Bozen, Göttingen, Berlin, 14. März 2006
Nach dem Verbot von zwei türkischen Demonstrationen in
Berlin im Zusammenhang mit dem Völkermord an den Armeniern
und assyrisch- aramäischen Christen 1915 bis 1918 in der
Türkei hat die Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) am Mittwoch ein generelles Verbot von Demonstrationen zur
Verherrlichung von gegenwärtigen oder vergangenen Verbrechen
gegen die Menschlichkeit - wie Völkermord und Vertreibung -
gefordert.
"Es darf in Deutschland nicht möglich sein, die
Öffentlichkeit dazu aufzurufen, Völkermord zu leugnen
oder sogar gutzuheißen, und Kriegsverbrecher für ihre
ungeheuerlichen Taten zu ehren", erklärte der
GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch. Genau dies sei
jedoch das Ziel der beiden nun endlich verbotenen Demonstrationen
in Berlin gewesen. Deren Veranstalter wollten fordern, dass die
Türkei nicht mehr des Völkermordes an den Armeniern
bezichtigt wird. Außerdem sollte für einen der
Hauptverantwortlichen für diesen Genozid, den 1921 in Berlin
von einem Überlebenden getötete
türkisch-osmanische Politiker Talat Pascha, ein Kranz
niedergelegt werden.
Während des Ersten Weltkrieges sind bis zu 1,5 Millionen
Armenier in der Türkei einem Völkermord zum Opfer
gefallen. Die Christen starben bei Massakern, an Hunger und
Seuchen. Sie wurden ertränkt oder lebendig in Häusern,
Kirchen und Höhlen verbrannt. Mit ihnen wurden rund 500.000
assyrisch-aramäische Christen ermordet. Außerdem
wurden Zehntausende Pontosgriechen Opfer von Massenmord und
Deportation. Das schreckliche Schicksal der Ermordeten vor Augen
legte der jüdisch- amerikanische Rechtsanwalt Rafael Lemkin
dem Völkerbund 1934 eine internationale Konvention gegen
Genozid vor und berief sich dabei auf den Völkermord an den
Armeniern. Dieser Vorschlag wird erst 1948 durch Verabschiedung
der UN-Konvention zur Verhütung Bestrafung des
Völkermordes Wirklichkeit.