Bozen, Göttingen, Berlin, 13. Oktober 2004
Als "aggressiven Beitrag zur Bedrohung des Friedens im Nahen
Osten und im Mittelmeerraum" hat die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) die Zustimmung der Grünen zur
geplanten Lieferung von wohl 350 deutschen Leopard-Panzern
für die Armee der Türkei bezeichnet. "Die Grünen,
gemäß ihrem Anspruch Friedensbewegte und lange Jahre
Fürsprecher bedrohter Völker wie der Kurden, werden
jetzt zu Waffenlieferanten einer aggressiven Armee", kritisierte
der GfbV- Generalsekretär Tilman Zülch. Er erinnerte
daran, dass nach wie vor 2.000 türkische Soldaten auf
irakischem Territorium stationiert seien und die heute wohl
liberalste und toleranteste Region im Nahen Osten bedrohten: das
irakische Kurdistan. Dort genieße die turkmenische
Minderheit weitreichende Rechte und die kurdische
Regionalregierung unterhalte für sie 15 Grund- und
Oberschulen sowie ein College in türkischer Sprache. Die
Kurden in der Türkei jedoch könnten es selbst in der
türkisch-kurdischen Hauptstadt Diyarbakir (1,2 Millionen
Einwohner) bis heute nicht wagen, auch nur kurdische Werbe-
Aufschriften anzubringen.
Noch immer halte die türkische Armee mit 300 Kampfpanzern
und rund 35.000 Soldaten 36 Prozent der Fläche des
EU-Staates Zypern besetzt, sagte Zülch. 1974 seien durch die
türkische Invasion nicht nur 180.000 christliche Zyprioten (
80 % der Bevölkerung Nordzyperns) vertrieben worden. Die
unerbittliche Militarisierung des Alltags habe darüber
hinaus auch noch die Hälfte der türkisch-zyprischen
Bevölkerung aus dem Lande gedrängt, so dass zwei
türkische Zyprioten jetzt jeweils von einem türkischen
Soldaten "geschützt" werden.
Außerdem wüssten die Grünen ganz genau, dass die
türkische Armee den Wiederaufbau von über 3.400 von ihr
selbst zerstörten kurdischen Dörfern und damit die
Rückkehr von 2,4 Millionen kurdischen Flüchtlingen im
eigenen Land verhindere, meinte Zülch. Ebenso sei den
Grünen durchaus bekannt, dass noch immer 3.500
überwiegend junge Kurden wegen angeblich separatistischer
Betätigung in türkischen Gefängnissen
säßen. Zülch forderte die Grünen dringend
dazu auf, der deutschen Öffentlichkeit zu erklären,
warum sie diese Armee mit 350 Panzern weiter hochrüsten
wollen.