Bozen, Göttingen, 8. Juli 2008
Mit Protestaktionen in der Haupstadt Kabul und in 19 Provinzen
Afghanistans hat der Verband der afghanischen Journalisten und
Schriftsteller am Dienstag ein faires Berufungsverfahren und die
Freilassung des zum Tode verurteilten Journalistik-Studenten
Sayed Parvez Kaambakhsh gefordert. In Kabul versammelten sich die
Journalisten vor dem Obersten Gerichtshof und übergaben dem
Höchsten Richter eine Petition zugunsten des politischen
Gefangenen, berichtete die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV).
"Es ist ein Skandal für das demokratische Afghanistan und
die internationale Staatengemeinschaft, dass dieser unschuldige
gewaltlose politische Gefangene seit 247 Tagen inhaftiert ist",
kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Das
Berufungsverfahren des Journalistik-Studenten werde seit Monaten
verschleppt, um seine Freilassung hinauszuzögern. Mehrfach
habe Parvez berichtet, im Gewahrsam der Sicherheitskräfte
gefoltert worden zu sein, um ein Geständnis zu
erpressen.
Mit der Inhaftierung und Verurteilung von Parvez solle vor allem
sein Bruder Sayed Yaqub Ibrahimi getroffen werden, ein
angesehener Journalist und gefürchteter Kritiker der
Warlords und ihrer Willkürherrschaft, sagte Delius. Parvez
war am 23. Januar 2008 in einem Gerichtsverfahren, das auch
Prinzipien des islamischen Rechts in Afghanistan nicht entsprach,
"wegen Angriff und Beleidigung des Heiligen Propheten sowie wegen
vorsätzlicher Verfälschung von koranischen Versen" zum
Tode verurteilt worden. Ihm wurde vorgeworfen, einen Text unter
Studenten der Balkh-Universität verbreitet zu haben, der den
Islam beleidigte. Parvez bestreitet dies bis heute und
erklärt, seine Unterschrift sei gefälscht worden.
Das Verfahren gegen Parvez hatte im Dezember 2007 begonnen. Der
Rat islamischer Geistlicher der Provinz Balkh empfahl, ihn mit
dem Tod zu bestrafen. Parvez erhielt in dem Gerichtsverfahren am
23. Januar 2008 keine Gelegenheit, sich zu verteidigen. Die
Verhandlung dauerte nur vier Minuten und das Todesurteil lag
bereits zur Unterschrift bereit. Doch Parvez legte weder ein
Geständnis ab, noch unterschrieb er das Urteil. Regierungen
in aller Welt zeigten sich bestürzt von dem Unrechtsprozess.
Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier und
Verteidigungsminister Franz Josef Jung äußerten ihre
Besorgnis über das Verfahren.