Bozen, Göttingen, 14. September 2004
Für die christlich-assyrischen Einwohner des Dorfes Sare
(türkisch Sariköy) rückt die Möglichkeit
heimzukehren in greifbare Nähe: Ihr altes Dorf in der
südostanatolischen Provinz Sirnak wurde am vergangenen
Sonntag friedlich von der türkischen Armee geräumt. Wie
die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)
telephonisch aus der Türkei erfuhr, kehren die in Sare vom
Militär in den 90er Jahren angesiedelten Kurden - so
genannte Dorfschützer mit ihren Familien - in ihre
ursprünglichen Ortschaften zurück oder wollen sich in
nahe gelegenen Städten niederlassen. Die GfbV
begrüßte die Räumung als "längst
überfällige, doch endlich entschlossene Aktion für
die Wahrung und Achtung der Minderheitenrechte in der
Türkei".
Gleichzeitig bedankte sich die Menschenrechtsorganisation bei EU-
Erweiterungskommissar Günter Verheugen für sein
Engagement für die Christen während seines Besuches in
der Türkei vor wenigen Tagen. Die GfbV hatte den Politiker
vor seiner Reise in einem Schreiben um Intervention für die
Rückkehrer gebeten und sich zuvor bereits mehrfach u.a. bei
deutschen Diplomaten für die Rückgabe des Ortes
eingesetzt. Die letzte assyrisch-christliche Familie hatte
Sare/Sariköy 1994 während des türkisch-kurdischen
Bürgerkrieges verlassen müssen. Jetzt warten die ersten
Rückkehrer darauf, dass die Armee ihre Häuser
freigibt.
In Sare/Sariköy hatten sich in den vergangenen zehn Jahren
30 kurdische Familien mit rund 300 Angehörigen
niedergelassen. Sie hatten sich bis vor kurzem geweigert, den Ort
wieder zu verlassen und mehrere Erlasse des Provinzgouverneurs
Osman Günes ignoriert. Die kurdischen Dorfschützer
waren vom Militär dort angesiedelt worden, um die PKK von
der strategisch wichtigen Straße fernzuhalten. Bereits im
Juni 2001 hatte der damalige Ministerpräsident Bülent
Ecevit rückkehrwillige christliche Assyrer in einem
Rundschreiben dazu eingeladen, wieder in ihre Heimat zu
ziehen.
Die Situation der assyrisch-aramäischen Christen im Tur
Abdin im Südosten der Türkei hat sich im Zuge der
Reformen der Regierung Erdogan verbessert. So wird der Unterricht
in neuaramäischer Sprache nicht mehr behindert. Einzelne
assyrisch-aramäische Familien kehren aus West- und
Mitteleuropa in ihre früheren Dörfer zurück.