Bozen, Göttingen, Berlin, 9. März 2006
Anlässlich des Besuches des Präsidenten der
Kommission der Afrikanischen Union (AU), Alpha Oumar
Konaré, in Berlin am heutigen Donnerstag appelliert die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) an die AU, den
Einsatz von UN-Friedenstruppen in Darfur im Westen des Sudan
nicht zu blockieren. "Jede weitere Verzögerung einer
Stationierung von Blauhelmsoldaten wird mehrere tausend
Menschenleben im Monat kosten", warnt der GfbV-Afrikareferent
Ulrich Delius. Nicht Staatsräson, sondern Menschlichkeit
zähle bei der Entscheidung über die Zukunft der
Darfur-Mission der AU am Freitag. Dann wird der Friedens- und
Sicherheitsrat der AU in Addis Abeba darüber entscheiden, ob
die Darfur-Mission der AU wie geplant auf die Vereinten Nationen
übertragen wird. Die sudanesische Regierung hatte sich in
den vergangenen Tagen massiv gegen eine Stationierung von UN-
Blauhelmsoldaten im Westen des Sudan ausgesprochen.
Die Lage in Darfur wird auch im Mittelpunkt des heutigen
Gesprächs von Außenminister Frank-Walter Steinmeier
mit dem Präsidenten der AU- Kommission stehen. Konaré
hatte am Mittwoch bereits in Brüssel mit der
Europäischen Kommission, den Vereinten Nationen, den USA und
dem sudanesischen Vizepräsidenten Ali Osman Mohamed Taha
über die Modalitäten einer Darfur-Mission der Vereinten
Nationen beraten. Grundsätzlich hatte sich die AU am 12.
Januar 2006 bereit erklärt, ihre Mission auf die UN zu
übertragen. Doch der Sudan hatte in den letzten Tagen mit
seinem Rückzug aus der AU gedroht, sollte die AU der Bitte
des UN-Generalsekretärs nachkommen und den Weg für
einen Blauhelm-Einsatz freimachen.
Ein UN-Einsatz sei kein Ausdruck des "Neokolonialismus", wie der
Sudan behaupte, sondern die Folge systematischer und
fortgesetzter Verletzungen grundlegender internationaler
Konventionen zum Schutz der Zivilbevölkerung durch die
Regierung in Khartum, sagte Delius und forderte: "Die
internationale Staatengemeinschaft darf sich nicht länger
vom Sudan einschüchtern und hinhalten lassen. Bis zu 400.000
Menschen sind der Verzögerungstaktik der sudanesischen
Führung und ihrer unmenschlichen Politik in Darfur bislang
zum Opfer gefallen. Der AU-Mission ist es in den letzten 23
Monaten nicht gelungen, den Schutz der Zivilbevölkerung im
Westen des Sudan spürbar zu verbessern." Aus diesem
Scheitern müssten nun endlich Konsequenzen gezogen werden.
Denn schließlich gehe es in Darfur nicht um ein Planspiel
zur regionalen Konfliktlösung, sondern ganz konkret um das
Leben hunderttausender Menschen.
Die AU sei von Beginn an mit dieser Mission überfordert
gewesen und jeder habe dies auch gewusst. So sei schon wenige
Wochen nach Eintreffen der AU-Beobachter in Darfur deutlich
geworden, dass die sudanesischen Behörden mit ihnen ein
Katz-und-Maus-Spiel betrieben, indem sie zum Beispiel die
Einreise der AU-Vertreter behinderten und ihren Hubschraubern den
Treibstoff verweigerten.