Bozen, Göttingen, 28. April 2008
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am
Montag beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
Beschwerde gegen die Volkswagen AG (VW) eingelegt. Die
Menschenrechtsorganisation wirft dem Automobilkonzern vor, mit
seiner Förderung des olympischen Fackellaufes gegen die
"OECD-Leitsätze
für multinationale Unternehmen" zu verstoßen, zu deren
Beachtung sich der Konzern verpflichtet hat. VW hatte noch in
seinem "Nachhaltigkeitsbericht 2007/2008" sein Engagement
für die OECD- Leitsätze bekräftigt.
Gemäß Absatz 2 der dort verankerten "Allgemeinen
Grundsätze" sollten "Unternehmen die Menschenrechte der von
ihrer Tätigkeit betroffenen Personen respektieren, im
Einklang mit den internationalen Verpflichtungen und Engagements
der Regierung des Gastlands." Das Bundeswirtschaftsministerium
ist als nationale Kontaktstelle für die Überwachung der
Wirksamkeit der Leitsätze zuständig.
Die GfbV wirft VW vor, mit der Förderung des olympischen
Fackellaufs indirekt für bereits begangene
Menschenrechtsverletzungen an Uiguren in Xinjiang verantwortlich
zu sein und weiteren Menschenrechtsverletzungen in Tibet und
Xinjiang Vorschub zu leisten. So seien 70 Uiguren in der Stadt
Kashgar in Xinjiang / Ostturkestan Ende März 2008
festgenommen worden, um öffentliche Proteste zu unterbinden,
wenn der Fackellauf am 26. Juni 2008 die vor allem von Uiguren
bewohnte Stadt erreicht. Weitere Hausdurchsuchungen, Razzien,
politisch motivierte Festnahmen sowie Misshandlung und Folter in
Polizeigewahrsam seien im Vorfeld des Fackellaufes durch Tibet
(19.-22. Juni) zu befürchten. Denn auch dort hätten die
Behörden höchste Alarmstufe für den so genannten
"Lauf der Harmonie" angekündigt und bekräftigt, mit
allen Mitteln die "Sicherheit" des Großereignisses zu
garantieren.
Der Fackellauf wird die ethnischen Spannungen zwischen
Han-Chinesen und verfolgten Tibetern und Uiguren weiter
schüren, warnte der GfbV- Asienreferent Ulrich Delius. Denn
die Angehörigen sowohl der tibetischen als auch der
uigurischen Volksgruppe empfinden ihn angesichts der bereits
bestehenden Spannungen und Unterdrückung als Provokation.
Somit schürt der Fackellauf nach Auffassung der GfbV in
mehrfacher Hinsicht Menschenrechtsverletzungen. Volkswagen
verspiele das Vertrauen seiner Kunden, wenn es sich nicht an
seine Zusagen halte.