem
legal gewählten Präsidenten Tschetscheniens, Aslan
Maschadow, ab. Im Moment verhandele Moskau lediglich mit den von
Russland eingesetzten Bezirksverwaltern, angeblich in Ermangelung
einer Persönlichkeit, die alle Tschetschenen vereinen
könnte.
dpa, 29.4.2000
Mai
2.5.2000 Russlands Innenminister hat die Lage in
Tschetschenien als kompliziert bezeichnet: "Wir geben uns nicht
der Illusion hin, dass die Situation in vielen Bezirken mehr oder
weniger stabil ist." Im März hatte die russische Regierung
noch erklärt, die Armee habe auch die letzten
Tschetschenen-Hochburgen unter Kontrolle.
Reuters, 3.5.2000
8.5.2000 Präsident Putin hat bei der traditionellen
Militärparade in Moskau mit Blick auf den
Tschetschenien-Krieg vor Terror und Gewalt in Russland
gewarnt.
dpa, 9.5.2000
8.5.2000 Tschetschenien soll unter die Direktverwaltung
Moskaus gestellt werden, dies kündigte Präsident Putin
während eines Besuchs in Kursk an. Nach seiner Auffassung
sind "politische Maßnahmen und Wahlen in Tschetschenien
erst möglich, wenn eine elementare Ordnung und
Lebensbedingungen für die Bevölkerung hergestellt"
seien. Dies könne in eineinhalb bis zwei Jahren
geschehen.
Berner Zeitung, 9.5.2000
10.5.2000 Die russischen Medien haben in den letzten Wochen
immer wieder von tschetschenischen Konzentrationen in der
Grenzregion in Dagestan gesprochen. Heute verwarnte General
Gennadi Troschew die Tschetschenen prophylaktisch. Jeder Versuch
der Tschetschenen, nach Dagestan einzudringen, sei zum Scheitern
verurteilt. Wenn die Tschetschenen versuchen sollten, in Dagestan
einzudringen, würde keiner von ihnen lebend wieder raus
kommen.
Radio Free Europe, 11.5.2000
13.5.2000 Die Zeitung Free Republic veröffentlicht einen
Artikel des russischen Außenministers Igor Iwanow. Dieser
kritisiert die Haltung der Europäer im Tschetschenienkrieg.
Er warnt den Westen vor der Gefahr des internationalen
Terrorismus. Weiterhin behauptet er, Russland habe nichts zu
verstecken, sondern sei im Gegenteil offener im Umgang mit
Informationen als je zuvor. Russland kooperiere eng mit den
Vereinten Nationen, insbesondere mit dem Hochkommissariat
für Flüchtlinge, Unicef, der
Weltgesundheitsorganisation und dem Internationalen Roten Kreuz.
Auch die Menschenrechtssituation werde nicht
geheimgehalten.
Free Republic, 13.5.2000
21.5.2000 Russland hat dem Europarat vorgeworfen, die
"islamistischen Rebellen" in Tschetschenien moralisch zu
unterstützen. Der für Tschetschenien zuständige
Regierungssprecher Sergej Jastrschembski sagte am Monag in
Moskau, es sei ein Telefonat zwischen dem Ratspräsidenten
Lord Russell-Johnston und dem tschetschenischen Führer Aslan
Maschadow abgehört worden.
Reuters, 22.5.2000
23.5.2000 Russland will nach dem militärischen Eingreifen
in der Teilrepublik Tschetschenien im Krisenfall auch Einheiten
in andere ehemalige Sowjetrepubliken entsenden. Besonders den
asiatischen Republiken Tadschikistan und Kirgisien bot Russland
seine Hilfe an. Nach Ansicht Russlands unterstützt die
afghanische Taliban-Führung neben Widerstandskämpfern
in Tschetschenien auch militante Gruppierungen in den
mittelasiatischen Republiken.
Handelsblatt, 24.5.2000
24.5.2000 Die Rede des deutschen
Literatur-Nobelpreisträgers Günter Grass gegen den
Tschetschenienkrieg ist in Russland auf ein geteiles Echo
gestoßen. So schreibt der ehemalige Dissident und
Schriftsteller Wassili Aksjonow: "Ich denke, das ist der erste
gerechte Krieg, den Russland seit einem halben Jahrhundert
führt. Ein Krieg gegen Fanaktiker und Banditen."
Berliner Zeitung, 25.5.2000
26.5.2000 Präsident Putin hat Russland in sieben
Verwaltungseinheiten aufgeteilt. In die zwei schwierigsten und
strategisch wichtigsten Verwaltungsbezirke, den Nordkaukasus und
den Fernen Osten, schickt er zwei Veteranen aus dem
Tschetschenienkrieg. Armeegeneral Wiktor Kasanzew wird die Macht
im Nordkaukasus, General Konstatin Pulikowski im Fernen Osten
übernehmen. Nur zwei der neuen Generalgouverneure sind
Zivilpersonen.
Der Standard, 26.5.2000
25.5.2000 Die russische Regierung ließ verlauten, sie
plane, für den Wiederaufbau Tschetscheniens in diesem Jahr
etwa 500 Millionen DM auszugeben.
Neue Züricher Zeitung, 26.5.2000
25.5.2000 Beim jüngsten verteidigungspolitischen Treffen
bot Russland unter Hinweis auf seinen militärischen "Erfolg"
in Tschetschenien den ehemaligen Sowjetrepubliken Tadschikistan
und Kirgistan umfassende Truppenhilfe an. In diesen Ländern
gibt es mehr oder weniger offene ethnische Konflikte.
Der Standard, 26.5.2000
26.5.2000 Die russische Regierung spricht von der
Möglichkeit, Attacken gegen die Terroristen-Ausbildungslager
in Afghanistan zu fliegen. "Im Prinzip gibt es zahlreiche
Möglichkeiten, wenn in einem Gebiet eine potentielle oder
mögliche Gefahr für Russland entsteht," warnte
Außenminister Iwanow. Die Russen gehen davon aus, dass die
afghanischen Taliban Gotteskrieger für Tschetschenien
ausbilden und dass über Afghanistan auch Waffen in die
Kaukasusrepublik gelangen. Ein neuer offener Konflikt in
Zentralasien scheint mittlerweile immer wahrscheinlicher,
möglicherweise würden die USA diesmal Russland
unterstützen. Moskau kommt dabei die Allianz gegen die
Extremisten gelegen: Setzt Russland seine Drohung gegen die
Taliban um und sollte es dabei gelingen, Osama bin Laden
auszuschalten, würde der Westen in Sachen Tschetschenien in
Zukunft wohl beide Augen zudrücken.
Die Südostschweiz, 26.5.2000
25.5.2000 Die russischen Streitkräfte in Tschetschenien
erwarten eine Ausweitung des Widerstandes der Tschetschenen auf
das gesamte Land. Die Lage im Kriegsgebiet wurde weiterhin als
‚schwierig‘ bezeichnet.
Interfax, dpa, AFP, 26.5.2000
28.5.2000 Der russische Präsident Putin hat die
Verfolgung aller in Tschetschenien verübten
Gesetzesverstöße angekündigt, egal wer sie
begangen habe. Betroffen seien auch russische Soldaten, die der
Menschenrechtsverletzungen für schuldig befunden worden
seien.
Reuters, 29.5.2000
28.5.2000 In einem Interview im Magazin Focus sagte Russlands
Vizegeneralstabschef Manilow, dass es noch eineinhalb bis zwei
Jahre dauern wird, bis ein funktionierendes Machtsystem in
Tschetschenien aufgebaut ist. Es seien im Moment rund 20.000 Mann
in Tschetschenien stationiert.
Focus, 29.5.2000, S. 290
29.5.2000 Präsident Putin betonte, dass Russland einen
"festen Plan für eine friedliche Regelung im Nordkaukasus"
habe. "Russland hat sich nie vorgenommen, das tschetschenische
Volk zu versklaven," so Putin in einem Interview mit Itar
Tass.
dpa, 30.5.2000
Juni
5.6.2000 General Gennadi Troschew rief die russischen
Politiker auf, den Krieg in Tschetschenien zu beenden. "Die
Politiker haben den Krieg begonnen, sie müssen ihn auch
beenden." Er forderte ein Referendum, was darüber
entscheiden soll, wer Tschetschenien in Zukunft verwalten und
regieren soll. Troschew betonte, dass die Politiker sich mit
ihren Friedensbemühungen beeilen sollten.
Reuters, 6.6.2000
7.6.2000 Der russische Präsident hat die Kontrolle
über Tschetschenien verstärkt und die Bildung einer
Übergangsverwaltung angeordnet. Damit sei die bisherige
Verwaltung des Vertreters der russischen Regierung, Nikolai
Koschman, aufgelöst. Die Kontrolle über die
Übergangsverwaltung werde General Kasanzow
übernehmen.
dpa, 8.6.2000
8.6.2000 In einem gemeinsamen Interview von ARD und ZDF mit
Präsident Putin schloss dieser Verhandlungen mit dem
tschetschenischen Präsidenten Maschadow nicht mehr
kategorisch aus.
Dpa-Bericht unter Berufung auf ARD und ZDF, Yahoo News auf der
homepage: www.yahoo.com, 9.6.2000
12.6.2000 Der oberste islamische Geistliche von
Tschetschenien, Mufti Achmed Kadyrow, ist zum neuen
Verwaltungschef der Kaukasusrepublik ernannt worden. Der
Ernennung des gemäßigten Geistlichen war eine
längere Suche des Kremls nach einem Statthalter
vorausgegangen, der Mufti sei "der Führer mit der
größten Autorität bei der tschetschenischen
Bevölkerung", so der Vorsitzende des russischen
Föderationsrates.
dpa, 13.6.2000
12.6.2000 Die russische Führung will mit den
Tschetschenen nur über eine Kapitulation verhandeln. "Mit
denen, die uns mit Waffen in den Händen gegenüber
stehen, kann es keinen anderen Dialog geben als Verhandlungen
über Kapitulation", sagte der Kreml-Sprecher für
Tschetschenien Jastrschembski.
dpa, 13.6.2000
13.6.2000 Die russische Führung schließt eine
Fortsetzung des Krieges gegen Tschetschenien bis Ende November
2000 nicht mehr aus.
dpa, rtr-Bericht in Frankfurter Rundschau, 14.6.2000
18.6.2000 Ein ehemaliger russischer Kommandeur in
Tschetschenien gab zu, dass es viele Fälle von
Brandschatzung und Plünderung gegeben hätte. Er meinte,
es gäbe russische Soldaten, die nach Tschetschenien gingen,
um ihre eigenen Taschen zu füllen. Er klagte, die Soldaten
würden zu niedrig bezahlt.
BBC, 19.6.2000 auf der homepage: www.bbc.co.uk
19.6.2000 Die engagierte Journalistin der Zeitung Nowaja Gazeta, Anna Politkowskaja, interviewte den jüngsten Generalleutnant Russlands, Schamanow, zum Tschetschenienkrieg:
Frage: Was meinen sie damit, wenn sie sagen: "in der einen
oder anderen Weise mit einem Banditen verwandt" - wie würden
sie die Frau eines tschetschenischen Guerillas nennen?
Schamanow: Eine Banditin.
Frage: Weshalb?
Schamanow: Wenn sie selber keine Banditin ist, muss sie ihren
Mann verlassen.
Frage: Sie legen hier russische Maßstäbe an.
Schamanow: Natürlich, was soll ich denn sonst anlegen,
diese Menschen leben in Russland.
Frage: Aber sie haben ihre eigenen Gesetzte. Eine Frau kann
ihren Mann nicht verlassen.
Schamanow: Ihre Gesetze widersprechen der einfachen menschlichen
Moral! Wir wollen alle unsere Hände sauber halten! Aber das
wird nicht klappen. Es hat noch nie geklappt. Das Gute hatte
immer seine Grenzen. Ich kann nicht die Theorie vertreten, dass
wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, solltest du
ihm auch die linke hinhalten. Wenn die Banditen unsere Moral
nicht akzeptieren, sollten sie zerstört werden. Wenn ein
Mensch krank wird, kann es sein, dass er verletzt wird, wenn die
Operation die kranke Stelle entfernt.
Frage: Aber die Verwandten werden in solchen Fällen nicht
wegoperiert! Ist das Kind eines Banditen auch ein Bandit?
Schamanow: Ja. Sagen sie mir, wie ich eine Ehefrau von einer
Heckenschützin unterscheiden soll. Können sie das
unterscheiden? Hier im friedlichen Moskau ist es leicht zu
generalisieren...
Dieser Mann wurde mit der Medaille "Held Russlands"
ausgezeichnet und wird zum Kommandeur der 58. Armee gemacht, die
in Tschetschenien kämpft.
Nowaja Gazeta, 19.6.2000
22.6.2000 Das russische Außenministerium hat von
Georgien die Schließung der sogenannten "illegalen"
diplomatischen Niederlassung Tschetscheniens in Tiflis
gefordert.
Radio Free Europe, 23.6.2000
24.6.2000 General Troschew erklärt den
Tschetschenienkrieg für beendet.
Reuters, 25.6.2000
24.6.2000 Der Chef des russischen Generalstabs Anatoli
Kwaschnin gab am 24.6. vor der Presse zu, dass es dem
Militär bis jetzt nicht gelungen sei, Tschetschenien fest in
Griff zu bekommen. Am nächsten Tag erklärte General
Troschew, der Krieg sei beendet und es werde keine
Bombardierungen mehr geben. Trotzdem flog die russische Luftwaffe
in den 24 Stunden zwischen dem 25. Und 26. Juni 42
Angriffe.
Stratfor Global Intelligence Update, 25.6.2000
29.6.2000 In der ZEIT erscheint ein Interview mit dem
stellvertretenden russischen Generalstabschef Leonid Iwanschow.
Er rechtfertigt die russische Aggression in Tschetschenien wieder
mit dem Eingreifen der NATO in Jugoslawien: "Lassen Sie
bloß das Thema Tschetschenien. Sonst präsentiere ich
die neuen Zahlen über die Aggression des Nato-Faschismus im
Kosovo und vergleiche das, was ihr dort getan habt, mit
Auschwitz."
DIE ZEIT, NR.27, S.9, 29.6.2000
Juli
12.7.2000 "Mit besserer Disziplin, Professionalismus und
Verantwortung hätten viele Verluste in Tschetschenien
vermieden werden können", sagte Putin.
The Moscow Times, 13.7.2000
14.7.2000 Russland setzt seine Kampagne gegen angebliche
Unterstützer tschetschenischer Extremisten im Ausland fort.
Diplomatische Kreise ließen verlautbaren, die
"Deutsch-Kaukasische Gesellschaft e.V." finanziere mit mehreren
Hunderttausend Mark ein tschetschenisches Informationszentrum.
Der Vorsitzende der Gesellschaft, Ekkehard Maaß aus Berlin
wies diese Vorwürfe zurück.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.7.2000
27.7.2000 "Der Faktor der militärischen Macht ist heute
am wichtigsten, um Integrität und Souveränität des
Landes zu gewährleisten", sagte Putin. Dies sei besonders
aktuell, da es Versuche gebe, das Kräfteverhältnis in
der Welt umzugestalten und Russland der Gefahr des
internationalen Terrorismus ausgesetzt sei. Daher sei ein starker
Staat unabdingbar.
dpa, 27.7.2000
28.7.2000 Russland führt mit dem tschetschenischen
Präsidenten Aslan Maschadow Gespräche über die
Zivilverwaltung der Republik. Bisher hatte Moskau Verhandlungen
mit Maschadow abgelehnt. Bei den Gesprächen soll es um die
Kapitulation der tschetschenischen Kämpfer gehen.
SAT.1 Nachrichten, 28.7.2000
27.7.2000 "Der Krieg läuft in die richtige Richtung, auch
wenn er schwierig und gefährlich ist. Aber nach und nach
verdrängen wir die Rebellen", sagte General Malinow.
Ein anderer General versicherte, dass der Krieg bald zu einem
Ende komme, trotz der Tatsache, dass russische Truppen unter
zunehmendem Maße in Kämpfe verwickelt
würden.
Reuters, 28.7.2000
27.7.2000 Russische Offizielle bestätigten gestern, dass
Verhandlungen mit dem tschetschenischen Präsident
stattgefunden hätten, betonten aber nochmals, dass eine
völlige Aufgabe die einzige Chance der Tschetschenen sei,
die Russen zur Aufgabe ihrer Angriffe zu bewegen.
AP, 28.7.2000
28.7.2000 "Das russische Militär ist des Kämpfens
müde", sagte ein russischer General.
AP, 28.7.2000
29.7.2000 Der russische Tschetschenien-Beauftragte General
Viktor Kasanzew sagte dem Fernsehsender ORT, er habe nicht den
Wunsch, mit dem tschetschenischen Präsidenten Aslan
Maschadow zu sprechen. Er wolle lediglich Gespräche mit
kleineren Kämper-Gruppen führen. Am Freitag hatte er
noch mitgeteilt, die vom Westen wiederholt verlangten
Gespräche mit den Tschetschenen über eine Beendigung
des Krieges seien eingeleitet. Er könne sich auch
Verhandlungen mit Maschadow vorstellen.
Yahoo Schlagzeilen, 29.7.2000
August
August 2000 Ein führender russischer General gibt die
Zahl russischer Verluste mit über 2.500 an.
The Russia Journal, August 2000
2.8.2000 Ein russischer General teilte mit, in den zwölf
Monaten des blutigen Konflikts in der turbulenten Kaukasus-Region
seien 14.000 tschetschenische Kämpfer getötet
worden.
Yahoo News, 2.8.2000
3.8.2000 Putin hat den Einsatz der russischen Armee in
Tschetschenien gerechtfertigt. Die Militäraktion habe den
Verfall des Staates verhindert und der "Wiederherstellung der
Verfassung und der Bürgerrechte" gedient. Maschadows
Vorschlag, die OSZE als Vermittlerin einzuschalten, lehnt Putin
ab. Beim Kaukasus-Krieg handele es sich um einen innerrussischen
Konflikt, bei dem ausländische Vermittler nichts zu suchen
hätten.
Berliner Morgenpost, 3.8.2000
6.8.2000 Der Pressedienst des Kreml ließ verlautbaren,
ein Anführer der tschetschenischen Kämpfer habe sich am
Montag dem russischen Geheimdienst gestellt. Es seien am
Wochenende 160 "Rebellen" getötet worden.
AFP, 7.8.2000
9.8.2000 Ein Sprecher der russischen Untersuchungsbeamten, die
sich mit dem Terroranschlag in Moskau beschäftigen,
erklärte, die These von der Verbindung zu tschetschenischen
Kämpfern sei die zur Zeit am meisten favorisierte.
Yahoo News, 9.8.2000
10.8.2000 Laut Putin wird die Militärkampagne in
Tschetschenien bis zur Vollendung weiter geführt - so lange
bis alle Terroristen vernichtet sind.
Radio Free Europe/ Radio Liberty, 10.8.2000
September
6.9.2000 Ein russischer Militär in Tschetschenien sagte,
die großen Sicherheitsvorkehrungen in Grosny und anderen
Städten seien erfolgreich gewesen, trotzdem müssten die
russischen Soldaten auf der Hut sein, auch Zivilisten würden
immer wieder angegriffen.
AFP, 7.9.2000
6.9.2000 Das Verteidigungsministerium hat die Aktivitäten
der Truppen des Innenministeriums in Tschetschenien scharf
kritisiert. General Manilow sagte, die Angehörigen der
Innenministeriumstruppen hätten es nicht geschafft, die
kleinen tschetschenieschen Guerilla-Gruppen auszulöschen.
Manilow sagte, dass Mitte April, nach der ersten Phase des
Krieges, der richtige Zeitpunkt gewesen wäre, die
geschwächten Tschetschenen endgültig zu besiegen. Er
ist auch der Meinung dass die laufenden "Säuberungen" nichts
bringen. Dies war nach der Auskunft der Zeitung "Moskowskij
Komsomolets" das erste Mal, dass das Verteidigungsministerium
andere Truppenangehörige kritisierte.
Moskowskij Komsomolets, 7.9.2000
8.9.2000 Präsident Putin trat in der amerikanischen
Talkshow mit Larry King auf. Im Vorfeld behauptete er, das Image
Russlands im Ausland aufpolieren zu wollen. Er sagte zum
Tschetschenienkrieg, Russland würde in Kooperation mit den
Tschetschenen eine politische Lösung des Krieges anstreben.
Als King ihn fragte, ob er an eine höhere Macht glaube,
sagte Putin: "Ich glaube an den Menschen. Ich glaube an seine
guten Absichten. Ich glaube daran, dass wir alle auf diese Welt
gekommen sind, um Gutes zu tun. Wenn wir das tun und wenn wir
zusammen Gutes tun, wird uns Erfolg beschieden sein."
CNN, 8.9.2000
18.9.2000 Eine Reporterin der Los Angeles Times interviewte in
Russland mehr als zwei Dutzend Soldaten, die gerade aus dem Krieg
in Tschetschenien zurückgekommen waren. Ein Leutnant, der
für die Moral und Disziplin seiner Truppe verantwortlich
war, sagte "Die Lösung (für den Konflikt mit
Tschetschenien) wäre sehr einfach gewesen, wenn man die
alten Methoden der russischen Truppen aus dem 19. Jahrhundert
angewandt hätte. Für den Tod eines russischen Soldaten
wurde ein ganzes Dorf abgebrannt. Für den Tod eines
Offiziers wurden zwei Dörfer ausgelöscht. Dies ist der
einzige Weg, wie dieser Krieg zu einem Sieg gebracht werden kann
und dieses Volk besiegt werden kann." Weiterhin sagt dieser
Leutnant, dass die russischen Soldaten in Tschetschenien
Verbrechen begehen, dass sie aber im Prinzip genau das
täten, was die Regierung wolle, aber wegen politischer
Gründe nicht fordern könne. "Es ist wegen politischer
Gründe unmöglich, die gesamte erwachsene
Bevölkerung umzubringen und die Kinder in Reservate zu
schicken. Aber wir können versuchen, diesem Ziel nahe zu
kommen."
LA Times, 18.9.2000
20.9.2000 Generalleutnant Schamanow, eine Armeekommandant in
Tschetschenien, der kürzlich verlautbaren ließ, er
werde für den Gouverneurswahlkampf kandidieren, sagte, die
Annahme, Militär und Politik sollten getrennt sein, sei
falsch. "Als ein politischen Instrument kann die Armee nicht
ausserhalb der Politik sein", argumentierte er. Er sagte, die
Generäle hätten dies verstanden und bereiteten sich auf
eine aktivere Rolle in der Politik vor. Sollte er
tatsächlich zum Gouverneur gewählt werden, so verbliebe
er trotzdem in der Armee, so Schamanow.
Interview in der russischen Zeitung "Segodnya", 21.9.2000
Oktober
13.10.2000 In der Zeitung "Die Welt" erschient ein Artikel
Boris Jelzins. Darin lobt er seinen Nachfolger Präsident
Putin und seine Tschetschenien-Politik. Er schreibt: "Es fand
sich ein Mensch, der der Angst Einhalt gebot. Und dieser Mensch
war Putin. Seine scharfen Erklärungen, die vom
militärischen Eingreifen in Tschetschenien untermauert
wurden, waren das politische Hauptereignis des Herbstes 1999.
(...) Ihm wurde vorgeworfen, dass er sich grob ausdrücke.
Doch gerade weil er nicht an sein Image dachte (...) fand er den
einzig angemessenen Ton und die richtigen Worte. (...) Weder
Angst noch Besorgnis wurde zum Leitmotiv seiner
Äußerungen, sondern das kühle Selbstvertrauen
eines Verteidigers der gerechten Sache. (...) Putin befreite
Russland von der Angst, und Russland lohnte es ihm mit tiefer
Dankbarkeit."
