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Bozen, Göttingen, 7. April 2009
"Im Dritten Reich galten wir Juden als Untermenschen. Die
Zigeuner werden noch heute als Untermenschen zwar nicht offen
bezeichnet, aber empfunden und behandelt."
Ernst Tugendhat, Philosoph und Beiratsmitglied
der GfbV.
Eine Roma-Familie in Volos, Griechenland. Foto: Mozes Heinschink.
Anlässlich des Weltromatages (8. April) eingeführt
mit dem ersten Internationalen Kongress der Sinti und Roma 1971
in London, beklagt die Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV), dass die zehn bis zwölf Millionen Roma in Europa in
ihrer übergroßen Mehrheit bis heute in bitterer Armut
leben müssen. "Die Zahl der Angehörigen dieser "Nation"
ist höher als die der jeweiligen Gesamtbevölkerung in
14 EU-Staaten, und doch entspricht ihre Situation der Lage der
unterdrückten und diskriminierten Afroamerikaner in den USA
in den 60-er Jahren", sagte der GfbV-Vorstandsvorsitzende Tilman
Zülch am Dienstag in Göttingen. Eigentlich
bräuchten die Roma einen Martin Luther King und dann einen
Barack Obama aus ihren eigenen Reihen.
Die Kindersterblichkeit sei in dieser Volksgruppe doppelt so hoch
wie bei der Mehrheitsbevölkerung, und ihre Lebenserwartung
liege zehn bis 15 Jahre unter dem Durchschnitt der (jeweiligen)
nationalen Gesellschaften. Vielfach würden die Kinder der
Roma von Anfang an in separaten Schulen untergebracht oder gleich
in Sonderschulen eingewiesen. Viele ihrer oft illegalen
Siedlungen vor allem in Osteuropa seien ohne fließend
Wasser, Kanalisation, Strom und Gas.
Es gäbe kaum ein Land, in dem sich Roma, Sinti, Gitanos,
Gypsies, Tinker oder Jenische und andere nicht unterdrückt
oder diskriminiert fühlten. Teilweise würden
Angehörige ihrer Volksgruppen Opfer schwerer
Menschenrechtsverletzungen. So seien in Tschechien seit den 60-er
Jahren bis heute verschiedenen Schätzungen zufolge bis zu
tausend Roma-Frauen ohne ihre Zustimmung zwangssterilisiert
worden. Menschenrechts- und Romainitiativen, unter ihnen die
Frauengruppe "Vzajemne Souziti", hätten bisher vergeblich
für die Anerkennung dieser Verbrechen, für eine
offizielle Entschuldigung und finanzielle Wiedergutmachung
gekämpft.
In Mazedonien werde 2000 Roma aus dem Kosovo bis heute der
Flüchtlingsstatus vorenthalten. Der jugoslawische
Nachfolgestaat Slowenien verweigere etwa 4000 ex-jugoslawischen
Roma die Einbürgerung. Bis zu einer halben Million Roma
werde in Rumänien die Registrierung als Staatsbürger
verwehrt. In Italien habe die Regierung Berlusconi gemeinsam mit
großen Teilen der Medien eine Anti-Roma-Hetzkampagne
geführt und diese benachteiligte Minderheit pauschal der
Kriminalität bezichtigt. Die Befragung von 36.000 Roma in
Serbien habe ergeben, dass die Hälfte von ihnen nicht
über Identitätspapiere verfüge, keinen Zugang zu
staatlichen Hilfen habe und in nicht staatlich genehmigten
Siedlungen lebe.
"Besonders beklemmend erscheint uns die Gleichgültigkeit der
Europäer gegenüber dem Schicksal dieser rassisch
verfolgten europäischen Minderheit", kritisierte Zülch.
Der Menschenrechtler erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass
Sinti und Roma bis zu 500.000 Holocaustopfer zu beklagen
hätten. Dass daraus eine besondere Verantwortung für
die Überlebenden erwachse, werde meist vergessen. So sei den
rund 120.000 Roma, die von albanischen Extremisten nach der
Nato-Intervention 1999 aus dem Kosovo gejagt wurden, niemand zu
Hilfe geeilt. 75 ihrer Dörfer gingen in Flammen auf. Die
GfbV appelliert an Deutschland, auch als Konsequenz des
Holocaust, den 30.000 Roma-Flüchtlingen aus dem Kosovo in
unserem Land einen langfristigen Aufenthalt zu gewähren.
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2009/090206de.html |
www.gfbv.it/2c-stampa/2008/080408de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2007/070927de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060407de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050427de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050201de.html
| www.gfbv.it/3dossier/sinti-rom/rom-ita-de.html
| www.gfbv.it/3dossier/sinti-rom/thrakien.html
| www.gfbv.it/3dossier/sinti-rom/20041026-de.html
| www.gfbv.it/3dossier/sinti-rom/rom.html
| www.gfbv.it/3dossier/rom-dt.html
| www.gfbv.it/3dossier/errc-dt.html
| www.gfbv.it/3dossier/linkgfbv.html#rom
in www: www.unionromani.org | www.errc.org |
www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+MOTION+B6-2005-0273+0+DOC+XML+V0//DE
| www.eumap.org