Bozen, Göttingen, Hamburg, 25. Mai 2007
Anlässlich der ASEM-Außenministerkonferenz
(Asia-Europe Meeting) am Pfingstmontag in Hamburg hat die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) der ASEM
Versagen in der Burma-Frage vorgeworfen. "Die von der EU gegen
Burma verhängten Sanktionen bleiben wirkungslos, wenn
ASEAN-Staaten und China gleichzeitig mit immer neuen
Wirtschaftsverträgen die Kriegskasse der Militärjunta
füllen", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am
Freitag. Die EU-Außenminister müssten ihre asiatischen
Amtskollegen jetzt bei dem ASEM-Gipfel zu einem konsequenten
Vorgehen gegen das burmesische Regime drängen, damit der
seit Frühjahr 2006 andauernden neuen Welle von
Zwangsumsiedlungen, Vertreibungen und brutalem Terror gegen
ethnische Minderheiten endlich Einhalt geboten werde.
Insbesondere müsse sich die ASEM dafür einsetzen, dass
alle 500.000 Vertriebenen und Flüchtlinge in Burma
ungestört von Hilfsorganisationen versorgt werden
könnten. Übergriffe der Armee auf humanitäre
Helfer hätten die Versorgungslage in den vergangenen Monaten
dramatisch verschlechtert. Bei dem
ASEM-Außenminister-Treffen in Hamburg werden 43 Länder
Asiens und Europas vertreten sein.
In Burma wurden nach Angaben der GfbV seit 1996 mehr als 3.000
Dörfer ethnischer Minderheiten zerstört oder
zwangsumgesiedelt. "Allein 50.000 Angehörige des Volkes der
Chin mussten vor dem Terror der Armee im vergangenen Jahr ins
Ausland flüchten", berichtete Delius. Noch höher sei
die Zahl der Flüchtlinge unter den Volksgruppen der Karen
und Shan. Im ersten Halbjahr 2006 seien 28.800 Karen zwangsweise
umgesiedelt und 7.700 Bauernhöfe dieser Minderheit
zerstört worden. Vergewaltigungen, Folter, Plünderungen
und Zwangsarbeit gehörten zum Alltag vieler Minderheiten in
dem Vielvölkerstaat. So seien von Menschenrechtlern allein
im Gebiet der Karen 959 Vergewaltigungen registriert worden. In
91 Arbeitslagern würden unzählige Angehörige der
Nationalitäten sowie Dissidenten festgehalten. In den
Gefängnissen seien mehr als 1.100 Oppositionelle aus
politischen Gründen inhaftiert. In der vergangenen Woche
seien weitere 62 Oppositionelle festgenommen worden. Christliche
Minderheiten, wie die Karen, beklagten systematische Verfolgung.
Auch Muslime, wie die Rohingya, würden in ihrer
Glaubensfreiheit eingeschränkt.
Trotz dieser schweren Menschenrechtsverletzungen habe Thailand
am 16 Mai das Büro des UN-Hochkommissariats für
Flüchtlinge (UNHCR) geschlossen, weil Flüchtlingen aus
Burma keine Zuflucht gewährt werden soll, kritisierte
Delius. "Thailändische Solidaritätserklärungen mit
der seit 17 Jahren in Burma inhaftierten
Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi sind nur
Lippenbekenntnisse, wenn Opfern dieser Diktatur kein Schutz
gewährt wird.
Sowohl Thailand als auch China investieren in Burma, um sich den
Zugriff auf Rohstoffe und Energiereserven zu sichern. Für
den Bau von vier Staudämmen durch chinesische und
thailändische Unternehmen würden entlang des
Salween-Flusses Hunderttausende Angehörige der ethnischen
Gemeinschaften der Shan und Karen zwangsumgesiedelt. 300.000 Shan
seien bereits für den Tasang-Staudamm vertrieben worden.
Weitere 500.000 Mon, Karen und Shan seien von den Folgen des
Großprojekts unmittelbar betroffen, denn durch diesen
größten in Südostasien geplanten Damm werden
mehrere hundert Quadratkilometer Ackerland geflutet werden. Es
sei zu befürchten, sagte Delius, dass wie zuvor auch bei
anderen Großprojekten zahlreiche Angehörige der
Nationalitäten als Zwangsarbeiter beim Bau verpflichtet
werden.
China habe in diesem Frühjahr sein Engagement in der
Öl- und Erdgasindustrie Burmas verstärkt. Im April sei
der Bau einer Öl- und Erdgas-Pipeline vom burmesischen
Tiefwasserhafen Sittwe nach Kumming in China angekündigt
worden.