Die Welt, 13.10.2000
13.10.2000 " Die Truppen werden bis zur völligen
Vernichtung des Banditentums in der Tschetschenischen Republik
bleiben", sagte der Befehlshaber des russischen
Kaukasus-Kommandos, Generalleutnant Iwan Babitschew, am Freitag
im russischen Fernsehen. Man plane aber, dass die Armee viele der
Kontrollposten innerhalb Tschetscheniens aufgebe, "um der
örtlichen Bevölkerung weniger Unannehmlichkeiten zu
machen", kündigte Babischew an.
dpa-Bericht mit Hinweis auf Itar-Tass in der Zeitung Grenz-Echo,
14.10.2000
26.10.2000 Der russische Präsident Putin gab an, dass die
Kampfhandlungen in Tschetschenien unmittelbar vor ihrem Ende
stehen würden. Der organisierte Widerstand sei geschlagen
worden, es gebe nur noch vier oder fünf tschetschenische
Kampfverbände, so Putin. Vertreter der russischen Seite
haben immer wieder den Sieg über die tschetschenischen
Verbände erklärt, tatsächlich jedoch kommt es
immer noch zu zahlreichen Überfällten der Tschetschenen
auf russische Soldaten, jede Woche sterben so zwischen 6 und 12
russische Soldaten.
Reuters, AP-Bericht in Yahoo News, www.dailynews.yahoo.com
d) Kritische Stimmen aus Russland und Tschetschenien
September
25. 9.1999 Ilias Akhmadow erklärt: "Das Schrecklichste
ist, dass russische Flugzeuge heute abend Wohngebiete bombardiert
haben. ... Jeden Tag erklären die russischen Befehlshaber,
sie würden nicht die tschetschenische Bevölkerung
bombardieren, sondern lediglich Orte, an denen sich Terroristen
aufhalten. Ich kann Ihnen versichern, dass nicht ein einziger
Terrorist unter diesen Angriffen gelitten hat, wenn sie
überhaupt hier sind. ... Mehr als 400 Menschen wurden im
Monat der Bombenangriffe getötet, davon sind ein Drittel
Frauen und Kinder.
Tomas Valasek, Center for Defense Information.
http://www.cdi.org/issues/Europe/akhm.html
25. 9.1999 Zu den russischen Angriffen sagt der russische
Menschenrechtler Sergej Kowaljow: "Solche Schläge
können nicht mit militärischen Argumenten
gerechtfertigt werden."
taz, die tageszeitung, 25.9.1999
November
7.11.1999 Tschetschenien hat die USA dazu aufgerufen, einen
Völkermord im Kaukasus zu verhindern. Präsident
Maschadow appellierte in einem Schreiben an Clinton, die USA
sollten ihren Einfluß zur Verteidigung der Menschenrechte
geltend machen.
Reuters/dpa/AP-Meldung in Frankfurter Allgemeine Zeitung,
8.11.1999
9.11.1999 In Moskau haben Russlands liberale Demokraten
erstmals die Tschetschenienpolitik der Regierung Jelzin
kritisiert. Der Vorsitzende der sozialliberalen Partei,
Jawlinskij, forderte Moskaus Führung auf, die Bombardierung
Tschetscheniens einzustellen und Verhandlungen mit dem "nach dem
Gesetz gewählten" tschetschenischen Präsidenten
Maschadow zu beginnen.
Der russische Minister für Katastrophenschutz, Schojgu,
sagte in bezug auf die Situation der tschetschenischen
Flüchtlinge, es gebe keine humanitäre Katastrophe: "Das
ist ein künstlich erzeugtes Problem".
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.11.1999
15./16.11.1999 In Berlin traf der Vorsitzende der
Kommunistischen Partei Russlands, Sjuganow, mit Politikern und
Wirtschaftsfachleuten zusammen. Dort kritisierte er die Rolle von
Jelzin und Putin im Tschetschenienkonflikt. Jelzin habe
frühe Warnungen nicht befolgt und den Konflikt nicht
rechtzeitig vermieden. Die Armee nahm er jedoch in Schutz; ihre
Aufgabe sei die Vernichtung der Terroristen. Er schloss eine
militärische Lösung für die Konflikte im
Nordkaukasus aus; in den von der russischen Armee
"freigekämpften" Gebieten müsse das wirtschaftliche und
gesellschaftliche Leben schnell wieder normalisiert
werden..
die tageszeitung taz, 17.11.1999
Mitte November 1999 Im Interview beklagt es der frühere
Staatschef der UdSSR Gorbatschow als "völlig inakzeptabel",
dass die russischen Militäraktionen das Ausmaß eines
Krieges gegen die tschetschenische Bevölkerung angenommen
hätten.
Focus, 15.11.1999
15.11.1999 Der tschetschenische Außenminister Ilyas
Akhmadow rief die Vereinten Nationen zur Intervention auf. Mehr
als 4.000 Zivilisten seien dem Krieg bisher zum Opfer
gefallen.
Radio Free Europe/ Radio Liberty, 15.11.1999
Dezember
8.12.1999 In einem Interview erklärt der russische
Militärexperte Pawel Felgenhauer, der Krieg mache
militärisch keinerlei Sinn, das sähen auch viele
Generäle ein. Die russische Armee begehe in Tschetschenien
massenhaft Kriegsverbrechen, vor allem an der
Zivilbevölkerung.
Basler Zeitung, 8.12.1999
27.12.1999 Der russische Verteidigungsexperte Pawel
Felgenhauer verurteilt den Einsatz von Vakuumbomben im Süden
Tschetscheniens auf von Zivilisten bewohnte Landstriche. Russland
verstoße damit gegen internationale Konventionen.
dpa-Bericht in die tageszeitung taz, 28.12.1999
Januar
1.1.2000 Tschetscheniens Präsident Aslan Maschadow sagte
in seiner Neujahrsansprache zu den Angriffen russischer Truppen:
"... niemals wieder im 21.Jahrhundert (soll) ein Staat oder ein
Volk das Recht haben, ein anderes Volk umzubringen. Was Russland
sich heute erlaubt, ist Barbarei."
dpa/AP/Reuters-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 3.1.2000
7.1.2000 Das Geständnis eines gefangenen russischen
Offiziers wurde der britischen Zeitung Independant zugespielt,
danach sollen nicht tschetschenische Terroristen, sondern der
russische Geheimdienst für die fürchterlichen
Bombenanschläge in Moskau und anderen Städten im
September 1999 verantwortlich sein. Wörtlich sagte der
Geheimdienstoffizier: 'Ich war nicht an den Explosionen in Moskau
und Dagestan beteiligt, aber ich besitze darüber
Informationen. Ich weiß, wer dafür verantwortlich ist.
Es ist der FSB in Zusammenarbeit mit dem GRU.'
Neue Züricher Zeitung, 7.1.2000
7.1.2000 Eine kleine Gruppe von Friedensaktivisten kämpft
in Moskau für ein sofortiges Ende des Tschetschenienkrieges.
Den Opfern wollen sie ein Denkmal setzen. Dem verbreiteten
xenophobischen Großmachtdenken möchte die Gruppe ein
Bewusstsein für die Notwendigkeit von Reue entgegensetzen.
In der russischen Gesellschaft gebe es die Werte Mitleid,
Solidarität und Toleranz nicht mehr. Ein Sprecher sagte:
"Wir müssen Reue zeigen für all unsere Intoleranz,
für den Verlust von Mitgefühl und unseren
Egoismus."
die tageszeitung Taz, 8.1.2000
10.1.2000 Der Spiegel führt ein Interview mit Michail
Gorbatschow. Über den Krieg in Tschetschenien meint der
letzte Staatschef der Sowjetunion, dieser Krieg werde nicht so
ohne weiteres zu Ende gehen. Vielleicht sei dies auch einer der
Gründe für den vorgezogenen Abtritt Jelzins gewesen.
"Dieser mag geahnt haben, dass sich die Situation in
Tschetschenien in sechs Monaten durchaus verschlechtern kann.
Drei Monate aber kann der Kreml den Zustand des gesteuerten Chaos
durchaus noch halten." Grobatschow meint, der Anfall
Tschetscheniens wäre ein gefährlicher
Präzedensfall. Er selbst sei immer dafür gewesen,
Willkür und Chaos in Tschetschenien zu beenden, aber das
sollte natürlich nicht in einen Krieg gegen ein ganzes Volk
münden.
Der Spiegel, 10.1.2000 2/2000
24.1.2000 "Putin hat gelogen, als er im Dezember auf dem
EU-Außenministertreffen in Helsinki behauptete, die
Kämpfe in Tschetschenien richteten sich nur gegen
terroristische Gruppierungen", sagte der russische
Menschenrechtler Sergej Kowaljow. Tatsächlich würde
"vor den Augen der Weltöffentlichkeit ein Krieg gegen die
Zivilbevölkerung" geführt. Das Militär mache
keinen Unterschied zwischen Terroristen und tschetschenischen
Zivilisten.
Deutsche Welle, 24.1.2000
30.1.2000 Der tschetschenische Präsident Maschadow
forderte Moskau auf, die mehr als 500 tschetschenischen
Zivilisten freizulassen, die in den vergangenen Tagen verhaftet
und in "Filtrationslager" gebracht worden seien. Erfülle
Russland diese Forderung nicht, erteile er den Befehl, die
russischen Kommandanturen in Gudermes, Argun, Schali und
Urus-Martan zu zerstören. Das russische Innenministerium
bestritt die Existenz der Lager.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.1.2000
Februar
4.2.2000 Jelena Bonner appelliert an die Parlamentarische
Versammlung des Europarats, eine Sondersitzung zum Fall Babizki
einzuberufen. Sie schreibt, Babizki, ein ziviler Journalist, der
seiner Arbeit nachging, sei drei Wochen in totaler Isolation
gehalten worden. Nun sei er für zwei russische Soldaten
ausgetauscht worden und zwar sei er in die Hände derer
gefallen, die der Staat für Banditen und Terroristen
hält. "Mit diesem Schritt haben die russischen Behörden
gezeigt, dass sie nicht mehr für Babizkis Leben
verantwortlich sind." Die Aufgabe der Parlamentarischen
Versammlung des Europarates sei die Wahrung der Menschenrechte
und anderer internationaler Übereinkommen. In Babizkis Fall
seien viele dieser internationalen Normen gebrochen worden, so
Jelena Bonner.
"A public appeal by Jelena Bonner" auf der Andrej Sacharow
Homepage www.wdn.com/asf/cgi/ASFdbs
4.2.2000
14.2.2000 Im Hamburger Abendblatt erscheint ein Artikel
über das Komitee der Soldatenmütter, eine russische
Menschenrechtsorganisation. Die Vorsitzende, Valentina Melnikowa
meint: ‚Alle russischen Soldaten sind in Tschetschenien
Kriegsverbrecher, das hat allein schon damit zu tun, dass es
keinerlei rechtliche Grundlage für diesen Feldzug
gibt.‘‘
Hamburger Abendblatt, 14.2.2000
15.2.2000 Auf der Grundlage von Aussagen tschetschenischer
Flüchtlinge in Inguschetien, beschuldigt die russische
Menschenrechtsorganisation Memorial die russischen Truppen,
Tausende von Zivilisten in Tschetschenien ermordet zu haben.
Memorial kritisiert auch die Zustände in den
Flüchtlingslagern, wo Flüchtlinge unter
Nahrungsmittelknappheit, Unterkühlung und Tuberkulose zu
leiden hätten. Laut Memorial halten sich derzeit 210.000
Flüchtlinge in Inguschetien und 16.000 in Nord-Ossetien
auf.
AFP in Refugees Daily, 16.2.2000
(http://www.unhcr.ch/refworld/cgi-bin/newssearch.pl)
15.2.2000 Ein Vertreter Tschetscheniens hat sich heute an die
Parlamente der baltischen Staaten, Polens und der Ukraine mit der
Bitte gewandt, auf Russland, das eine Politik der
Unterdrückung friedlicher Bürger betreibe, Druck
auszuüben. Die russischen Streitkräfte
unterdrücken und verhaften friedliche Bürger, darunter
Frauen und Kinder, und bringen sie in Filtrationslager, schreibt
Said-Hassan Abumuslimow, Leiter einer Ermittlungsgruppe, die die
Kriegsverbrechen in Tschetschenien untersucht, in dem
Appell.
Deutsche Welle Monitordienst, 15.2.2000
17.2.2000 Russlands Menschenrechtsbeauftragter Oleg Mironow
sagt im Radio: "...die russischen Behörden machen Russland
zu einem Land, in dem die Menschenrechte und die Rechte eines
jeden Bürgers verletzt und unterdrückt werden."
War and Human Rights. February 18, 2000
(http://www.hro.org/war/151.htm)
17.2.2000 Der bekannte Historiker Leonid Gordon sagt in Radio
Liberty: "Die Aktionen der russischen Befehlshaber in
Tschetschenien führen zu einer politischen Diktatur des
Militärs, rufen Grausamkeit in der Bevölkerung hervor
und bedrohen die Redefreiheit, Russlands größte
Errungenschaft."
War and Human Rights. February 18, 2000
(http://www.hro.org/war/151.htm)
19.2.2000 Protest-Aktion des Anti-War Actions Committee in
Moskau. Die Aktivisten sammeln Unterschriften für einen
Brief an Wladimir Putin, in dem sie die Beendigung der
Militärkampagne in Tschetschenien fordern.
War and Human Rights. February 20, 2000.
(http://www.hro.org/war/153.htm)
19.2.2000 Eine Protestaktion gegen den Tschetschenien-Krieg
und gegen das unerhörte Vorgehen der Behörden gegen den
Reporter von Radio Liberty, Andrei Babizki, findet in
Jekaterinenburg statt. Organisiert wird die Aktion vom Komitee
zum Schutz von Andrei Babizki, dem Antikriegs-Aktions-Komitee,
der Memorial-Gesellschaft, der Bewegung gegen Gewalt und anderen
Nichtregierungsorganisationen aus Jekaterinenburg.
War and Human Rights. February 20, 2000.
(http://www.hro.org/war/153.htm)
19.2.2000 Die meisten russischen Intellektuellen schweigen zu
den schweren Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien,
Aleksander Solschenizyn unterstützt die Regierungspolitik
sogar. Jelena Bonner, die Witwe des
Friedensnobelpreisträgers Andrej Sacharow, jedoch
charakterisierte den Waffengang Russlands als
‚Völkermord‘. Sie kritisierte auch die
westlichen Staaten, die nicht deutlich genug auf ein Ende des
Krieges drängten. Russland darf im Europarat bleiben, obwohl
es Tschetschenien bombardiere. ‚Das wäre so, als
hätte man Nazi-Deutschland Kredite gegeben, während es
Polen überfiel."
Neue Züricher Zeitung, 19.2.2000
20.2.2000 Am 20.2.2000 fand unter tschetschenischen
Kulturschaffenden eine Diskussionsrunde "Die moralische Krise der
Tschetschenen und Wege aus dieser Krise" statt. Die Diskussion
wurde vom "Zentrum tschetschenischer Kultur" organisiert und fand
in Nazran, Inguschetien statt. Die Teilnehmer haben folgende
Forderungen gestellt: Die Zerstörung Grosnys soll sofort
gestoppt werden. Eine Spezialistenkommission soll gebildet
werden, die die Schäden an den übriggebliebenen
Gebäuden untersucht. Grosny soll zügig "entmint"
werden. Den Bürgern Grosnys soll eine ungehinderte
Rückkehr in die Stadt erlaubt werden. Es soll Hilfe
geleistet werden beim schnellstmöglichen Wiederaufbau der
Gebäude der Stadt. Internationalen Beobachtern soll der
freie Zugang zu Grosny gewährt werden, damit sie die
Menschenrechtssituation beobachten können. "Wir glauben,
dass der Wiederaufbau Grosnys die moralische Pflicht eines
demokratischen Russland und der gesamten zivilisierten Welt
ist."
"Appeal of the Chechen Intelligentsia" 20.2.2000 auf der
homepage der Andrej Sacharow Foundation unter
www.wdn.com/asf/cgi/AFSdbs
20.2.2000 Dimitri Newerowskji protestiert gemeinsam mit 50
jungen Leuten, die öffentlich verkünden: "Tut das -
bloß ohne uns!" Diese Leute unterzeichnen ein Manifest
über die kollektive Verweigerung des Kriegsdienstes aus
Protest gegen den Krieg in Tschetschenien.
War and Human Rights. February 20, 2000.
(http://www.hro.org/war/153.htm)
23.2.2000 Eine große Anti-Kriegs-Demonstration findet in
Inguschetien, nahe des Adler-20-Kontrollpunkts an der
tschetschenischen Grenze statt. Über 1.000 Flüchtlinge
aus Tschetschenien und Bewohner Inguschetiens fordern die
Einhaltung der Menschenrechte für tschetschenische
Zivilisten, die Beendung der Bombardements tschetschenisch
besiedelter Gebiete, der Plünderungen und der sexuellen
Gewalttaten während der sogenannten
"Säuberungsaktionen".
War and Human Rights. February 23, 2000.
(http://www.hro.org/war/156.htm)
25.2.2000 "Das wäre so, als hätte man
Nazi-Deutschland Kredite gegeben, während es Polen
überfiel", zitiert das Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt die
Kritik von Jelena Bonner an der Gleichgültigkeit des Westens
gegenüber dem Morden in Tschetschenien.
Ulrike Scheffer in Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt,
25.2.2000
26.2.2000 Der liberale russische Parlamentarier Jurij Rybakow
erklärte: "Die "antiterroristische Operation" hat sich in
einen Krieg zur totalen Vernichtung der tschetschenischen
Bevölkerung verwandelt."
Florian Hassel aus Nazran in Frankfurter Rundschau.
26.2.2000
27.2.2000 Der tschetschenische Oberstaatsanwalt Abujasit
Sangerijew sagte, er habe Berichte von Gefangenen über
Folter und Vergewaltigungen in russischen Lagern gehört,
doch es lägen ihm keine Beweise vor. Die Häftlinge
wagten aus Angst vor Strafen nicht, mit einer Erklärung an
die Öffentlichkeit zu treten.
AP/AFP/Reuters-Bericht in Süddeutsche Zeitung,
28.2.2000
28.2.2000 An der Antikriegsaktion, die am 26.02.2000 in Moskau
von der Anarchistischen Antikriegsbewegung und von
Menschenrechtsorganisationen durchgeführt wurde, nahmen 115
Personen teil. Die Losungen auf den Transparenten lauteten:
`Nieder mit dem Staatsterrorismus in Tschetschenien!´,
`Nieder mit dem Polizeistaat!´, `Freiheit für die
Häftlinge in den Filtrationslagern!´
Man verteilte Flugblätter: `Den Krieg brauchen nur die
Politiker´ und Materialien von Human Rights Watch `Hunderte
Tschetschenen wurden in Filtrationslager geworfen´.
`Filtrationslager´, War and Human Rights, Nr. 162,
28.02.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm
März
Anfang März 2000 Im Zentrum von Moskau, am Puschkin
Platz, wird ein Streikposten gegen den Krieg in Tschetschenien
aufgebaut. Der Streikposten wird vom Antikriegs-Aktions-Komitee
organisiert. Radio Liberty berichtet, dass zwei der Teilnehmenden
festgenommen wurde, da sie Flugblätter verteilt hatten, die
die Politik Wladimir Putins in Tschetschenien kritisieren. Sie
wurden später wieder freigelassen. Am 19. März will das
Komitee eine gesamt-russische Aktion gegen den Krieg in
Tschetschenien durchführen - vom fernen Osten bis nach
Kaliningrad.
War and Human Rights, 6.3. 2000
http://www.hro.org/war/168.htm
9.3.2000 Bei einem Treffen in Moskau konfrontierten
Repräsentanten von Human Rights Watch den stellvertretenden
Chef des Mitarbeiterstabs des russischen Militärs,
Generaloberst Waleri Manilow, mit Ergebnissen bezüglich der
Massaker von Alkhan-Jurt, Staropromyslovski und Aldi. Manilow
bestritt die Ergebnisse nicht, so wie andere offizielle Vertreter
das getan hatten, bestätigte sie aber auch nicht. Er
räumte jedoch ein, dass die Mentalität der russischen
Armee geändert werden müsse, um Übergriffe in
Tschetschenien einzudämmen.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains".
Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya.
Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)
16.3.2000 Der Bevollmächtigte für Menschenrechte in
der russischen Föderation, Oleg Mironow, sagt gegenüber
Radio Liberty: "Wir sahen unsere Soldaten ohne Arme und ohne
Beine im Militärhospital in Mozdok, mit furchtbaren Wunden,
aber unter den Flüchtlingen sahen wir ein neun-jähriges
tschetschenisches Mädchen ohne Bein, und niemand kann
für sie eine Prothese anfertigen, und eine 65-jährige
Russin, deren Mann getötet wurde, sie hat drei Kinder an der
Hand, und ihr Arm wurde bei einer Bombenexplosion abgerissen..."
Oleg Mironow ruft die russischen und die internationalen
Beobachter dazu auf, sich bei ihren Untersuchungen nicht auf den
berüchtigten Ort Tschernokosowo zu beschränken.
War and Human Rights, 16.3.2000
http://www.hro.org/war/169.htm
20.3.2000 Jelena Bonner schreibt in der Zeitung ‚Die
Welt‘: "Putin spricht von Gesetz und Ordnung, von
Pressefreiheit und demokratischen Wahlen. Doch seine Grammatik,
sein Gestus und seine Mimik, seine zweifellos vorhandene
Zielstrebigkeit sind für mich Ausdruck einer
Mentalität, die, über Generationen gemeißelt und
fortgepflanzt, zum Fundament des Zynismus der großen
Kohorte wurde - der Tscheka, und ihren Nachfolgern OGPU, NKWD,
KGB und FSB."
Die Welt, 20.3.2000
April
13.4.2000 Bundestagspräsident Wolfgang Thierse empfing
drei Vertreterinnen des Komitees der russischen
Soldatenmütter. Diese berichteten ihm über ihre Arbeit
und Thierse sicherte ihnen die Unterstützung des deutschen
Bundestages zu.
Pressemitteilung des Bundestages unter
www.bundestag.de/aktuell/presse, 14.4.2000
Mai
8.5.2000 In einem Gespräch mit der Zeitung DIE WELT sagte
der Präsident Tschetscheniens Maschadow: "Ganz eindeutig
habe ich erklärt und erkläre ich, dass wir den Krieg
stoppen wollen. Doch unsere Bemühungen stoßen auf die
Ablehnung der russischen Militärs, die den Krieg nicht
beenden wollen. Sie desinformieren ihren Präsidenten
über die Lage in Tschetschenien. Das war schon im ersten
Krieg so. Die Generäle denken nur an ihre Ränge und an
den Kriegesruhm. Damals haben sie Jelzin belogen. Heute hat Putin
die Lage noch nicht ganz erfasst, ich hoffe, dass er sie noch
begreifen wird."
Die Welt, 8.5.2000
8.5.2000 Der tschetschenische Präsident Maschadow
schreibt einen Brief an den Präsidenten der
Parlamentarischen Versammlung des Europarats Lord
Russell-Johnston. Er beschuldigt die Russen, im ersten
Tschetschenienkrieg etwa 120.000 Tschetschenen umgebracht zu
haben, in den acht Monaten des jetzigen Krieges seien schon
20.000 Menschen umgekommen. Die Armee verübe schwere
Verbrechen gegen die Menschlichkeit, trotzdem sei kein einziger
Russe dafür zur Rechenschaft gezogen worden. Die Anklage
gegen Kolonell Budanow, der eine 18-jährige Tschetschenin
vergewaltigt und ermordet hat, sei fallen gelassen worden.
