Bozen, Göttingen, 7. Juli 2006
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat sich
am Freitag entschieden gegen einen EU-Beitritt der Türkei
ausgesprochen, nachdem in den vergangenen Tagen fünf
kurdische Dörfer im nordirakischen Bundesstaat Kurdistan von
türkischer Artillerie beschossen worden waren. Bereits Ende
Mai hatte die türkische Armee dort zwei Dörfer der
christlichen Assyro-Chaldäer angegriffen. "Wer seinen
friedlichen Nachbarn militärisch angreift, hat im Kreis
demokratischer Staaten nichts zu suchen", erklärte der
GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch und warf der
Türkei vor, den Aufschwung in Irakisch-Kurdistan torpedieren
zu wollen. Bedrohlich überfliegen täglich
türkische Kampfflugzeuge die Grenzregion zum Irak.
Die kurdischen Ortschaften Barch, Sinad, Dihone, Qesrok und
Tacha Schtat rund 30 Kilometer nördlich der Stadt Zakho in
der Provinz Dohuk wurden einem Bericht der irakischen
Nachrichtenagentur "Die Stimmen des Irak" zufolge am vergangenen
Sonntagvormittag beschossen. In Barch seien sieben
Artilleriegeschosse eingeschlagen, schilderte ein Augenzeugen den
Angriff. Einige Wochen zuvor waren die beiden christlichen
Dörfer Dore und Kani Masi Ziel der türkischen
Artillerie. Personen kamen nicht zu Schaden.
"Das Bombardement hat die Dorfbewohner in Angst und Schrecken
versetzt", sagte Zülch. Besonders entsetzt seien die vielen
assyro- chaldäischen Flüchtlinge aus dem mittleren und
südlichen Irak, die in Dore und Kani Masi, aber auch in
anderen christlichen Dörfern der Region Zuflucht gesucht
hätten. Vor dem Terror der islamischen Extremisten ergreifen
zurzeit Tausende von christlichen Familien die Flucht. Die
kurdische Regierung im Nordirak hat ihnen Schutz angeboten.
Anfang Juni hatte sich eine GfbV-Delegation in der
nordirakischen Kurdenregion von der friedlichen Entwicklung und
dem wirtschaftlichen Aufschwung überzeugt.
Arbeitskräfte aus Türkisch-Kurdistan, dem arabischen
Irak sowie christliche Flüchtlinge strömten in
großer Zahl nach Irakisch-Kurdistan, berichtete die GfbV.
Dort boomt die Bauwirtschaft, viele Firmen, aber auch
Universitäten werden neu gegründet, für
Hinterbliebene der Kriegstoten und Angehörige der
Genozidopfer sowie neuerdings auch für die
assyro-chaldäischen Flüchtlinge werden Sozialbauten
errichtet. Der Aufschwung ist auch in der Landwirtschaft zu
spüren, es gibt außerdem zahlreiche
Wiederaufforstungsprogramme.