Bozen, Göttingen, 14. Juli 2008
Als historische Entscheidung für ein Ende der
Straflosigkeit in Darfur haben die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) und Genocide Alert am Montag die
Ankündigung des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH)
bezeichnet, einen Haftbefehl gegen den amtierenden sudanesischen
Staatspräsidenten Omar Hassan al Bashir und andere
führende sudanesische Politiker auszustellen. Al Bashir wird
vorgeworfen, für Völkermord und Verbrechen gegen die
Menschlichkeit im Westen des Sudan mitverantwortlich zu sein. "Es
ist aber auch ein deutliches Signal an die internationale
Staatengemeinschaft, das Katz- und Maus-Spiel mit Khartum endlich
zu beenden und den Kampf gegen die Straflosigkeit in Darfur
ernster zu nehmen", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich
Delius.
In einem heute veröffentlichten 17-seitigen Memorandum
dokumentiert die GfbV, wie sich die internationale Gemeinschaft
seit vier Jahren vergeblich für ein Ende der Straflosigkeit
im Westen des Sudan einsetzte. Genocide Alert
veröffentlichte ein Papier über die Konsequenzen der
Anklage Al Bashirs durch den IStGH. Vor allem China und die
Europäische Union seien nun gefragt, eine konsequente
Politik für den Schutz der Zivilbevölkerung im Westen
des Sudan zu betreiben, sagte Delius. Es sei ein Skandal, dass
China seit Dezember 2007 dreimal im Weltsicherheitsrat
interveniert habe, um eine Verurteilung der mangelnden
Zusammenarbeit Khartums mit dem Gericht in Den Haag zu
verhindern. Auch könne die Volksrepublik nun nicht mehr so
verantwortungslos Geschäfte mit einem Regime betreiben, das
für Völkermord verantwortlich sei und das
Völkerrecht mit Füßen trete.
Auch die Europäische Union müsse nun endlich
Konsequenz und Engagement zeigen und die seit langem angedrohten,
aber niemals umgesetzten Sanktionen gegen den Sudan
verhängen. Zuletzt war eine Verabschiedung von Finanz- und
Reisesanktionen gegen die sudanesische Führung am 16. Juni
2008 im EU-Ministerrat am Widerstand Frankreichs und Spaniens
gescheitert. Kritiker der neuen Haftbefehle wenden ein, dass das
Vorgehen Moreno-Ocampos weitere Friedensgespräche in Darfur
beeinträchtigen könne. Sie vergleichen die Lage mit
Norduganda, wo es auch Rufe nach einer Aufhebung der Haftbefehle
des IStGH gegen führende Rebellen gebe, um den
Friedensprozess nicht zu gefährden. Doch die Situation in
beiden Ländern sei grundverschieden. Während es im
Sudan keine unabhängige Justiz gebe, die die
Verantwortlichen bestrafen könne, sei dies in Uganda
möglich. Auch forderten die meisten Menschen in Darfur eine
Bestrafung der Verantwortlichen vor dem Gerichtshof in Den Haag.
An einem Frieden sei diese sudanesische Führung ohnehin
nicht interessiert.