Bozen, Göttingen, 7. April 2008
Die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) hat am Montag eine Änderung der
Olympischen Charta gefordert, damit Sportler ihren Protest gegen
Menschenrechtsverletzungen in China während der Olympischen
Spiele in Peking ungestraft ausdrücken können. "Das
Internationale Olympische Komitee darf seine eigenen Fehler jetzt
nicht dadurch kaschieren, dass die Meinungsfreiheit der Athleten
massiv eingeschränkt wird", erklärte der
GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. "Wer bei der Vergabe der
Olympiade keine Menschenrechts-Standards berücksichtigt,
darf Sportlern, die ihre Besorgnis über
Menschenrechtsverletzungen äußern wollen, keinen
Maulkorb verpassen und sogar mit Ausschluss von den
Wettkämpfen drohen."
Das IOC hatte am Sonntag zum Auftakt einer einwöchigen
Sitzung in Peking nochmals die Auswahl der chinesischen
Hauptstadt als Austragungsort für die Olympischen Spiele
2008 bekräftigt. Zugleich hatten Sport-Funktionäre
betont, dass schon das Tragen eines Arm- oder Stirnbandes als
Verstoß gegen Regel 51 der Olympischen Charta gewertet und
Sanktionen nach sich ziehen werde.
"Es ist weltfremd und grenzt an Zynismus, wenn das IOC Reporte
über die Luftqualität in Peking in Auftrag gibt, die
katastrophale Menschenrechtlage jedoch monatelang ignoriert",
erklärte Delius. "Nicht nur die schlechte Luft raubt
Menschen die Möglichkeit zum Atmen, sondern auch die
anhaltende Repression." Dabei helfe es wenig, dass
IOC-Präsident Jacques Rogge jetzt plötzlich sein Herz
für die Tibeter entdecke und seine Besorgnis über die
Lage in der Heimat des Dalai Lama äußere. "So eine
Reaktion hätten wir von Rogge schon vor vier Wochen zu
Beginn der blutigen Niederschlagung der Proteste in Tibet
erwartet, als chinesische Militärkonvois in Lhasa
einfuhren."
Im Vorfeld der Olympiade habe China seine Verfolgung nicht nur
in Tibet, sondern auch im benachbarten Xinjiang (Ostturkestan)
verstärkt und Hunderte von Falun-Gong-Anhängern
verhaftet, kritisierte Delius. "Wenn der Chef der
IOC-Koordinierungskommission Hein Verbruggen den chinesischen
Gastgebern gestern eine "goldmedaillenreife Leistung"
bescheinigte, dann ist dies auch ein Schlag ins Gesicht für
mehrere tausend Zwangsumgesiedelte in Peking, deren Wohnungen dem
Bau von Sportanlagen zum Opfer gefallen sind."