Bozen, Göttingen, 26. September 2005
Der Völkermord in Darfur im Westen des Sudan nimmt immer
erschreckendere Ausmaße an. Darauf hat die Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV) zum Auftakt der
Friedensgespräche für Darfur hingewiesen, die am Montag
in der nigerianischen Hauptstadt Abuja beginnen. "Innerhalb eines
Jahres hat sich die Zahl der Toten von 50.000 auf mehr als
300.000 versechsfacht", sagte der GfbV- Sudanexperte Ulrich
Delius in Göttingen. Es gebe sogar Stimmen, die von bis zu
400.000 Opfern ausgingen. Die Zahl der Flüchtlinge sei von
1,4 Millionen im September 2004 auf 2,4 Millionen im September
2005 angestiegen.
"Trotz dieser Zahlen, hinter denen sich furchtbare
Einzelschicksale und Tragödien verbergen, beschränkt
sich die internationale Staatengemeinschaft darauf,
humanitäre Hilfe zu leisten und ihre Besorgnis zu
äußern", kritisierte Delius. "Es ist ein Skandal, dass
die Staatengemeinschaft nicht Willens ist, mehr Friedenstruppen
zu entsenden und so einen wirksameren Schutz der
Zivilbevölkerung durchzusetzen." Darauf zu warten, dass die
sudanesische Regierung ihre bereits vor drei Jahren abgegebenen
Zusicherungen wahr macht, die Janjaweed-Reitermilizen endlich zu
entwaffnen, sei vollkommen aussichtslos.
Es sei nun anderthalb Jahre her, dass der Einsatz von
Friedenstruppen der Afrikanischen Union (AU) in Darfur
beschlossen worden sei. Doch diesen Truppen sei es nicht
gelungen, Angriffe auf schutzlose Zivilisten oder internationale
Helfer zu verhindern. So seien allein im September 2005 zehn
schwere Übergriffe auf humanitäre Helfer registriert
worden. Noch schlimmer ergehe es der Zivilbevölkerung. Vor
allem in der Nähe von Flüchtlingslagern würden
noch immer regelmäßig Frauen von regierungsnahen
Milizen vergewaltigt. Als die Hilfsorganisation "Ärzte ohne
Grenzen" im Mai 2005 in einem Report darüber berichtete,
wurden die Autoren des Berichts der Spionage beschuldigt und
zeitweise inhaftiert. Nun wurden ihre Vorwürfe in einem
Report der Vereinten Nationen bekräftigt. Darin heißt
es, die Vergewaltigungen hätten katastrophale psychologische
und soziale Folgen. Viele Opfer sexueller Gewalt sagten, sie
hätten nach dem erlittenen Missbrauch nur deshalb keinen
Selbstmord verübt, weil dies der Koran verbiete. Rund 60
Prozent der vertriebenen Zivilbevölkerung sind Frauen und
Kinder.