Bozen, Göttingen, 29. April 2008
Gegen Falun-Gong-Anhänger rollt in China nach Angaben der
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine neue
Verhaftungswelle. Mehr als 1.870 Mitglieder der
Meditationsbewegung seien in den ersten drei Monaten des Jahres
2008 von chinesischen Sicherheitskräften festgenommen
worden. "Im Vorfeld der Olympischen Spiele wird die Verfolgung
der Meditationsbewegung nicht nur in Peking, sondern landesweit
massiv verstärkt", berichtete der GfbV-Asienreferent Ulrich
Delius am Dienstag in Göttingen. Obwohl die Volksrepublik
die Anti-Folter-Konvention unterzeichnet habe, seien seit Januar
2008 sechs Falun-Gong-Anhänger in Haft eines gewaltsamen
Todes gestorben. Damit seien seit Beginn der Verfolgung der
Meditationsbewegung im April 1999 mehr als 3130 Falun
Gong-Anhänger im Gewahrsam der Sicherheitskräfte unter
mysteriösen Umständen verstorben.
"Noch erschreckender als die hohe Zahl der Opfer ist die
zunehmende Skrupellosigkeit und Brutalität der
Sicherheitskräfte", sagte Delius. So würden sogar
Kinder ausgefragt, um ihre Eltern und andere nahe Angehörige
als Falun-Gong-Praktizierende zu überführen und zu
bestrafen. So sei beispielsweise am 7. Januar 2008 ein Enkelkind
einer verhafteten Falun-Gong-Praktizierenden zu einer
Polizeistation im Bezirk Xiangyang (Provinz Heilonghijang)
gebracht worden, um das Kind zu zwingen, Informationen über
seine Oma und andere Falun-Gong-Anhänger preiszugeben,
berichteten Freunde der betroffenen Familie der GfbV. Die
ältere Frau sei im Gewahrsam der Polizei geschlagen worden
und saß ihrem Enkel daher mit von Schlägen blau
unterlaufenen Augen gegenüber. Da sie sich jedoch weigerte,
Namen anderer Falun-Gong-Anhänger preiszugeben, musste ihr
Enkelkind Fotos aller bei der Polizei gespeicherten Bewohner des
Bezirkes anschauen und angeben, wer mit seiner Oma Kontakt
hatten. Schließlich identifizierte das Kind die Falun-Gong-
Praktizierende Qi Tian. Zwei Tage später drangen Polizisten
gewaltsam in ihre Wohnung ein, beschlagnahmten Computer,
Informationsmaterialien über die Meditationsbewegung und
Geld. Frau Qui Tian war nicht zu Hause. Doch wenige Stunden
später wurden ihre Eltern, ihre Schwester und ihr Neffe
festgenommen. Nach umfangreichen Verhören wurden die
Verhafteten später wieder freigelassen, Qi Tian wird
weiterhin gesucht.
"Diese Razzien machen deutlich, wie eng das Netz geknüpft
ist, mit dem gegen Falun-Gong-Anhänger vorgegangen wird",
sagte Delius. "Heute werden nicht mehr zufällig
Falun-Gong-Praktizierende verhaftet, sondern es wird ganz gezielt
nach ihnen ermittelt." Die Verfolgung von Falun Gong begann vor
neun Jahren, nachdem am 25. April 1999 mehr als 10.000 Falun
Gong-Anhänger in Peking gegen die Verweigerung ihrer
Religionsfreiheit protestiert hatten.