Bozen, Göttingen, 31. Januar 2006
Zum Auftakt der Afghanistan-Konferenz in London hat die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) der
US-Regierung am Dienstag vorgeworfen, mit dem von ihr geplanten
Einsatz von Pestizid-Sprühflugzeugen gegen Opiumfelder den
Wiederaufbau Afghanistans zu gefährden. "Die Bekämpfung
des Opiumanbaus mit so radikalen Methoden wird mehr Schaden
anrichten als helfen", warnte der GfbV-Asienreferent Ulrich
Delius. Dies hätten ähnliche Versuche, den Opiumanbau
in Kolumbien zu bekämpfen, gezeigt. Ein solcher
Gewalteinsatz sei in Afghanistan auch deswegen unverantwortlich,
weil er dort generell die Sicherheit ausländischer Soldaten
und Helfer gefährde.
Ein massiver Einsatz von Pestiziden werde katastrophale
ökologische Schäden verursachen und die
Nahrungsmittelproduktion beeinträchtigen. Außerdem
werde das soziale System in den Dörfern zerstört, da
etliche Bauern ihre verseuchten Felder aufgeben und fliehen
müssten. Andere würden - wie in Kolumbien - trotz der
Verseuchung bleiben und erneut Opium anbauen, weil sie anders
ihren Lebensunterhalt nicht verdienen könnten. "Dieses
Zerstörungsprogramm wird nur die Vorbehalte der
ländlichen Bevölkerung gegen die Blauhelme, aber auch
gegen die Regierung Karsai schüren, die von vielen Afghanen
als "willfähriges Instrument" der internationalen
Staatengemeinschaft und nicht als Anwalt afghanischer Interessen
angesehen wird", warnte Delius.
Während das dem US-Außenministerium unterstehende Amt
für die Drogen- Bekämpfung bereits Personal für
Sprühflugzeuge suche, lehne die britische Regierung so
radikale Methoden ab. Großbritannien, das von der
internationalen Staatengemeinschaft mit der Bekämpfung des
Drogenanbaus in Afghanistan betraut worden war, hatte erst
gestern angekündigt, weitere 4.700 Soldaten in eine der
bedeutendsten Drogenprovinzen Afghanistans zu entsenden.
Opiumanbau und -handel bestreiten inzwischen 40 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes Afghanistans. Nach Angaben des britischen
Verteidigungsministeriums im Januar 2006 sind auch hohe Kreise
der afghanischen Regierung in den Drogenhandel verstrickt. Es sei
pure Heuchelei, wenn der afghanische Minister für
Drogenbekämpfung, Habibullah Qadiri, nur die wieder
erstarkenden Taliban für den Opiumboom verantwortlich mache.
So seien die Gouverneure Mohammed Omar Abdul Latif Ibrahimi
(Provinz Kundus) und Mohammed Daud (Provinz Badakshan, Feisabad),
in denen Bundeswehrsoldaten stationiert sind, an dem florierenden
Drogenhandel maßgeblich beteiligt.