Maschadow und seine Regierung seien bereit, einen
Waffenstillstand zu vereinbaren, dies jedoch nur, wenn sich auch
Russland an einen solchen Waffenstillstand hält. "Sofort
nach dem Waffenstillstand könnten Friedensverhandlungen
begonnen werden, möglicherweise im Beisein der OSZE oder des
Europarates. Gleichzeitig werden wir alle Kriegsgefangenen
freilassen." Maschadow schlägt ein Treffen mit
Russell-Johnston vor.
Brief Maschadow an Russell-Johnston überbracht durch den
tschetschenischen Sondergesandten Ousman Ferzaouli, 9.5.2000
27.5.2000 In einem Interview mit der Berliner Zeitung sagt der
russische Lyriker, Romancier und Filmautor Jewgeni Jewtuschenko:
"Ich war einer von denen, die sich gleich am Anfang dieses
Tschetschenienkrieges gegen ihn ausgesprochen haben. Ich muss nur
einen Augenblick daran denken, dass dort auch Kinder umkommen,
dann weiß ich, wie meine Haltung dazu ist. Und wenn ich an
unsere Soldaten denke, junge Burschen, denen man vielleicht die
Köpfe abschneidet und diese auf irgendeinem Markt als
Trophäe ausstellt, dann weiß ich es auch. Ich war
gegen diesen Krieg in Tschetschenien und ich habe den Orden
für Völkerfreundschaft nicht angenommen. Man
müsste die Demagogie aus den gegenseitigen Beziehungen
eliminieren. Das wäre ein Anfang, wenn politische
Verhandlungen damit begännen, dass jede Seite ihre eigenen
Fehler erörtert."
Berliner Zeitung, 27.5.2000
Juni
27.6.2000 Die Berliner Morgenpost interviewte den Vorsitzenden
der russischen Oppositionspartei "Jabloko" Grigori Jawlinski.
Dieser zeigt sich besorgt über die Entwicklung der Medien in
Russland: "Bei uns gibt es keine unabhängigen Medien. Sie
sind entweder total käuflich. Oder sie gehören
irgendwelchen Clans. Der Angriff auf Media-Most zeigt, dass die
Pressefreiheit in Gefahr ist. Putin will die Presse im Sinne der
Staatsinteressen "konsolidieren". Das heißt: Rückkehr
zur Sowjet-Presse."
Berliner Morgenpost, 27.6.2000
28.6.2000 Die russische Menschenrechtsorganisation "Memorial"
schreibt einen Brief an die Parlamentarische Versammlung des
Europarates. Memorial weist darauf hin, dass die Medien das
Interesse an Tschetschenien weitgehend verloren hätten, dass
es aber immer noch viele Fälle willkürlicher
Verhaftungen gebe, dass Krieg und Menschenrechtsverletzungen
weitergingen. Die Parlamentarische Versammlung wird aufgefordert,
die russische Regierung zu drängen, dass endlich die
Vorwürfe der Menschenrechtsverletzungen untersucht werden.
Memorial wünscht sich vom Europarat weiterhin eine kritische
Beobachtung der Situation, die über eine
höflich-diplomatische Rhetorik hinausgehen müsse.
Brief von Memorial an die Parlamentarische Versammlung des
Europarats auf der Memorial homepage: www.memo.ru, 28.6.2000
August
4.8.2000 Jelena Bonner: "Russland sollte den Waffenstillstand
ausrufen. Ich bezweifle nicht, dass Aslan Maschadow dem Folge
leisten wird. Wir sollten mit ihm verhandeln, anstatt Lügen
über ihn zu verbreiten, er sei nicht der legitime
Präsident Tschetscheniens."
Radio Free Europe/ Radio Liberty. Caucasus Report Vol. 3, No.
32. 10.8.2000
8.8.2000 Die kargen Mittel für den Wiederaufbau der
Republik, beschwerte sich jüngst der offizielle Vertreter
Tschetscheniens in Moskau, Schamil Benó, hätten
kremltreue Unternehmen für kostspielige Projekte in der
Republik eingesackt, deren "Nutzen die Bevölkerung nicht zu
erkennen vermag".
Stuttgarter Zeitung, 8.8.2000
10.8.2000 Frieden im Kaukasus und daher ein Ende des
Sprengstoffterrors wird es erst geben, wenn Moskau "endlich
aufhört, einen Vielvölkerstaat mit kolonialen Methoden
zu regieren." Die Kritik kommt nicht von irgendwem. Autor des
Zitats ist ein Mann, der Russlands Kaukasusrepublik von Amts
wegen verteidigen müsste: Minister Ramazan
Abdulatipow.
Die Rheinpfalz, 10.8.2000
31.8.2000 Yusup Soslambekow, Vorsitzender der
'Konföderation von Völkern des Kaukasus' ruft beide
Seiten zu vorbehaltlosen Friedensverhandlungen auf.
Relief Web, 31.8.2000
September
15.9.2000 In einem Interview mit BBC sagt der letzte
Generalsekretär der KPDSU, Gorbatschow, er glaube, die
vorgeworfenen Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien
hätten stattgefunden. Er sei zur Vermittlung zwischen den
Kriegsparteien bereit gewesen und sei schon während des
ersten Krieges gegen den Einmarsch der russischen Truppen in
Tschetschenien gewesen, seiner Stimme sei jedoch kein Gehör
geschenkt worden.
BBC, 15.9.2000
21.9.2000 In einer Anhörung zum Thema Tschetschenien in
der Staatsduma wurde Kritik an den russischen Streitkräften
laut. Es ging besonders darum, dass es Moskau und seinen Truppen
nicht gelinge, die Menschenrechte der tschetschenischen
Zivilisten zu garantieren. Die russischen Polizeibeamten in
Tschetschenien wurden "Werwölfe" in Uniform genannt.
Besonders harsche Kritik kam vom tschetschenischen
Duma-Abgeordneten Aslambek Aslachanow: Die Menschen in
Tschetschnien seien "Versuchskaninchen für Grausamkeit,
Schamlosigkeit und Unmoralität". Kadyrow, der pro-russische
Verwaltungschef für Tschetschenien, warnte vor einem
Rückschlag in Tschetschenien, die Tschetschenen hätten
nichts zu verlieren. Der Menschenrechtsbeauftragte für
Tschetschenien, Kalamanow, sagte, es seien bis jetzt 8.000
Tschetschenen in sein Büro gekommen, um Verletzungen der
Menschenrechte einzuklagen. Nur General Manilow blieb, nach dem
Eingeständis möglicher Menschenrechtsverletzungen, bei
seiner Rethorik und sagte, mit denen, die für den Krieg
verantwortlich seien, werde ‚gnadenlos
abberechnet‘.
The Moscow Times, 22.9.2000
25.9.2000 Der pro-russische Verwaltungschef für
Tschetschenien kritisierte die Moskauer Politik scharf. Er sagte,
es gäbe kein russisches Programm zum Wiederaufbau der
zerstörten Kaukausus-Republik. Die humanitäre Hilfe
gehe nach Inguschetien und nicht nach Tschetschenien, so Kadyrow.
Der inguschetische Präsident Auschew gibt an, in seiner
Republik befänden sich noch 200.000 tschetschenische
Flüchtlinge, wobei Kadyrow von nur etwa 115.000
spricht.
AFP-Bericht bei BBC, auf der homepage: www.bbc.co.uk,
26.9.2000
28.9.2000 Der Duma-Abgeordnete und Menschenrechtler Kowaljow
sagte der Abordnung des Europarates, der "Hauptkriminelle im
Nordkaukasus ist die russische Regierung und unsere höchsten
Befehlshaber." Er fordert die "Internationalisierung des
Tschetschenienproblems".
Interfax-Bericht in Yahoo News auf der homepage: www.yahoo.com,
28.9.2000
Oktober
26.10.2000Der Menschenrechtsbeauftragte der russischen
Regierung, Oleg Mironow, veröffentlichte einen Report
über Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien. Der
50-Seiten starke Report ist voll mit Beispielen von Folter und
Misshandlungen während der Verhöre. Dem Report zufolge,
ist das Problem so groß, dass es mit einer nationalen
Katastrophe verglichen werden kann. Mironow kommt zu dem Schluss,
dass die Menschenrechtsverletzungen einer "nationalen
Katastrophe" gleichkommen.
Radio Free Europe, Radio Liberty, 26.10.2000
e) Erklärungen internationaler Persönlichkeiten und
Organisationen
September
30. 9.1999 Frankreich, Deutschland und Italien sind zutiefst
besorgt über die Verschlechterung der Situation in
Tschetschenien, über die dramatischen Konsequenzen für
die Zivilbevölkerung und über die Eskalationsrisiken.
Die Länder rufen zum Dialog auf und zur Suche nach einer
politischen Lösung. Frankreich, Deutschland und Italien
betätigen, dass sie sich der territorialen Integrität
der russischen Föderation verpflichtet fühlen. Sie
verurteilen terroristische Akte auf dem Territorium der
russischen Föderation.
http://www.auswaertiges-amt.de/6%5Farchiv/99/p/p990930a.htm,
30.9.1999
Oktober
1.10.1999 Bundesaußenminister Joschka Fischer hat heute
mit seiner amerikanischen Amtskollegin Madeleine Albright
telefoniert. Beide Minister waren sich einig, dass der Konflikt
im nördlichen Kaukasus nur auf friedlichem Wege gelöst
werden kann. Die Konfliktparteien dürfen es nicht zu einer
weiteren Eskalation kommen lassen, sondern sind aufgerufen,
unverzüglich in einen politischen Dialog einzutreten.
http://www.auswaertiges-amt.de, 1.10.1999
5.10.1999 Human Rights Watch hat die russische Regierung
dafür kritisiert, dass sie tschetschenische Flüchtlinge
davon abgehalten hatte, Inguschetien zu verlassen, um bei
Verwandten in anderen Teilen Russlands Unterschlupf zu finden:
"Such restrictions violate Russian law, which provides for
freedom of movement throughout the country to its citizens, and
Russian obligations under international law to protect freedom of
movement to its citizens."
Human Rights Watch in Refugees Daily, 5.10.1999
6.10.1999 Schamil Bassajew von der tschetschenischen
Militärführung erklärt, alle Nationalitäten
im Kaukasus hätten das Recht, über ihren politischen
Status zu entscheiden. "Ich betrachte den Kaukasus als einen
freien Staat der Konföderation ... Grundlegende
Menschenrechte, das Recht auf Selbstbestimmung sowie das Recht,
über unsere eigene Zukunft zu entscheiden, müssen
gewährt werden. Wir kennen unseren Status und unsere Zukunft
bereits. Aber die Welt muss ebenfalls davon erfahren."
Interview mit Bassajew veröffentlicht vom Center for
defence information auf der homepage http://www.cdi.org,
6.10.1999
19.10.1999 Die Bundesregierung erklärt zum
Tschetschenienkrieg, die massiven Bombardierungen und groß
angelegte militärische Bodenoperationen seien keine
geeigneten und angemessenen Mittel zur
Terrorismusbekämpfung. Die zivilen Opfer ständen in
keinem Verhältnis zu der dadurch bewirkten Schwächung,
im Gegenteil führe sie zu der Solidarisierung zwischen
gemäßigten und radikalen Kräften in
Tschetschenien.
Homepage der Bundesregierung: www.bundesregierung.de,
19.10.1999
21.10.1999 "Die Russen pokern derzeit sehr geschickt", sagt
ein hoher Nato-Militär. "Manche Nato-Staaten wollen
unbedingt wieder normale Beziehungen, deshalb sitzt Moskau
plötzlich am längeren Hebel." Von der russischen
Attacke auf Tschetschenien wurde der Nato vorab kein Wort
mitgeteilt, erinnert sich ein hoher Bündnisbeamter. Und auch
die Nato bedenkt in den gemeinsamen Gremien das blutige Geschehen
nach wie vor mit nichts als Schweigen.
Die Welt, 21.10.1999
22.10.1999 Human Rights Watch appelliert an Putin, alle
Pläne, Flüchtlinge zwangsweise nach Tschetschenien
zurückzuführen, sofort zu beenden.
Refugees Daily, 22.10.1999
22.10.1999 Die Europäische Union fordert Russland zu
einer Lösung des Tschetschenien-Konflikts auf dem
Verhandlungswege auf.
http://www.bundesregierung.de, 23.10.1999
22.10.1999 Nach dem Raketenangriff auf Grosny, der über
60 Zivilisten tötete, äußert sich der
Präsident der parlamentarischen Versammlung des Europarats,
Lord Russell-Johnston, schockiert über die hohen Verluste
unter der Zivilbevölkerung. Er ruft beide Seiten dazu auf,
auf willkürliche und unverhältnismäßige
Aktionen zu verzichten, die unschuldigen Zivilisten Leid
zufügen könnten.
Europarat in Relief Web, 31.1.2000
(http://www.reliefweb.int)
23.10.1999 Die US-Regierung drückte ihre Besorgnis
über die Eskalation der Gewalt in Tschetschenien aus und
rief Moskau zum Dialog mit den politischen Kräften in der
Kaukasus-Republik auf. "Ein konstruktiver politischer Dialog ist
der einzige Weg, dies zu beenden", sagte der Sprecher des
Weißen Hauses, Joe Lockhart, am Freitag in Washington.
Beide Seiten müssten erkennen, dass die Probleme nicht mit
Waffengewalt gelöst werden könnten.
www.tagesschau.de, 23.10.1999
23.10.1999 "Mit großer Sorge", verfolgt
UN-Generalsekretär Kofi Annan die Entwicklung in
Tschetschenien. Dies teilte sein Sprecher Fred Eckhard in New
York mit. Annan habe nachdrücklich seine Hoffnung
ausgedrückt, dass alles getan werde, um zivile Opfer zu
vermeiden, und dass die Grundregeln über die Einhaltung der
Menschenrechte in bewaffneten Konflikten eingehalten
würden.
ARD-Tagesschau auf der homepage: www.tagesschau.de,
23.10.1999
24.10.1999 Bundeskanzler Schröder hat den Angriff auf
einen Marktplatz in Grosny verurteilt, in der Pressemeldung
heißt es wörtlich: "Der Bundeskanzler verurteilt das
Massaker auf dem Marktplaz von Grosny, (es) unterstreicht erneut
die dringende Notwendigkeit, den Konflikt unverzüglich mit
friedlichen Mitteln beizulegen und eine tragfähige
politische Lösung anzustreben."
www.bundesregierung.de, 24.10.1999
27.10.1999 Die parlamentarische Versammlung des Europarats
verurteilt den willkürlichen und
unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt der
russischen Armee. Laut Berichten hat dieser bereits Hunderten von
Zivilisten das Leben gekostet. Darüber hinaus ist er auch
verantwortlich für die Flucht von mehr als 150.000
Tschetschenen.
Parlamentarische Versammlung des Europarats, 27.10.1999
28.10.1999 In einem Brief an den UN-Generalsekretär
schreibt der HALO-Trust: "Das russische Militär tötet
offenkundig und systematisch Tausende von Zivilisten in
Dörfern und Städten im ganzen Land. Diese Dörfer,
die viele Meilen von der Frontlinie am Terek Fluß entfernt
liegen, werden bombardiert, beschossen und wiederholt von
Raketensalven getroffen. Sie sind weder militärische Ziele
noch elementare Infrastruktur, sie beherbergen keine
Terroristen." Experten der Organisation inspizierten auch den
zentralen Markt von Grosny nach dem Angriff vom 21.10.1999, Sie
fanden heraus, dass kein Zweifel darüber besteht, dass die
Opfer auf das Konto eines russischen Luftanschlags gehen und
nicht auf das einer versehentlichen Explosion in einem
Munitionslager.
Amnesty International Report EUR 46/38/99. The Russian
Federation: Chechen Republic. Humanity is indivisible. Open
Letter to the United Nations from the Secretary General of
Amnesty International. November 1999.
http://www.amnesty.org/ailib/aipub/1999/EUR/44603899.htm
28.10.1999 "Der Sturm auf Grosny ist ein Kriegsverbrechen, das
verhindert werden kann", sagt der Generalsekretär des
Internationalen Friedensbüros, Colin Archer. Starker und
sofortiger Druck von wichtigen politischen und
Wirtschaftspartnern könne möglicherweise der einzige
Weg sein, weitere Gräueltaten zu verhindern.
International Peace Bureau, 28.10.1999 http:www.ipb.org
30.10.1999 Die EU nimmt die russische Regierung beim Wort, sie
würde nicht nach einer militärischen Lösung des
Problems streben. Eine militärische Lösung eines im
Grunde politischen Problems sei nicht akzeptabel. Die EU erwartet
von der russischen Regierung, dass sie ihre Intentionen offenlegt
und unterstreicht die Notwendigkeit einer schnellen Deeskalation
des Konflikts.
http://presidency.finland.fi, 30.10.1999
November
1.11.1999 In Olso forderte Präsident Clinton Russland
auf, den militärischen Druck auf Tschetschenien zu
verringern. Clinton habe sich gegenüber Putin tief besorgt
über die hohe Anzahl ziviler Opfer gezeigt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.11.1999
November 1999 Ein offener Brief des Generalsekretärs von
Amnesty International an die Vereinten Nationen appelliert,
dringend auf die Verletzungen internationalen humanitären
Rechts in Tschetschenien hinzuweisen und die Notlage der
Zivilisten, die vor dem Konflikt in die Nachbarrepubliken
geflohen sind, zu erleichtern.
Amnesty International Report, March 2000. Concerns in Europe.
July-December 1999.
http://www.amnesty.org/ailib/aipub/2000/EUR/40100100.htm
Anfang November 1999 Die USA, die EU und die UNO werfen
Russland "unangemessene Härte" im militärischen
Vorgehen im Kaukasus vor.
Reuters/dpa-Meldung in Neue Zürcher Zeitung, 4.11.1999
Anfang November "Amnesty International" wirft der russischen
Führung vor, sie verfolge unter dem Vorwand der
Terrorismusbekämpfung gezielt Personen bestimmter ethnischer
Herkunft. Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung
rechtfertige nicht die Verletzung von Menschenrechten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.11.1999
3.11.1999 Das UNHCR hat Moskau zur Öffnung der Grenze zu
Inguschetien aufgefordert und die Situation der Flüchtlinge
mit der während des Kosovo-Krieges verglichen.
AFP/dpa-Bericht in die tageszeitung, 5.11.1999
3.11.1999 Human Rights Watch fordert Russland dazu auf, die
Vorfälle vom 21. Oktober, als der Markt von Grosny
angegriffen wurde, aufzuklären und die Ergebnisse zu
veröffentlichen.
Human Rights Watch, 3.11.1999
(http://www.hrw.org/press/1999/nov/chech1103.htm)
3.11.1999 Ernst Mühlemann, Mitglied des Europarates
veröffentlichte am 3.11.1999 einen Vorschlag für die
Europaratsresolution zu Tschetschenien, darin stellt er unter
anderem folgende Forderungen:
'3. Der Europarat appelliert an Russland,
Militärschläge gegen Zivilisten zu vermeiden und einen
Waffenstillstand auszuhandeln.
6. Er appelliert an die russischen Behörden und an
Repräsentanten der internationalen Hilfsorganisationen, die
Hilfe den Bedürftigen zukommen zu lassen. Russland soll die
Grenze zwischen Tschetschenien und Inguschetien offen
lassen.
10. Alle Seiten sollen zur Deeskalation des Konflikts beitragen,
damit der Frieden wieder in den Nordkaukasus
zurückkehrt.'
Ernst Mühlemann in www.eu.int, 3.11.1999
4.11.1999 In Brüssel votierte das Europaparlament
für eine Verschiebung der Abstimmung über den Abschluss
des Abkommens zur wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit
zwischen der EU und Russland. Die grüne Europaabgeordnete
Elisabeth Schroeter sagte, angesichts der schweren
Menschenrechtsverstöße in Tschetschenien könne
man nicht einfach zum "business as usual" übergehen.
Außenminister Fischer sprach von einer "humanitären
Katastrophe" und warnte vor einer Destabilisierung der Region.
Die Bemühungen um einen Dialog im Tschetschenienkonflikt
scheiterten jedoch. Bei einer weiteren Entschließung des
Europarates wurde Russland nur aufgefordert, "militärische
Angriffe gegen die Zivilbevölkerung in Tschetschenien zu
vermeiden" und einer Feuerpause zuzustimmen.
AFP/dpa/taz-Meldung in die tageszeitung taz, 5.11.1999, und
dpa-Meldung in Frankfurter Rundschau,
5.11.1999, sowie AFP/AP-Bericht in Süddeutsche Zeitung,
5.11.1999
5.11.1999 Wegen der Gefahr des Missbrauchs zu Kriegszwecken
fordert die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte
(IGFM) die Aussetzung der Wirtschafts- und Finanzhilfen, bis
Bedingungen geschaffen worden sind, die eine Fortsetzung der
Hilfen erlauben: Die russische Regierung muss die
Kriegshandlungen sofort beenden. Sie muss den freien Zugang von
Hilfsorganisationen zu den Flüchtlingen in und
außerhalb Tschetscheniens gewähren. Sie muss umgehend
Verhandlungen mit der tschetschenischen Führung und den
Anrainerstaaten aufnehmen. Sie muss die Verantwortlichen für
Massaker wie den Beschuss des Marktes in Grosny identifizieren
und bestrafen.
Sonntagsblatt, 5.11.1999
6.11.1999 Der deutsche Botschafter in Moskau, Ernst-Jörg
von Studnitz, sagte der Agentur Interfax, der Tschetschenienkrieg
könne die internationalen Beziehungen Russlands zwar
komplizieren, die Forderung der Isolierung werde Russland aber
kaum abschrecken. Forderungen nach Sanktionen habe er bisher von
niemandem aus dem Westen gehört. Eine Isolierung sei
undenkbar.
Tomas Avenarius in Süddeutsche Zeitung, 8.11.1999
8.11.1999 In Istanbul auf der Vorbereitungskonferenz der OSZE
warfen die USA Russland "unterschiedslose Gewalt gegen
unschuldige Zivilisten" vor, wie der Abteilungsleiter des State
Department, Koh, sagte. Damit verletze Russland sowohl die Genfer
Konventionen als auch die Bestimmungen der OSZE, sagte
Außenamtssprecher Rubin. Die amerikanische Regierung
verstehe zwar, dass Moskau gegen Terroristen vorgehen müsse,
aber "wir sind höchst besorgt darüber, dass der Preis
für ihre Methoden zu hoch ist." Der "wahllose Gebrauch von
Gewalt und die Auswirkungen dieser Eskalation auf unschuldige
Zivilisten erfüllen uns mit tiefer Besorgnis." Weiterhin
forderte Rubin Moskau auf, Verhandlungen mit der gewählten
tschetschenischen Regierung aufzunehmen.
ap-Meldung in Neue Zürcher Zeitung, 9.11.1999, und
AFP/dpa-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 10.11.1999
10.11.1999 Im Grenzgebiet zu Inguschetien besuchte eine
OSZE-Delegation einige Flüchtlingslager. Der
Delegationsleiter Kim Travik sagte, der Konflikt gehe weit
über den Rahmen einer inneren Angelegenheit Russlands
hinaus. Die OSZE werde alles tun, um Frieden in Tschetschenien
wiederherzustellen. Travik warnte zudem vor einer Verschlimmerung
der Flüchtlingssituation angesichts des Wintereinbruchs. Die
Lage der Flüchtlinge sei schon jetzt "sehr schwer". Die
Lager seien überfüllt, es drohten Krankheiten, es gebe
Probleme bei der Versorgung mit Lebensmitteln und
Medikamenten.
dpa/afp-Meldung in Frankfurter Rundschau, 11.11.1999, und
dpa/AP-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 12.11.1999
12.11.1999 Staatsminister Christoph Zöpel: "Die
Bundesregierung sieht in massiver militärischer Gewalt, die
zu hohen Opfern unter der Zivilbevölkerung führt, kein
Mittel zur Lösung des Tschetschenien-Problems. Ein
politischer Dialog sollte die Probleme in der Region dauerhaft
lösen."
