Bozen, Göttingen, Berlin, 4. Oktober 2006
Bundeskanzlerin Angela Merkel soll sich in der Türkei
gegen die fortgesetzte Diskriminierung der rund 15 Millionen
Kurden und für die Gleichberechtigung der kurdischen Sprache
einsetzen. Darum hat die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) die Bundeskanzlerin am Mittwoch gebeten. "Die
kurdische Frage in der Türkei kann nur gelöst werden,
wenn im kurdischen Sprachgebiet im Südosten des Landes die
kurdische Sprache in Schulen und Universitäten, in den
Massenmedien und den sonstigen Bereichen des öffentlichen
Lebens neben dem Türkischen gleichberechtigt ist",
heißt es in dem Schreiben der Menschenrechtsorganisation an
Merkel, die am Donnerstag in die Türkei reist. Für die
Anerkennung des Kurdischen als Amtssprache habe es nur
symbolische Schritte gegeben, die in der Praxis bisher keine
positiven Auswirkungen gehabt hätten.
Die noch immer andauernde Unterdrückung von kurdischen
Journalisten, Schriftstellern oder politisch engagierten
Persönlichkeiten, die das Recht der freien
Meinungsäußerung in Anspruch nähmen, sei
"unerträglich", kritisierte die GfbV mit Blick auf den
Prozess gegen 56 Bürgermeister aus dem Kurdengebiet. Sie
müssen sich aufgrund eines Briefes vor Gericht verantworten,
in dem sie die Regierung Dänemarks darum bitten, den
kurdischen Satellitensender Roj-TV nicht zu verbieten, wie die
Türkei es fordert. Noch immer würden die Kurden von
türkischen Provinzbehörden, Gerichten und
Angehörigen des in der kurdischen Region stationierten
Militärs wie Menschen dritter Klasse behandelt. Auch
gegenüber den Kurden im benachbarten irakischen Bundesland
Kurdistan müsse die Türkei alle Boykottmaßnahmen
unterlassen und es nicht länger isolieren.
Außerdem forderte die GfbV die Anerkennung der
assyrisch-aramäischen Christen, der Aleviten und der Yezidi
als gleichberechtigte religiöse Körperschaften.