Bozen, Göttingen, 5. August 2008
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der
chinesischen Regierung am Dienstag vorgeworfen, sich nicht wie
versprochen für mehr Frieden in Darfur einzusetzen. "Peking
schürt mit neuen Waffenlieferungen und der Suche nach
Öl in Darfur weiterhin den Völkermord im Westen des
Sudan", kritisierte der Sudanexperte der GfbV, Ulrich Delius.
Deshalb sei es verlogen, nun die Eröffnung der Olympischen
Spiele unter dem Motto "Eine Welt, ein Traum" zu feiern. Peking
werde seiner weltpolitischen Verantwortung nicht gerecht, da es
seinen politischen, wirtschaftlichen und militärischen
Einfluss auf Sudans Machthaber nicht nutze, um Frieden zu
schaffen. Nur 315 chinesische Ingenieure im Rahmen des UNAMID-
Friedenstruppen-Einsatzes nach Darfur zu entsenden, genüge
nicht. Allein in den vergangenen sieben Monaten seien rund
180.000 Darfuris vertrieben worden.
In einem offenen Brief an den chinesischen
Staatspräsidenten Hu Jintao hatten 108 Abgeordnete des
US-Repräsentantenhauses am 9. Mai 2007 vor einem
Image-Schaden für die Volksrepublik gewarnt, wenn China
seine Friedensbemühungen in Darfur nicht verstärke.
Chinas Führung hatte daraufhin mehrfach öffentlich mehr
Engagement für eine Konfliktlösung im Sudan
angekündigt, sich aber gegen jeden Bezug zu den Olympischen
Spielen verwahrt. "Mehr als ein Jahr nach diesen Versprechungen
ist der Wortbruch heute offensichtlich", erklärte Delius.
Peking habe im Weltsicherheitsrat allein seit Dezember 2007 drei
Mal eine Verurteilung des Sudan verhindert. Durch unzählige
Interventionen Chinas seien seit Oktober 2004 immer wieder
Sanktionen gegen den Sudan verhindert worden.
Pekings Rücksichtnahme gegenüber Khartum sei vor allem
auf Chinas Verstrickung in die sudanesische Ölindustrie
zurückzuführen. Der Sudan ist der viertwichtigste
Erdöllieferant Chinas. Die Volksrepublik soll schon mehr als
neun Milliarden US-Dollars in die sudanesische Ölindustrie
investiert haben. Im Juli 2008 wurde bekannt, dass chinesische
Öl-Konzerne an der Prospektion des neuen Ölfeldes Block
12A in Nord-Darfur beteiligt werden sollen. Das Konzessionsgebiet
ist fünf Mal so groß wie Belgien.
Aber auch durch Rüstungslieferungen sei China für den
Genozid mitverantwortlich, sagte Delius. So sei die Volksrepublik
Sudans wichtigster Kleinwaffenlieferant. Auch hochmoderne
A-5S-Kampfjets, K-8- Übungsflugzeuge, T-96 Panzer,
Lastwagen, T-92-Schützenpanzer und neueste
FN-6-Boden-Luft-Raketen habe die Volksrepublik seit Beginn des
Genozids in Darfur im Februar 2003 an den Sudan geliefert.
UN-Beobachter fotografierten Nanchang-A-5-Fanta-Kampfflugzeuge
aus chinesischer Produktion auf dem Flughafen Nyala
(Süd-Darfur). Mehrfach wurde China beschuldigt, das
UN-Waffenembargo für Darfur verletzt zu haben.