Deutscher Bundestag. http://dip.bundestag.de
12.11.1999 Staatsminister Vollmer äußert sich zur
deutschen Position im Tschetschenienkrieg: Die offizielle
russische Position teilt die Bundesregierung nicht, sie ist der
Meinung, dass dieser Konflikt militärisch nicht zu
lösen sei. Das Verhalten der russischen Armee sei grausam,
und deshalb setzte der Westen alles daran, die russische
Führung dazu zu bewegen, diesen Krieg einzustellen. 'Es ist
eine innere Angelegenheit in dem Sinne, dass Tschetschenien ein
Teil Russlands ist. Es stehen sich da nicht zwei verschiedene
Staaten gegenüber, es ist kein zwischenstaatlicher Konflikt.
Es ist ein Regionalkonflikt innerhalb Russlands. Aber dennoch hat
der Westen (..) die Möglichkeit, das Recht und auch die
Verpflichtung, sich einzumischen, weil dort nämlich
menschenrechtliche Standards massiv verletzt werden.'
Interview im Deutschlandfunk, www.auswaertiges-amt.de,
13.11.1999
12.11.1999 In seiner schärfsten Erklärung zu
Tschetschenien hat der UN-Generalsekretär Kofi Annan gesagt,
Moskau sei weit darüber hinaus gegangen, Terroristen
auszurotten, unschuldige Zivilisten würden getötet.
Annan forderte die russische Regierung dringend auf, die
Zivilbevölkerung vor weiteren Verlusten zu schützen, es
solle auch keine Zeit verloren werden, wenn es um die Suche nach
Langzeitlösungen geht.
AP, 13.11.1999
Mitte November 1999 Nato-Generalsekretär George Robertson
erklärte am Ende seines Ungarnbesuchs in Budapest, der
Konflikt in Tschetschenien sei nicht das Problem seiner
Organisation: "Dies ist keine Angelegenheit der Nato".
dpa-Bericht in Göttinger Tagblatt, 12.11.1999
Mitte November 1999 Die Ärzteorganisation Cap Anamur warf
der russischen Armee vor, sie habe bei Angriffen auf Grosny auch
ein Kinderkrankenhaus bombardiert.
afp/ap/dpa-Bericht in Frankfurter Rundschau, 10.11.1999
14.11.1999 In Marseille kritisierte Präsident Chirac das
russische Vorgehen in Tschetschenien scharf. Mit dem Feldzug
gegen die Kaukasusrepublik mache Russland einen "tragischen
Fehler". UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte Russland in
seiner bisher schärfsten Erklärung zum
Tschetschenienkrieg vorgeworfen, weit über das Ziel der
Vernichtung von Terroristen hinausgegangen zu sein und
unschuldige Zivilisten umzubringen.
ap-Bericht in Neue Zürcher Zeitung, 15.11.1999, und
ap/afp/rtr-Bericht in Frankfurter Rundschau, 15.11.1999
15.11.1999 In Brüssel verurteilen die
EU-Außenminister bei einem Treffen zwar die
"unverhältnismäßige" Gewaltanwendung in
Tschetschenien, schrecken jedoch vor Sanktionen gegen Russland
zurück, so dass es bei den üblichen Mahnungen
blieb.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.11.1999
16.11.1999 Der Kirchenrat verurteilt in einem Brief an den
russisch-orthodoxen Patriarchen Alexij "die unangemessene und
unverantwortliche Gewaltanwendung des russischen Militärs,
die zu einer humanitären Krise äußersten Ernstes
beiträgt."
Eine Vertreterin von Amnesty International sagte in Moskau vor
Journalisten, viele der russischen Angriffe richteten sich gegen
die Zivilbevölkerung.
Neue Zürcher Zeitung, 17.11.1999
16.11.1999 In Berliner Regierungskreisen hieß es, Moskau
verstoße in Tschetschenien gegen zahlreiche
völkerrechtliche Vorschriften. Zu diesen
Verstößen zähle
unverhältnismäßige Gewalt, der fehlende Zugang
für internationale Helfer und Beobachter und eine
Überschreitung der vereinbarten Obergrenzen für schwere
Waffen in der Region um über 60 Prozent. Solange Russland
diese internationalen Bedingungen nicht erfülle, werde der
Westen den Vertrag über konventionelle Streitkräfte in
Europa (KSE) nicht ratifizieren.
Richard Meng in Frankfurter Rundschau, 17.11.1999
16.11.1999 Die UN Hohe Kommissarin für Menschenrechte,
Mary Robinson, äußert sich bestürzt über den
willkürlichen Einsatz von Gewalt und die Situation
derjenigen, die den Bombenangriffen nicht entfliehen können.
Medizinische Versorgungsgegenstände für
tschetschenische Krankenhäuser wären nicht nach
Tschetschenien reingelassen worden. Die Situation der 192.800
Flüchtlinge sei kritisch und in Tschetschenien mangele es an
sicheren Korridoren für Zivilisten. Robinson ruft Russland
dazu auf, die Menschenrechte von Zivilisten zu
schützen.
United Nations Press Release, 16.11.1999
17.11.1999 Minister Kimmo Sasi im Europaparlament: "Der
Einsatz von Gewalt gegen Zivilisten ist unter Internationalem
Humanitärem Recht verboten. Russland hat die Verpflichtungen
verletzt, die daran und an die Genfer Konvention gebunden sind.
Willkürliche Bombardierungen haben zu großen Verlusten
unter der Zivilbevölkerung geführt."
http://presidency.finland.fi, 17.11.1999
17.11.1999 Der neue hohe Repräsentant für die
Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Javier Solana,
forderte Moskau auf, internationale Gesetze zu respektieren,
Zivilisten zu schützen und eine friedliche Lösung zu
suchen. Die EU wolle in dieser Hinsicht den Druck auf Moskau
erhöhen.
ap/afp/wtr/dpa-Meldung in Frankfurter Rundschau, 18.11.1999
17.11.1999 Human Rights Watch drängt die internationale
Gemeinschaft bei der OSZE-Konferenz in Istanbul, sofortige
Schritte gegen die Gewalt in Tschetschenien zu unternehmen.
Human Rights Watch, 17.11.1999
(http://www.hrw.org/press/1999/nov/chech1117.htm)
17.11.1999 Chris Patten von der Europäischen Kommission
sagt, die russischen Befehlshaber müssten verstehen, dass
ihre gegenwärtigen Aktionen einen Einfluss auf ihre
Akzeptanz von Seiten der internationalen Gemeinschaft und
Russlands Glaubwürdigkeit als politischer und
wirtschaftlicher Partner hätten.
http://europa.eu.int, 17.11.1999
18.11.1999 Das Europäische Parlament verurteilt erneut
die militärische Intervention der Russischen Föderation
in Tschetschenien. Es fordert ein Ende des militärischen
Vorstoßes der russischen Streitkräfte und die Aufnahme
eines konstruktiven Dialogs mit den rechtmäßigen
Vertretern Tschetscheniens.
http://europa.eu.int, 18.11.1999
18.11.1999 Bei der OSZE-Konferenz in Istanbul drohte Chirac
damit, die Sicherheits-Charta nicht zu unterzeichnen, es sei denn
Russland mache Zugeständnisse.
http://www.pgs.ca/pages/war/ca2/ss991118.htm, 18.11.1999
18.11.1999 In Istanbul forderten mehrere Redner auf der
OSZE-Konferenz Boris Jelzin zu einer friedlichen Regelung des
Tschetschenien-Konflikts auf. Chirac nannte den Krieg
"unannehmbar". Schröder mahnte politische Mittel zur
Konfliktlösung an. Clinton erinnerte ebenfalls die
Verhältnismäßigkeit der Mittel im Kampf gegen den
Terrorismus; konkret forderte er eine Rückkehr der
Flüchtlinge, die Zulassung humanitärer Organisationen
im Kriegsgebiet und Dialogbereitschaft.
Wolfgang Koydl in der Süddeutschen Zeitung, 19.11.1999
20.11.1999 Human Rights Watch erhebt schwere Vorwürfe
gegen die russische Armee in Tschetschenien. Zahlreiche Angriffe
des Militärs richteten sich gegen die Zivilbevölkerung.
Beispielsweise griffen die Streitkräfte
regelmäßig die Ost-West-Hauptverbindung
Tschetscheniens an, auf der sich viele Flüchtlinge nach
Inguschetien befänden. Der Tod von Zivilisten werde also bei
den Bombardements bewusst in Kauf genommen.
afp/dpa/ap - Bericht in der Frankfurter Rundschau,
20.11.1999
22.11.1999 Die russische Führung, so Gerhard
Schröder beim Empfang für das diplomatische Korps am
Montag in Berlin, müsse den Krieg in Tschetschenien umgehend
beenden: Die Angriffe auf ein ganzes Volk, vor allem auf die
Zivilbevölkerung, seien ein unzulässiges Mittel,
Terroristen zu bekämpfen.
Deutsche Welle, 22.11.1999
23.11.1999 Auf einer Pressekonferenz vermeiden Ogata und Kofi
Annan jegliche Kritik an den militärischen Aktionen der
russischen Streitkräfte in Tschetschenien - auch Forderungen
zum Einstellen der Angriffe auf zivile Ziele unterbleiben. Eine
humanitäre Aktion der UNO-Organisationen in Tschetschenien
wird vorerst ausgeschlossen; das UNHCR hat nach Angaben Ogatas
keinen Kontakt zur tschetschenischen Regierung mehr.
Neue Zürcher Zeitung, 24.11.1999
Ende November 1999 In Madrid deutete der Chef des
Internationalen Währungsfonds (IWF), Michel Camdessus,
wirtschaftliche Konsequenzen des russischen Vorgehens in
Tschetschenien an. Der IWF überlege, die Auszahlung der
nächsten Kredittranche in Höhe von 640 Millionen Dollar
an Russland zu verweigern; die Fortsetzung der Finanzhilfe sei
nicht möglich, wenn der Rest der Welt dagegen sei. Der Krieg
in Tschetschenien habe dem internationalen Ansehen Russlands
geschadet, sagte Camdessus.
AFP/AP/dpa-Meldung in die tageszeitung taz, 30.11.1999, und die
Neue Zürcher Zeitung , 29.11.1999
Ende November 1999 US-Außenministerin Albright spricht
sich gegen eine Blockierung der IWF-Kredite an Russland aus. Es
sei wichtig, den Tschetschenienkrieg und mögliche neue
Kredite des IWF auseinanderzuhalten. "Wir glauben, dass es sehr
wichtig ist, Russland wirtschaftlich zu stabilisieren. Das ist
auch in unserem nationalen Interesse." Diese
Äußerungen waren eine Reaktion auf die
Ankündigung Putins, das russische Kriegsbudget um 100
Millionen US-Dollar zu erhöhen.
die tageszeitung taz, 26.11.1999
Dezember
Dezember 1999 Amnesty International fordert die russische
Regierung dazu auf, die Namen all derer aufzudecken, die in
Filtrationslagern in Haft sind, die Grenzübergänge
eingeschlossen, und dem ICRC sofortigen Zugang zu den
Häftlingen zu gewähren. Ferner erklärt AI, dass
viele Tausend Menschen, die aufgrund des Konflikts zur Flucht
gezwungen waren, keinen angemessenen Zugang zu Schutz und
humanitärer Hilfe haben. Bisher habe AI noch keinen
detaillierten Bericht von den russischen Behörden über
spezielle Vorfälle bei russischen Militärangriffen
erhalten, die zu hohen Verlusten unter der Zivilbevölkerung
führten und unter Verletzung internationaler
humanitärer Gesetze stattfanden.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the
Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian
law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999.
2.12.1999 In Moskau kritisiert der Menschenrechts-Kommissar
des Europarates, Alvaro Gil-Robles Russland scharf für die
im Kaukasus begangenen Menschenrechtsverletzungen. Nach einem
Besuch im Krisengebiet sagte er, es gebe Opfer unter der
Zivilbevölkerung und Tausende Flüchtlinge - das
könne man nicht anders als Menschenrechtsverletzungen
bezeichnen. Robles habe in den russisch kontrollierten Teilen
Tschetscheniens Untersuchungsgefängnisse gesehen, in denen
völlig unmenschliche Zustände herrschten.
dpa/afp-Bericht in der Neuen Zürcher Zeitung, 3.12.1999
2.12.1999 Entschließungsantrag der Fraktion SPD,
Bündnis 90/ Die Grünen und FDP zu der
Regierungserklärung des Bundeskanzlers zum bevorstehenden
Europäischen Rat in Helsinki am 10./11. Dezember 1999: "Der
Deutsche Bundestag erkennt die staatliche Souveränität
der Russischen Föderation über das Gebiet der
tschetschenischen Republik an. Ebenso hält er staatliches
Vorgehen gegen Terrorismus für berechtigt und notwendig.
Doch dies setzt nachvollziehbare und rechtsstaatlich
nachprüfbare Ermittlungsergebnisse über Täter und
Hintermänner voraus. Weder liegen diese Voraussetzungen vor
noch sind die eingesetzten Mittel angemessen. Statt dessen werden
die Lebensgrundlagen Tschetscheniens unterschiedslos
zerstört. Ein ganzes Volk wird in den Konflikt gestürzt
und erleidet Opfer, Zerstörungen, Flucht und
Vertreibung."
Text des Entschließungsantrags siehe Homepage des
Bundestags: www.bundestag.de
Anfang Dezember 1999 Nato-Generalsekretär Robertson
verteidigt das Vorgehen der russischen Armee. Nach den
Geiselnahmen der vergangenen Zeit habe Moskau keine andere
Möglichkeit gehabt, die Ordnung in Tschetschenien
wiederherzustellen. Er sagte, die russische Armee handele "sehr
viel vorsichtiger" als noch vor zwei Jahren. Auch die chinesische
Führung übte keine Kritik - im Gegenteil
unterstütze sie das Vorgehen der russischen
Streitkräfte.
die tageszeitung taz, 8.12.1999 und Florian Hassel in der
Frankfurter Rundschau, 8.12.1999
6.12.1999 Amnesty International appelliert an die russischen
Behörden: Nach internationalem humanitärem Gesetz
würden auch die Zivilisten, die nach dem Ultimatum (11.12.)
in Grosny verbleiben, ihren Zivil-Status nicht verlieren und
müssten daher vor Angriffen geschützt werden.
Amnesty International. Russian Federation: Chechnya. For the
Motherland. Reported grave breaches of international humanitarian
law. Persecution of ethnic Chechens in Moscow. December 1999
7.12.1999 Bundesaußenminister Joschka Fischer: "Das
russische Vorgehen in Tschetschenien ist völlig
unakzeptabel. Das gegenüber der Bevölkerung von Grosny
erklärte Ultimatum muss von der russischen Regierung sofort
zurückgenommen werden. Die kollektive Gewaltandrohung
gegenüber einer ganzen Stadt ist nicht hinnehmbar. Sie ist
unverhältnismäßig und kann nicht mit der
Bekämpfung von Terrorismus gerechtfertigt werden. Russland
muss die Sicherheit und die humanitäre Versorgung der
Zivilbevölkerung gewährleisten und in einen politischen
Dialog zur Lösung der Tschetschenien-Krise eintreten."
http://www.auswaertiges-amt.de, 7.12.1999
7.12.1999 Der amerikanische Präsident Clinton
erklärt, in Grosny sei das Leben der Alten, Verwundeten und
anderer unschuldiger Zivilisten in Gefahr. Russland werde einen
hohen Preis für diese Aktionen zahlen. Auch die EU fordert
Russland auf, die unverhältnismäßige Gewalt in
Tschetschenien zu beenden. In Brüssel werde darüber
nachgedacht, unterschriftsreife Verträge mit Moskau auf Eis
zu legen. Um die Aufhebung des an die Bevölkerung Grosnys
gestellten Ultimatums zu erreichen, schließe die EU
Sanktionen gegen Russland nicht aus, deutete der britische
Außenminister Cook an. Der Internationale Währungsfond
verschob die Freigabe einer Kreditrate von 1,2 Milliarden DM
für Russland.
Florian Hassel in der Frankfurter Rundschau, 8.12.1999 und Neue
Zürcher Zeitung, 8.12.1999
8.12.1999 Die Bundesregierung bezeichnet die russischen
Militäraktionen als völkerrechtswidrig. Schröder
erwartet eine Belastung des deutsch-russischen
Verhältnisses, sollte Russland bei seinem Ultimatum gegen
die Zivilbevölkerung Grosnys bleiben - dann könne es
kein "business as usual" mehr geben.
AP/dpa/rtr-Meldung in die tageszeitung taz, 9.12.1999
8.12.1999 Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte,
Robinson, der OSZE-Hochkommissar für Minderheiten, Max van
der Stoel, und der Generalsekretär des Europarates,
Schwimmer, fordern in einer gemeinsamen Erklärung Russland
auf, ihre Verpflichtungen gegenüber den Menschenrechten und
dem humanitären Recht in Grosny einzuhalten. Die
Vorgehensweise in Tschetschenien müsse die grundlegenden
Prinzipien achten.
Reuters-Meldung in der Neuen Zürcher Zeitung,
9.12.1999
Europarat in Relief Web, 31.1.2000
(http://www.reliefweb.int)
9.12.1999 Die UN-Sonderberichterstatterin über
extralegale, massenhafte und willkürliche
Erschießungen, Asma Jahangir, hat einen dringenden Appell
an die russischen Behörden gerichtet, in dem sie ihrer
tiefen Besorgnis über das Ultimatum an die Bürger
Grosnys Ausdruck verlieh.
Presserklärung des UNHCR, 9.12.1999
10.12.1999 In Helsinki haben die Staats- und Regierungschefs
der EU in einer scharfen Erklärung die exzessive
Gewaltanwendung der Russen, das Ultimatum der Russen an die
Bewohner von Grosny und die Behandlung der Vertriebenen als
"völlig inakzeptabel" verurteilt. Die Sicherung
territorialer Integrität und die Terrorismusbekämpfung
rechtfertigten keinesfalls die pauschale Verfolgung der
Gesamtbevölkerung sowie die Zerstörung ganzer
Städte. Dieses Vorgehen stehe in offenem Widerspruch zum
humanitären Recht und zu den von Russland als OSZE- und
Europaratmitglied eingegangenen Verpflichtungen.
Neue Zürcher Zeitung, 11./12.12.1999
10.12.1999 Amnesty International ruft den UN-Sicherheitsrat
dazu auf, seiner Verantwortung unter der UN-Charta nachzukommen
und alle Parteien des Konflikts in der Republik Tschetschenien an
ihre Verpflichtung, sich an internationales humanitäres
Recht zu halten, zu erinnern. Humanitären und
Nichtregierungs-Organisationen solle ein ungehinderter und
sicherer Zugang nach Tschetschenien und den Zivilisten, die
Grosny verlassen möchten, Sicherheit im sogenannten
"Sicherheits-Korridor" gewährt werden.
Amnesty International, News Release, EUR 46/44/99,
10.12.1999
Mitte Dezember 1999 Die Parlamentarische Versammlung des
Europarates droht angesichts der russischen Angriffe auf die
tschetschenische Zivilbevölkerung erstmals mit dem
Ausschluss Russlands aus dem Staatenbund. Der Europarat
müsse die Zusammenarbeit mit Russland in Frage stellen,
falls Moskau sich weiterhin Menschenrechtsverletzungen zu
Schulden kommen lasse.
AP/Reuters/dpa-Bericht in Süddeutsche Zeitung,
14.12.1999
Europarat in Relief Web, 31.1.2000
(http://www.reliefweb.int)
13.12.1999 Die UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge
und Sondergesandte des UN-Generalsekretärs für die
Region des Kaukasus, Sadako Ogata, sagte in einem Interview: "Ich
mache mir große Sorgen um die in Grosny verbliebenen 40 000
bis 50 000 Zivilisten, bei denen es sich vorwiegend um Alte und
Kranke handelt. Ihre Lage ist dramatisch." Ogata meint, sie
könne nicht für die Sicherheit ihrer Mitarbeiter
garantieren, wenn es zu einer Evakuierung aus Grosny käme,
das Internationale Komitee vom Roten Kreuz dagegen sei die
richtige Organisation. "Aber eigentlich müssten die Russen
selbst diese Aufgabe wahrnehmen. Es liegt in ihrer Verantwortung,
die Sicherheit der Zivilbevölkerung sicher zu stellen und
diese zu retten."
Süddeutsche Zeitung, 14.12.1999
15.12.1999 Der PDS-Politiker Gregor Gysi kündigt an, er
wolle zu Vermittlungsgesprächen nach Moskau und Grosny
fahren.
AFP/Reuters/taz-Bericht in die tageszeitung taz, 16.12.1999
15.12.1999 Das Europaparlament forderte Russland energisch
dazu auf, auf neue Militäraktionen in Tschetschenien zu
verzichten und sichere humanitäre Hilfen in der Region zu
ermöglichen. Die "unannehmbare Bedrohung" der
Bevölkerung Grosnys könne den Kreislauf der Gewalt nur
"verewigen", warnte das Parlament in einer
Entschließung.
afp/dpa-Bericht in Frankfurter Rundschau, 16.12.1999
16.12.1999 Nato-Generalsekretär Robertson appellierte
abermals an Moskau, eine friedliche Lösung zu suchen und auf
die Weltöffentlichkeit zu hören. In Brüssel
übte der für die Außenbeziehungen der
Europäischen Union zuständige EU-Kommissar Patten
erhebliche Kritik an Russland. Der unangemessene Waffeneinsatz in
Tschetschenien, das Verbot Moskaus, die von der EU angebotene
humanitäre Hilfe zuzulassen, und viele Wirtschaftspraktiken
Russlands verstießen gegen Grundsätze des seit zwei
Jahren gültigen Partnerschafts- und Kooperationsabkommens
zwischen der EU und der Russischen Föderation. Die
Außenminister der Union sollten erwägen, die
Finanzhilfe im Rahmen des "Tacis"-Programms einzufrieren und
Moskau nicht länger besondere Handelsvorteile
einzuräumen. Aus der EU-Kasse sollten nur noch Vorhaben
für humanitäre Zwecke oder die nukleare Sicherheit
finanziert werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.12.1999
15.12.1999 Helmut Lippelt, außenpolitischer Sprecher der
Grünen-Fraktion, sucht Unterstützung für einen
Entschließungsantrag zur Verurteilung des russischen
Vorgehens im Nordkaukasus. Darin heißt es: "Der Deutsche
Bundestag verurteilt das russische Vorgehen als Verletzung des
humanitären Völkerrechts und der jüngst durch das
Gipfeltreffen in Istanbul bestätigten OSZE-Prinzipien." Der
Antrag wird nicht eingebracht, die FDP und Sozialdemokraten
stimmten für eine Verschiebung, die CDU hatte sich von
vornherein zur Enthaltung entschlossen.
