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Chile: Mapuche-Indianer seit einem Monat im Hungerstreik

Internationales Rotes Kreuz soll medizinische Betreuung der 31 indianischen politischen Gefangenen überwachen

Bozen, Göttingen, 12. August 2010

Friedlicher Mapuche-Protestmarsch in Santiago, Chile, 13.5.2006. Friedlicher Mapuche-Protestmarsch in Santiago, Chile, 13.5.2006.

Einen Monat nach Beginn des unbefristeten Hungerstreiks von inzwischen 31 indianischen politischen Gefangenen in Chile hat sich die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Donnerstag mit dem dringenden Appell an das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) in Genf gewandt, die medizinische Betreuung dieser Mapuche-Indianer zu überwachen. "Wir sind in großer Sorge um die Gesundheit der Bürgerrechtler, die in fünf Haftanstalten des südamerikanischen Landes gefangen gehalten werden. Wir haben das IKRK gebeten, sie zu besuchen und sicherzustellen, dass sie die notwendige medizinische Versorgung erhalten", mahnte Yvonne Bangert, GfbV-Referentin für indigene Völker. "Der Gefangene Andrés Ignacio Gutiérrez Coña, der im Hochsicherheitsgefängnis Nueva Imperial in Valdivia einsitzt, klagte bereits vor einer Woche über Kopfschmerzen und Kreislaufprobleme."

Mit ihrer verzweifelten Aktion protestieren die Mapuche-Indianer seit dem 12. Juli in Gefängnissen der Städte Concepción, Temuco, Valdivia, Angol und Lebu gegen ungerechte Prozessführung und manipulierte Anklagen sowie Misshandlungen in der Haft. Außerdem wollen sie auf die katastrophale Situation ihres Volkes aufmerksam machen. "Bislang nimmt das politische Chile kaum Notiz vom Überlebenskampf der Mapuche-Gemeinschaften", berichtet Bangert. "Zwar haben sich inzwischen erste Abgeordnete zu Wort gemeldet und fordern die Regierung zum Dialog auf, doch den Worten müssen auch Taten folgen."

Die indianischen Bürgerrechtler sind nach dem berüchtigten Anti-Terrorismus-Gesetz, das noch aus der Zeit der Pinochet-Diktatur stammt, wegen Landrechtsauseinandersetzungen angeklagt und sollen vor ein Militärgericht gestellt werden. Das Gesetz wird derzeit ausschließlich in Verfahren gegen Mapuche angewendet. Die Hungerstreiker fordern die Abschaffung des Anti-Terrorismus-Gesetzes, die Einstellung aller Militärgerichtsprozesse gegen Mapuche und die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen. Typischer Anklagepunkt ist terroristische Brandstiftung, wenn z.B. Mapuche bei dem Versuch, ihr angestammtes Land zurück zu besetzen, Heuballen, Waldarbeiterhütten oder Holzstapel in Brand setzen.

Ihren zivilen Widerstand mussten Mapuche schon mit dem Leben bezahlen. "Vor genau einem Jahr, am 12. August 2009, wurde der 24-jährige Mapuche Jaime Mendoza Collio im Verlauf einer Landbesetzung erschossen. Die Kugel in seinem Rücken stammte aus der Waffe eines Carabineros", beklagt Bangert. "Deshalb ist der heutige Tag für die Mapuche auch ein Gedenktag für diesen jungen Mann." Das chilenische Anti-Terrorismus-Gesetz ermöglicht eine extrem lange Untersuchungshaft von bis zu zwei Jahren, die Zulassung von anonymen so genannten "gesichtslosen" Zeugen, und ein im Vergleich zu Zivilprozessen ungleich höheres Strafmaß mit oft fünf bis zehn Jahren Haft zuzüglich hoher Geldstrafen.