Bozen, Göttingen, 13. Mai 2008
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am
Dienstag kritisiert, dass Europas Spitzenpolitiker den Kontakt
mit dem Dalai Lama meiden. "Es ein Armutszeugnis für Europas
Menschenrechtspolitik, dass weder Außenminister
Frank-Walter Steinmeier, noch Bundespräsident Horst
Köhler Zeit finden, um das Oberhaupt der Tibeter bei seinem
am Freitag beginnenden Deutschlandbesuch zu empfangen",
erklärte der GfbV- Asienreferent Ulrich Delius. Niemals
zuvor seien in den letzten 20 Jahren so viele
Menschenrechtsverletzungen an Tibetern begangen worden.
"Angesichts dieser massiven Verfolgung sollten Europas Politiker
mehr Standvermögen gegenüber Peking zeigen und sich
nicht von Chinas Führung vorschreiben lassen, mit wem sie
reden dürfen."
Nicht nur deutsche Spitzenpolitiker zögern, den Dalai Lama
zu empfangen. Die Außenminister der Europäischen Union
(EU) verwarfen den Plan, sich unmittelbar von dem Dalai Lama bei
ihrem Ministerratstreffen über die Lage in Tibet und den
Fortgang der Gespräche mit der chinesischen Führung
informieren zu lassen. Die amtierende slowenische
EU-Ratspräsidentschaft erteilte entsprechenden
Vorschlägen eine deutliche Absage, um nicht Chinas
Führung zu verärgern. So erklärte der slowenische
Außenminister Dimitrij Rupel am 19. April 2008 einem
Sondergesandten der chinesischen Regierung, die EU beabsichtige
nicht, den Dalai Lama zu einem Ministerratstreffen
einzuladen.
Auch Großbritanniens Premierminister Gordon Brown
kündigte am Wochenende mit Rücksicht auf die
Olympischen Spiele 2012 in London an, er werde das religiöse
und weltliche Oberhaupt am 23. Mai 2008 in London nur
außerhalb seines offiziellen Dienstsitzes in seiner
Funktion als religiöser Würdenträger empfangen.
Brown hatte sich in den letzten Wochen schon dadurch hervorgetan,
dass er besonders eilfertig jedes Fernbleiben europäischer
Politiker an der Eröffnungszeremonie der Olympiade in Peking
am 8. August 2008 kategorisch ablehnte.