Amina Mohammed lebt in einem
Flüchtlingslager im Norden des Tschads, nur wenige Kilometer
von der Grenze mit dem Sudan entfernt. Sie lebt in einer
Lehmhütte, das Plastikdach wird nur von einigen Zweigen
gestützt. Aminas Leben hängt von der Internationalen
Hilfe ab, die laut Ärzte ohne Grenzen unzureichend ist. Am
Anfang des Jahres lebte Amina im Darfur im Westsudan. Sie
gehört zum Stamm der Zaghawa. Amina gehörte zu den
wenigen Wohlhabenden: etwas Land, 10 Kühe, einige Ziegen und
viele Schafe. Ein Haus aus Ziegeln. Sie ist 26 Jahre alt,
Muslime.
Vor zwölf Jahren heiratete sie den Händler Haroun Adam
Haggar. Die Ehe wurde von den Familien vereinbart. Dennoch hatten
sie beide sechs Kinder, denen, im Gegensatz zu ihren
gleichaltrigen Freunden, nichts fehlte. Amina war eine
nomadisierende Viehhüterin und so hat sie nie für lange
Zeit am gleichen Ort gelebt. Seit dem letzten Jahr hat sie von
den Teufeln, die auf Pferden kommen und alles zerstören,
sprechen gehört: die Janjaweed. Jaan bedeutet auf Arabisch
Teufel, jawad bedeutet Pferd, also bedeutet Janjaweed "teuflische
Reiter". In Wirklichkeit reiten die Janjaweed sowohl auf Pferden
als auch auf Kamelen. Wo sie vorbeiziehen, bleibt nichts
übrig und sie haben die Gewohnheit jedes Dorf oder jede
Häusergruppe gleich zweimal niederzubrennen. Schlimmer als
Attila.
Die Janjaweed werden von der sudanesischen Regierung bezahlt.
Seit August 2003 haben sie nie aufgehört, Dörfer zu
überfallen, zu töten, zu vergewaltigen, zuerst die
Scheunen und dann die Häuser zu verbrennen. Auf diese Weise
haben sie sich, nach Meinung des UN-Koordinators für den
Sudan Mukesh Kapita, der bei der ONU noch vor seinem irakischen
Kollegen empfangen wird, für die schlimmste humanitäre
Krise der Welt schuldig gemacht. 100.000 Flüchtlinge und
eine Million Obdachlose bilden eine Tragödie, die der in
Ruanda gleichkommt. Den "teuflischen reitern" interessiert es
nicht, ob man ein muslimischer Bruder so wie sie selbst ist, ob
man Animist ist oder einer anderen Religion angehört. Sie
interessiert nur, dass man das eigene Feld verlässt und
damit dies geschieht, lassen sie sich mit Drogen vollaufen,
greifen sogar die muslimisch-religiösen Leader an,
plündern Moscheen und verbrennen Korane. Mit einem Wort, die
Religion hat wenig damit zu tun, es geht hier um Politik.
Die Schuld Aminas ist es, einem Stamm anzugehören, der die
Freiheitsfront für den Darfur (Fld) unterstützt. Die
Fld hat sich in das Befreiungsheer des Sudans (Als) verwandelt,
das dann eine Allianz mit der Bewegung für Gerechtigkeit und
Gleichheit (Mje), die weiter im Norden operiert, geschlossen hat.
Die Union dieser zwei ursprünglich politischen und jetzt
militärischen Kräfte verlangt seit bereits einer
Generation eine bessere Vertretung an der Macht und eine bessere
Verteilung der Bodenschätze. Ob es uns gefällt oder
nicht, so funktioniert die Politik. Aus Sorge um diese
Forderungen hat die sudanesische Regierung die Janjaweed nicht
nur ausgebildet und bewaffnet, sondern ihnen auch Straflosigkeit
garantiert. Die Regierung beschuldigt die Rebellen des
Separatismus, als ob die Grenzen heilig und nicht in Berlin
gezeichnet worden wären. Der Beschuldigung des Separatismus
ist der Vorwand, um eine der größten ethnischen
Säuberungen weltweit zu verüben.
Die Regierungsarmee beschützt die Janjaweed, die die
schmutzige Arbeit leisten, vor Rachakten. Manchmal kommt die
Armee ihnen zuvor: zuerst greift die Luftwaffe die Dörfer
an, dann verharmlosen die Informationsmittel den Vorfall und
versichern der Nationalen und Internationalen Gemeinschaft, dass
die Regierung im Fall von Übergriffen sofort einschreiten
und ihre Pflicht erfüllen wird. Und das tut die Regierung
dann auch mit äußerster Genauigkeit: den
internationalen Beobachtern wird der Zutritt zur Region
verweigert, Hilfsaktionen werden behindert und die Botschaften,
darunter auch die sudanesische Botschaft in Rom, verharmlosen die
Vorfälle als Stammesauseinandersetzungen. Alles scheint
perfekt nach Drehbuch zu laufen. Alles, abgesehen von der
Stellungnahme der USA, die als erste in ihrem Kongress auf die
Tragödie hingewiesen haben und das verbotene Wort
ausgesprochen haben: Genozid! Durch die Entwicklungsagentur
(United States Agency for International Development) haben sie
die sudanesische Regierung verwarnt und auf die 100.000
Zivilisten im Darfur hingewiesen, die in den nächsten 12
Monaten an Hunger oder Krankheiten sterben könnten,
würden humanitäre Hilfsorganisationen nicht sofort
Zugang zur Region bekommen.
Wie uns Stefano Squarcina von Mani Tese und Africa-Berater am
Europäischen Parlament mitteilt, versucht auch Europa eine
Art von "Außenpolitik" durchzuführen. Vorgeschlagen
werden ein Waffenembargo und politischer Druck auf die
sudanesische Regierung. Ein Embargo für eine Regierung, die
50% ihres Haushalts für Waffen ausgibt, ist der richtige Weg
in Richtung Frieden. Verwunderlich ist, dass die Arabische Liga
keinerlei Stellungnahme ausgedrückt hat, obwohl es sich um
einen Genozid auch gegen Muslime handelt, während die
Afrikanische Union etwas unternehmen möchte, aber keine
Mittel dazu hat. Innerhalb der sudanesischen Regierung gibt es
verschiedenartige Meinungen über den Darfur, und dasselbe
gilt auch für die Armee, wobei einige aus der Region
stammende Offiziere zurückgetreten sind.
Es ist äußerst wichtig, dass den humanitären
Hilfsorganisationen sofort Zutritt zur Region verschafft wird,
und dass die jetzigen Meinungsverschiedenheiten innerhalb der
sudanesischen Institutionen ausgenutzt werden, um einen Dialog
einzuleiten. Für Amina und für alle anderen, die
unerwähnt geblieben sind, und die das Unerwähnbahre
ertragen mussten.
Fabio Pipinato, www.unimondo.org. Übersetzung von Sabrina Bussani.
Hintergrundpapier zu den G3-Gewehren im Sudan sowie die Namensliste der Milizionäre, die ein G3-Gewehr erhalten haben [PDF, 130 KB].