Bozen, Göttingen, 9. Juni 2005
Auf drei assyrisch-aramäische Rückkehrer ist am
vergangenen Montag im Tur Abdin, im Südosten der
Türkei, ein Bombenanschlag verübt worden. Verletzt
wurde niemand. Der Generalsekretär der Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen, Tilman Zülch,
verurteilte das Attentat am Donnerstag als "feigen Anschlag nicht
nur gegen die gesamte Religionsgemeinschaft der christlichen
Assyro-Aramäer in der Türkei, sondern auch gegen die
Initiative der Regierung unter Recep Tayyip Erdogan, die
Rückkehr der Assyro-Aramäer aus ihrem
westeuropäischen Exil in den Tur Abdin zu dulden und zu
unterstützen".
Die drei Christen - ein syrisch-orthodoxer Priester, ein
Geschäftsmann aus Deutschland und der Bürgermeister von
Harabale - waren mit ihrem Fahrzeug von Harabale (türkisch
Ücköy) nach Kafro (türkisch Elbegendi) unterwegs,
als direkt vor ihnen eine ferngezündete Bombe explodierte.
Sie konnten sich unverletzt aus dem Wagen befreien. Nachdem von
1984 an fast alle assyrisch-aramäischen Christen im Laufe
des türkisch-kurdischen Krieges aus dem Tur Abdin vertrieben
worden waren oder fliehen mussten, hatten sie in den vergangenen
beiden Jahren wieder Hoffnung auf Rückkehr geschöpft.
Die Situation im Südosten der Türkei hat sich im Zuge
der Reformen verbessert. Im Juni 2001 hatte der damalige
Ministerpräsident Bülent Ecevit rückkehrwillige
christliche Assyrer-Aramäer in einem Rundschreiben dazu
eingeladen, wieder in ihre Heimat zu ziehen. Mitte der 80er Jahre
lebten noch rund 65.000 assyrisch-aramäische Christen im Tur
Abdin.
In dem Dorf Kafro (türkisch Elbegendi) stehen bereits 17
neue Häuser. Sie sind fast bezugsfertig. Rund 70 Personen
aller Altergruppen aus verschiedenen europäischen Staaten
wollen dort am 1. September 2005 einziehen, wenn die
zuständigen Behörden die Installation der notwendigen
Infrastruktur wie Wasser, Strom und Kanalisation nicht weiter
hinauszögert. In den im Jahr 2003 vom Militär
freigegebenen Dörfern Sederi, Harabemishka, Badibe, Arbo und
Ehwo laufen an einzelnen Häusern bereits
Renovierungsarbeiten, etliche Familien planen eine Rückkehr.
Auch in dem Ort Sare (türkisch Sariköy) wurde mit Bau-
und Sanierungsarbeiten begonnen, nachdem das Militär den Ort
im September 2004 zwangsgeräumt hatte. Dort waren Kurden -
so genannte Dorfschützer mit ihren Familien - angesiedelt
worden, die die Kämpfer der radikalen kurdischen
Arbeiterpartei PKK von strategisch wichtigen Punkten fernhalten
sollten.
Die Türkei sollte alles unternehmen, um den Christen die
Rückkehr zu erleichtern, sagte Zülch, "denn sie werden
westeuropäisches Know-how in den Südosten der
Türkei mitbringen. Mit der Rückkehr sind auch
Investitionen verbunden, die zur Schaffung von
Arbeitsplätzen und damit zum Aufbau dieser Region
beitragen."