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Afghanistan: Umstrittene Drogenbekämpfung am Hindukusch

Schwere Vorwürfe gegen US-General müssen untersucht werden

Bozen, Göttingen, 29. Januar 2009

Mohnblumenanbau zur Opiumherstellung. Mohnblumenanbau zur Opiumherstellung.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat US-Verteidigungsminister Robert Gates am Donnerstag dazu aufgefordert, schwere Vorwürfe gegen den NATO-Oberbefehlshaber in Afghanistan, John Craddock, zu untersuchen. Sollte der US-General tatsächlich westliche Streitkräfte angewiesen haben, Drogenhändler ohne Nachweis ihrer Unterstützung der Taliban zu töten, dann müsse Craddock von seinem Posten entbunden werden. Spiegel online hatte am Mittwochabend berichtet, der deutsche NATO-General Egon Ramms habe es unter Hinweis auf das Völkerrecht abgelehnt, Craddocks Anweisung umzusetzen.

"Mit Rambo-Methoden ist dem Drogenhandel in Afghanistan nicht beizukommen", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius in Göttingen. Die internationale Schutztruppe (ISAF) sei im Jahr 2002 angetreten, um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Afghanistan zu fördern. Wenn sie nun humanitäres Völkerrecht mit Füßen trete, mache sie sich unglaubwürdig. Nach dem Skandal um schwerste Misshandlungen in US-Geheimgefängnissen am Hindukusch im Jahr 2005 dürfe sich die internationale Gemeinschaft keinen weiteren eklatanten Bruch des Völkerrechts in Afghanistan mehr leisten. Denn wenn die ausländischen Soldaten nur noch als Besatzer wahrgenommen würden, die willkürlich das Völkerrecht verletzten, sei nicht nur ihr Auftrag, sondern auch ihre Sicherheit gefährdet.

Die NATO-Verteidigungsminister hatten im Oktober 2008 beschlossen, gegen den Drogenhandel vorzugehen, um den aufständischen Taliban eine lukrative Einnahmequelle zu nehmen. Doch unter den NATO-Partnern besteht Uneinigkeit, wie die Drogenwirtschaft am wirksamsten bekämpft werden kann. So konnte sich die US-Regierung mit ihrer Forderung, Mohnfelder mit der großflächigen Sprühung von Chemikalien zu zerstören, nicht gegen den Widerstand ihrer Partner und der afghanischen Regierung durchsetzen. Diese befürchteten einen weiteren Vertrauensverlust unter den verarmten Bauern, wenn tausende Hektar Land verseucht würden.

"Auch die von dem US-General angeregten öffentlichkeitswirksamen Zerstörungen von Drogenlabors dämmen den Drogenhandel nicht wirksam ein", sagte Delius. Denn nicht nur Taliban profitierten von der Drogenwirtschaft, sondern auch hochrangige Vertreter der afghanischen Verwaltung und Regierung. Diese einflussreichen Persönlichkeiten würden jedes wirksame Vorgehen gegen die Drogenwirtschaft vereiteln. Sogar die Vereinten Nationen hätten der afghanischen Regierung Verstrickung in Drogengeschäfte vorgeworfen. "Die Mehrheit dieser Labors befinden sich im Eigentum von Afghanen... mit ausgezeichneten Verbindungen zu sehr einflussreichen Leuten in diesem Land", hatte die Leiterin des Büros zur Drogen- und Kriminalitätsbekämpfung der Vereinten Nationen (UNODC), Christina Oguz, im März 2008 erklärt. Auch dem Bruder des Staatspräsidenten, Ahmed Wali Karsai, wurde mehrfach Verstrickung in Drogengeschäfte vorgeworfen.