Eckart Lohse in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.12.1999
16.12.1999 Aus der Regierungserklärung von Bundeskanzler
Gerhard Schröder zu den Ergebnissen des Europäischen
Rates in Helsinki vom 10./11. Dezember 1999 vor dem Deutschen
Bundestag am 16. Dezember 1999: "Eine wichtige Rolle spielte das
Verhältnis der Europäischen Union zu Russland. Die
Staats- und Regierungschefs haben die Kriegsführung in
Tschetschenien unmissverständlich verurteilt und eine
baldige politische Lösung eingefordert. Die Europäische
Union erwartet, dass die unangemessene und unterschiedslose
Gewalt gegen die tschetschenische Bevölkerung
unverzüglich beendet wird. Sie zieht aus der Lage in
Tschetschenien die Konsequenz, bestimmte Formen vereinbarter
Zusammenarbeit mit Russland zu überprüfen. Russland -
das bleibt so - ist ein wichtiger Partner Europas. Die
Europäische Union möchte nicht, dass sich Russland
gegenüber Europa isoliert."
Bulletin vom 20.12.1999, http://www.bundesregierung.de
17.12.1999 Der russische Außenminister Igor Iwanow ist
zum G-8-Treffen in Berlin. Außenminister Joschka Fischer
kritisierte als gegenwärtiger G-8-Vorsitzender das Vorgehen
Russlands in Tschetschenien, drohte jedoch nicht mit
wirtschaftlichen Sanktionen. Fischer sprach von einer "sehr
ernsten Bedrohung der Partnerschaft und der Zusammenarbeit
zwischen Russland und allen". Die US-Außenministerin
Madeleine Albright bezeichnete Russland schon als isoliert
gegenüber der internationalen Gemeinschaft. Allerdings wolle
sie nicht über Sanktionen "spekulieren". Fischer und
Albright hoben übereinstimmend die Bedeutung Russlands als
Partner für den Westen hervor. In den vergangenen Wochen
hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder in der
Bundestagsdebatte über das Gipfeltreffen der EU in Helsinki
die Erwartung der EU-Mitglieder wiederholt, Russland solle die
Gewalt in Tschetschenien beenden. In Istanbul hatte er gemeinsam
mit Präsident Bill Clinton den russischen Präsidenten
Boris Jelzin kritisiert, der daraufhin vorzeitig nach Hause
fuhr.
Offenbar erwägt die Bundesregierung jedoch nicht ernsthaft,
Russland mit der Kürzung finanzieller Hilfen zu drohen. Die
deutsche Haltung sei geprägt von dem Wunsch, nicht als
Erster "vom Tisch aufzustehen", nicht "den Faden
durchzuschneiden".
Eckart Lohse in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.12.1999
17.12.1999 Auf der Tagung der Außenminister der
G-8-Staaten forderten die westlichen Außenminister von
Moskau eine sofortige und dauerhafte Feuereinstellung in
Tschetschenien und verlangten ein Ende des
unverhältnismäßigen Einsatzes von Gewalt gegen
unschuldige tschetschenische Zivilisten sowie die Aufnahme eines
politischen Dialogs. US-Außenministerin Albright sagte,
Moskau schließe sich systematisch aus den politischen
Diskussionen aus.
Neue Zürcher Zeitung, 18./19.12.1999
17.12.1999 Die Europäische Union und die Vereinigten
Staaten zeigen sich sehr besorgt über die Situation in
Tschetschenien. Sie erkennen Russlands Recht an, seine
territoriale Integrität aufrechtzuerhalten und seine
Bürger vor Terrorismus zu schützen. Jedoch würde
Russlands Vorgehen in Tschetschenien eine humanitäre Krise
auslösen, unschuldige Zivilisten gefährden und die
Stabilität in der gesamten Kaukasus-Region bedrohen. Eine
militärische Lösung des Konflikts sei nicht
möglich.
http://presidency.finland.fi, 17.12.1999
19.12.1999 Der außenpolitische Koordinator der EU,
Javier Solana, warnte Russland davor, wegen des
Tschetschenien-Krieges seine guten Beziehungen zum Westen aufs
Spiel zu setzen.
AP/dpa-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 20.12.1999
19.12.1999 Westliche Regierungen und internationale
Menschenrechtsorganisationen haben Russland angegriffen, indem
sie sagen, Russland habe willkürlich Gewalt angewendet und
somit den Tod vieler Zivilisten verursacht.
International Herald Tribune, 20.12.1999
20.12.1999 Der Außenkommissar der Europäischen
Union, Chris Patten, sagte im Tagesspiegel, Russland müsse
Mitte Januar mit Sanktionen rechnen, wenn der Krieg bis dahin
nicht beendet sei.
Reuters-Bericht in Frankfurter Rundschau, 21.12.1999
22.12.1999 amnesty international wirft Russland vor,
tschetschenische Zivilisten in Moskau zu verfolgen, in
Tschetschenien willkürlich Männer, Frauen und Kinder
anzugreifen und Verdächtige in Lager zu sperren.
dpa/rtr/epd-Bericht in die tageszeitung taz, 22.12.1999
22.12.1999 Auf Verlangen der Washingtoner Regierung stoppt die
amerikanische Export-Import-Bank einen
500-Millionen-Dollar-Kredit für die russische
Öl-Industrie. Das Einfrieren des Kredits sei "im nationalen
Interesse", schrieb Außenministerin Madeleine Albright an
die Bank. Einen Zusammenhang mit dem Tschetschenien-Krieg gebe es
nicht. Begründet wurde die Aussetzung des Kredits mit
mangelnder Offenlegung der Politik des Unternehmens Tjumen, an
dem der russische Staat beteiligt ist.
AFP/dpa/AP-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 23.12.1999
23.12.1999 Strobe Talbott, stellvertretender
US-Staatssekretär, beschuldigt Russland, während seiner
Militäroffensive in Tschetschenien internationale
Richtlinien verletzt zu haben.
Zwar wollen die Vereinigten Staaten, dass sich Russland mit dem
globalen Problem von "Extremismus und Terrorismus"
auseinandersetzt, jedoch solle dies in einer Art und Weise
geschehen, die internationalen Standards entspricht. Dies sei
jedoch nicht der Fall.
International Herald Tribune, 24./25.12.1999, dpa/AFP/AP- in
Süddeutsche Zeitung
26.12.1999 In einem Brief an die Weltbank kritisiert Human
Rights Watch, dass die Weltbank Russland Kredite in der Höhe
von 100 Millionen US-Dollar gewährt hat. Während der
IWF und die amerikanische Exportbank ihre Kredite wegen des
Tschetschenienkrieges zurückgehalten hätten, handelte
die Weltbank inkonsequent und ermögliche somit die
Finanzierung des Krieges.
28.12.1999 Presseerklärung auf der homepage:
www.hrw.org/press/1999/dec/chech1228.htm
27.12.1999 Nato-Generalsekretär Lord Robertson forderte
Russland erneut auf, eine politische Lösung für den
Konflikt in Tschetschenien zu suchen. "Russland muss einsehen,
was wir im Westen eingesehen haben: Dass es keine
militärische Lösung für die Probleme des
Terrorismus gibt. Es muss ein politischer Weg gefunden werden, um
eine stabile Zukunft zu sichern."
dpa-Bericht in die tageszeitung taz, 28.12.1999
28.12.1999 In einer Anzeige fordert die "Organisation
Ärzte der Welt" (Médecins du Monde) ein Ende des
Bombardements in Tschetschenien und ungehinderten Zugang zur
tschetschenischen Bevölkerung. Die internationale
Gemeinschaft müsse Druck auf Russland ausüben, die
internationalen Menschenrechte zu respektieren.
International Herald Tribune, 28.12.1999
29.12.1999 Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch
kritisierten die Freigabe eines 100-Millionen-Dollar-Kredits der
Weltbank für Russland. Das Geld könne zur Finanzierung
des Kriegs in Tschetschenien genutzt werden. Der Westen habe eine
Möglichkeit versäumt, Druck auf Russland
auszuüben. Die Weltbank hatte am Dienstag den Kredit zur
Restrukturierung der russischen Kohle-Industrie
freigegeben.
AFP/AP/Reuters-Bericht in Süddeutsche Zeitung,
30.12.1999
Januar
Januar 2000 Im elektronischen Newsletter der parlamentarischen
Versammlung des Europarats schreibt der Präsident der
Versammlung, Lord Russell-Johnston, in den Kellern von Grosny
harrten tausende Zivilisten unter Bedingungen aus, die viel
schrecklicher seien, als während der Kampfhandlungen in
Sarajewo. Die Bürger Grosnys seien Russen, seien
Europäer, sie seien dazu berechtigt, die Rechte der
Europäischen Menschenrechtskonvention zu genießen. Sie
können vor den Straßburger Menschenrechtsgerichtshof
ziehen, und diese Rechte einklagen - rein theoretisch, wenn sie
überleben sollten.
The Europeans, in http://stars.coe.fr/magazine/te0100/edito.htm,
1.1.2000
4.1.2000 Der Leiter der deutschen Delegation in der
Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Wolfgang Behrendt
(SPD), fordert verstärkten Druck auf Russland wegen des
Tschetschenienkrieges. Dies sollte bis hin zur Drohung mit der
Suspendierung der Mitgliedschaft Moskaus gehen. Die
Menschenrechtsverletzungen könnten nicht hingenommen werden.
"Moskau führt einen Krieg gegen die Zivilbevölkerung",
zitierte der epd Behrendt.
Junge Kirche, Februar 2000
4.1.2000 Der türkische Außenminister Ismail Cem
warnt davor, dass sich der Tschetschienkrieg in andere
Länder ausbreiten könnte. Er fürchtet besonders
für den südlichen Kaukausus und Georgien. Weitere
Kommentatoren warnen genauso vor einer Ausweitung des Krieges.
Lurd Hurd, früherer britischer Staatssekretär für
Sicherheit: "Die gesamte Kaukasusregion ist höchst instabil,
wenn jemand heute eine Weltregion benennen sollte, von der aus in
den nächsten Jahren Konflikte entstehen könnten,
wäre der Kaukasus der nächstliegende Gedanke."
Radio Liberty, 4.1.2000
12.1.2000 Die Organisation Ärzte ohne Grenzen appelliert
dringend für: "eine sofortige Beendigung willkürlicher
Bombardierungen und Angriffe auf tschetschenische Zivilisten;
für sicheren und uneingeschränkten Durchlass von
Menschen, die Tschetschenien verlassen und außerhalb der
Republik Zuflucht suchen wollen, inklusive der Öffnung der
georgischen Grenze, die aufgrund täglicher Bombardierungen
in den letzten drei Wochen unpassierbar ist; für freien und
ungehinderten humanitären Zugang zu allen
Bevölkerungsgruppen und allen Gebieten innerhalb
Tschetscheniens und der Nachbarrepubliken, so wie es nach
internationalem humanitärem Recht garantiert ist."
Ärzte ohne Grenzen, 12.1.2000 (http://www.msf.org)
13.1.2000 Die Vereinigten Staaten glauben nicht daran, dass
Russlands augenblickliche Strategie zu einem Ende des Kampfes
gegen die tschetschenischen Separatisten führen werde.
Militärische Gewalt würde kaum den Widerstand
beenden.
Radio Free Europe/ Radio Liberty, 13.1.2000
13.1.2000 Human Rights Watch kritisierte die Abriegelung der
Grenzen Tschetscheniens durch das russische Militär. Einer
der Direktoren der Organisation sagte, es sei nicht hinnehmbar,
der männlichen Zivilbevölkerung, darunter auch Kindern,
die Flucht aus dem Kriegsgebiet zu verweigern. Auch der Sprecher
des US-Außenministeriums appellierte an Russland, die
Menschenrechte der Zivilbevölkerung in und um Tschetschenien
zu achten, das Leben Unbeteiligter zu schützen und
Reisefreiheit zu gewährleisten.
ap-Meldung in Neue Zürcher Zeitung, 14.1.2000, und
AP/dpa/AFP-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 14.1.2000
14.1.2000 Michail Gorbatschow lobte Putin, er sei 'ernst und
intelligent'. Gorbatschow überlegt, ob er Putin in der
Präsidentenwahl unterstützen wird.
Frankfurter Rundschau, 14.1.2000
14.1.2000 Korrespondenten der britischen Zeitung "Independent"
sehen in den von der russischen Armee ergriffenen
militärischen Maßnahmen "die Bereitschaft der Russen,
alle Tschetschenen im Alter von über zehn Jahren in Lager zu
schicken", und halten diesen BeSchluss der russischen
Armeebefehlshaber für den gröbsten Verstoß gegen
die Menschenrechte und für die Auferstehung des GULAG.
War and Human Rights, Nr. 113, 14.1.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm
14.1.2000 In Moskau rufen ranghohe Vertreter des Europarats zu
einem Waffenstillstand in Tschetschenien auf. Der Vorsitzende der
Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Lord David
Russell-Johnson, warnt Russland vor einer Aussetzung seiner
Mitgliedschaft im Europarat. "Die Arbeit unserer Organisation
beruht auf der Achtung der Menschenrechte." Der Europarat sei
"sehr besorgt wegen des Leidens der Zivilbevölkerung." Der
russische Außenminister Iwanow dementierte, dass bei dem
Gespräch mit Russell-Johnson von einer möglichen
Aussetzung der Europarat-Mitgliedschaft die Rede gewesen
sei.
ap-Bericht in Neue Zürcher Zeitung, 15./16.1.2000, und
dpa/AP-Meldung in Süddeutsche Zeitung, 18.1.2000
16. bis 20.1.2000 Eine Delegation der parlamentarischen
Versammlung des Europarats besucht die Russische Föderation
unter der Leitung des Präsidenten Lord Russell-Johnston. Die
Delegation erinnert ihre Gesprächspartner daran, dass
andauernde Verletzungen dazu führen könnten, dass die
parlamentarische Versammlung Russlands Beteiligung bei ihrer
Arbeit und seine Mitgliedschaft im Europarat in Frage
stellt.
Europarat in Relief Web, 31.1.2000
(http://www.reliefweb.int)
Mitte Januar 2000 Ein tschetschenischer Anführer
berichtet über ein Treffen zwischen russischen
Regierungsvertretern und tschetschenischen Kommandanten in
Moskau. Die Teilnehmer der Gespräche nannte er nicht
namentlich. Ein Regierungssprecher bestätigte dieses Treffen
- es sei um die Situation der Zivilbevölkerung
gegangen.
ap-Bericht in Neue Zürcher Zeitung, 19.1.2000
17.1.2000 Seit mehr als drei Monaten führen russische
Truppen Krieg gegen die kaukasische Republik Tschetschenien.
Schätzungen über die Anzahl der Todesopfer belaufen
sich auf bis zu 10.000. Ein Drittel der tschetschenischen
Bevölkerung ist obdachlos geworden und eine Viertelmillion
Menschen befinden sich auf der Flucht. Geschätzte 30.000 bis
50.000 Menschen sind in der belagerten Hauptstadt Grosny gefangen
und leiden unter russischem Beschuss und dem vereinzelten
Eindringen von Truppen.
World Socialist Web Site, 20.1.2000
17.1.2000 Nach einem kleinen Gipfeltreffen der
türkischen, georgischen und azerbaidschanischen Führer
in Tiblis rief die Türkei zu einem Sicherheitspakt für
den Kaukasus auf, der von der EU initiiert werden sollte.
Stratfor special report, www.stratfor.com, 18.1.2000
19.1.2000 Ein Ausschluss Russlands aus dem Europarat wegen des
Tschetschenien-Krieges wird nach Ansicht des Präsidenten der
Parlamentarischen Versammlung des Europarats immer
wahrscheinlicher. Es liege auf der Hand, dass die russische
Regierung mit dem Feldzug gegen Tschetschenien gegen die
Prinzipien des Europarats verstoße, so Lord
Russel-Johnston.
AP, 20.1.2000
21.1.2000 In Moskau führt Außenminister Fischer
Gespräche mit seinem russischen Kollegen Iwanow. Er
könne keine Anzeichen für Kompromissbereitschaft im
Tschetschenienkonflikt erkennen, bekräftigt Fischer nach
Gesprächen mit Interimspräsident Putin. Trotzdem bleibe
Russland ein "zentraler strategischer Partner" für die
deutsche Regierung. Fischer habe die Kritik des Westens am
russischen Vorgehen wiederholt, nehme aber auch "gute Argumente"
der russischen Seite "sehr ernst". Die Diskussion um Sanktionen
des Westens gegen Russland sei zwar nicht beendet, Fischer sehe
aber nur geringe Möglichkeiten, diesbezüglich auf
Russland einzuwirken. Fischer warnte davor, dass eine
internationale Isolation Russlands die Lage weiter verschlechtern
würde und den Westen ‚vom Regen in die Traufe‘
bringen könnte. Russland sei ein für die Sicherheit und
Stabilität in Europa ganz entscheidender Faktor.
Reuters, 21.1.2000 und Richard Meng in Frankfurter Rundschau,
22.1.2000, und Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.1.2000
24.1.2000 In Brüssel treffen sich die
EU-Außenminister auf ihrer ersten Tagung in diesem Jahr.
Zwar forderten sie auch hier wieder ein Ende der Kämpfe in
Tschetschenien, von möglichen Sanktionen gegen Russland
wurde jedoch abgesehen. Lege man die Beziehungen auf Eis,
verlöre man Einfluss, hieß es in diplomatischen
Kreisen. Putin solle eine Chance bekommen. "Politik ist die Kunst
des Möglichen und nicht des Gewünschten", sagte
Außenminister Fischer dazu. Nicht alle begrüßen
diese Schonfrist für Putin: Wegen der
Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien wollen die
Christdemokraten in der Parlamentarischen Versammlung des
Europarates am 27.1.2000 eine Suspendierung Russlands
durchsetzen. Die EU-Außenminister beschlossen jedoch eine
Umschichtung von 180 Millionen Mark für Hilfsprojekte aus
dem Tacis-Programm zu Ungunsten Russlands.
Daniel Brössler in Süddeutsche Zeitung, 25.1.2000, und
Barbara Oertel in die tageszeitung taz, 27.1.2000
25.1.2000 Rudolf Bindig, vom Komitee für Menschenrechte
der Parlamentarischen Versammlung des Europarates: "Das
Ausmaß von Russlands Militärintervention in
Tschetschenien kann nicht als eine reine Anti-Terror-Operation
gerechtfertigt werden. Das Komitee verurteilt den
willkürlichen und unangemessenen Einsatz von Gewalt durch
die russischen Truppen auf das Schärfste, auch wenn es ohne
Einschränkung die Terrorakte und Verletzungen von
Menschenrecht und internationalem humanitärem Recht durch
tschetschenische Kämpfer verurteilt. Die Repräsentanten
der russischen Regierung, mit denen wir in Moskau zusammentrafen,
beteuerten allesamt, dass Russland in Tschetschenien keinen
Krieg, sondern nur eine militärische Anti-Terror-Operation
durchführe. Der amtierende Präsident Putin und der
Innenminister Rushailo erklärten wiederholt, dass das beste
getan werde, um die Zivilbevölkerung in Tschetschenien zu
schützen. Der Minister für Auswärtige
Angelegenheiten, Iwanow, behauptete sogar, Russland habe keine
seiner Verpflichtungen durch die Militärintervention in
Tschetschenien verletzt, sondern würde, ganz im Gegenteil,
versuchen, die Menschenrechte durch die Wiederherstellung von
Recht und Ordnung in der Republik zu schützen. Russlands
Militäroperation hat bisher Hunderte, wenn nicht Tausende
von Zivilverlusten gefordert und hat Hunderttausende von
Zivilisten zur Flucht aus dem Konfliktgebiet gezwungen
(Schätzungen der Flüchtlingszahlen variieren zwischen
150.000 und 280.000). Die Behauptung der russischen Führung,
sie würde ihr bestes tun, um die Zivilbevölkerung zu
schützen, kann nicht aufrecht erhalten werden. Viele
Städte und Dörfer in Tschetschenien haben gelitten (und
leiden noch immer) unter den Bombardierungen aus der Luft und dem
Artillerie-Beschuss, in der Tat konnten wir selbst am 19. Januar
2000, 15 km entfernt in Tolstoi-Jurt den Beschuss Grosnys
hören."
Council of Europe: The Conflict in Chechnya
(http://stars.coe.fr/doc/doc00/EDOC8631.HTM)
26.1.2000 In Brüssel wird der von den Christdemokraten
geplante Antrag auf Ausschluss Russlands aus dem Europarat
zurückgezogen. Die Sozialisten schlugen vor, das Stimmrecht
der russischen Delegation auszusetzen, bis "substanzielle
Fortschritte in Tschetschenien erreicht sind." Dieser Vorschlag
wurde abgelehnt - sollte sich die Lage in den nächsten
Monaten nicht bessern, werde die Versammlung im April erneut
über einen möglichen Ausschluss der russischen
Abgeordneten beraten, hieß es in der Entschließung.
Noch eine Woche zuvor sah der Präsident des Europarates und
Leiter einer Tschetschenien-Delegation, der Liberale Lord
Russell-Johnson, "keinen Anlass, Russland wegen der Art seiner
Kriegsführung zu bestrafen."
Barbara Oertel in die tageszeitung taz, 27.1.2000, und
dpa/afp/rtr-Meldung in Frankfurter Rundschau, 28.1.2000
27.1.2000 Die parlamentarische Versammlung des Europarats ruft
Russland dazu auf, militärische Angriffe auf die
Zivilbevölkerung zu vermeiden, das Feuer einzustellen und
einen friedlichen Dialog mit den gewählten tschetschenischen
Vertretern zu führen, Personen zu verfolgen, die sich
terroristischer Verbrechen, der Menschenrechtsverletzungen und
der Entführungen schuldig gemacht haben, sowie alle Geiseln
freizulassen. Die Versammlung erkennt Russlands Recht an, seine
territoriale Integrität zu erhalten, Terrorismus und
Verbrechen zu bekämpfen und seine Bevölkerung vor
terroristischen Angriffen und Räubereien zu schützen,
darunter auch die Bevölkerung Tschetscheniens und der
benachbarten Republiken und Regionen. Die Versammlung
bekräftigt ihre starke Verurteilung aller in Tschetschenien
begangener Terrorakte, Entführungen, öffentlichen
Exekutionen und Menschenrechtsverletzungen. Jedoch betont sie
auch, dass die Mittel zur Erreichung dieser Ziele mit Russlands
internationalen Verpflichtungen in Einklang stehen und ganz
besonders willkürliche und unangemessene Gewaltanwendung
gegenüber der Zivilbevölkerung ausschließen
müssen.
Europarat in Relief Web. Council of Europe Parliamentary
Assembly: The conflict in Chechnya - Recommendation 1444 (2000).
27.1.2000
28.1.2000 In Moskau fordert UN-Generalsekretär Kofi Annan
das sofortige Ende der Kampfhandlungen in Tschetschenien,
erreichte bei Interimspräsident Putin jedoch nichts als die
zugesagte Unterstützung der Arbeit von
Hilfsorganisationen.
AP/AFP/taz-Meldung in die tageszeitung taz, 29./30.1.2000
28.1.2000 Im Wall Street Journal Europa erscheint heute eine
Stellungnahme des ehemaligen US- Generals William Odom. Er meint,
die Russen hätten aus dem ersten Krieg wenig gelernt, heute
würden die tschetschenischen Kämpfer die Russen
ausbluten wie im Januar 1995. Den russischen Truppen attestierte
er eine niedrige Moral und Motivation, schwache Bodentruppen und
die Reformunwilligkeit der Generäle. Je eher der Westen
etwas unternimmt, desto besser für die Russen, für die
Tschetschenen und für die Länder, die Russland mit
Hilfe versorgen.
Wall Street Journal, 28.1.2000
28.1.2000 Bundesinnenminister Otto Schily verhängt
"unbefristet und bis auf weiteres" einen Abschiebe- und
Entscheidungsstopp für Asylbewerber aus
Tschetschenien.
