Bozen, Göttingen, Berlin, 18. November 2004
In einem am Donnerstag in Göttingen
veröffentlichten Report hat die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) den Vorwurf gegen die sudanesische
Regierung bekräftigt, im Westen des Sudan werde
Völkermord verübt. In dem 17seitigen Report werden die
Ergebnisse einer Befragung von Darfur-Flüchtlingen durch
eine dreiköpfige GfbV-Untersuchungsmission in Camps im
Tschad zusammengefasst, die belegen, dass die Terror
verbreitenden Janjaweed-Milizionäre eng mit der
sudanesischen Armee zusammenarbeiten. So erklärten 93,5% der
mehr als 300 Interviewten, dass Janjaweed gemeinsam mit
regulären Soldaten ihre Dörfer überfielen. Auch
berichteten 81,5 Prozent der Flüchtlinge, vor dem
Überfall sei ihr Dorf von sudanesischer Luftwaffe
angegriffen worden. Die sudanesische Regierung hat bislang jede
Verantwortung für den Terror der Milizen bestritten. "Doch
der Sudan macht sich des Genozids schuldig, wenn schwer
bewaffnete sudanesische Soldaten regelmäßig mit ihren
Fahrzeugen an den Angriffen auf Zivilisten beteiligt sind",
erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius.
Die meisten Flüchtlinge seien noch immer traumatisiert und
berichteten über schreckliche Menschenrechtsverletzungen der
Angreifer. So erklärten 96,3 Prozent der aus 130
unterschiedlichen Dörfern stammenden von dem GfbV-Team
befragten Flüchtlinge, sie seien Augenzeugen von
Erschießungen gewesen. Mehr als 94 Prozent aller Befragten
verloren bei den Überfällen ihre Ernte und ihr Vieh.
94,5 Prozent sagten aus, ihr Haus sei niedergebrannt worden.
Über die Vergiftung ihrer Brunnen berichteten 92,5% der
Interviewten.
"Diese Zahlen belegen, dass die sudanesischen Soldaten und
Milizionäre der örtlichen Bevölkerung systematisch
die Lebensgrundlage entziehen wollen, um sie dauerhaft zu
vertreiben und die Gebiete ethnisch zu säubern", sagte
Delius. "Wer systematisch einer Bevölkerungsgruppe die
Lebensgrundlage entzieht, verübt Genozid gemäß
Artikel 2 der Völkermordkonvention. Der Genozid-Vorwurf ist
aber auch gerechtfertigt, weil der Sudan zwischen April 2003 und
August 2004 seine eigene Bevölkerung in Darfur ausgehungert
hat und humanitäre Hilfe gezielt blockiert hat."
"Der Weltsicherheitsrat muss endlich den Druck auf die
sudanesische Führung erhöhen, sonst macht er sich zum
Komplizen von Völkermördern", forderte die GfbV. So
müsse ein Öl- und Waffenembargo gegen den Sudan
verhängt werden, die Gelder der sudanesischen Führung
eingefroren und eine humanitäre Intervention ernsthaft
angedroht werden. Der Sicherheitsrat tagt am Donnerstag in
Nairobi.