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Indien kündigt Gründung eines neuen Bundesstaates an

Minderheiten fürchten Gewalt und Menschenrechtsverletzungen

Bozen, Göttingen, 11. Dezember 2009

Adivasifamilie im Flüchtlingslager (Foto: Dr. James Albert, GfbV). Adivasifamilie im Flüchtlingslager (Foto: Dr. James Albert, GfbV).

Minderheiten in Indien drohen neue Menschenrechtsverletzungen durch den Bundesstaat Telangana, den die Regierung Indiens in den kommenden Monaten im derzeitigen Bundesstaat Andhra Pradesh gründen will. Dies erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Donnerstag in Göttingen. Vor allem die in dem Bundesstaat lebende muslimische Minderheit fürchtet, dass Hindu-Nationalisten in Telangana die Macht übernehmen könnten und Muslimen wie schon in anderen Regionen des Landes Bürgerrechte verweigern könnten.

"Die Ängste der muslimischen Minderheit vor Übergriffen extremistischer Hindu-Nationalisten sind begründet", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Hindu-Extremisten hatten am 11. Oktober 2008 in dem Dorf Vatoli sechs Muslime bei lebendigem Leibe verbrannt. "Seither herrscht unter Muslimen in der Region ein Klima der Angst."

Auch Adivasi-Ureinwohner reagierten kritisch auf die angekündigte Neugründung, da sie sich von der Maßnahme keine Verbesserung ihrer katastrophalen Lebensverhältnisse versprechen. Denn auch der neue Bundesstaat Telangana will an der geplanten Zerstörung von fast 300 Adivasi-Dörfern für das Polavaram- Staudammprojekt festhalten. Rund 200.000 Ureinwohner sollen für das Großprojekt umgesiedelt werden. Zudem verletzen Bergbau-Firmen massiv die Landrechte der Adivasi. Die Ureinwohner fordern daher die Einrichtung eines eigenen Bundesstaates.

Die Bundesregierung Indiens hatte am 10. Dezember überraschend angekündigt, den Bundesstaat Andhra Pradesh aufzuspalten und dem Druck der Sprach-Minderheit der Telugu nachzugeben, die seit langem die Gründung eigenständigen Bundesstaates Telangana fordert. Die Ankündigung hatte massive Proteste in Andhra Pradesh ausgelöst. Am Tag zuvor war eine Delegation muslimischer Politiker der regierenden Kongress-Partei nach New Delhi gereist, um ihre Parteiführung dafür zu gewinnen, der Aufspaltung Andhra Pradeshs nicht zuzustimmen. Muslime stellen rund 9,2 Prozent der 76 Millionen Bewohner Andhra Pradeshs.

Die Zahl der von der "Nationalen Kommission für Minderheiten" in Indien registrierten Übergriffe auf Muslime hat in den Jahren 2008/2009 im Vergleich zu den Vorjahren drastisch zugenommen. Im Vergleich gegenüber den Jahren 2007/2008 stieg die Zahl dieser Zwischenfälle um fast 50 Prozent an (2007/2008: 1045 Beschwerden; 2008/2009: 1474 Anzeigen).