Bozen, Göttingen, 12. November 2007
Mit Unverständnis hat die Gesellschaft für bedrohe
Völker (GfbV) heute auf Ermittlungen der militärischen
Staatsanwaltschaft der Türkei gegen acht türkische
Soldaten reagiert, die im Oktober von PKK-Kämpfern in den
Nordirak entführt und dort am 4. November auf Drängen
der Regionalregierung des irakischen Bundesstaates Kurdistan
freigelassen worden waren. Ihnen wird "illegale Ausreise aus dem
Land ohne Reisepass" vorgeworfen. "Dieser Vorwurf ist absurd", so
Dr. Kamal Sido, Nahostreferent der GfbV, "die acht
türkischen Soldaten hatten nach ihrer Gefangennahme keine
andere Wahl als mit ihren Entführern mitzugehen."
Die acht türkischen Soldaten befinden sich zurzeit in
Militärgefängnis von Van in Südostanatolien. Die
Militärstaatsanwaltschaft ermittelt zu der Frage, ob sie
während ihrer Gefangenschaft Informationen an die PKK
weitergegeben haben. Weiter geht es darum, ob fehlerhaftes
Verhalten zu der Gefangennahme geführt hätte. Allein
auf diese Straftat steht in der Türkei eine Mindeststrafe
von einem Jahr. Die türkisch-kurdischen
Parlamentsabgeordneten Aysel Tugluk, Osman Özcelik und Fatma
Kurtulan fordern gemeinsam mit den Müttern der Soldaten
deren sofortige Freilassung. Die Stimmung im Land ist
gereizt.
"Die türkischen Medien führen eine erschreckende
Hetzkampagne gegen die acht Soldaten und die
kurdisch-türkischen Abgeordneten, die sich für die
Freilassung der Soldaten einsetzten", beschreibt Sido die
Situation. Ihnen werde Vaterlandsverrat vorgeworfen. An dieser
Hetzkampagne seien auch türkische Politiker beteiligt. So
habe der türkische Vize- Ministerpräsident und
Justizminister Cemil Cicek medienöffentlich verkündet,
als türkischer Staatsbürger akzeptiere er nicht, dass
diese Soldaten mit den Terroristen "weggegangen seien". In einer
solchen Situation müsse ein türkischer Soldat bereit
sein zu sterben. Der Vorsitzende der linksnationalistischen Isci
Partisi (IP, Arbeiterpartei), Dogu Perinçek habe es sogar
für wünschenswert befunden, wenn die Soldaten als Tote
zurückgekehrt wären. Dann hätte man sie als
Märtyrer feiern können.
Die Freilassung der acht Soldaten war von der Regionalregierung
des irakischen Bundesstaates Kurdistan vermittelt worden, die den
Vorgang als Akt der Menschlichkeit bewertete. Der irakische
Präsident Dschalal Talabani und der Massud Barsani,
Präsident des irakischen Bundesstaates Kurdistan, hatten
sich persönlich eingeschaltet, berichtete GfbV-
Repräsentant in Irakisch-Kurdistan, Aziz Hassan Aziz.