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Blutige Unruhen in Xinjiang/Ostturkestan

"Rigorose Strafmaßnahmen" in Urumtschi befürchtet - Uiguren leiden unter massiver Unterdrückung - Peking will Traditionsstadt Kashgar abreißen lassen

Bozen, Göttingen, 7. Juli 2009

Landschaft in Ostturkestan. Landschaft in Ostturkestan.

Nach Ausbruch der blutigen Unruhen in der Provinz Xinjiang/Ostturkestan befürchtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) jetzt "rigorose Strafmaßnahmen" Pekings gegen die dort ansässige uigurische Bevölkerung. "Die jetzt gemeldeten Massenverhaftungen werden erst der Anfang viel härterer Sanktionen sein", warnte der GfbV-Vorsitzende Tilman Zülch am Dienstag in Göttingen. Keine andere der 56 offiziell anerkannten Nationalitäten habe so sehr unter der exzessiven Anwendung der Todesstrafe für "politische Straftaten" zu leiden wie die rund zwölf Millionen Uiguren. Rund 700 Angehörige dieses muslimischen Turkvolkes im Nordwesten Chinas seien seit 1997 hingerichtet worden.

Seit Jahrzehnten seien die Uiguren Opfer massiver Unterdrückungspolitik. Um ihren traditionsreichen Mittelpunkt auszuradieren, hätten die chinesischen Behörden im Februar 2009 sogar mit dem Abriss der Altstadt von Kashgar begonnen. Kashgar gilt als die kulturhistorisch bedeutendste Stadt Zentralasiens und als Zentrum des uigurischen Widerstandes. Die geplante Zerstörung der Altstadt ist Thema des neuen 30-seitigen Menschenrechtsreports der GfbV "Rettet Kashgar!". In der Stadt wurden in den vergangenen Wochen mehr als 2.100 Überwachungskameras installiert. Eine neue Sicherheitseinheit kontrolliert mit 1.800 Mitarbeitern gezielt Straßen, Internetcafes und andere Einrichtungen.

Wie die Tibeter sind auch die Uiguren aufgrund der staatlich geförderten Zuwanderung von Han-Chinesen in ihre Provinzen existentiell in ihrer Identität und Kultur bedroht. Ihre Glaubensfreiheit wird vom chinesischen Sicherheitsapparat massiv unterdrückt. Nur aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit ist die Bewegungsfreiheit der Uiguren in der gesamten Volksrepublik China stark eingeschränkt. Eine restriktive Sprachenpolitik in Ostturkestan - so nennen die Uiguren die Provinz Xinjiang - und massive Diskriminierung im Arbeitsleben führt zu wachsender Frustration.

Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 versucht China, die Verfolgung uigurischer Bürger- und Menschenrechtler als Beitrag zum weltweiten Kampf gegen den Terrorismus hinzustellen. Die Uiguren, die in ihrer überwältigenden Mehrheit friedlich ihre Rechte einfordern, werden pauschal zu "Terroristen" erklärt, die angeblich einen eigenen Staat anstreben. Ein Dialog mit uigurischen ppositionellen und Menschenrechtlern lehnen die chinesischen Behörden strikt ab.

Der Vorwurf an den Uigurischen Weltkongress unter Führung der Menschenrechtlerin Rebiya Kadeer, die jüngsten Unruhen aus dem Exil heraus geschürt zu haben, sei Propaganda der chinesischen Führung. Peking habe auch bei den Ausschreitungen in Tibet im März/April 2008 behauptet, die "Dalai-Lama-Clique" habe vom Ausland her für Aufruhr gesorgt.