Bozen, Göttingen, 2. Februar 2005
Als Menschenrechtsorganisation, die von Jahr zu Jahr aktiv bei
der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen mitarbeitet,
bedauert die Gesellschaft für bedrohte Völker
International (GfbV-International) die Entscheidung des UN-Sudan
Untersuchungsausschusses, im Westsudan / Darfur läge kein
Völkermord vor. Somit müssen die Unterzeichnerstaaten
der UN Konvention zur Verhütung und Bestrafung des
Völkermordes von 1948 nicht militärisch eingreifen, um
den Genozid zu beenden. "Die UN wiederholen ihr Versagen in
Bosnien (1992 bis 1995) und in Ruanda (1994), als sie diesen
Völkermordverbrechen zum Teil jahrelang tatenlos zusahen",
kritisiert der Präsident der GfbV-International Tilman
Zülch. "UN-Generalsekretär Kofi Annan hat inzwischen
diese Fehlentscheidungen eingestanden. Umso unverständlicher
ist, dass die UN nun diese Fehler wiederholen und wiederum
tatenlos einem jener Genozidverbrechen zusehen, die das
Schlimmste sind, was Menschen einander antun können."
Die GfbV-International hat im vergangenen August, eine Fact
Finding Mission in die Flüchtlingslager des Tschad gesandt
und eine 100-seitige Dokumentation zusammengestellt, die alle
verfügbaren Informationen und Berichte aus aller Welt von
Journalisten, Menschenrechtsorganisationen, Hilfsorganisationen,
regierungsnahen Institutionen und von Flüchtlingen und
Vertriebenenzusammengestellt. Demnach lässt das
fundamentalistische arabische Regime des Sudan
planmäßig und kontinuierlich große Teile der
schwarzafrikanischen Bevölkerung Darfurs von arabischen
Reitermilizen vertreiben, zuvor ihre Dörfer und Stadtteile
bombardieren und zerstören, setzt Armee-Einheiten ein, die
sich an den Einzeltötungen und Massakern der Milizen
beteiligen. Der Geheimdienst wird gegen politische Führer
und Intellektuelle eingesetzt und erhält Sonderaufgaben im
Rahmen dieser ethnischen Säuberung sowohl im Westsudan als
auch im angrenzenden Tschad. Das Militär bewaffnet die
Milizen, rüstet sie mit Uniformen aus und sorgt für
ihren Nachschub. Die regionalen staatlichen Behörden
unterstützen deren Mobilisierung und Rekrutierung.
Das Regime ist somit verantwortlich für zahlreiche
Bombardements ziviler Objekte, für Massaker in mindestens
117 Orten, für gezielte Morde, für die systematischen
Vergewaltigungen von Tausenden, wahrscheinlich Zehntausenden
Frauen und Mädchen, für die Folterungen, die
Massenvertreibungen und die provozierte Massenflucht von bisher
etwa zwei Millionen Menschen, für die Verfolgung von
Flüchtlingstrecks, die Zerstörung von wahrscheinlich
der Hälfte der Dörfer und Stadtteile, für die
Vernichtung von Ernten und Fruchtbäumen, für die
Vergiftung von Wasserstellen und für den
planmäßigen Raub von Vieh und Land sowie für die
Blockade von humanitärer Hilfe für die Vertriebenen.
Die GfbV-International schätzt die Gesamtzahl der
Flüchtlinge und Vertriebenen auf 2 Millionen und die Zahl
der Ermordeten oder der während der oder an den Folgen der
Vertreibung Gestorbenen auf etwa 120.000.
Die GfbV - International stellt fest, dass das arabische,
fundamentalistisch islamische Regime des Sudan das Verbrechen des
Völkermordes in Darfur begeht. Karthum verletzt systematisch
Artikel II der Konvention über die Verhütung und
Bestrafung des Völkermordes vom 9. Dezember 1948 und
erfüllt dessen Paragraphen (a), (b) und (c). Es liegt die
planmäßige Vernichtung von immer größeren
Teilen der schwarzafrikanischen Völker des Westsudan /
Darfur vor. Ihnen zufolge bedeutet Völkermord eine der
folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine
nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als
solche ganz oder teilweise zu zerstören:
Die GfbV-International appelliert an die Vereinten Nationen, ihr Versagen in Ruanda und Bosnien wieder gut zu machen und umgehend, gemäß den Bestimmungen der Konvention, deren Unterzeichnerstaaten zur Entsendung einer Interventionstruppe nach Darfur zu verpflichten, um den Völkermord an der schwarzafrikanischen muslimischen Bevölkerung des Westsudan / Darfurs zu beenden.