Bozen, Göttingen, 21. März 2007
Mit Empörung hat die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) auf die Pläne des
US-Außenministeriums reagiert, sich in Tschetschenien
über die russische Erfahrung im Kampf gegen den Terrorismus
informieren zu wollen. "Noch vor wenigen Wochen hat das
US-Außenministerium Russland in seinem jährlichen
Bericht über die Menschenrechtslage für die
Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien scharf kritisiert",
sagte die GfbV-Referentin für die GUS-Staaten, Sarah Reinke,
am Mittwoch in Göttingen. Es sei blanker Hohn, dies nun zum
erfolgreichen Antiterrorkampf zu deklarieren und sich vom neuen
prorussischen Präsidenten Tschetscheniens, Ramsan Kadyrow,
beraten zu lassen, der selbst für schwere Kriegsverbrechen
verantwortlich sei und vor ein Tribunal gehöre.
An Bundeskanzlerin Angela Merkel als G8-Präsidentin
appellierte die GfbV in einem dringenden Schreiben zu verhindern,
dass sich andere G8- Mitglieder der Reise nach Tschetschenien
anschließen. Denn auch das Antifolterkomitee des
Europarates habe Russland erst am 13.3.2007 zum dritten Mal
öffentlich für Folter in Tschetschenien an den Pranger
gestellt.
Informationen der russischen Nachrichtenagentur ITAR-TASS
zufolge wird eine Delegation des US-Außenministeriums im
April in Tschetschenien erwartet. Der stellvertretende
Innenminister Russlands, Arkadi Edelew, habe auch alle anderen
G8-Staaten dazu eingeladen, teilte ITAR-TASS in einer Meldung vom
Dienstag aus Grosny mit. Der neue prorussische Präsident
Tschetscheniens, Ramsan Kadyrow sei zu einem
Informationsaustausch bereit. Er habe betont, Tschetschenien sei
mittlerweile die ruhigste Region in der Russischen
Föderation. "Die Ruhe in Tschetschenien ist eine
Friedhofsruhe. In zwei Kriegen wurden dort bis zu 180.000
Menschen getötet, fast ein Viertel der
Gesamtbevölkerung", sagte Sarah Reinke. Heute herrsche dort
eine Atmosphäre der Angst. Entführungen, systematische
Folter und die Bombardierung der tschetschenischen Bergregion
seien noch immer an der Tagesordnung.