Bozen, Göttingen, 11. Dezember 2006
Als "unerschrockenen Anwalt der Not
Leidenden und Entrechteten" hat die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) am Montag den scheidenden
stellvertretenden UN-Generalsekretär Jan Egeland
gewürdigt. Am 12. Dezember endet die Amtsperiode des
Norwegers, der seit 2003 in der Weltorganisation für
humanitäre Angelegenheiten zuständig war. "Mit seinem
engagierten Auftreten rettete er hunderttausenden Menschen im
Sudan, im Kongo, in Uganda und in vielen anderen Krisengebieten
das Leben", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius,
"mit ihm verlieren die Vereinten Nationen ihr Gewissen."
Ohne diplomatische Rücksichtnahme habe Egeland seine Stimme
für die Opfer von Gewalt, Vertreibung und schwersten
Menschenrechtsverletzungen erhoben. Mit seiner massiven Kritik an
Menschen verachtenden Regierungen und dem Versagen der
internationalen Staatengemeinschaft bei der Eindämmung
schwerster Menschenrechtsverletzungen habe er sich nicht nur
Freunde gemacht. Wegen seines unermüdlichen Einsatzes
für die schutzlose Zivilbevölkerung in Darfur habe die
sudanesische Regierung ihn an der Einreise in den Sudan
gehindert. Doch anders als seine Amtsvorgänger und viele
hochrangige UN-Vertreter ließ sich Egeland davon nicht
einschüchtern und nutzte den Streit mit der sudanesischen
Regierung, um noch mehr Aufmerksamkeit auf das Schicksal der Not
leidenden Menschen zu lenken.
Im Unterschied zu UN-Generalsekretär Kofi Annan, der erst in
den letzten Monaten seiner Amtszeit Regierungen deutlicher
anprangere, die massiv humanitäres Völkerrecht
verletzen, habe Egeland während seiner gesamten Amtszeit
konsequent seine Stimme für diejenigen erhoben, deren
Hilferufe von der Welt nicht gehört werden. "Das ist selten
in den Vereinten Nationen, wo Opportunismus und vermeintliche
statistische Erfolge oftmals mehr zählen als eine konkrete
Verbesserung der Lage der anvertrauten Zivilbevölkerung",
erklärte Delius. "Egelands Ausscheiden ist ein schwerer
Verlust für die Glaubwürdigkeit der Vereinten Nationen
und der internationalen Staatengemeinschaft." In seinem letzten
Bericht für den Weltsicherheitsrat hatte Egeland am
4.Dezember 2006 den Staatschefs der Welt vorgeworfen, ihr
Versprechen vom Milleniumsgipfel im September 2005 nicht
einzuhalten, die Zivilbevölkerung in Darfur wirksam zu
schützen. Vergeblich habe er darauf gewartet, dass die
internationale Staatengemeinschaft ihren Druck auf die
sudanesische Regierung verstärke. Die Sicherheit in Darfur
befinde sich im "freien Fall", so dass nun die gesamte Region im
Krieg zu versinken drohe, warnte Egeland. Sechs Millionen
Menschen seien bald auf Hungerhilfe angewiesen.