Bozen, Göttingen, Berlin, 17. Mai 2006
Der Kongo- Einsatz der Bundeswehr werde das Massensterben im
Kongo nicht beenden und die langfristigen Probleme dieses Landes
nicht lösen, warnte am heutigen Mittwoch die Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV). "Es ist zwar eine wichtige
symbolische Geste, um Europas Interesse an einer Stabilisierung
des Kongo zu unterstreichen, doch der EU fehlt es an einem
Gesamtkonzept zur Förderung von Menschenrechten, Frieden und
Demokratie", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius.
Dramatische neue Zahlen über den Tod von 100.000 Menschen
und die Vertreibung von 365.000 Kindern, Frauen und Männern
seit Mitte Februar 2006 machten deutlich, dass die EU mehr
für die humanitäre Versorgung und die Förderung
rechtsstaatlicher Strukturen im Kongo tun müsse.
"Es ist skandalös, dass bislang nur 13 Prozent der von den
Vereinten Nationen für das Jahr 2006 im Kongo
benötigten Mittel für die humanitäre Versorgung
der Zivilbevölkerung von der internationalen
Staatengemeinschaft zur Verfügung gestellt wurden",
erklärte Delius. Auch Deutschland müsse seine
humanitäre Hilfe für die Not leidenden Menschen im
Kongo deutlich erhöhen. Die Bundesregierung habe den im
Februar 2006 von den Vereinten Nationen veröffentlichten
Hilfsappell für den Kongo in Höhe von 682 Millionen
US-Dollars bislang nur geringfügig unterstützt. Auch im
Jahr 2005 habe Deutschland mit 6,3 Millionen US-Dollars für
die humanitäre Versorgung Kongo einen Beitrag geleistet, der
gemessen an seiner Wirtschaftskraft viel zu gering war.
Angesichts der anhaltender schweren Menschenrechtsverletzungen
von Milizen und der regulären kongolesischen Armee im Osten
des Kongo müsse die Europäische Union mehr tun, um den
Aufbau einer unabhängigen Gerichtsbarkeit zu fördern.
So müsse die Entsendung von mehr Richtern an die
Außenstellen des Obersten Gerichtshofes in den Provinzen
finanziell gefördert werden. Außerdem müssten
ihnen ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt werden, um
über Streitigkeiten während der Wahlkampagne
entscheiden zu können. Nur eine unabhängige
Gerichtsbarkeit könne verhindern, dass in den Provinzen
massiv und ungestraft die Rechte von Wahlkämpfern missachtet
würden und Wahlbetrug begangen werde. Um die schweren
Menschenrechtsverletzungen zu beenden und den Kongo zu
stabilisieren, sei daher die Stärkung einer
unabhängigen Justiz vor den Wahlen noch wichtiger als die
Entsendung von EU-Soldaten.