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Indien: Freispruch für mutmaßliche Vergewaltiger einer Nonne

Keine Gerechtigkeit für Christen, die in Indien Opfer eines Pogroms wurden

Bozen, Göttingen, 13. Mai 2011

Adivasifamilie im Flüchtlingslager (Foto: Dr. James Albert, GfbV). Adivasifamilie im Flüchtlingslager (Foto: Dr. James Albert, GfbV).

Empörung hat unter Indiens Christen der Freispruch von zwei mutmaßlichen Vergewaltigern einer Nonne ausgelöst, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Freitag in Göttingen. Die zwei Mitarbeiter der radikal-hinduistischen Bharatiya Janata Partei (BJP) wurden am 9. Mai 2011 vom Obersten Gericht des Bundesstaates Orissa aus Mangel an Beweisen vom Vorwurf der Vergewaltigung der Nonne Meena Barwa bei einem Pogrom extremistischer Hindu gegen Christen im August 2008 freigesprochen. Die Gewalttat gegen die Ordensschwester hatte weit über die Landesgrenzen Indiens hinaus Empörung ausgelöst.

"Der skandalöse Freispruch schürt ernste Zweifel an der Unabhängigkeit und Zuverlässigkeit der Justiz Indiens", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Denn inzwischen sind bereits 17 der 22 Tatverdächtigen, gegen die in diesem Strafverfahren ermittelt wird, wegen mangels an Beweisen freigesprochen worden. "Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Frauen in Indien und für Alle, die sich für Gerechtigkeit einsetzen. Wenn Indien seinen Ruf als größte Demokratie Asiens wahren will, darf es Opfern der Gewalt hinduistischer Extremisten nicht die Gerechtigkeit verweigern."

Der Freispruch gegen die mutmaßlichen Vergewaltiger ist kein Einzelfall. Fast drei Jahre nach dem Pogrom radikaler Hindu im Bezirk Kandhamal (Bundesstaat Orissa) im Osten Indiens ist erst ein Tatverdächtiger in zwanzig Mordfällen auch tatsächlich von der Justiz verurteilt worden. Christliche Adivasi-Ureinwohner hatten nach dem Pogrom trotz massiver Einschüchterung durch Polizei und Behörden Anzeigen wegen Übergriffen radikaler Hindu in 3.232 Fällen eingereicht. Die meisten angezeigten Straftaten waren Brandschatzungen, Plünderungen, aber auch Körperverletzungen, Vergewaltigungen und Mord. Nur 1.541 der Anzeigen wurden von den Polizeibehörden angenommen und bearbeitet. In 327 Fällen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet und abgeschlossen, 169 Strafverfahren gegen radikale Hindu endeten wegen mangels an Beweisen mit Freisprüchen für die Angeklagten. Nur in 86 Fällen wurden Tatverdächtige verurteilt, meist jedoch wegen minder schweren Delikten und nicht wegen den Ihnen zur Last gelegten Verbrechen.

Bei dem Pogrom im August 2008 waren 6.000 Häuser von christlichen Adivasi-Ureinwohnern in 400 Dörfern niedergebrannt worden. Auch 296 Kirchen waren von radikalen Hindu zerstört worden.