Türkei
Fünf Argumente gegen den EU-Beitritt
Bozen, Göttingen, 15. Dezember 2004
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)
appelliert an die Regierungen der EU-Länder, der Türkei
nur dann Weg für Beitrittsverhandlungen zu öffnen, wenn
sie die Rückkehr von 2,4 Millionen kurdischen Vertriebenen
in die Wege leitet, ein Wiederaufbauprogramm für die 3400
zerstörten kurdischen Dörfer beginnt und eine Amnestie
für die 3.500 kurdischen politischen Gefangenen
erlässt. Außerdem müssen die christlichen
Minderheiten des Landes offiziell als gleichberechtigte
religiöse Körperschaften anerkannt, die aus Nordzypern
vertriebenen 180.000 Zyprioten zurückkehren dürfen,
fordert die Menschenrechtsorganisation. Zudem darf die
Türkei die benachbarte kurdische Region des Iraks nicht
länger militärisch bedrohen.
- 1. 2,4 Millionen kurdische Vertriebene, 3.400
zerstörte Dörfer
2,4 Millionen Kurden wurden zwischen 1980 und 1999 von der
türkischen Armee aus ihren mehr als 3.400 zerstörten
Dörfern vertrieben. Bis heute werden sie in ihrer
großen Mehrheit an der Rückkehr gehindert. Laut
UN-Angaben ist das die höchste Zahl von Binnenvertriebenen
auf dem Boden der Mitgliedsstaaten des Europarates. 80% der
Vertriebenen sind arbeitslos, 50% leben bis heute in
Notunterkünften, 82 % haben Gesundheitsschäden, 78%
sind unzureichend ernährt und nur 5% sind krankenversichert.
40% haben keinen Zugang zu reinem Trinkwasser. 42% der
Vertriebenen sind Analphabeten, ein Viertel der Kinder geht nicht
in die Schule.
- 2. 3.500 politische Gefangene
Nach wie vor sitzen 3.500 kurdische politische Gefangene aus der
Zeit des türkisch-kurdischen Bürgerkriegs in
Haftanstalten. Während die für schwere
Menschenrechtsverletzungen verantwortlichen türkischen
Generäle straffrei ausgingen, wurden Kurden zu Hunderten von
Staatssicherheitsgerichten wegen "Separatismus" und/oder
angeblichem Terrorismus verurteilt. Die 15 Millionen kurdischen
Bürger der Türkei warten bisher vergeblich auf eine
Amnestie für diese politischen Gefangenen.
- 3. Besetzung Zyperns
Bis heute verweigert die Türkei 180.000
griechisch-orthodoxen, aber auch maronitischen und armenischen
Zyprioten die Rückkehr in das von 30.000 türkischen
Soldaten und 300 türkischen Panzern besetzte Nordzypern.
1974 hatte die türkische Armee 36% des Inselterritoriums
besetzt und 80% der dort ansässigen Bevölkerung
vertrieben. Auch die Hälfte der türkisch-zypriotischen
Bevölkerung hat Nordzypern inzwischen verlassen. Sie wurden
durch etwa 100.000 türkische Anatolier ersetzt. Forderung
nach der Rückkehr der Vertriebenen, der Rückgabe des
Eigentums und dem Abzug der türkischen Truppen wurden bisher
nicht erfüllt.
- 4. Diskriminierung der christlichen Minderheit
Bis heute sind christliche und andere religiöse
Gemeinschaften in der Türkei nicht gleichberechtigt.
Christlichen Kirchen wird weiter der öffentlich-rechtliche
Status vorenthalten. Kirchliches konfisziertes Eigentum wurde nur
in Ausnahmefällen zurückgegeben.
- 5. Permanente Bedrohung des autonomen irakischen
Kurdistans
Kontinuierlich bedrohen Regierung, Opposition und Armee den
benachbarten irakischen Bundesstaat Kurdistan mit dem Einmarsch
türkischer Truppen. Die Türkei trägt so
ständig zur Destabilisierung des Nachbarlandes und damit der
ganzen nahöstlichen Region bei.