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Sudan: Hosen-Prozess wird fortgesetzt

Willkür der Sittenpolizei verletzt Friedensabkommen und Menschenrechte

Bozen, Göttingen, 7. September 2009

Flüchtlinge aus Darfur. Flüchtlinge aus Darfur.

Die Fortsetzung des "Hosen-Prozesses" gegen die sudanesische Journalistin Lubna Hussein am heutigen Montag in Khartum hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) als "höchstrichterliche Frauen-Diskriminierung im Sudan" scharf kritisiert. "Das Verfahren, in dem sich die Reporterin wegen des Tragens von Hosen verantworten muss, hat aber auch eine weitreichende politische Dimension: Es verletzt das Friedensabkommen zwischen dem Nord- und Südsudan", erklärte der GfbV-Sudanexperte, Ulrich Delius. "Denn die Sicherheitsgesetze, auf deren Grundlage Lubna Hussein und andere Frauen verhaftet wurden, verstoßen gegen den Geist dieses Abkommens vom Januar 2005." Bis heute sei die sudanesische Regierung ihrer damals eingegangenen Verpflichtung nicht nachgekommen, diese Sicherheitsgesetze endlich abzuschaffen. So sei der Hosen-Prozess auch ein Indiz dafür, wie schlecht es um den Friedensprozess im Sudan stehe.

Lubna Hussein stehe nicht allein. "Hunderte verarmte Frauen werden jedes Jahr von unzureichenden Sondergerichten wegen vermeintlicher Verletzung der öffentlichen Moral zur Auspeitschung verurteilt", berichtete Delius. Nur wenige hätten den Mut, der Verurteilung zu widersprechen und wie Lubna Hussein ein ordentliches Gerichtsverfahren anzustrengen. So wurden am 26. März 2009 zwei christliche Studentinnen aus dem Südsudan auf der Strasse in Khartum von der Sittenpolizei aufgegriffen und wegen des Tragens von Hosen zur Polizeiwache gebracht. Drei Tage später wurden sie von einem Sondergericht zu einer Geldstrafe verurteilt, obwohl sie gemäß dem Friedensabkommen im arabischen Nordsudan nicht wegen ihres Glaubens diskriminiert werden dürfen. Zwei Äthiopierinnen wurden mit 40 Peitschenhieben bestraft, weil sie die Geldstrafe nicht zahlen konnten.

Bestraft werden die Frauen aufgrund der Artikel 151/152 des sudanesischen Strafgesetzbuches und der Sicherheitsgesetze, die jeder Bundesstaat des Sudan verabschiedet hat. "Diese Gesetze verstoßen gegen Artikel 5 der Afrikanischen Menschenrechtscharta, der jede grausame und unmenschliche Bestrafung verbietet", sagte Delius. Besonders betroffen von den weitreichenden muslimischen Moralvorschriften seien Christen aus dem Südsudan, die in einer anderen Kultur und Lebenswelt aufgewachsen sind und sich durch die Bekleidungsvorschriften diskriminiert fühlen.

Mindestens 1,3 Millionen südsudanesische Flüchtlinge leben im Großraum der Hauptstadt Khartum. Da jeder Bundesstaat die Sicherheitsgesetze anders interpretiere, gebe es keine Rechtssicherheit für die Bevölkerung. Deshalb sei Willkür weit verbreitet. Außerdem hätten die Beschuldigten vor den Sondergerichten keine Möglichkeit, sich angemessen zu verteidigen.