Bozen, Göttingen, Genf, 11. April 2005
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am
Montag bei der UN- Hochkommissarin für Menschenrechte Louise
Arbour gegen die Verhaftung des in Deutschland lebenden
uigurischen Menschenrechtlers Dolkun Isa aus China in Genf
protestiert. Die Sicherheitspolizei der Vereinten Nationen hatte
Isa am vergangenen Donnerstag in Genf nach Intervention Chinas
die Akkreditierung bei der Menschenrechtskommission der Vereinten
Nationen verweigert und ihn der Schweizer Polizei
überstellt. "Es ist skandalös, dass sich die UN von
einem der schlimmsten Verfolgerstaaten der Welt vorschreiben
lässt, wer Menschenrechtler ist", erklärte der
GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. "Isas Verhaftung ist ein
gefährlicher Präzedenzfall. Wenn die Vereinten Nationen
nicht unverzüglich solchen Missbrauch stoppen, wird es
für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen
lebensgefährlich, in Genf vor der Menschenrechtskommission
über ihre Verfolgung zu berichten". Erst nach
fünfstündigem Verhör war Isa schließlich
nach Intervention der GfbV und Schweizer Regierungsstellen
freigelassen worden.
Die Verhaftung geht auf eine Information aus dem chinesischen
Innenministerium zurück, das den von Isa geführten
Weltkongress der Uigurischen Jugend als "terroristische
Organisation" ansieht. Seit Dezember 2003 hatte China mehrfach
ein Verbot der in München ansässigen Organisation, eine
Abschiebung der Vereinsmitglieder nach Peking sowie eine
Beschlagnahme des Vereinsvermögens gefordert. "Die deutschen
und europäischen Behörden haben sich gegen diese
Kriminalisierung friedlicher Menschenrechtler unter dem
Deckmantel des Antiterror-Kampfes bislang strikt gewehrt",
erklärte Delius. "Wenn die Vereinten Nationen nun unkritisch
und ohne weitere Prüfung diese haltlosen Vorwürfe
übernehmen, machen sie sich zum Handlanger Chinas und
verspielen ihre letzte Glaubwürdigkeit in
Menschenrechtsfragen. Wer Chinas Missbrauch des weltweiten
Kampfes gegen den Terrorismus unterstützt, legitimiert und
fördert auch Pekings Politik der Unterdrückung der
Uiguren in der Region Xinjiang (Ostturkestan)."
Mit willkürlichen Verhaftungen, Schließungen von
Moscheen, Bücherverbrennungen, Razzien, Folter und
Hinrichtungen gehe China gegen die uigurische
Zivilbevölkerung in Ostturkestan vor. Wer sich für die
Rechte der Uiguren einsetze, werde zum "Terroristen"
erklärt. So würden auch andere im Exil in Deutschland
lebende chinesische Menschenrechtler systematisch als
"Terroristen" kriminalisiert und von den chinesischen
Behörden in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
Chinas Botschaften verbreiteten in ihren Gaststaaten "schwarze
Listen" und drängten die Behörden, ihnen den Aufenthalt
oder die Einreise zu verbieten. "Das "neue China", von dem
Bundeskanzler Gerhard Schröder spricht, wenn er sich
für die Aufhebung des EU-Waffenembargos einsetzt, ist nicht
nur eine aufstrebende Wirtschaftsmacht, sondern auch eine
Diktatur, die mit immer repressiveren Methoden alle Kritiker im
In- und Ausland mundtot macht", sagte Delius.