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Indonesien / Aceh

Nach dem Tsunami müssen sich nun die Überlebenden vor der Armee fürchten

Bozen, 15. Februar 2005

Offener Brief an den Landeshauptmann der autonomen Provinz Bozen/Südtirol, Luis Durnwalder

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann,
als Menschenrechtsorganisation bitten wir Sie, die angekündigte Südtirol-Hilfe für die Tsunami-Opfer besonders für Menschen in Aceh zur Verfügung zu stellen. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen, auch die GfbV-international (siehe auch: www.gfbv.de) haben dem indonesischen Militär auf Sumatra vorgeworfen, gegen die leidgeprüfte Bevölkerung vorzugehen. Das Militär behindert die Arbeit der Hilfsorganisationen, verfolgt mutmaßliche Angehörige der Aceh-Befreiungsbewegung GAM und schikaniert die von der Flut terrorisierte Bevölkerung. Die Regierung weist außerdem us-amerikanische und australische Militärs aus, die bisher die einzig effektiv Helfenden waren. Das Militär will unkontrolliert die Spendengelder und auf die Aufbaufinanzen der EU verwalten (siehe: www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050112de.html). Die Militärs sind die falsche Adressaten für die Spenden.

Auch die Hilfs- und Frauenrechtsorganisation Medica Mondiale bestätigt die problematische Rolle der indonesischen Armee bei der Koordination der Hilfsmaßnahmen in Aceh: Gerade die Armee hat jahrzehntelang Vergewaltigungen als Mittel der Einschüchterung und Terrorisierung der Bevölkerung in Aceh eingesetzt. Nun hat die Regierung ihre Truppen für Rettungsmaßnahmen verstärkt. Gleichzeitig setzt sie die Soldaten für erneute Militäroperationen gegen die Unabhängigkeitsbewegung.

Fachlich fundierte Hilfsangebote für traumatisierte Frauen müssen dringend umgesetzt werden. Mit einem Soforthilfeprogramm in Höhe von 70.000 Euro unterstützt Medica Mondiale den Wiederaufbau des Frauenzentrums "Flower Aceh" in Aceh, das durch die Flut vollkommen zerstört wurde. Flower Aceh leistete seit 1989 medizinische, psychologische und materielle Unterstützung für Frauen, die im Zuge der militärischen Aufstandsbekämpfung unter der Regierung Suharto vergewaltigt und sexuell gefoltert wurden. Das ungeheure Ausmaß der sexualisierten Militärgewalt in Aceh wurde in der kurzen Atempause 1998 nach dem Sturz Suhartos weltweit bekannt. Danach folgten erneut Kämpfe und Vergewaltigungen bei Militäroperationen oder im Polizeigewahrsam.

Wenn Indonesien und seine aggressive Armee nach einer Menschheitskatastrophe, an der die ganze Weltbevölkerung Anteil nahm, nichts anderes zu tun hat, als die Todeszone von Aceh mit Razzien, Folter, willkürlichen Verhaftungen und hundertfachem Mord zu überziehen, kann die überwältigende Hilfe nicht wirksam werden. Sind 243.000 Flutopfer nicht genug, müssen wieder tausende wie vor der Flut in Aceh durch die Armee sterben, nachdem wir in den letzten Wochen bereits von dem Tod von mindestens 220 Überlebenden der Flutwelle erfahren mussten. Ohne Frieden wird jeder Wiederaufbau scheitern. Angesichts der Verwüstung weiter Regionen hat Aceh keine Zeit, um monatelang auf einen Waffenstillstand und Frieden zu warten. Nach den jüngsten Gesprächen zwischen der indonesischen Regierung und der GAM in Finnland Ende Januar ist jedoch ein Frieden in weite Ferne gerückt.

Statt sich an den Hilfsaktionen zu beteiligen schafft das Militär eine Atmosphäre eines Polizeistaates, indem es die Hilfswerke ständig begleitet, kontrolliert und überwacht. Von Seiten der Aceh-Bevölkerung droht den Hilfsbemühungen nicht die geringste Gefahr. Angesichts dieser schweren Menschenrechtsverletzungen ist es blanker Zynismus, wenn die indonesische Armee behauptet, seit der Flutkatastrophe nur "defensiv" in Aceh zu operieren. Die GfbV bittet Sie deshalb, Ihre Hilfe dem Projekt von medica mondiale zukommen zu lassen und nicht korrupten und kriegsbereiten Militärs.

Weitere Informationen über medica mondiale: www.medicamondiale.org. Kontakte: Asien-Referentin Gabriela Mischkowski, T. +49-(0)221-69637 oder +49-(0)172-2459460, gmischkowski@medicamondiale.de, Isabella Stock (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit): istock@medicamondiale.org; T. +49-(0)221-931898-25, F. +49-(0)221-931898-1. Medica Mondiale unterstützt Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten. Helfen Sie, Herr Landeshauptmann, Medica Mondiale, damit sie handeln können!


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050119de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050114de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050112de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050111de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050110de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050106de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050105de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050104de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050103de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050102de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/041230de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/041228de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/041110de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040428de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030522de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030512de.html | www.gfbv.it/3dossier/asia/flut.html | www.gfbv.it/3dossier/asia/flut-1.html | www.gfbv.it/3dossier/asia/westpapua.html

* www: www.gfbv.de/land.php?id=158 | http://westpapuaaction.buz.org | www.fpcn-global.org/tribes/oceania/melanesian/west-papua/index.php | www.westpapua.net

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