Bozen, Göttingen, 28. September 2004
Der Völkermord im Westen des Sudan wird
nach Recherchen der Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) offensichtlich auch mit Waffen aus deutscher
Lizenzproduktion begangen. Darauf deuten nach Angaben der
internationalen Menschenrechtsorganisation Indizien hin. Die GfbV
teilte am Dienstag in Göttingen mit, ihr läge eine
detaillierte Liste über die Ausgabe von Gewehren an
Janjaweed- Milizionäre vor. Die Namen von 134
Milizionären und zugeordnet jeweils die Seriennummer des G
3-Schnellfeuergewehrs, das sie von der sudanesischen Armee
erhalten haben, seien darin aufgeführt. 295 Milizionäre
seien mit Kalaschnikows ausgerüstet worden, deren
Seriennummern ebenfalls in der Liste notiert seien. Das G3-
Schnellfeuergewehr wurde von der Firma Heckler & Koch in
Oberndorf (Baden-Württemberg) entwickelt. Bisher streiten es
die sudanesischen Behörden kategorisch ab, die Janjaweed
systematisch bewaffnet zu haben. Die Liste wurde einem
dreiköpfigen GfbV-Untersuchungsteam an der Grenze zum Sudan
zugespielt.
Nach Erkenntnissen der GfbV wurden die an die Milizionäre im
Sudan verteilten Waffen im Iran in deutscher Lizenzproduktion
gefertigt. Sie gehörten zu den 50.000 G 3-Gewehren, die im
Dezember 1991 aus dem Iran vertragswidrig in den Sudan geliefert
worden sind. Der Iran hatte sich 1967 bei der Vergabe der Lizenz
durch die deutsche Bundesregierung verpflichtet, die in Lizenz
produzierten Waffen nicht an Drittstaaten weiterzugeben.
Die deutsche Bundesregierung habe dem Völkermord mit
deutschen Waffen im Sudan Vorschub geleistet, weil dieser
Waffendeal bereits seit zwölf Jahren bekannt sei, sie jedoch
nichts unternommen habe, kritisierte die GfbV. Über den
Rüstungsexport des Iran in den Sudan hatte die weltweit
führende wehrtechnische Zeitschrift Jane´s Defence
Weekly im Mai 1992 berichtet. Auch Entwicklungshelfer und
Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen hätten in
den 90er Jahren während des Völkermordes im
Südsudan durch die sudanesische Armee über den Einsatz
von G 3-Gewehren informiert.
Zwischen 1961 und 1981 haben deutsche Bundesregierungen Lizenzen
zur Herstellung von G 3-Gewehren an 15 Staaten verkauft. Persien
unterzeichnete 1967 beim Erwerb der Lizenz eine
Endverbleibsverpflichtung gemäß § 17 Absatz 2 der
Außenwirtschaftsverordnung. Bei Verstößen kann
die Ausfuhrgenehmigung nachträglich aufgehoben werden. Der
Iran stellt auch heute noch G 3- Schnellfeuergewehre in der
Waffenfabrik her, die von der bundeseigenen deutschen Fritz
Werner-Industrie-Ausrüstungen errichtet wurde.
Das sudanesische Regime lässt planmäßig die
schwarzafrikanische Bevölkerung in Darfur von mordend und
brandschatzend durchs Land ziehenden arabischen Reitermilizen
vertreiben. Die Milizen werden von der sudanesischen Armee und
der Luftwaffe unterstützt, die Dörfer bombardiert,
bevor sie überfallen und ausgeplündert werden. Diesem
Völkermord fielen nach GfbV-Schätzungen bereits
Zehntausende zum Opfer.
Hintergrundpapier zu den G3-Gewehren
im Sudan sowie die Namensliste der Milizionäre, die ein
G3-Gewehr erhalten haben [PDF, 130 KB].