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Chile: Mapuche im Hungerstreik

Kein Abkommen über das Antiterrorgesetz: Ein Teil der Mapuche-Gefangenen setzt den Hungerstreik fort

Bozen, Göttingen, 5. Oktober 2010

Mapuche demonstrieren während eines Prozesses vor dem Gerichtshof von Victoria, Chile. Foto: Massimo Falqui Massidda. Mapuche demonstrieren während eines Prozesses vor dem Gerichtshof von Victoria, Chile. Foto: Massimo Falqui Massidda.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die Zusicherung der chilenischen Regierung, 20 indianische politische Gefangene im Hungerstreik nicht vor ein Militärtribunal zu stellen, als "faulen Kompromiss" bezeichnet. "Das bedeutet nicht die grundsätzliche Abschaffung der Militärgerichtsbarkeit über Zivilpersonen, und auch andere wesentliche Forderungen der Mapuche-Indianer wie die längst überfällige Abschaffung des berüchtigten Anti-Terrorismus-Gesetzes sind nicht erfüllt", kritisierte Yvonne Bangert, GfbV-Referentin für indigene Völker, am Dienstag in Göttingen. Die Gefangenen sind aufgrund dieses Gesetzes, das noch aus der Zeit der Pinochet-Diktatur stammt, wegen Landrechtsauseinandersetzungen angeklagt. Typischer Anklagepunkt bleibt auch nach dem Kompromiss zwischen Regierung und Kirche "terroristische Brandstiftung", wenn z.B. Mapuche Heuballen, Waldarbeiterhütten oder Holzstapel angezündet haben. Das Gesetz lässt ebenfalls weiterhin anonyme Zeugen zu. Deshalb verweigern 14 Mapuche in den Haftanstalten von Chol Chol, Temuco und Angol nach wie vor die Nahrungsaufnahme.

Nach 82 Tagen haben jetzt 20 der insgesamt 34 indianischen Gefangenen ihren Hungerstreik aufgegeben. Die Anklagen gegen sie werden in Zivilklagen umgewandelt. Die Regierung hat sich auf den Kompromiss eingelassen, nachdem sich immer mehr Gewerkschafts- und Studentenvertreter, Politiker, Künstler und Schriftsteller in unbefristeten Fastenaktionen mit den Mapuche solidarisiert hatten. Menschenrechtsorganisationen oder internationale Organisationen wie das Internationale Rote Kreuz und die Vereinten Nationen hatten den Hungerstreik ins Licht der Weltöffentlichkeit gerückt. Die Regierung war entsprechend unter Druck geraten.

"Es ist zu hoffen, dass der von der Kirche vermittelte Dialog zwischen Regierung und Mapuche fortgesetzt wird und die noch offenen Fragen geklärt werden", sagte Bangert. "Wir machen uns ernsthaft Sorgen um die Gesundheit der noch immer streikenden Mapuche. Nach unseren Informationen befinden sich sieben der zehn in Angol einsitzenden Mapuche im Krankenhaus."

Die GfbV hatte sich mit Appellen an den UN-Sonderbeauftragten für indigene Völker James Anaya, das Internationale und das Chilenische Rote Kreuz sowie die Botschafter Deutschlands, Österreichs und der Schweiz in Santiago de Chile gewandt mit der Bitte, die Hungerstreikenden zu besuchen, eine angemessene medizinische Versorgung sicherzustellen und durch Prozessbeobachter für faire Verhandlungen zu sorgen. Dem Botschafter Chiles Jorge O'Ryan Schütz übergab die Menschenrechtsorganisation bei einem Empfang in Köln einen Bittbrief für die Inhaftierten.