Bozen, Göttingen, Den Haag, 27. Februar 2007
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH) muss
den sudanesischen Geheimdienstchef Salah Abdallah "Gosh" für
die Verbrechen in Darfur genauso zur Verantwortung ziehen wie
andere Hauptkriegsverbrecher. Diese Forderung hat die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag
erhoben. Zuvor hatte der Chefankläger des IStGH, Luis
Moreno-Ocampo, die Namen von mutmaßlichen Verdächtigen
bekannt gegeben, gegen die Haftbefehle ausgestellt werden
sollten.
"Zwar ist die Initiative des Chefanklägers, konkrete Namen
zu nennen, ein Schritt in die richtige Richtung gegen die
Straflosigkeit in Darfur", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich
Delius. Doch offensichtlich haben britische und US-amerikanische
Regierungskreise ihren Einfluss für Gosh geltend machen
können. Der Geheimdienstchef sei der strategische Planer des
Vernichtungsfeldzuges gegen die schwarzafrikanische
Bevölkerung im Westen des Sudan. Ungeachtet seiner Mitschuld
werde er sowohl von den USA als auch von Großbritannien als
Partner im Kampf gegen den Terror hofiert. "Dass Gosh von der
Liste der 51 Verdächtigen gestrichen wurde, zeigt, wie
verlogen das Darfur-Engagement einiger westlicher Regierungen
ist. Für sie ist der Krieg gegen den Terror wichtiger ist
als das Ende dieses Genozids in Darfur", sagte Delius "Wenn
Straflosigkeit wirksam bekämpft werden soll, dann
müssen vor allem die Verantwortlichen für die
Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Rechenschaft gezogen
werden, und nicht nur die einfachen Täter." Moreno-Ocampo
hatte noch am 18.Dezember 2006 betont, dass kein sudanesischer
Offizieller Immunität genieße.
Salah Abdallah, genannt Gosh, war im Jahr 2005 vom
US-Geheimdienst CIA in einer Geheimmission in das
CIA-Hauptquartier in Langley (Virginia) zu Gesprächen
über den Terror eingeflogen worden. Im März und August
2006 hielt er sich zu medizinischen Behandlungen in
Großbritannien auf, wie das britische
Außenministerium im November 2006 einräumen musste.
Bei beiden Aufenthalten traf er auch mit britischen
Regierungsbeamten zusammen. Der Geheimdienstchef wird als der
mächtigste Mann im Sudan angesehen. Gosh kontrolliert sowohl
Armee als auch Geheimdienst. Zu Beginn der 90- er Jahre, als sich
Osama bin Laden im Sudan aufhielt, war er seine rechte Hand. Da
die sudanesische Armee nachweislich die für die
Überfälle in Darfur verantwortlichen Janjaweed-Milizen
mit Waffen und Luftangriffen unterstütze, sei Gosh letztlich
verantwortlich für den Völkermord.