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Münchener Sicherheitskonferenz berät über Afghanistan

Neue US-Politik gefährdet Afghanistan-Konzept der deutschen Bundesregierung

Bozen, Göttingen, 5. Februar 2009

Mohnblumenanbau zur Opiumherstellung. Mohnblumenanbau zur Opiumherstellung.

Im Vorfeld der am Freitag, 6. Februar, beginnenden Münchener Sicherheitskonferenz hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor neuen Spannungen mit den USA wegen der Afghanistan-Politik gewarnt. Neuer transatlantischer Streit sei vorprogrammiert, da Präsident Barack Obamas Politik am Hindukusch das Afghanistan-Konzept der Bundesregierung gefährde, erklärte die GfbV in einem 18seitigen Memorandum zur neuen Politik der USA in Afghanistan. Statt wie die deutsche Bundesregierung auf den zivilen Wiederaufbau und die Demokratisierung Afghanistans zu setzen, strebten US-Verteidigungspolitiker eine rein militärische Lösung der Afghanistan-Frage an, heißt es in dem 18seitigen Memorandum. Militarisierung statt Demokratisierung sei ein Rezept für ein Desaster, da in Afghanistan keine militärische Lösung erzwungen werden könne. Die schwierige Lage in dem zentralasiatischen Land soll bei der 45. Münchener Sicherheitskonferenz, zu der auch US-Vizepräsident Joe Biden erwartet wird, breiten Raum einnehmen.

Während in Deutschland alle bedeutenden politischen Parteien dem zivilen Wiederaufbau und der Förderung eines modernen Rechtsstaates oberste Priorität gäben, setzten sich in den USA immer mehr Verteidigungspolitiker durch, die eine Demokratisierung Afghanistans für unrealistisch hielten. "Wenn diese Hardliner bei der Formulierung des neuen Afghanistan-Konzepts von Präsident Obama die Oberhand behalten, dann entfällt die Grundlage für ein Engagement der Bundeswehr in der ISAF-Schutztruppe", warnt die GfbV. Denn die ISAF sehe den Schutz und die Stabilisierung der demokratisch gewählten Regierung Afghanistans vor. Die USA entfernten sich immer mehr vom Geist des Petersberger Prozesses. Auf dem Petersberg bei Bonn wurden in mehreren Afghanistan-Konferenzen seit Dezember 2001 die Grundlagen für den Aufbau eines Rechtsstaates gelegt.

Dass die USA vor einem Kurswechsel in ihrer Afghanistan-Politik stehen, hatte Präsident Obama am letzten Montag in einem Interview mit dem Fernsehsender NBC angedeutet. Die USA seien nicht dazu in der Lage, in Afghanistan "eine Demokratie nach dem Vorbild Jeffersons" aufzubauen, sagte Obama. Einen Modellstaat erwarte auch niemand am Hindukusch, erklärte die GfbV. Von den ausländischen Truppen in Afghanistan müsse aber ein menschenwürdiger Umgang mit der Zivilbevölkerung und eine Beachtung internationaler Konventionen erwartet werden. Die dramatische Zunahme ziviler Toter lasse Schlimmes erwarten, wenn nun die USA bis zu 32.000 neue Soldaten ohne klare Strategie nach Afghanistan sendeten. Nach zahllosen Übergriffen vor allem von US-Truppen schwinde in der Zivilbevölkerung das Vertrauen in die ausländischen Soldaten. Auch das US-Konzept der Förderung von Stammesmilizen sei verfehlt, weil es nur die Macht der Kriegsfürsten steigere, statt die demokratisch gewählte Regierung und ihre Institutionen zu stärken.