AP/AFP/taz-Bericht in die tageszeitung taz, 29./30.1.2000
Ende Januar, Außenminister Joschka Fischer erklärte
sich außer Stande, gegen Russland Sanktionen zu
verhängen. Moskau dürfe nicht, etwa durch ein
"drastisches Herunterfahren der Wirtschaftsbeziehungen zwischen
der Europäischen Union und Russland", in die Isolierung
getrieben werden. Damit stelle Fischer Ursache und Wirkung auf
den Kopf, kommentiert die Frankfurter Rundschau.
Frankfurter Rundschau, 11.2.2000
28.1.2000 Bundesaußenminister Joschka Fischer sagt vor
dem Deutschen Bundestag zur Tschetschenien-Politik der
Bundesregierung: "Wir haben es in Tschetschenien mit einer
politischen und humanitären Katastrophe zu tun, ohne jeden
Zweifel. So sehr wir das Recht Russlands betonen, ja sogar seine
Pflicht, seine Grenzen zu verteidigen, weil niemand ein Interesse
an einem sich vielleicht auch nur partiell auflösenden
Russland haben kann, so sehr betonen wir aber auch, dass der
Kampf gegen Terrorismus, den wir bejahen, mit
verhältnismäßigen, rechtsstaatlichen Mitteln
geführt werden muss. Der Krieg gegen ein ganzes Volk ist
kein verhältnismäßiges Mittel im Kampf gegen den
Terrorismus."
http://www.auswaertiges-amt.de/6_archiv/2/r/r000128a.htm
29.1.2000 Der amerikanische Finanzier George Soros hat dem
Internationalen Währungsfond (IWF) geraten, sich aus
Russland wegen des dortigen politischen Klimas
zurückzuziehen. 'Wir hatten zehn Jahre lang die
Möglichkeit, die Dinge in Russland in die richtige Richtung
zu bewegen und wir haben es verpfuscht", sagte Soros.
AP, 30.1.2000
31.1.2000 Letzte Woche besuchte der Generalsekretär der
Vereinten Nationen, Kofi Annan, Moskau und traf mit hohen
Regierungsbeamten zusammen. Dabei sagte er: "Wir sollten sehr
darauf achten, Situationen zu vermeiden, wo Gewalt an
unschuldigen Zivilisten ausgeübt wird, denn in solchen
Situationen besteht oft die Gefahr, internationales
humanitäres Recht zu verletzen". Putin teilte dem
Generalsekretär mit, dass Russland versuchen wird,
annehmbare Bedingungen für humanitäre Hilfe im
Nord-Kaukasus zu garantieren.
Danish Refugee Council in Relief Web. Ingushetia Situation
Report No. 9. 31.1.2000
(http://www.reliefweb. int)
31.1.2000 Lord Russell-Johnston, Präsident der
Parlamentarischen Versammlung des Europarats: "Was in
Tschetschenien passiert, ist ein Krieg. Ein grausamer, wilder
Krieg, für den die Zivilisten den höchsten Preis
zahlen. Ihm voraus ging eine Situation, die nicht akzeptabel war.
Die sozialen Strukturen waren zusammengebrochen,
Kriminalität nahm überhand, benachbarte Republiken
waren permanent den Angriffen bewaffneter Gruppen von Extremisten
ausgesetzt. Präsident Maschadow war entweder durch
tatsächliche direkte Verwicklung oder durch einen Mangel an
Autorität - das können wir nicht wissen - mit
dafür verantwortlich. Aber auf die Situation hätte
anders reagiert werden können und sollen. Man kann
Terrorismus nicht besiegen, indem man sich selbst wie ein
Terrorist aufführt."
Europarat in Relief Web, 31.1.2000
(http://www.reliefweb.int)
Februar
Februar 2000 Interview mit dem Außenminister
Tschetscheniens Ilyas Achmadow: "Die Lage ist sehr ernst und
bedrohlich vor allem für die zivile Bevölkerung.
200.000 Menschen leben seit sechs Monaten ohne Gas und Strom,
ohne Versorgung mit Nahrungsmitteln, Kleidung und Medikamenten.
Sie sind den massiven Bombardements mit international
geächteten Aerosol- und Vakuumbomben und der
Beschießung mit Artillerie und Raketen hilflos
ausgeliefert. Es gibt kein Haus mehr, in dem sie sich verstecken
könnten. Die russischen Streitkräfte haben systematisch
alle Gebäude als mögliche Basen für 'Terroristen'
zerstört. Tausende Verwundete sind ohne medizinische
Versorgung, verbluten, sterben an Infektionen, erfrieren. Die
Lebenden irren hin und her, für sie gibt es keinen Ausweg.
Bei der Einnahme durch die russische Armee drohen ihnen
Vergewaltigung, willkürliche Erschießung, Folter.
Viele sind noch traumatisiert von den Bombardements 1994 bis 96,
selbst Hunde und Katzen verkriechen sich, sobald sie ein Flugzeug
hören. Die Rettung der Zivilbevölkerung ist unsere
wichtigste Aufgabe, hinter ihr treten alle politischen Fragen,
selbst die Frage der Unabhängigkeit zurück. Die
Bombardements der Zivilbevölkerung müssen sofort
eingestellt werden. Es müssen Korridore eingerichtet werden
für den Zutritt internationaler Hilfsorganisationen, um die
leidenden Menschen mit Nahrung, Kleidung und Medikamenten zu
versorgen. Dem Roten Kreuz muss ermöglicht werden,
Schutzzonen und Zelte für die Verwundeten einzurichten.
Unabhängigen Beobachtern, wie den Vertreter von UNO,
Europarat, OSZE und internationalen Menschenrechtsorganisationen
ist der Zutritt zu gewähren, um weitere Gräueltaten an
der Zivilbevölkerung Tschetscheniens zu verhindern."
Interview durch Ekkehard Maass von der Deutsch-Kaukasische
Gesellschaft e.V., Berlin, im Februar 2000
Februar 2000 Nato-Generalsekretär George Robertson in
einem Spiegel-Interview: "Wir können schließlich
verstehen, warum Russland in Tschetschenien aktiv geworden ist.
Moskau ist besorgt über das Überschwappen des
Aufstandes nach Dagestan, die Zunahme des Terrorismus, die
möglichen Verbindungen zu städtischen Terrorgruppen in
Russland. Gleichwohl hat die Nato die
unverhältnismäßige Gewalt der Russen in
Tschetschenien verurteilt, ebenso die Behandlung der
Flüchtlinge und die Kriegsgefahr für benachbarte
Staaten. Selbstverständlich kritisieren wir auch das Fehlen
einer politischen Dimension beim Vorgehen der Russen."
Der Spiegel 7/2000
2.2.2000 Christopher H. Smith von der Kommission für
Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (CSCE) äußert
sich vor dem Hintergrund der Behauptung, die Russen hätten
angeblich Lagerplätze für radioaktiven Müll in
Tschetschenien bombardiert, extrem besorgt über die die
Entwicklungen in der Region.
CSCE, 2.2.2000
2.2.2000 Die USA haben Russland gestern vorgeworfen, durch
ihren Feldzug in Tschetschenien dem Extremismus Vorschub zu
leisten. Madeleine Albright kritisierte Moskau zwar, für sie
kommen Wirtschaftssanktionen aber nicht in Betracht.
The Guardian, 3.2.2000
7.2.2000 In einer Pressemitteilung der CDU Deutschlands
fordert die Partei das sofortige Ende der
Menschenrechtsverletzungen und den sofortigen Waffenstillstand in
Tschetschenien. Es müsse alles getan werden, damit sich die
Kämpfe nun nicht in den Bergen fortsetzen und in dem
Konflikt, der bereits viele tausend Tote und Hunderttausende
Vertriebene gefordert habe, müsse endlich eine politische
Lösung gefunden werden.
CDU-Bundesgeschäftsstelle Berlin, 7.2.2000
10.2.2000 Die russische Regierung solle umgehend den Verbleib
des Radio Liberty Journalisten Andrej Babizki publik machen und
seine Freilassung anordnen, fordert Amnesty International.
Amnesty International, News Release, EUR 46/07/00, 10.2.2000
10.2.2000 Human Rights Watch ruft den amtierenden
Präsidenten Wladimir Putin dazu auf, die Massenexekutionen
von Zivilisten durch russische Truppen in Grosny zu untersuchen.
Die Organisation bestätigt den Tod von 16 weiteren
Zivilisten in der tschetschenischen Hauptstadt. "Präsident
Putin muss auf diese schrecklichen Kriegsverbrechen, die von
russischen Soldaten begangen wurden, reagieren. Die russische
Regierung hat es versäumt, angemessen auf frühere
Berichte von Massenexekutionen zu reagieren, und nun haben solche
Misshandlungen erneut stattgefunden", sagte die Direktorin der
Europa- und Zentralasien-Abteilung von Human Rights Watch, Holly
Cartner. Die bestätigte Gesamtzahl der bei den
Massenexekutionen im Distrikt Staropromyslovski von Grosny zu
Tode gekommenen Menschen beläuft sich nun auf 38. Human
Rights Watch hat darüber hinaus noch weitere Hinweise darauf
erhalten, dass noch über ein Dutzend zusätzliche
Zivilisten dabei ermordet wurden.
Human Rights Watch in Relief Web, 10.2.2000
(http://www.reliefweb.int)
10.2.2000 Die Außenminister Italiens und Frankreichs und
auch Joschka Fischer ließen sich von Putin in langen
Unterredungen erläutern, wie Russland in Tschetschenien
"Terroristen bekämpft". Anschließend zeigten sich die
Außenminister "beeindruckt" von Putins "Argumentation" und
erklärten, dass es "legitim" sei, "gegen Terroristen
vorzugehen", doch dass sie die russischen Methoden ablehnten.
Mehr nicht. Das Klagelied über die Menschenrechte fiel
aus.
Politik & Wirtschaft, 10.2.2000
12.2.2000 Der Europarat in Straßburg forderte "sofortige
Ermittlungen" über mögliche Massenhinrichtungen von
Zivilisten in Tschetschenien. Diesen Berichten müsse
nachgegangen werden, erklärte der Vorsitzende der
Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Lord
Russel-Johnston.
Frankfurter Rundschau, 12.2.2000
14.2.2000 Bill Clinton erklärt im Nachrichtensender CNN,
dass "die Vereinigten Staaten mit diesem Mann [Wladimir Putin]
arbeiten können". Er bezeichnete Putin als einen Mann, der
"offenbar sehr intelligent und sehr motiviert" sei und
"Standpunkte habe". "Wir stimmen nicht in allen Punkten mit ihm
überein, aber alles, was ich bislang von ihm gehört und
gesehen habe, beweist mir, dass er ein sehr
widerstandsfähiger, effektiver und entschlossener
Staatslenker werden könnte."
AFP/Le Monde, 17.2.2000
16.2.2000 Außenminister Joschka Fischer kritisiert die
russische Militäroffensive gegen Tschetschenien vor einer
Versammlung des Deutsch-Russischen Forums. Der Krieg sei eine
politische und humanitäre Katastrophe, die in ihrer
Brutalität gegen die Zivilbevölkerung völlig
unakzeptabel und mit europäischen und internationalen Normen
nicht vereinbar sei. Die EU habe ihre Partnerschaft mit Russland
aber vorrangig politisch begriffen und deshalb auch auf einer
Festschreibung demokratischer und rechtsstaatlicher Normen
bestanden. Deutschland werde sich weiter für eine
grösstmögliche Nähe zu Russland und gegen eine
Ausgrenzung oder Isolation einsetzen, da die Zukunft Russlands
eine der entscheidenden Zukunftsfragen Europas sei.
Neue Zürcher Zeitung und Frankfurter Allgemeine Zeitung
17.2.2000
16.2.2000 Genf die UNO-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson
forderte Russland auf, internationalen Beobachtern die Einreise
nach Tschetschenien zu gestatten. Sie bedauerte, dass die
russische Regierung ihr nicht erlaubt habe, Moskau und
Tschetschenien zu besuchen. Sie fordert auch eine politische
Lösung des Konfliktes ein, nur so könne ein dauerhafter
Frieden und die Wahrung der Menschenrechte erreicht werden.
United Nations Press Release, 16.2.2000, Neue Zürcher
Zeitung, 17.2.2000
15.2.2000 Die NATO vereinbarte mit Russland eine schrittweise
Wiederaufnahme der Kontakte nachdem sich die Beziehungen nach dem
Kosovokrieg stark abgekühlt hatten. 'Die Vertrauenskrise
zwischen der NATO und Russland ist überwunden", so Igor
Iwanow, auch der NATO-Sprecher betonte: Die NATO und Russland
sind strategische Partner auf der Weltbühne.'
dpa, 16.2.2000
17.2.2000 Die Weltorganisation gegen Folter erklärte in
einem Statement in Genf: "Wir können nicht ignorieren, dass
die Filtrationslager in Wirklichkeit Konzentrationslager sind, in
denen russische Soldaten ungestraft die schlimmsten Grausamkeiten
an ihren Gefangenen verüben."
Michael R. Gordon in International Herald Tribune 18.2.2000
18.2.2000 In einem offenen Brief an den russischen
Interimspräsidenten Wladimir Putin warnt Human Rights Watch
vor dem willkürlichen Einsatz von "Vakuumbomben". Diese
extrem zerstörerischen Waffen könnten unter den
Zivilisten unzählige Opfer fordern, besonders wenn sie in
oder in der Nähe von dicht besiedelten Gebieten abgeworfen
werden.
http:// www.hrw.org/press/2000/02/chech0218.htm
19.2.2000 Die USA haben Russland aufgefordert,
Gräueltaten russischer Truppen in Tschetschenien
aufzuklären. Nach Angaben der Uno-Menschenrechtskommissarin
Mary Robinson gibt es Berichte über Erschießungen und
über Vergewaltigungen tschetschenischer Frauen durch
russische Soldaten.
NZZ, 19.2.2000, War and Human Rights. February 18, 2000
(http://www.hro.org/war/151.htm)
22.2.2000 Das Auswärtige Amt veröffentlicht seinen
neuen Lagebericht zur Situation in Tschetschenien. Darin wird auf
"massive Menschenrechtsverletzungen" gegen die
Zivilbevölkerung durch russische Truppen sowie
tschetschenische "Banden und Rebellen" verwiesen. Als
"asylrelevante Tatsachen" werden das Ausbleiben humanitärer
Hilfe, die Behinderung von Fluchtwilligen und
"Befürchtungen" über Zwangslager erwähnt.
Frankfurter Rundschau, 23.2.2000
22.02.2000 Mit einem Appell haben zahlreiche französische
Persönlichkeiten dazu aufgerufen, sich am kommenden Tag auf
dem Kirchplatz von Beaubourg zu versammeln, um gegen die
russischen Gräueltaten in Tschetschenien zu protestieren.
Der Appell wurde u. a. unterzeichnet von: Daniel Cohn-Bendit,
Jane Birkin, André Glucksmann, Bernard-Henri Lévy,
Jorge Semprún, Jack Lang und Danielle Mitterand.
Le Monde, 22.02.2000
23.2.2000 Die französische Hilfsorganisation
Médecins du monde (Ärzte der Welt), die als einzige
Hilfsorganisation noch in Tschetschenien präsent ist,
prangert "massive, systematische und wiederholte
Kriegsverbrechen" der russischen Truppen an. Der Vorsitzende der
Organistaion, Jacky Mamou, sagte, es dränge sich der Begriff
"Verbrechen gegen die Menschlichkeit" auf.
AP/AFP/rtr in die tageszeitung taz, 24.2.2000
23.2.2000 Rund 5.000 Menschen haben sich in Paris versammelt,
um gegen die "ungestraften Verbrechen" russischer Truppen in
Tschetschenien zu protestieren. "Der Gulag unter freiem Himmel
ist eine Schande! Aber auch wir müssen uns schämen,
dass wir nichts dagegen getan haben, dass das neue Jahrhundert
mit Grosny begonnen hat. Ich hoffe, dass unsere Kinder uns nicht
vergeben werden", sagt André Glucksmann, der neben vielen
anderen französischen Intellektuellen zu dieser Kundgebung
aufgerufen hatte. Das Datum hatten sie gewählt, um an die
stalinistische Deportation der Tschetschenen im Jahre 1944 zu
erinnern, die am 23. Februar begann.
Le Monde, 25.2.2000
23.2.2000 Die USA haben sich erneut an Russland gewandt und
fordern die Untersuchung der Berichte über
Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien.
War and Human Rights. February 23, 2000.
(http://www.hro.org/war/156.htm)
23.2.2000 Bundesaußenminister Fischer sieht keine
Möglichkeit, die russische Kriegspolitik zu beeinflussen.
"Mit klarer Sprache allein kann man Verhalten nicht ändern.
Schon gar nicht bei einer so großen Macht, um die es sich
bei Russland handelt."
dpa, 23.2.2000
24.2.2000 Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK)
fordert zwar nicht im direkten Zusammenarbeit, aber mit Blick auf
den Krieg in Tschetschenien die Einrichtung eines
Weltstrafgerichts für Kriegsverbrecher.
Frankfurter Rundschau, 25.2.2000
24.2.2000 Der Beauftragte der Europäischen Union für
Außenpolitik, Chris Patten, betrachtet den Krieg in
Tschetschenien als Auslöser einer tiefen Krise in den
Beziehungen zwischen der EU und Russland. Die Berichte von
Menschenrechtsverletzungen in der Kaukasus-Republik könnten
möglicherweise die bilateralen Beziehungen einfrieren. Er
wandte sich erneut an die russische Führung und forderte sie
dazu auf, die Entsendung internationaler Beobachter nicht zu
behindern, deren Aufgabe es sei, die Einhaltung der
Menschenrechte zu beaufsichtigen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.2.2000, War and Human Rights.
February 24, 2000. (http://www.hro.org/war/157.htm)
25.2.2000 Bundesaußenminister Joschka Fischer
äußert sich zu den jüngsten Berichten über
Menschenrechtsverletzungen n Tschetschenien: "Die jüngsten
Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien
erfordern eine sofortige und gründliche Untersuchung.
Bereits am 10. Februar habe ich mich in einem Schreiben an meinen
russischen Amtskollegen Igor Iwanow nachdrücklich dafür
eingesetzt, dass Russland internationale Beobachter in
Tschetschenien zulässt. [...] Die Verantwortlichen für
Menschenrechtsverletzungen müssen zur Rechenschaft gezogen
werden. Namentlich auch die UN-Hochkommissarin für
Menschenrechte, Mary Robinson, muss freien und ungehinderten
Zugang zu ganz Tschetschenien einschließlich Grosny und der
sogenannten Filtrationslager erhalten."
http://www.auswaertiges-amt.de/6_archiv/2/p/p000225a.htm
25.2.2000 Human Rights Watch fordert die internationale
Gemeinschaft dazu auf, die Gesetzesübertretungen in
Tschetschenien als Kriegsverbrechen anzuerkennen und die
Täter dementsprechend zur Verantwortung zu ziehen. Ferner
müsse die internationale Gemeinschaft auf einer
Überwachungspräsenz in Inguschetien bestehen.
Regierungen sollten darüber hinaus ihre Moskauer
Repräsentanten zwecks Zeugnisablegung nach Inguschetien
entsenden. Schließlich sollten die Weltbank und der IWF
ihre Kreditzahlungen so lange aussetzen, bis Russland seine
Truppen zügelt, einen ernsthaften Aufklärungsprozess
für die Misshandlungen in Gang setzt sowie bei der
Aufstellung einer internationalen Überwachungspräsenz
kooperiert.
Washington Post in Refugees Daily, 25.2.2000
(http://www.unhcr.ch/refworld/cgi-bin/newssearch.pl)
26.2.2000 Die Organisation 'Physicians for Human Rights' (PHR)
deckt weit verbreiteten und systematischen Missbrauch von
tschetschenischen Zivilisten auf, darunter Exekutionen,
außergerichtliche Festnahmen und Folter.
Physicians for Human Rights. Random Survey Conducted by US
Medical Group of Displaced Chechens Finds Widespread Killings and
Abuses by Russian Forces. February 26, 2000.
http://www.phrusa.org/research/chechen_displaced.htm
26./27.2.2000 Wenn die russische Regierung keine
Untersuchungen durchführt, dann sollte es die internationale
Gemeinschaft tun. Europäische Staaten sollten sich Russland
vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
vorknöpfen und eine Untersuchung des Europarats
initiierten.
Der IWF und die Weltbank sollten eine Regierung, die eine so
destruktive Politik betreibt, nicht finanzieren, so der
Kommentator der International Herald Tribune.
Peter Bouckaert in International Herald Tribune,
26./27.2.2000
27.2.2000 Im Jahresbericht des amerikanischen
Außenministeriums über die Lage der Menschenrechte
wird gegenüber Russland ein gemäßigter Ton
angeschlagen. Zu dem Krieg in Tschetschenien heißt es
jedoch: "Streitkräfte der Regierung brachten mit
willkürlicher Gewalt zahlreiche Zivilisten um, und
Schläge von Sicherheitsbeamten führten zu vielen
weiteren Toten."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.2.2000
27.2.2000 Die Fernsehbilder des Senders N24 über
Gräueltaten und Massengräber der russischen Armee in
Tschetschenien lösten im Westen heftige Reaktionen aus.
US-Präsident Bill Clinton und die EU forderten Russland auf,
internationalen Beobachtern uneingeschränkten Zugang zu der
abtrünnigen Kaukasus-Provinz zu geben.
Bundesaußenminister Joschka Fischer verlangte, die
Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.2.2000
27.2.2000 Aus einer Rede von Wolfgang Leonhard: "Offiziell
wird mitgeteilt, dass der Krieg monatlich vier Milliarden Rubel
kostet. Besorgt sind auch die Menschen jetzt nach der mehrfachen
Ankündigung: Auch wenn der Krieg beendet sein wird, werden
russische Truppen auf ewig in Tschetschenien stationiert sein. Es
könnte also sein, dass die Bevölkerung zunehmend die
Wahrheit über den Krieg erkennt und auch beginnt zu
erkennen, dass der Kampf gegen die Terroristen keineswegs die
wirkliche Kriegsursache ist. Es geht um Erdöl und Pipelines,
um die Macht und Stärke Russlands zu demonstrieren."
Süddeutsche Zeitung, 27.2.2000
28.2.2000 Zum vierten Jahrestag des Beitritts zum Europarat
hat die Menschenrechtsorganisation amnesty international der
russischen Regierung vorgeworfen, ihren Verpflichtungen nur
unzureichend nachzukommen. "Die Lage der Menschenrechte in
Russland hat sich in den vergangenen Jahren nicht so positiv
entwickelt, wie wir das gehofft haben", sagte Hildegard Karig,
Russland-Expertin der deutschen ai-Sektion.
amnesty international, Pressemitteilung, 28.2.2000
28.2.2000 Gil-Robles, der Menschenrechtsbeauftragte des
Europarates, hat bei einem Besuch Grosnys zum Kriegsende
aufgerufen: ‚Der Krieg muss so schnell wir möglich
beendet werden, damit wir der Bevölkerung helfen
können."
AP, 28.2.2000
28.2.2000 Pakistan fordert Russland auf, seine
Militär-Kampagne in Tschetschenien zu beenden.
War and Human Rights. February 29, 2000
(http://www.hro.org/war/163.htm)
28.2.2000 Erklärung des Vorsitzenden der
Europäischen Union am 30. Dezember in Brüssel und
Helsinki: "Die Europäische Union unterstützt
nachdrücklich die gestern in Moskau unternommene Demarche
des amtierenden Vorsitzes der OSZE, bei der die russische
Regierung eindringlich dazu aufgefordert wurde, umgehend eine
Feuereinstellung zu verkünden, damit die
Zivilbevölkerung aus Grosny evakuiert werden kann."
