Bozen, Göttingen, 23. Mai 2008
Europa soll den 17 unschuldig im US-Gefangenenlager Guantanamo
festgehaltenen Uiguren aus China aus humanitären
Gründen Zuflucht gewähren. Dies hat die Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV) am Freitag gefordert,
nachdem am Vorabend im Fernsehmagazin "Monitor" ein kritischer
Beitrag über die verzweifelte Lage der Inhaftierten
ausgestrahlt wurde. Gleichzeitig legte die GfbV einen neuen
25-seitigen Menschenrechtsreport vor (www.gfbv.it/3dossier/asia/uig-guant.html),
in dem nicht nur die persönliche Verfolgung der in dem
US-Lager internierten Uiguren dokumentiert wird, sondern auch die
Hintergründe ihrer Verhaftung, ihre unmenschlichen
Haftbedingungen auf Kuba und die Unrechtmäßigkeit
ihrer bis heute andauernden Gefangenschaft.
"Europa muss nun endlich handeln, nachdem es sechseinhalb Jahre
tatenlos zugesehen hat, wie diese 17 politischen Flüchtlinge
aus China zum Spielball internationaler Machtpolitik wurden und
als unschuldige Opfer des weltweiten Kampfes gegen den Terror
unter unmenschlichen Haftbedingungen langsam zugrunde gehen",
sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Europa könne
nicht glaubwürdig die Schließung des umstrittenen
Gefangenenlagers fordern und andererseits keine Initiative
ergreifen, unschuldigen Insassen des Camps die Freiheit
zurückzugeben. Nach China könnten die
Guantanamo-Uiguren nicht zurückkehren, da ihnen dort die
Hinrichtung drohe.
Es sei beschämend für die EU-Menschenrechtspolitik,
dass diesen 17 Männern mit Rücksicht auf China bisher
die Zuflucht verweigert wurde. Jetzt sollten die
europäischen Länder endlich ihrer Verantwortung gerecht
werden, ihr Standvermögen unter Beweis stellen und diese
Uiguren auch gegen den Widerstand Chinas aufnehmen, erklärte
Delius. Schließlich seien diese Uiguren nach ihrer
Festnahme mehrere Wochen lang in dem afghanischen
US-Militärlager Kandahar festgehalten worden, das damals
auch von deutschen Elitesoldaten des KSK-Kommandos bewacht worden
sei.
Scharf werden in dem neuen GfbV-Report die unmenschlichen
Haftbedingungen in Guantanamo kritisiert: Obwohl ihre Unschuld
seit mindestens vier Jahren erwiesen ist, würden die Uiguren
in kleinen Metallkäfigen in Isolationshaft gehalten, in
denen es kein natürliches Licht gebe. Die Haftbedingungen
seien verschärft worden, weil sie sich geweigert
hätten, Mitgefangene auszuspionieren. Mit Schlaf- und
Essensentzug, Schlägen und Einschüchterungen seien sie
von Wärtern misshandelt worden.
Traumatisch sei für die Uiguren die Befragung durch
chinesische Sicherheitsbeamte in Guantanamo gewesen. Um Chinas
Wohlwollen in der amerikanischen Irak-Politik zu erkaufen, habe
die USA auf Drängen Pekings nicht nur eine unbedeutende
uigurische Organisation zur "terroristischen" Bewegung
erklärt, sondern auch den chinesischen Verfolgern direkten
Zugang zu den uigurischen Gefangenen gewährt, heißt es
in dem Report. Dies sei eine massive Verletzung der Rechte der
Internierten gewesen. Auch habe man ihr Vertrauen missbraucht, in
dem man trotz gegenteiliger vorheriger Zusicherung den
chinesischen Ermittlern Einsicht in alle Protokolle der
Verhöre gegeben habe. Unbehelligt hätten die
chinesischen Beamten die Internierten bedrohen und
einschüchtern können. US-Soldaten hätten ihnen
sogar dabei geholfen, die Gefangenen gegen ihren Widerstand zu
fotografieren.