Bozen, Göttingen, 5. September 2005
Anlässlich des heute in Peking tagenden 8.
Europäisch-Chinesischen Gipfeltreffens hat die Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV) der Europäischen Union
(EU) vorgeworfen, in ihrer China-Euphorie schwere
Menschenrechtsverletzungen zu tabuisieren und die Schattenseiten
des chinesischen Wirtschaftsbooms zu ignorieren. Die EU
interessiere nur der der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen,
während mehr als zwölf Millionen Uiguren und Tibeter
unmittelbar unter den Folgen des Wirtschaftsbooms in den
Industriezonen an der Ostküste Chinas zu leiden hätten.
In ihren Gebieten nähmen die Repressionen Pekings
ständig zu, um Ressourcen wie Erdöl, Erdgas, Holz,
Wasser und Mineralien für die Boomregionen ungestört
systematisch ausschlachten zu können.
Auch das Schicksal von 300.000 Zwangsarbeitern interessiere die
EU- Vertreter offensichtlich nicht, obwohl die Arbeitslager
vielen Branchen, die für den Export arbeiten, billige
Arbeitskräfte lieferten. Auch dadurch seien chinesische
Produkte in Europa konkurrenzlos billig. Der Einsatz der
Zwangsarbeiter verzerre nicht nur die Wettbewerbsbedingungen,
sondern sei eine nicht hinnehmbare Verletzung grundlegender
Menschenrechte. Chinas Energie-Hunger lässt nicht nur den
Erdölpreis weltweit stetig ansteigen, er hat auch
schwerwiegende Folgen für die Menschen in den
Fördergebieten. Mit jedem Bau einer Pipeline oder neuen
Raffinerie nimmt die strategische Bedeutung der Autonomen Region
Xinjiangs und Tibets für die chinesische Regierung zu.
Demzufolge verstärke sie auch die Unterdrückung der
Einheimischen, um jede Kritik an der chinesischen Herrschaft zu
unterbinden. Außerdem werden in der Ölindustrie fast
nur Han-Chinesen beschäftigt.
In Xinjiang wurden in den drei Fördergebieten Tarim,
Junggar und Turpan-Hami rund 21 Milliarden Tonnen
Erdölreserven sowie 10,85 Billionen Kubikmeter Erdgas
ermittelt. Damit befinden sich dort 25,5% der Erdöl- und
27,9% der Erdgasreserven Chinas. Schon heute zählt die
Autonome Region zu den wichtigsten Energielieferanten der
chinesischen Großindustrie. Dort wurden 22,6 Millionen
Tonnen Rohöl im Jahr 2004 gefördert. Bis zum Jahr 2010
soll die Ölförderung in Xinjiang mehr als verdoppelt
werden. Schon wenige Monate nach der Einweihung einer 4.000
Kilometer langen Pipeline, mit der Erdgas von Xinjiang an die
Ostküste transportiert wird, hat China den Bau weiterer
Pipelines angekündigt.