Europäische Kommission, Text abgeschlossen am 28.2.2000
27.2.2000 Eine weitere Menschenrechtsorganisation, "Ärzte
für Menschenrechte", hat gegen Moskau Vorwürfe wegen
Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien erhoben. Befragungen
von tschetschenischen Flüchtlingen hätten ergeben, dass
im Lager Tschernokosowo gefoltert und gemordet würde. Die
amerikanische Ärztevereinigung teilte mit, für ihren
Bericht 326 Vertriebene in den Flüchtlingslagern in
Inguschetien befragt zu haben. Die Hälfte von ihnen habe
über Erschießungen von Zivilisten berichtet. In
mindestens neun Fällen sei zum Beispiel mit Elektroschocks
gefoltert worden.
AP, AFP, Reuters, Süddeutsche Zeitung, 28.2.2000
29.2.2000 Laut Meldung der `Deutschen Welle´ appellierte
die Evangelische Kirche in Deutschland an Russland, den
Tschetschenien-Krieg zu beenden und nach einer politischen
Lösung des Konfliktes zu suchen. Außerdem hält
die EKD die Entsendung einer internationalen Beobachter-Mission
nach Tschetschenien für dringend erforderlich. Der Rat der
EKD erklärte, Berichte über Massengräber und
Filtrationslager zeugten von systematischen
Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien. Die Russische
Militäroperation entspräche nicht dem von Moskau
proklamierten Ziel der Wiederherstellung von Gesetzlichkeit und
Ordnung im Kaukasus. Die Russische Orthodoxe Kirche werde
aufgerufen, sich für die Beendigung des Krieges in
Tschetschenien stark zu machen, da sonst in letzter Zeit der
Eindruck entstünde, die orthodoxe Kirche beobachte
stillschweigend die Menschenrechtsverletzungen im Kaukasus,
heißt es in der Erklärung der EKD.
`Filtrationslager´, War and Human Rights, Nr. 163,
29.02.2000,
www.hro.org/war/filtr/war_camps.htm
März
März 2000 Amnesty International erklärt: Die
sichtbare Missachtung internationalen humanitären Rechts
durch die russischen Truppen und die diskriminierende Art und
Weise, in der es die Behörden in Moskau und anderswo auf
Tschetschenen abgesehen haben, legt die Vermutung nahe, dass die
Regierung unter dem Vorzeichen von "Verbrechens- und
Terrorismus-Bekämpfung" in eine Kampagne involviert war,
eine gesamte ethnische Gruppe zu bestrafen.
Amnesty International Report, March 2000. Concerns in Europe.
July-December 1999.
http://www.amnesty.org/ailib/aipub/2000/EUR/40100100.htm
1.3.2000 Verteidigungsminister Scharping sieht keinen Grund
dafür, die deutsche Russlandpolitik zu ändern. Es
führe ‚politisch in die Irre‘, wegen
Tschetschenien die Beziehungen zu Russland abzubrechen. Er
bezeichnete den Krieg als ‚furchtbar‘, doch sollte er
die notwendige Partnerschaft zwischen Russland und Europa nicht
überschatten.
Handelsblatt, Ap, Reuters, 1.3.2000
1.3.2000 Der polnische Präsident Kwasniewski
erklärte sein Bedauern über die schlechten
russisch-polnischen Beziehungen. Am Mittwoch vor einer Woche
hatten Aktivisten, die gegen den Tschetschenien-Krieg
protestierten, auf dem Gelände des Konsulats eine russische
Fahne niedergerissen und verbrannt und an ihrer Stelle ein
tschetschenisches Banner gehisst sowie das Konsulatsgebäude
mit einem Hakenkreuz beschmiert.
Neue Züricher Zeitung, 1.3.2000
3.3.2000 Bei einem Dreiertreffen in Lissabon vereinbarten
Russland, die USA und die EU, dass der Präsident des
Internationalen Komitees des Roten Kreuzes nächste Woche
nach Tschetschenien reisen wird. Der russische
Außenminister Iwanow erklärte, Russland sei zur
Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen bereit. Der
"Kampf gegen den Terrorismus" sei ein gemeinsames Ziel von
Russland, den USA und der EU: "Das geht uns alle an."
Zudem sollen zwei Vertreter des Europarates im russischen
Menschenrechtsbüro in Tschetschenien arbeiten dürfen.
Sie sollen nach Angaben des Kreml in zwei Wochen eintreffen. Sie
dürfen ohne vorherige Absprache mit Moskau jedoch keine
Informationen weitergeben.
dpa-Meldung in Göttinger Tageblatt, 4.3.2000, und
afp/dpa-Meldung in Frankfurter Rundschau, 4.3.2000
4.3.2000 Verteidigungsminister Scharping erklärte, dass
sich das Verhältnis zwischen Moskau und der Nato verbessert
habe. Scharping verurteilte das russische Vorgehen in
Tschetschenien. Die Folgen für die Zivilbevölkerung
seien verheerend. Umso wichtiger sei eine politische Lösung.
Moskau solle internationale Beobachter zulassen und den
Hilfsorganisationen ihre Arbeit ermöglichen.
dpa, 5.3.2000
5.3.2000 US-Präsident Bill Clinton schrieb einen Brief an
Putin, in dem er seine ‚große Sorge über die
sich häufenden Berichte über Menschenrechtsverletzungen
durch die russischen Truppen in Tschetschenien‘
ausdrückte.
Reuters, 5.3.2000, War and Human Rights, 6.3.2000
http://www.hro.org/war/168.htm
6.3.2000 Die UNO verlangte von Russland die Aufklärung
und Untersuchung von Folterberichten aus Tschetschenien. Der
Appell wurde heute in Genf veröffentlicht.
dpa, 6.3.2000
7.3.2000 Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary
Robinson, hat gefordert, dass die Opfer des
Tschetschenien-Krieges das Recht haben müssen, von Russland
Wiedergutmachung zu verlangen.
AP, 7.3.2000
8.3.2000 Rudolf Scharping traf gestern in Moskau ein, er
möchte mit Putin, Iwanow und Sergejew Gespräche
über eine engere Zusammenarbeit und auch über den
Tschetschenienkrieg führen. Ein Parteikollege, Hermann
Scheer, kritisierte Scharping, den er nicht mehr für
glaubwürdig hält: ‚Leider hat die Nato durch die
Bombardierung ziviler Ziele im Kosovo-Krieg die Rechtfertigung
verspielt, jetzt den moralischen Zeigefinger zu erheben‘.
Offensichtlich werde in Tschetschenien auch gegen die
Zivilbevölkerung vorgegangen, das sei nicht mit den Genfer
Konventionen vereinbar.
Die Welt, 9.3.2000
13.3.2000 Nach ihrem Besuch in Tschetschenien drängt eine
Beobachterdelegation des Europarats darauf, die Lage der
Zivilbevölkerung schnellstmöglich zu verbessern.
Entsprechend äußerte sich der Leiter der Delegation,
Lord Judd. Falls sich die Lage der tschetschenischen Zivilisten
nicht bald bessere, sei eine Suspendierung der russischen
Mitgliedschaft in der Beratenden Versammlung des Europarats nicht
mehr auszuschließen. Judd sagte ferner, er habe niemals
eine derart systematisch zerstörte Stadt wie Grosny
gesehen.
AFP, Reuters in Yahoo Schlagzeilen, 13.3.2000
http://de.news.yahoo.com/000313/4/mtia.html
13.3.2000 Eine Delegation des Europarats hat am Montag sowohl
der russischen Armee als auch tschetschenischen Kämpfern
Kriegsverbrechen in der abtrünnigen Kaukasusrepublik
vorgeworfen und einen sofortigen Waffenstillstand gefordert. Der
Leiter der Delegation, Judd, äußerte sich tief
beunruhigt über das Leid, das den Zivilisten durch wahllose
und unverhältnismäßige Gewaltanwendung der
russischen Streitkräfte widerfahren sei.
Associated Press in Yahoo Schlagzeilen, 13.3.2000
http://de.news.yahoo.com/000313/4/mw3i.html
13.3.2000 Der deutsche Europarats-Parlamentarier Rudolf Bindig
(SPD) sagte: "Russland hat in schwerster Weise die Menschenrechte
verletzt." Die Europarats-Abgeordneten riefen das russische
Parlament auf, einen Sonderausschuss zur Untersuchung von
Kriegsverbrechen im Nordkaukasus einzusetzen. Dieser könnte
funktionieren wie die 'Wahrheitskommission' zur Aufarbeitung der
Apartheits-Verbrechen in Südafrika. ‚Der Europarat
forderte den sofortigen Waffenstillstand in
Tschetschenien."
Handelsblatt, 13.3.2000, AP, 13.3.2000
http://www.handelsblatt.de/cgi-bin/hbi....iID=137847&sRub_ID=DOCUMENT_31041&Pos=9
13.3.2000 Menschenrechtsorganisationen drängen den
britischen Premierminister Tony Blair, Tschetschenien bei seinem
Besuch in Russland ganz oben auf die Agenda zu setzen. Amnesty
International sagte, ein wachsender Katalog von Misshandlungen
beinhalte Massenexekutionen, Vergewaltigungen, direkte Angriffe
auf Hospitäler und medizinisches Personal, willkürliche
Angriffe auf dicht von Zivilisten besiedelte Gegenden und das
Verschwinden von Personen.
Russia Today, 13.3.2000
http://www.russiatoday.com/chechnyainfocus/news.php3?id=141873
15.3.2000 Die FDP-Bundestagsfraktion kritisiert in einer
Großen Anfrage die Tschetschenienpolitik der Regierung. Die
Bundesregierung habe noch keine konkreten Schritte ergriffen, die
Moskau zu einer Suche nach einer Lösung des Krieges bewegen
könnten.
14.3.2000 Deutscher Bundestag, Drucksache 14/2961, 14.3.2000
16.3.2000 Sonja Mikich, langjährige ARD-Korrespondentin
in Russland, schreibt in der TAZ: Bei der Aufregung um Russlands
Erlöser, den unverbrauchten Wladimir Putin, ging etwas
unter. Noch als Ministerpräsident feierte er
tatsächlich den Jahrestag der Schaffung der ersten
sowjetischen Geheimpolizei unter Lenin. Die Tscheka, der NKWD,
der KGB --verantwortlich für millionenfachen Tod und Terror
-. Alles preiswürdige Institutionen. Das hätte sich
weder Jelzin noch Breschnew getraut.
die tageszeitung TAZ, 16.3.2000
17.3.2000 Amnesty International fordert die Vereinten Nationen
auf, Russland wegen der Menschenrechtsverletzungen im Kaukasus zu
verurteilen.
Pressemitteilung amnesty international AP, 17.3.2000
20.3.2000 Die Europäische Union verlangt von Russland die
Aufklärung angeblicher Menschenrechtsverletzungen in
Tschetschenien. Die EU-Außenminster begrüßten in
diesem Zusammenhang die Ernennung eines Beauftragten Moskaus
für diese Fragen. Sie erinnerten Russland aber an Zusagen,
wonach die Aufklärung in Zusammenarbeit mit internationalen
Gremien erfolgen soll. Insgesamt wurde die Lage in Tschetschenien
von der EU als weiterhin sehr Besorgnis erregend
bezeichnet.
dpa in Yahoo Schlagzeilen, 20.3.2000
http://de.news.yahoo.com/000320/3/nbrq.html
21.3.2000 Der Schweizer Bundesrat Joseph Deiss hat in der
Jahreskonferenz der UN-Menschenrechtskommission in Genf die
Gräuel im Tschetschenienkrieg angeprangert. Die
Verantwortlichen für die schweren Menschenrechtsverletzungen
sollten bestraft werden.
AP, 21.3.2000
21.3.2000 Die OSZE will ihre Mission in Tschetschenien auf die
Grenzregion zu Georgien ausdehnen, um tschetschenische
Flüchtlinge in dieser Gegend zu versorgen, es sind bereits
OSZE- Beobachter an der Grenze stationiert, weil Russland
Georgien immer wieder vorgeworfen hat, es würde die
tschetschenischen Kämpfer unterstützen, die Lage ist
deshalb angespannt.
AP, 21.3.2000
22.3.2000 Bundesaußenminister Fischer hat die russische
Regierung am 22.3. vor der UN-Menschenrechtskommission
aufgefordert, die Kämpfe in Tschetschenien sofort
einzustellen. ‚Die vielfach bezeugte Brutalität gegen
die Zivilbevölkerung ist unvereinbar mit internationalen und
europäischen Normen der Humanität‘, so
Fischer.
dpa-Bericht in Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche
Zeitung , Frankfurter Rundschau 23.3.2000
22.3.2000 Mit scharfen Worten hat US-Außenministerin
Albright in Genf die Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien
kritisiert.
dpa, 23.3.2000
26.3.2000 Bundeskanzler Schröder sagt gestern,
Deutschland sei sehr zufrieden mit dem Ausgang der Wahlen in
Russland, erwarte jetzt aber eine Lösung des
Tschetschenienkonfliktes, auch Jaques Chirac, Tony Blair und
Massimo D’Alema gratulierten Putin, forderten gleichzeitig
aber eine Lösung der Tschetschenienfrage ein.
Financial Times Deutschland, 27.3.2000
29.3.2000 Die UN-Kommission für Menschenrechte und die
parlamentarische Versammlung des Europarats müssen die
notwendigen Schritte unternehmen, um eine internationale
Untersuchung der Tötungen, Folterungen, Vergewaltigungen,
Misshandlungen und der Verfolgung der Zivilbevölkerung in
Tschetschenien zu veranlassen, sagt Amnesty International.
Amnesty International, News Release, EUR 46/23/00, 29.3.2000
30.3.2000 Bundeskanzler Gerhard Schröder forderte ein
schnelles Ende des Tschetschenienkrieges. Bei seiner Rede vor dem
georgischen Parlament in Tiflis hat Schröder seine
‚tiefe Sorge‘ über die
Menschenrechtsverletzungen in der Kaukasus-Republik
ausgedrückt.
dpa, AFP, AP, REUTERS-Berichte in Süddeutsche Zeitung,
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau,
31.3.2000
April
1.4.2000 Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Mary Robinson
berichtet, die tschetschenischen Zivilisten würden
übereinstimmend von Menschenrechtsverletzungen durch
russische Soldaten berichten. "Ich war wirklich entsetzt
über die Tiefe ihres Leidens, Schmerzes, ihres Grolls und
ihrer Frustration, der ich im Lager hier in Inguschetien
begegnete", sagte sie. Robinson rief zu einer Untersuchung der
russischen Gräueltaten auf, nachdem sie die Zeugenaussagen
der tschetschenischen Zivilisten im Lager gehört hatte. Sie
warnte auch vor der Verschlechterung der sanitären
Verhältnisse im Lager, weil der Sommer naht.
AFP und Le Monde in Refugees Daily, 3.4.2000
http://www.unhcr.ch/refworld/cgi-bin/new...try.pl?country=chechnya&country2=chechen
April 2000 Der Rat der Evangelischen Kirchen gibt eine
Erklärung zum Krieg in Tschetschenien ab. Er appelliert an
die russische Regierung, auf die Stimmen der Soldatenmütter,
Menschenrechtsgruppen und Journalisten zu hören. Der
kriegerische Konflikt soll mit politischen Mitteln beendet werden
und eine internationale Beobachtermission soll Zugang zu
Tschetschenien bekommen. Einen Appell richtet die EKD auch an die
Bundesregierung und an die russisch-orthodoxe Kirche, alle sollen
sich für Frieden in Tschetschenien einsetzen.
Erklärung des Rates der EKD zum Krieg in Tschetschenien, in
‚Menschenrechte Aktuell‘ Nr. 14, April 2000
3.4.2000 Der Europarat wirft Moskau Folter und Misshandlungen
vor. Dem Europarat liegen nach eigenen Angaben Beweise für
die Misshandlung von Insassen des tschetschenischen Straflagers
Tschernokosowo vor. Häftlinge seien zwischen Dezember 1999
und Februar diesen Jahres regelmäßig mit
Fußtritten und Schlagstöcken gequält
worden.
Reuters, AP, AFP-Berichte in Frankfurter Allgemeine Zeitung,
Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau, 4.4.2000
4.4.2000 Die Vereinigten Staaten sagen, mit der Tötung so
vieler Zivilisten in seinem Kampf gegen "separatistische
Rebellen" in Tschetschenien sei Russland in die alte
Sowjet-Gewohnheit zurückgefallen, ein ganzes Volk zum Feind
zu erklären. Aber trotz der Zerstörung von 400.000
Häusern und der Vertreibung von 200.000 Menschen, haben die
Vereinigten Staaten keine Missbilligungs-Resolution gegen
Russland beim jährlichen Treffen des UNHCR in Genf
eingebracht. Sie kritisieren jedoch Serbien und China.
Reuters in Refugees Daily, 5.4.2000
http://www.unhcr.ch/refworld/cgi-bin/new...try.pl?country=chechnya&country2=chechen
4.4.2000 Die in Paris ansässige internationale
Föderation für Menschenrechte hat Russland in einem
neuen Report der Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt.
Der erste Teil des Berichts beschäftigt sich mit den
Lebensbedingungen der 200.000 tschetschenischen Flüchtlinge
in Inguschetien und weiterer 100.000 in Tschetschenien und weist
darauf hin, dass sie an der Grenze zur humanitären
Katastrophe stehen.
Liberation in Refugees Daily, 4.4.2000
http://www.unhcr.ch/refworld/cgi-bin/new...try.pl?country=chechnya&country2=chechen
5.4.2000 Human Rights Watch ruft die Vereinten Nationen auf,
den Gedanken zu verwerfen, eine russische Untersuchung der
Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien sei ein Ersatz
für eine internationale Untersuchung unter Aufsicht der
Vereinten Nationen.
Human Rights Watch, 5.4.2000
http://www.hrw.org/press/2000/04/chech0405.htm
5.4.2000 Der Europarat verabschiedet eine Resolution zu
Tschetschenien. Darin heißt es, der Europarat fordere
nachdrücklich, dass internationale Experten des Europarates,
der UN und der OSZE den Menschenrechtsbeauftragten der russischen
Regierung, Kalamanow, unterstützen. Desweiteren empfiehlt
der Europarat, dass die Duma einen Untersuchungsausschuß zu
den Menschenrechtsverletzungen bildet. Der Europarat fordert die
Duma auf, eine Erklärung darüber abzugeben, dass das
Budget zur physischen Wiederherstellung, psychischen Heilung und
kulturellen Rehabilitation Tschetscheniens entscheidend
aufgestockt wird. Ein sofortiger Waffenstillstand wird gefordert,
gekoppelt mit einem politischen Dialog zwischen Moskau und den
Repräsentanten Tschetscheniens, die, welche Tschetschenien
verlassen wollen, sollen dies in Sicherheit tun dürfen, von
erzwungenen Ansiedlungen in Tschetschenien soll abgesehen werden,
die fundamentalen Rechte der Tschetschenen sollen respektiert
werden und den Hilfsorganisationen soll freier Zugang
gewährt werden.
Conflict in Chechnya, Committee on the Honouring of Obligations
and Commitments by Member States of the Council of Europe,
5.4.2000
(www.stars.coe.fr/doc00)
5.4.2000 Der Internationale Währungsfond will Russland
trotz aller Kritik weiter unterstützen. Wörtlich sagte
IWF-Vize Stanley Fischer: "Es gibt jetzt eine Chance zum
Neuanfang". Russland will dieses Jahr 1.5 Milliarden US-US-Dollar
an neuen Krediten vom IWF.
Handelsblatt, 6.4.2000
6.4.2000 Wegen anhaltender Menschenrechtsverletzungen in
Tschetschenien hat die parlamentarische Versammlung des
Europarates den russischen Abgeordneten am 6.4.2000 das
Stimmrecht entzogen und ein sofortiges Ausschlussverfahren gegen
Russland gefordert. Das Ministerkomitee der EU solle ein solches
Verfahren einleiten. Javier Solana kündigte zudem an, mit
Putin und Iwanow über den Krieg im Kaukasus zu
sprechen.
dpa, AFP, 7.4.2000
7.4.2000 Die EU hat beschlossen, keine weiteren Sanktionen
gegen Russland wegen der Kriegführung in Tschetschenien zu
verhängen. Die grundsätzliche Kritik der EU am Vorgehen
Russlands bleibe jedoch unverändert, so Javier Solana.
dpa, 8.4.2000
9.4.2000 Trotz des Tschetschenienkrieges will die EU Russland
offensichtlich nicht isolieren, so lassen sich die Aussagen beim
Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg interpretieren,
der Druck, was die Menschenrechtsverletzungen anbelangt, solle
zwar aufrecht erhalten werden, aber ausgrenzen wolle man Russland
deshalb doch nicht.
Vwd, 10.4.2000
11.4.2000 Amnesty International und Human Rights Watch geben
in einer gemeinsamen Erklärung bekannt, sie seien fest davon
überzeugt, nur eine von den Vereinten Nationen einberufene
internationale Untersuchungs-Kommission werde die notwendigen
Quellen und die Garantie für einen gründlichen,
unabhängigen und transparenten Prozess systematischen
Sammelns von Beweismaterial liefern. Sie könne auch den
wichtigen Prozess nationaler Ermittlungen und Strafverfolgungen
begünstigen.
Amnesty International, News Release, EUR 46/26/00, 11. April
2000.
Human Rights Watch, 11.4.2000
(http://www.hrw.org/campaigns/geneva/item4-oral.htm)
11.4.2000 UNHCR-Hochkommissarin Sagato Ogata erklärte,
viele der Flüchtlinge aus Tschetschenien hätten von
Gewaltakten, Vergewaltigungen, Missbrauch und Verhaftungen
berichtet - sowohl von seiten des russischen Militärs als
auch von tschetschenischen Kampfeinheiten. Öffentliche
Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen in der Region
würden helfen, die Flüchtlinge davon zu
überzeugen, dass eine Rückkehr sicher ist.
AFP in Refugees Daily, 12.4.2000
http://www.unhcr.ch/refworld/cgi-bin/new...try.pl?country=chechnya&country2=chechen
12.4.2000 Eine Delegation der EU wird voraussichtlich in den
nächsten Tagen nach Tschetschenien reisen. Die Zustimmung
des russischen Präsidenten stehe allerdings noch aus, so
Solana.
AP, 13.4.2000
14.4.2000 Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" hat
die OSZE aufgefordert, in Tschetschenien dauerhaft Beobachter zu
stationieren. Nur eine unabhängige Beobachtermission
könne den Schutz der Bevölkerung gewährleisten.
Die Hälfte der medizinischen Einrichtungen in Tschetschenien
verfüge derzeit nicht über Strom und fließendes
Wasser, die sanitäre Lage sei äußerst heikel.
Nach Angaben der "Ärzte ohne Grenzen" gab es schon
Typhus-Fälle.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.4.2000
16.4.2000 Der britische Rechtsanwalt Gareth Pierce teilte mit,
dass eine tschetschenische Krankenschwester beim
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage gegen
Russland wegen und Folter und Mordes eingereicht habe. Sasita
Chasujewa wurde nach eigenen Angaben von russischen Soldaten
verschleppt und sexuell missbraucht. Chaujewa habe gesehen, wie
Soldaten einige Patienten in Grosny getötet
hätten.
AFP-Bericht in BBC auf der homepage: www.bbc.co.uk,
17.4.2000
18.4.2000 In einem Interview mit der französischen
Zeitung Le Monde erklärt Außenminister Fischer, er
befände sich in einer merkwürdigen Situation: In Moskau
gelte er als Hardliner in Sachen Tschetschenien, in Deutschland
hingegen werfe man ihm vor, Russland zu verteidigen.
