Bozen, Göttingen, 7. November 2006
Eine Fortführung der Prozesse gegen Saddam Hussein vor
dem Sondertribunal in Bagdad hat der Generalsekretär der
Gesellschaft für bedrohte Völker Tilman Zülch nach
dem Todesurteil gegen Saddam Hussein heute gefordert. Der
irakische Diktator hat Genozidverbrechen an Kurden,
assyro-chaldäischen Christen, an Shiiten und Marscharabern
begangen. Die Überlebenden des Völkermords hätten
ein Recht auf Aufklärung. Die internationale
Öffentlichkeit, nicht zu letzt die arabische Welt, muss die
ganze Wahrheit erfahren. Dabei sei die
Vergangenheitsbewältigung wichtig und ein
Lebenslänglich angemessen.
Nach Angaben kurdischer und shiitischer Kreise und nach
Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen könnte die
Zahl der Opfer Saddam Husseins bis zu einer Million betragen
haben. Unter ihnen waren nicht nur Kurden, Shiiten und
Angehörige anderer religiöser und ethnischer
Minderheiten, sondern auch Vertreter aller Oppositionsparteien,
Intellektuelle und Vertreter der Arbeiter und Frauenbewegung,
aber auch Funktionäre des Regimes, unter ihnen Diplomaten,
Geheimdienstler, Mitglieder des Offizierchors und der
republikanischen Garden.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker bedauert, dass
verschiedene west- europäische Staaten, die USA, die
damalige Sowjet-Union und ihre Satteliten, nicht zu letzt die
DDR, viele dieser Verbrechen durch Lieferungen von Waffen und
militärischen Know How, durch enge diplomatische, politische
und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Regime Saddam Hussein,
erst ermöglicht haben. Besonders schrecklich war der
führende Anteil deutscher Firmen aus der Bundesrepublik am
Aufbau der irakischen Giftgasindustrie, deren Aufbau die
Vernichtung von 5000 Kurden in Halabja möglich gemacht hat.
Dieses Giftgas wurde auch zu Beginn der irakischen
Anfal-Offensive eingesetzt, der insgesamt bis zu 182 000 Kurden
und mit ihnen kurdische Yeziden, Assyro-Chaldäer und
Turkmenen zum Opfer gefallen sind. Die Zahl der durch die
Feldzüge und Massenliquidierungen Saddam Husseins in
Irakisch-Kurdistan seit 1968 umgekommenen Kurden und anderen
Minderheitenangehörigen, wird nicht nur von kurdischer
Seite, auf bis zu einer Million Kinder, Frauen und Männer
geschätzt.