Bozen, Göttingen, 6. Oktober 2004
Vor einer dramatischen Zuspitzung der Lage der
sudanesischen Flüchtlinge im Tschad hat die Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV) am Mittwoch gewarnt. "Ihren
vollmundigen Hilfszusagen für die Überlebenden aus
Darfur lassen die meisten Staaten keine Taten folgen",
kritisierte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. "Eine
angemessene Versorgung der Flüchtlinge ist noch nicht einmal
bis zum Jahresende gesichert, da das Ausland bislang nur 54
Prozent der benötigten Hilfe zugesagt hat." Da mit der
Flucht weiterer 100.000 Menschen in den Tschad bis Ende Dezember
2004 gerechnet werde, müsse die internationale
Staatengemeinschaft nun schnell handeln, um die sich abzeichnende
Katastrophe abzuwenden. Angesichts der schlechten Versorgungslage
nähmen auch die Spannungen zwischen der einheimischen
Bevölkerung und den Flüchtlingen immer mehr zu, hatte
ein GfbV- Untersuchungsteam nach der Rückkehr aus mehreren
Lagern berichtet.
Die zehn Camps für Darfur-Flüchtlinge im Tschad seien
mit 200.000 Menschen überfüllt. So fehlt es oft an
Zelten und Decken für die kalten Nächte, vor allem
mangelt es aber an sauberem Trinkwasser. Nach UN-Standards
benötige jeder Mensch 15 Liter, in manchen Camps
könnten jedoch nur sechs Liter ausgegeben werden,
kritisierte Delius. Durch verunreinigtes Wasser konnte sich seit
Ende Juni 2004 Hepatitis E unter den Flüchtlingen
ausbreiten. Bislang infizierten sich 1442 Menschen mit dem Virus,
der sich unter anderem über Trinkwasser überträgt,
das mit Fäkalien verunreinigt ist. Bereits 46 Menschen
starben an der akuten Leberentzündung.
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) ist
aufgrund ungenügender Finanzmittel hoffnungslos
überfordert. So benötigt das WFP allein 44 Millionen
US-Dollars zur Versorgung von 55.000 Kleinkindern und
Schwangeren, doch nur 28 Millionen wurden bislang vom Ausland zur
Verfügung gestellt.
Besonders bedrohlich sei aber die Zunahme der Spannungen
zwischen der lokalen Bevölkerung und den Flüchtlingen.
Seien die Menschen aus Darfur anfangs mit größter
Hilfsbereitschaft aufgenommen worden, so nähmen nun die
Konflikte um Brennholz, Wasser und Weideland immer mehr zu.
Flüchtlinge würden bedroht und verjagt, ihr Vieh
beschlagnahmt und ihre Wasserlöcher zerstört. "Nur eine
drastische Verstärkung der internationalen Hilfe kann eine
weitere Eskalation der Gewalt verhindern helfen", warnte
Delius.
Hintergrundpapier zu den G3-Gewehren
im Sudan sowie die Namensliste der Milizionäre, die ein
G3-Gewehr erhalten haben [PDF, 130 KB].