Bozen, 21. September 2004
Offener Brief an den Präsidenten des EU-Ausschusses
der Regionen Peter Straub
Zur Kenntnisnahme: An Landeshauptmann Luis Durnwalder, Mitglied
des EU-Ausschusses der Regionen, an SVP-Europaparlamentarier
Michl Ebner, an den Europaparlamentarier der Grünen, Sepp
Kusstatscher.
Sehr geehrter Herr Straub,
Seit dem Frühsommer gibt es das Minderheitenbüro Eblul
nicht mehr. Die EU-Kommission lehnte gleich vier
Finanzierungsanträge ab. Begründet wird dies
vordergründig mit Formfehlern. Offensichtlich aber waren die
mehr oder weniger offenen politischen Interventionen aus
Griechenland und Spanien erfolgreich. Das Lobbying des Eblul
zugunsten der nicht anerkannten Sprachminderheiten in
Griechenland und zur Förderung der baskischen Sprache in der
Region Navarra in Spanien stieß bei nationalkonservativen
Kräften auf Widerstand. Diese setzen durch, die
EU-Kommission ließ die Eblul-Finanzierung auslaufen.
Inzwischen legten die Staatenkomitees ein Sparprojekt vor, das
Eblul in Brüssel soll drastisch verkleinert werden. Für
das kommende Jahr stellten Kommissionsfunktionäre dann
weitere Geldmittel in Aussicht. Bis dahin soll das Eblul
ehrenamtlich funktionieren. Gibt es bei der EU ehrenamtliche
Dienststellen? Das Eblul erhielt bisher jährlich eine
Million Euro. Eine äußerst dürftige Finanzierung.
Immerhin soll das Büro die Anliegen der 40 Millionen
Angehörigen von Sprachminderheiten betreuen. Der Kommission
war die eine Million Euro bereits zu viel. Ein deutliches Signal
dafür, wie wenig "Wert" Sprachminderheiten beigemessen
wird.
Es war das Europaparlament, das seit 1979 Maßnahmen
zugunsten der Sprachminderheiten einforderte. Einer Ihrer
Landsleute, der CDU-Europaparlamentarier von Stauffenberg
engagierte sich besonders vehement als Berichterstatter des
Ausschusses für Recht und Bürgerrechte für einen
Entschließungsentwurf über den Schutz der Rechte
ethnischer Gruppen. Die Gründung des Eblul war die Folge des
Engagements verschiedener Europaparlamentarier. Die
Unterstützung des Büros durch die Union stieg zwar
kontinuierlich an, die Beiträge blieben aber im Vergleich zu
anderen Fördermaßnahmen lächerlich gering.
Bedauerlicherweise schaffte es die EU nie, eine gesetzliche
Grundlage für die gesicherte Förderung des Eblul zu
schaffen. Angesichts der Entwicklung kann nicht ohne Recht
vermutet werden, dass das Absicht war.
Mit welcher Arroganz forderte die EU-Kommission bei den
Verhandlungen von den inzwischen osteuropäischen
Mitgliedsländern die Lösung ihrer Minderheitenprobleme.
Gleichzeitig wurde im Hintergrund das Büro abgewickelt. Wir
bitten Sie deshalb, als Präsident des EU-Ausschusses der
Regionen das Thema Eblul aufzugreifen. Drängen Sie die
Kommission zu einer garantierten Unterstützung des
Minderheitenbüros. Außerdem sollte das Eblul beim
Ausschuß angesiedelt werden. Wir unterstützen die
Forderung der Föderalistischen Union Europäischer
Volksgruppen, die künftige österreichische
EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner mit der Minderheitenfrage
zu betrauen. Sie sollte in der neuen Kommission das Kapitel
Minderheiten koordinieren.
An dieser Stelle wünschen wir Ihnen "alles Gute" zum 65.
Geburtstag und hoffen auf eine Antwort,
Gesellschaft für bedrohte Völker - Südtirol