Wörtlich sagt er: "Wir haben ein Interesse an
Stabilität im Kaukasus. Es geht nicht nur um Menschenrechte.
Wir haben die Sorge, dass die Politik Moskaus zu einer
Destabilisierung der ganzen Region und auch Russlands selbst
führt."
Le Monde, 18.4.2000
April 2000 Human Rights Watch fordert die Regierung der
russischen Föderation auf, internationales humanitäres
Recht zu befolgen. Alle russischen Truppen sollten die
Verletzungen internationalen humanitären Rechts einstellen,
darunter Massenexekutionen, Vergewaltigungen, Pünderungen
und die vorsätzliche Zerstörung zivilen Eigentums, und
sie sollten darauf hingewiesen werden, dass solche Verletzungen
des Rechts untersucht und die Verantwortlichen dafür zur
Rechenschaft gezogen werden. Alle Truppen sollten dazu angehalten
werden, den willkürlichen und unangemessenen Einsatz von
Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung zu beenden; die
Regierung sollte alle notwendigen Schritte unternehmen, die
Zivilbevölkerung zu schützen. Ferner sollte die
Regierung die sofortige Untersuchung der von russischen Soldaten
begangenen Gräueltaten in Tschetschenien, inklusive
Alkhan-Jurt, einleiten und die Schuldigen strafrechtlich
verfolgen. Weitere Forderungen sind: freier Zugang für die
OSZE, Menschenrechts- und Hilfsorganisationen sowie die Medien;
dazu zählen der Einsatz einer internationalen
Untersuchungskommission; die Kooperationen mit den Vereinten
Nationen bezüglich der Untersuchung angezeigter Verletzungen
internationalen humanitären Rechts im Zusammenhang mit dem
Konflikt in Tschetschenien; die Zulassung von Besuchen diverser
UN-Berichterstatter; die Annahme internationaler humanitärer
Hilfe für interne Flüchtlinge in Tschetschenien und in
den benachbarten Provinzen; die Garantie eines sicheren und
ungehinderten Zugangs für die Lieferung und Verteilung
humanitärer Hilfsgüter in Tschetschenien und in den
benachbarten Provinzen; der ungehinderte Zugang lokaler und
ausländischer Journalisten sowie nationaler und
internationaler Organisationen, die über den Konflikt in
Tschetschenien berichten.
Human Rights Watch. Russia/ Chechnya. "No Happiness Remains".
Civilian Killings, Pillage, and Rape in Alkhan-Jurt, Chechnya.
Vol. 12, No. 5 (D) - April 2000. (http://www.hrw.org)
21.4.2000 Human Rights Watch bezeichnet die Versprechungen der
russischen Regierung, eine Untersuchungskommission für die
Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien einzurichten, als
nicht glaubhaft. Man könne so eine Kommission nicht als
Ersatz für ernsthafte internationale Anstrengungen in diesem
Bereich betrachten. "Russlands Versprechungen sind nur ein
Schattenspiel", sagte die UN-Beauftragte für Human Rights
Watch, Joanna Weschler. "Sie haben bisher keine ernsthaften
Schritte unternommen, die Gräueltaten in Tschetschenien zu
untersuchen, und die Erfahrungen aus dem Tschetschenien-Krieg von
1994 bis 1996 lassen vermuten, dass sie das auch niemals tun
werden. Wenn die Russen davon sprechen, die Anschuldigungen
bezüglich der Gräueltaten genauer zu betrachten, dann
versuchen sie, die internationale Gemeinschaft von ihrer
Verantwortung abzulenken. Dies ist die letzte Chance der
internationalen Gemeinschaft, Russland dazu aufzurufen,
Rechenschaft für seine Taten abzulegen."
21.4.2000, Human Rights Watch auf
http://www.hrw.org/press/2000/04/chech0421.htm
25.4.2000 Die UN-Menschenrechtskommission hat in einer
Resolution die russischen Menschenrechtsverletzungen in
Tschetschenien verurteilt. Damit stellte sie zum ersten Mal ein
ständiges Mitglied des Weltsicherheitsrats an den Pranger.
Die UN fordert in ihrer Resolution die vollkommene
Aufklärung der Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien
durch eine unabhängige Untersuchungskommission. Moskau hat
mit scharfen Protesten auf Kritik der UN-Menschenrechtskommission
in Genf an Verstößen gegen die Menschenrechte in
Tschetschenien reagiert. Bei ihrer Jahressitzung in Genf
verabschiedeten die Delegierten mit 25 gegen sieben Stimmen, bei
19 Enthaltungen diese Resolution.
Reuters, Human Rights Watch, 25.4.2000
http://www.hrw.org/press/2000/04/chech0425b.htm
die Tageszeitung TAZ, Neue Züricher Zeitung,
Süddeutsche Zeitung , Frankfurter Rundschau, Frankfurter
Allgemeine Zeitung 27.4.2000 Göttinger Tageblatt,
29.4.2000
25.4.2000 Joanna Weschler, die UN-Beauftragte für Human
Rights Watch, äußert sich zur UN-Resolution zu
Tschetschenien. Die Resolution hätte direkter beschreiben
sollen, wer die Gräueltaten in Tschetschenien verübt
hat und um welche Arten von Missbrauch es sich dabei genau
gehandelt hat. Human Rights Watch hätte eine energischere
Untersuchung begrüßt, mit einer internationalen
Beteiligung statt mit einer russisch-nationalen
Untersuchungskommission.
Human Rights Watch, 25.4.2000
http://www.hrw.org/press/2000/04/chech0425a.htm
Mai
4.5.2000 Die OSZE wird einen rund 80 km breiten Grenzabschnitt
zwischen Georgien und Tschetschenien beobachten. Die Russen haben
den Verdacht, dass über diesen Grenzabschnitt Waffen nach
Tschetschenien transportiert werden. Der Kommandant der Mission
appelliert für eine Aufstockung des Personals, die Zeit
drängt nämlich, weil Moskau es von der
Effektivität der OSZE-Mission abhängig macht, ob es
einer Verlängerung des im September auslaufenden Mandats
zustimmt.
Der Standard, 5.5.2000
8.5.2000 Der Bundesnachrichtendienst kommt in einer internen
Analyse der Lage in Tschetschenien zu dem Schluss, dass der
Konflikt im Nordkaukausus nicht militärisch zu lösen
sei. Die von Moskau eingesetzten Truppen, die vor sieben Monaten
in die Kaukasus-Republik einmarschiert waren, seien nicht in der
Lage, den Widerstand nationalistischer und radikal islamischer
Kämpfer zu brechen. Sie litten unter mangelnder
militärischer Professionalität und häufiger
vorkommenden Disziplinverstößen. Übergriffe gegen
die Zivilbevölkerung, die als Menschenrechtsverletzungen
eingestuft werden, würden zunehmend registriert. "Die Zeit",
so der BND, "arbeitet gegen die Russen".
Berliner Zeitung, Frankfurter Rundschau, 9.5.2000
10.5.2000 Der niederländische Außenminister Jozias
van Aartsen soll beim Ministerkomitee des Europarates in
Straßburg darauf dringen, dass Russland wegen andauernder
Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien aus dieser
Staatenorganisation ausgeschlossen wird. Das Parlament in Den
Haag hat den Minister dazu mehrheitlich beauftragt.
dpa, afp-Berichte in Handelsblatt, 11.5.2000
10.5.2000 Die Außenminister des Europarats teilten mit,
Russland habe geeignete Maßnahmen eingeleitet, um auf die
Kritik der Parlamentarischen Versammlung zu reagieren. Im April
hatte der Europarat gedroht, mit der Aussetzung der russischen
Mitgliedschaft zu reagieren, sollte der Krieg in Tschetschenien
im Mai nicht beendet sein. Noch in diesem Monat sollen drei
Menschenrechtsexperten des Europarates ihre Tätigkeit in
Tschetschenien aufnehmen.
Reuters, dpa-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 11.5.2000
21.5.2000 Mufti Achmed-Hadschi Kadyrow, einer der
einflussreichsten Männer in Tschetschenien hofft auf
Präsident Putin. Kadryrow war als einziger Tschetschene zur
Inauguration Putins in den Kreml eingeladen worden. Er ist davon
überzeugt, dass Putin den Krieg schnell beenden will.
Kadyrow appelliert an den tschetschenischen Präsidenten
Maschadow: "Legen Sie Ihr Amt und die Waffen nieder und reisen
Sie zu Ihrer Familie aus, die doch schon längst im Ausland
ist."
Berliner Zeitung, 22.5.2000
23.5.2000 In seiner Eröffnungsrede des
fünftägigen Kongresses des internationalen
Pen-Verbandes, forderte der Schriftsteller Günter Grass in
Moskau ein Ende des Tschetschenien-Krieges und verlangte eine
Untersuchungskommission der Vereinten Nationen. "Wir begegnen
einander in einem Land, in dem die Großmacht Russland gegen
das kleine Volk der Tschetschenen Krieg führt, ohne
Einsehen, ohne Erbarmen." Grass zog Parallelen zum
türkischen Völkermord an den Armeniern im Ersten
Weltkrieg, er sagte, egal, ob George Orwell, Primo Levi, Imre
Kertesz, Alexander Solschenizyn, Thomas Mann oder Pablo Neruda,
"zu allen Zeiten waren es Schriftsteller, die Zeugnis abgelegt
haben - auch wenn sie meistens in den Wind gesprochen haben."
Günter Grass legte besonderen Wert auf die Wahrung der
Presse- und Meinungsfreiheit in Russland. Er sei gerade wegen des
Krieges und der Wiederkehr der Zensurversuche nach Russland
gekommen "Die russischen Schriftsteller brauchen die
Solidarität ihrer Kollegen."
Florian Hassel in der Südwest Presse, 23.5.2000
24.5.2000 Heute hat der Generalsekretär des Europarates,
Walter Schwimmer, Russland aufgefordert, den Krieg in
Tschetschenien zu beenden und einen politischen Dialog zu
beginnen.
Council of Europe in www.reliefweb.int, 24.5.2000
28.5.2000 Ungeachtet ihrer Kritik am russischen Vorgehen in
Tschetschenien ist die EU nach Romano Prodi an starken und
freundschaftlichen Beziehungen zu Moskau interessiert.
AP, 29.5.2000
28.5.2000 Der 67. Internationale PEN-Kongress, der am
Wochenende in Moskau zu Ende ging, hat das Blutvergießen in
Tschetschenien scharf verurteilt.
Die Presse, 29.5.2000
29.5.2000 Russland will die Europäische Union nach den
Worten des außen- und sicherheitspolitischen
EU-Beauftragten Javier Solana in die Regelung des
Tschetschenien-Krieges einbeziehen. Russland sei bereit,
humanitäre Hilfe der EU anzunehmen und offen über den
Krieg im Kaukasus zu sprechen.
AFP, 30.5.2000
Juni
1.6.2000 Der außenpolitische Repräsentant der EU,
Solana, forderte Russland dazu auf, internationalen
Organisationen ungehindert in Tschetschenien ihre Arbeit tun zu
lassen. Putin kündigte an, er werde "größere
Transparenz" in Tschetschenien zulassen.
AP-Bericht in Yahoo News auf der homepage: www.yahoo.com,
1.6.2000
1.6.2000 Bundeskanzler Schröder und US-Präsident
Clinton haben ihren Willen zu einer Zusammenarbeit mit der neuen
russischen Führung bekräftigt.
dpa-Bericht in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2.6.2000
4.6.2000 Im Europarat drohen sich die Meinungsunterschiede in
der Frage der Behandlung Russlands zu einem ernsthaften Konflikt
zwischen der Parlamentarischen Versammlung und dem
Ministerkomitee auszuweiten. Russland hatte den Europäern
Mitte Mai versprochen, sofort drei Menschenrechtsbeobachter nach
Tschetschenien einreisen zu lassen. Diese sitzen aber immer noch
auf gepackten Koffern, weil die als Vorbedingung für den
Einsatz von Moskau ebenfalls versprochenen Sicherheitsgarantien
ausblieben. Schließlich hat sich auch die amerikanische
Regierung in die Politik des Europarates eingemischt, in dem sie
versuchte, deutlich zu machen, dass ein Ausschlussverfahren gegen
Russland niemandem diene.
Neue Züricher Zeitung, 4.6.2000
6.6.2000 Die russische Organisation der "Soldatenmütter"
ist in Berlin von der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem
Menschenrechtspreis der Stiftung ausgezeichnet worden. Der seit
1994 jährlich vergebene Preis ist mit 20.000 DM
dotiert.
epd, Süddeutsche Zeitung, 7.6.2000
14.6.2000 Einen Tag vor dem Besuch des russischen
Staatspräsidenten Wladimir Putin in Deutschland dokumentiert
der ai-Jahresbericht schwere Menschenrechtsverletzungen in
Russland und Tschetschenien. "Wir fordern die deutschen Politiker
auf, in den Gesprächen mit Putin die unbefriedigende
Menschenrechtslage unmissverständlich zur Sprache zu
bringen", mahnte die ai-Generalsekretärin.
ai-Pressemitteilung, 14.6.2000
14.6.2000 Präsident Putin absolviert seinen ersten
Staatsbesuch in Deutschland. Bundeskanzler Schröder sagte
auf einer gemeinsamen Pressekonferenz, beide wünschten sich
einen neuen guten Start der bilateralen Beziehungen. Es ging bei
den Gesprächen vor allem um die Wirtschaftsbeziehungen
zwischen den beiden Staaten. Deutschland ist Russlands
größter Geldgeber und wünscht sich vermehrt
deutsche Investitionen.
BBC, 15.6.2000
15.6.2000 Der US-Senat hat das Vorgehen Russlands in
Tschetschenien verurteilt. Der Senat verabschiedete einen Zusatz
zu einem Vorschlag des Verteidigungsministeriums, in dem Russland
zu einer friedlichen Beilegung des Krieges aufgefordert wird. In
diesem Zusatz heißt es, die russischen Kräfte,
hätten den Tod Tausender unschuldiger Zivilisten verursacht
und seien verantwortlich für die Flucht von über
250.000 Menschen. Im Namen der Truppen sei es zu schweren und
häufigen Verbrechen wie Massenexekutionen, Folter und
Vergewaltigung gekommen. Der Krieg in Tschetschenien steigere den
Hass zwischen den Völkern, konterkariere den Aufbau der
Demokratie in Russland und sei eine Gefahr für die gesamte
Region.
US Department of State, homepage: www.usinfo.state.go,
15.6.2000
26.6.2000 Vor einer neuen Europarat-Debatte über
Tschetschenien hat Italiens Außenminister Dini Russland
Fortschritte bei einer Lösung des Kaukasus-Konfliktes
bescheinigt. Dini hat im Moment den Vorsitz des Ministerrates des
Europarates inne. Er sagte: "Faktisch gibt es in Tschetschenien
eine Waffenruhe, auch wenn sie nicht offiziell verkündet
wurde."
dpa-Bericht in Süddeutsche Zeitung, 26.6.2000
29.6.2000 Die Frankfurter Rundschau hat die drei russischen
Schriftsteller Andrej Bitow, Viktor Jerofejew und Jewgenij Popow
zu einem Gespräch eingeladen. Alle drei bestätigten,
dass die russischen Schriftsteller zur Frage des
Tschetschenienkrieges gespalten seien. Es gebe trotz der scharfen
Verurteilung des Tschetschenienkrieges durch den russischen PEN
eine große Gruppe an Schriftstellern und Intellektuellen,
die den Krieg unterstützen.
Frankfurter Rundschau, 29.6.2000
29.6.2000 Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat
wieder eine Sonderdebatte über die mögliche
Suspendierung Russlands aus dem Europarat abgehalten und hat
Russland erneut für sein Vorgehen im Kaukasus scharf
kritisiert. Trotzdem hat die Versammlung sich nicht für
einen Ausschluss entschieden, sondern dafür, ein Komitee zur
Überwachung der Menschenrechtslage im Kriegsgebiet zu
gründen.
BBC, 29.6.2000
29.6.2000 Trotz Kritik am Krieg in Tschetschenien hat die
parlamentarische Versammlung des Europarats ein Ende der
Sanktionen gegen Russland in Aussicht gestellt. Die Abgeordneten
sprachen sich gestern dafür aus, "nach weiteren
Verbesserungen der Menschenrechtslage" den 18 Volksvertretern aus
Moskau das im April entzogene Stimmrecht
zurückzugeben.
dpa-Bericht in die tageszeitung TAZ 30.6.2000
Juli
3.7.2000 Nach Ansicht von Außenminister Joschka Fischer
sollten die Konfliktparteien in Tschetschenien einen
Stabilitätspakt schließen, um den Krieg zu beenden.
Vorbild könnte der Stabilitätspakt für
Südosteuropa sein, sagte Fischer auf einer Expertenkonferenz
in Berlin.
Tagesschau, 4.7.2000
19.7.2000 Der Präsident der Parlamentarischen Versammlung
des Europarats, Lord Russell-Johnston, schreibt einen Bericht
über das Verhältnis zwischen Europarat und Russland in
Bezug auf die russische Tschetschenienpolitik. Er fasst zusammen:
"Heute werden die Einhaltungen jener Verpflichtungen (die einem
Mitglied des Europarats obliegen) und auch unser Vertrauen auf
die Probe gestellt. Ich glaube immer noch, dass Russland in der
Lage ist, seinen Verpflichtungen als Mitgliedstaat nachzukommen,
auch unter den schwierigen Umständen des
Tschetschenienkrieges. Dennoch muss es sein Verhalten
unverzüglich zum Positiven ändern. Die Versammlung hat
alles für die Aufnahme Russlands in den Europarat getan, und
sie ist bereit, alles dafür zu tun, dass es Mitglied des
Europarats bleibt: alles, außer über die unverhohlene
und fortwährende Missachtung der Werte und Prinzipien
unserer Organisationen hinwegzusehen. Die Entscheidung liegt bei
Russland."
Lord Russell-Johnston in Frankfurter Allgemeine Zeitung,
19.7.2000
August
1.8.2000 Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat am
Dienstag nicht zu Berichten Stellung genommen, wonach
Tschetschenien eine Klage gegen Russland wegen Völkermords
eingereicht habe. Der Gerichtshof, der zur Beilegung von
Streitfragen zwischen Staaten gegründet worden ist, sei
"wegen der völkermordartigen Militäraktion und der
humanitären Katastrophe" zu einer Eil-Sitzung aufgerufen
worden, so der Außenminister Tschetscheniens
Achmedow.
dpa-Bericht in Yahoo News auf der homepage: www.yahoo.com,
1.8.2000
September
12.9.2000 "Die Perspektive für Tschetschenien ist
schlecht", so ein Mitarbeiter von Medecins sans
Frontiéres, der kürzlich von einer Reise in die
Kaukasusregion zurückgekehrt ist. "Bombardierungen und
Landminen töten und verwunden immer noch hunderte von
Menschen jeden Monat." MSF hat in Inguschetien und Tschetschenien
Medikamente verteilt und die medizinische Versorgung der
Bevölkerung und der Zivilisten begutachtet.
MSF Pressemitteilung in www.reliefweb.int, 13.9.2000
17.9.2000 Die UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge
drückte ihre große Sorge über die Nachrichten
über Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien aus. Sie
sagte, sie sei bereit dazu, diese Vorwürfe mit der
russischen Führung zu diskutieren
AP-Berich tin YahooNews aufder hompage: www.yahoo.com,
18.9.2000
21.9.2000 Am 21.9. gab es in der russischen Duma eine
Anhörung zu Tschetschenien. Der Generalsekretär des
Europartaes, Walter Schwimmer,der sich gerade zu einem Besuch in
Tschetschenien und Russland aufgehalten hatte, sagte, Russland
unternehme Schritte in die richtige Richtung, um den Krieg in
Tschetschenien zu beenden.
Institute for War and Peace Reporting, 22.9.2000
22.9.2000 Der tschetschenische Präsident
Maschadow warnte, seine Guerillas wären bereit, den Russen
wenn nötig noch zehn Jahre lang Widerstand zu leisten.
Maschadow rief die Moskauer Führung wieder zu
Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen auf. Machadow forderte
den Rückzug der russischen Truppen aus Tschetschenien, damit
in seinem Land Frieden einkehren könne. "Wir wollen nur
eins: internationale Garantien für die Sicherheit unseres
Volkes", so Maschadow.
dpa, Reuters-Berichte in Yahoo News auf der homepage:
www.yahoo.com 23.9.2000
25.9.2000 Walter Schwimmer sagte nach dem von ihm geleiteten
Besuch einer Delegation des Europarates in Tschetschenien, er
gehe davon aus, dass noch etwa 18.000 Zivilisten in
Tschetschenien vermisst würden. Wladimir Kalamanow, ein
russischer Repräsentant in Tschetschenien widersprach dieser
Zahl, es seien möglicherweise 18.000 Menschen umgekommen
aber nur 379 stünden als vermisst auf den russischen Listen.
Schwimmer erklärte nicht, wie er auf die Zahl 18.000
kam.
AFP-Bericht in BBC und Yahoo News, www.bbc.co.uk, www.yahoo.com,
26.9.2000
28.9.2000 Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat
erneut scharf die von Russland in Tschetschenien begangenen
Menschenrechtsverletzungen kritisiert. Zugleich setzt sie auf den
Dialog mit der Duma und will den russischen Abgeordneten das im
April entzogenen Stimmrecht im nächsten Jahr wieder
zuerkennen. Weiterhin würden in der nach Autonomie
strebenden Republik von den russischen Truppen Dörfer ohne
Rücksicht auf das Leben der Zivilbevölkerung
beschossen, Erpressungen und Schikanierung der Bewohner an den
vielen Kontrollstellen innerhalb Tschetscheniens sind die Regel,
es finden auch immer noch willkürliche Verhaftungen
verbunden mit Folter und Misshandlungen statt, so der
Europarat.
Neue Züricher Zeitung, 2.10.2000
Oktober
24.10.2000 Das "Danish Support Committee for Chechnya"
schreibt an den dänischen Premierminister Rasmussen einen
Offenen Brief, indem dieser aufgefordert wird, auf dem
EU-Russland-Gipfel am 30./31. 10. deutlich zu Tschetschenien
Stellung zu nehmen und zu sagen, dass in Tschetschenien ein
Völkermord verübt wird. Das Komitee appelliert an
Rasmussen, Tschetschenien nicht zu vergessen.
Offener Brief auf der homepage: www.ichkeria.org,
26.10.2000
30.10.2000 Der russische Präsident Putin stattet
Frankreich seinen ersten Besuch ab. In Paris tagt ein
EU-Russland-Gipfel und anschließend kommt es zu
bilateralten Verhandlungen zwischen Paris und Moskau. Zu
Tschetschenien sagte Chirac auf einer Pressekonferenz: "Ich habe
mit Präsident Putin darüber gesprochen, dass
unweigerlich eine politische Lösung für den Krieg in
Tschetschenien gefunden werden muss. Wir lehnen den
religiösen Extremismus und Terrorismus auch ab, die
Menschenrechte müssen jedoch in jedem Fall gewahrt
werden."
Russischer Nachrichtenservice: lenta nowostej, www.info.rambler.ru,
30.10.2000
31.10.2000 Die EU hat große wirtschaftliche Interessen
an Russland. Sie möchte von der OPEC unabhängiger
werden und wird umfangreiche Öl- und Gaslieferungen aus
Russland erhalten - im Austausch gegen Milliardeninvestitionen in
die marode russische Ölwirtschaft. Die Proteste gegen das
russische Vorgehen im Kaukausus am Rande des Gipfels
beeinflussten das Tauwetter in Paris nicht.
Der Kurier, Reuters, AP-Bericht in Yahoo News, The Moscow Times,
Mannheimer Morgen, 31.10.2000.