Logo


In: Home > News > In Sri Lanka droht humanitäre Katastrophe

Sprachen: DEU | ITA


EU-Außenministerrat tagt in Luxemburg (26.-27.10.)

In Sri Lanka droht humanitäre Katastrophe: Europa darf zu Internierungslagern nicht länger schweigen

Bozen, Göttingen, Luxemburg, 25. Oktober 2009

Tamilische Flüchtlinge in Sri Lanka. Foto: Allen Tyler. Tamilische Flüchtlinge in Sri Lanka. Foto: Allen Tyler.

Um eine drohende humanitäre Katastrophe abzuwenden, soll der EU-Außenministerrat bei seiner Sitzung am kommenden Montag in Luxemburg die Internierungslager im Norden Sri Lankas nachdrücklich verurteilen und die sofortige Freilassung der dort seit Juli 2009 festgehaltenen 264.000 tamilischen Zivilisten fordern. Das hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Sonntag in einem dringenden Appell an die EU-Außenminister gefordert. "Europa darf nicht länger wegschauen, sondern muss handeln, denn in wenigen Tagen setzt der Nordost-Monsun ein und dann wird das Leben der Internierten auf Sri Lanka zur Hölle", warnte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius.

"Es ist skandalös, dass eine Viertelmillion Tamilen allein aufgrund ihrer ethnischen Abstammung seit vier Monaten hinter Stacheldraht gehalten werden und sich nicht frei bewegen können", kritisierte der Menschenrechtler. Wer versuche, aus den Lagern zu fliehen, werde erschossen. Es verstoße gegen international anerkannte Normen des humanitären Völkerrechts, wie Sri Lankas Behörden willkürlich tamilische Zivilisten unter unmenschlichen Bedingungen festhielten.

In den Lagern seien viermal so viele Menschen untergebracht wie ursprünglich vorgesehen. In einem Camp stünden für 70.000 Menschen nur 200 Toiletten zur Verfügung. Es fehle an Essen, Wasser, Medikamenten und angemessener medizinischer Betreuung. Statt der von Hilfsorganisationen empfohlenen 35 Liter Wasser, die pro Tag pro Person zur Verfügung stehen sollten, bekämen auch größere Familien nur insgesamt 20 Liter für mehrere Tage zugeteilt. "Es ist das Schlimmste, was ich in meinem Leben bislang gesehen habe" beschrieb UN-Generalsekretär Ban Ki-moon kürzlich nach einem Besuch in einem Camp seine Eindrücke.

Massiv kritisierte die GfbV, dass die Arbeit von Hilfsorganisationen in den Camps behindert wird. Selbst vor dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) zeige Sri Lanka keinerlei Respekt und diffamiere die traditionell für ihre Neutralität bekannte Organisation. Das IKRK hatte es gewagt, auf dem Höhepunkt der Militäroffensive der Armee im Mai 2009 auf die hohe Zahl ziviler Opfer aufmerksam zu machen. Seither musste das IKRK auf Anordnung der Behörden mehrere Büros schließen. Außerdem wurde IKRK-Mitarbeitern der Zugang zu internierten mutmaßlichen Unterstützern der Untergrundbewegung "Tamil Tigers of Tamil Eelam" verweigert.

"Die Behörden Sri Lankas betreiben ein unwürdiges Spiel mit den Internierten", sagte Delius. Angesichts wachsenden internationalen Druckes kündige die Regierung in Colombo zwar ständig Freilassungen an, halte sich jedoch nicht daran. So habe Colombo im Juli versprochen, bis November 80 Prozent der Internierten freizulassen. Tatsächlich seien jedoch nur weniger als zehn Prozent der in die Lager verschleppten Dorfbewohner freigekommen. So verspiele die Regierung auch das Vertrauen der Tamilen in ein friedliches Zusammenleben mit der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit in Sri Lanka.