Bozen, Göttingen, 6. Oktober 2005
Mit der Entsendung von mehr Soldaten allein ist Afghanistan
nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) nicht geholfen. "Das Mandat der Friedenstruppe muss
erweitert und ein klarer Zeitplan zur Befriedung Afghanistans
vorgelegt werden", forderte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius
am Donnerstag in Göttingen, nachdem
NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer am Morgen in
Kabul die Entsendung von 10.000 zusätzlichen NATO-Soldaten
angekündigt hatte.
Die Willkürherrschaft der Warlords, die für
Afghanistan heute ein größeres Sicherheitsproblem
darstellen als die Taliban, dürfe nicht länger von
internationalen Friedenstruppen gestärkt werden, sagte
Delius. Vier Jahre nach Beginn der US-Intervention sei
Afghanistan noch weit von der damals versprochenen
Stabilität, Frieden und Demokratie entfernt. Am 7. Oktober
2001 hatten die US-amerikanischen und die britischen
Streitkräfte Luftangriffe auf Stellungen der Taliban in
Afghanistan aufgenommen, die beschuldigt wurden, das El
Kaida-Terrornetzwerk aktiv unterstützt zu haben. Die
Bombardements beschleunigten den Sturz der Taliban, die sich am
13. November 2001 vor den heranrückenden Truppen der
oppositionellen Nord-Allianz aus der Hauptstadt
zurückzogen.
Statt planlos immer mehr Soldaten nach Afghanistan zu senden,
müsse jetzt kritisch Bilanz gezogen werden. "Nur allein
Präsenz in Afghanistan zu zeigen, löst keines der
großen Sicherheitsprobleme des Landes", warnte Delius. Die
jüngste Stärkung der lokalen Kriegsfürsten in den
Parlamentswahlen sei alarmierend. Die Friedenstruppen
dürften das Erstarken der Warlords nicht länger
ignorieren, sondern müssten gemeinsam über Konzepte
beraten, wie der Einfluss der lokalen Kriegsfürsten
eingeschränkt und staatliche Autorität für die
Regierung in Kabul im ganzen Land hergestellt werden
könne.