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Uiguren-Konflikt in China droht weiter zu eskalieren

Affront für gemäßigte Uiguren: Unrechtsverfahren gegen Professor Ilham Tohti wegen Separatismus beginnt (17. September)

Bozen, Göttingen, 16. September 2014

Landschaft in Xinjiang, Ostturkestan. Foto: GfbV-Archiv. Landschaft in Xinjiang, Ostturkestan. Foto: GfbV-Archiv.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Chinas Justizbehörden vorgeworfen, den uigurischen Menschenrechtler und Wirtschaftsprofessor Ilham Tohti in einem Unrechtsverfahren mundtot zu machen. "Mit haarsträubenden Vorwürfen und erfundenen vermeintlichen "Beweisen" soll ein unliebsamer Kritiker der chinesischen Nationalitätenpolitik gezielt ausgeschaltet werden", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "Das Gerichtsverfahren ist lächerlich, aber die Folgen werden dramatisch sein. Denn dieser Prozess bedeutet eine Absage an jeden Dialog mit gemäßigten Uiguren. Der gezielte Versuch, Professor Tohti zu kriminalisieren, ist ein Affront gegen alle Uiguren. Wer dies betreibt, will noch mehr Gewalt und keinen Dialog."

Am morgigen Mittwoch wird in Urumtschi das Gerichtsverfahren gegen den ehemaligen Wirtschaftsprofessor der Nationalitäten-Universität in Peking eröffnet. Tohti wird von den Behörden "Separatismus" vorgeworfen. Ihm droht die Todesstrafe. Sollte das Gericht ihn "nur" der Anstiftung zum Separatismus für schuldig befinden, droht ihm eine Haftstrafe zwischen fünf und fünfzehn Jahren. Der angesehene Professor war im Januar 2014 nach sechsmonatigen Ermittlungen der Behörden gemeinsam mit sieben seiner Studenten festgenommen worden. Trotz massiver Einschüchterungen und Drohungen der Behörden hatte Tohti immer für einen Dialog der Uiguren mit der Mehrheitsbevölkerung der Han-Chinesen geworben und mehrere Webseiten in chinesischer Sprache aufgebaut, um Han-Chinesen die Hintergründe des Aufbegehrens der muslimischen Volksgruppe zu erklären.

"Nichts deutet darauf hin, dass Chinas Justizbehörden ein faires Gerichtsverfahren ermöglichen werden", berichtete Delius. So wurde Tohti in der Untersuchungshaft unmenschlich und erniedrigend behandelt. Wächter misshandelten ihn und ermutigten auch Mitgefangene in seiner Zelle, ihn zu erniedrigen. Als er sich wehrte, legte man ihn zur Strafe wochenlang an Händen und Füßen in Ketten. Seiner Ehefrau wurde jeder Besuch im Gefängnis verweigert.

"Die von der Staatsanwaltschaft geäußerten Vorwürfe sind absurd, da Tohti niemals die Souveränität Chinas in Xinjiang/Ostturkestan in Frage gestellt hat. Unter führenden uigurischen Intellektuellen dürfte keine gemäßigtere Stimme zu finden sein", erklärte Delius. "Tohti ist ein Brückenbauer zwischen den verfeindeten Kulturen. In China wird er heute mehr gebraucht als je zuvor, um weitere Gewalt zu verhindern. Nun will man ihn um jeden Preis ausschalten, weil er mit seiner Kritik an Chinas Nationalitätenpolitik viel Gehör bei ausländischen Journalisten und Diplomaten findet."