Bozen, Göttingen, 13. Oktober 2005
Vor einer neuen humanitären Katastrophe im Westen des
Sudan hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)
am Donnerstag gewarnt, nachdem die Sicherheit der 11.000
internationalen Helfer nach Angaben der Vereinten Nationen (UN)
in weiten Teilen Darfurs nicht mehr garantiert werden kann. "Rund
650.000 Notleidende in Flüchtlingslagern im Westen und
Süden Darfurs werden von der Außenwelt abgeschnitten
und allein gelassen", warnte der GfbV- Sudanexperte Ulrich
Delius. Wegen zunehmender Übergriffe mussten am Mittwoch
zwei Drittel Darfurs für humanitäre Helfer gesperrt
werden.
"Die Europäische Union unternimmt zu wenig, um die Gewalt
in Darfur einzudämmen", kritisierte Delius, "außer
vielen Worten und Betroffenheitserklärungen kommt keine
konkrete Initiative, um diesen Völkermord zu stoppen."
Vergeblich hätte man auch beim jüngsten Sudan- Besuch
des EU-Außen- und Sicherheitsbeauftragten Javier Solana
vergangene Woche auf neue europäische Initiativen gewartet,
um die von der sudanesischen Regierung geförderte
Aufsplitterung der Rebellenbewegungen in Darfur zu stoppen. Es
reiche nicht aus, wenn Solana immer wieder die Bedeutung von
Friedensgesprächen betone. Die EU müsse die Rebellen in
Darfur an einen Tisch bringen, um dafür zu sorgen, dass sie
mit einer Stimme sprechen. Nur dann hätten
Friedensgespräche Aussicht auf Erfolg.
Geschickt nutze Khartum Rivalitäten unter den Ethnien in
Darfur, um verschiedene Widerstandsbewegungen gegeneinander
aufzuhetzen. So werde nicht nur die Gewalt im Westen des Sudan
angeheizt. Auch die Friedensgespräche in der nigerianischen
Hauptstadt Abuja könnten deshalb scheitern. Diese Politik
habe Tradition im Sudan. Gezielt habe eine kleine Machtelite in
Khartum in den vergangenen 50 Jahren Konflikte zwischen den
Ethnien in dem Vielvölkerstaat geschürt, um ihre eigene
Herrschaft zu sichern. Mehr als drei Millionen Südsudanesen
und Nuba hätten diese Menschen verachtende Politik mit dem
Leben bezahlen müssen. "Die EU muss mehr tun, um diesen
Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen und den Tod weiterer
Zehntausender Menschen in Darfur zu verhindern", erklärte
Delius.