Logo


In: Home > News > 15. Juli 2010: Jahrestag des Mordes an Natalja Estemirowa

Sprachen: DEU | ITA


15. Juli 2010: Jahrestag des Mordes an Natalja Estemirowa

Gesellschaft für bedrohte Völker warnt: Menschenrechtlern in Russland droht zunehmend Gefahr

Bozen, Göttingen, Berlin, 14. Juli 2010

Vor einem Jahr am 15. Juli 2009 ermordet: Natalja Estemirowa. Foto: flickr.com. Vor einem Jahr am 15. Juli 2009 ermordet: Natalja Estemirowa. Foto: flickr.com.

Anlässlich des ersten Jahrestages des Mordes an der Menschenrechtlerin Natalja Estemirowa warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eindringlich vor einer zunehmenden Gefährdung der noch aktiven Menschenrechtler in Russland. "Die Situation ist so bedrohlich, dass die Menschenrechtsorganisation Memorial erwägt, ihre Arbeit in Tschetschenien wieder zeitweise einzustellen", berichtete Sarah Reinke, GfbV-Referentin für die GUS-Staaten am Mittwoch in Berlin. "Erst am 3. Juli hat der tschetschenische Präsident Ramzan Kadyrow Memorial und seine Mitarbeiter im tschetschenischen Fernsehen als "Feinde des Volkes, des Gesetzes und des Staates" bezeichnet. Dies muss als unverhohlene Drohung gegen die Menschenrechtler und gleichzeitig Handlungsaufforderung an seine Schergen verstanden werden."

Natalja Estemirowa, die für Memorial in Tschetschenien aktiv war und schonungslos über die dramatische Menschenrechtslage im Nordkaukasus berichtete, wurde am 15. Juli 2009 heimtückisch ermordet. Nur drei Wochen nach ihrem Tod brachten Unbekannte auch die schwangere Zarema Sadulaewa und ihren Mann Alik Dschabrailow von der Hilfsorganisation "Rettet eine Generation" um. Bis heute sind die Mörder und ihre Hintermänner auf freiem Fuß. Der Leiter der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial und Träger des Victor-Gollancz- Preises der GfbV, Oleg Orlov, wird weiterhin strafrechtlich verfolgt, weil er direkt nach der Ermordung seine Mitarbeiterin Ramzan Kadyrow in Verbindung mit dem Verbrechen gebracht hatte. Aus Angst um Leib und Leben seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatte Memorial seine Arbeit in Tschetschenien für einige Monate eingestellt.

"Heute können es tschetschenische Menschenrechtler weder im In- noch Ausland wagen, öffentlich aufzutreten und über die schweren Menschenrechtsverletzungen in ihrem Land informieren", sagte Reinke. "Sie bringen sich damit persönlich in Gefahr und müssen darüber hinaus täglich befürchten, dass ihre Organisationen geschlossen werden. Menschenrechtsverteidiger werden vom Finanz-, Innen- und Informationsministerium schikaniert, an die sie alle Abrechnungen schicken und denen sie Abgaben zahlen müssen. Sie werden öffentlich diskreditiert und mit regelrechten Schmutzkampagnen überzogen, so dass Opfer von Menschenrechtsverletzungen Angst haben, sich an sie zu wenden."